NEXUS Magazin: https://www.nexus-magazin.de/index/das-grauen-im-paradies-die-john-mcafee-story-teil-5
Im fünften Teil unserer Geschichte widmen wir uns einem besonders pikanten Aspekt: John McAfees Suche nach der legendären Sex-Droge DMPV tan. Wir erhalten dabei weitere, verwirrende Einsichten in die interessanten Seiten des Lebens, sowie in die komplexe Psyche eines Menschen, der genug Zeit, Geld und Neugier besitzt, um tief in diese Bereiche vorzudringen.
McAfee lässt auf seinem Blog keinen Zweifel, dass er ein gespaltenes Verhältlnis zur Presse hat und ihr vorwirft, sich meist am Leid der Welt zu bereichern anstatt es durch ihre Berichterstattung zu bessern.
"Eine Presse, die beispielsweise der Evidenz nicht-existierender Massenvernichtungswaffen zum Opfer fällt, ist mehr verantwortlich für die Dezimierung des Ziel-Landes als die politischen Führer, die die Presse anlügen."
Da mag er recht haben. Aber eigentlich sind es vielleicht eher die Berichterstattungen über seine persönlichen Details, die ihn aufbringen, wie etwa die sehr detaillierte Reportage auf Gizmodo, in der er als unsteter Opportunist beschrieben wird, der auf der Flucht vor drohenden Schadensersatzklagen wegen eines tödlichen Unfalls in seiner Flugschule ins Ausland ging und eher durch Zufall als durch innere humanitäre Absichten jetzt auf die Idee gekommen ist, im Dschungel von Belize ein Labor aufzubauen und nach einem neuen pflanzlichen Wirkstoff suchen zu lassen, der als Ersatz für wirkungslos gewordene Antibiotika dienen könnte.
In der Tat hatte es wohl anfangs so ausgesehen, als sei McAfee hier auf ein ganz heißes Geschäftsfeld gestoßen: Anti-Quorum-Sensing ist ein neues Forschungsgebiet, bei dem es darum geht, den interzellulären Kommunikationsmechanismus zu unterbinden, der Zellen dazu bringt, pulkweise ihr Verhalten zu ändern und beispielsweise unkontrolliert zu wuchern. Eine gute Beschreibung dieses Mechanismus findet sich in einem weiteren Gizmodo-Artikel über McAfee.
Allerdings scheint es bei der Suche nach diesen Wirkstoffen Probleme gegeben zu haben: Einerseits berichtet Gizmodo, es habe sich herausgestellt, dass der einzige im dortigen Regenwald auffindbare Wirkstoff bereits patentiert war. Anderseits wirft die von McAfee angeheuerte 31-jährige Harvard-Biologin Allison Adonizio eines Tages den Job hin und verlässt McAfees Labor im Abscheu – nicht ohne vorher alle von ihr gezüchteten Bakterienkulturen vernichtet zu haben. Ihr fluchtartiger Abgang mag damit zusammenhängen, dass sie, wie berichtet wird, in McAfees Wohnzimmer zwei große Plastiktüten zu sehen bekam. Die eine war voll mit Geldscheinen, die andere voll mit Viagra-Packungen.
Nun, die Sache mit den Geldscheinen und den Viagras mag eine üble Nachrede unter ehemaligen Geschäftspartnern darstellen, die voneinander enttäuscht sind. Und auch wenn es der Wahrheit entspräche, wäre es einerseits nicht unbedingt verwunderlich und andererseits absolut John McAfees eigene Angelegenheit, über die wir kein Recht haben, hier zu urteilen. Die Sache ist aber insofern wichtig, weil sie uns zu einem anderen Detail der Geschichte führt, in der es wieder um Sex geht, und hier hatte John McAfee nun wirklich alles dafür getan, um sie selbst publik zu machen, wenngleich er mittlerweile die ganze Sache als weiteren "Internet-Prank" abtut: als derben Scherz, der nun mal bekanntlich ganz seiner Natur entspräche. Aber sehen wir uns die Sache ruhig etwas genauer an, denn sie ist sehr interessant, in mehrfacher Hinsicht.
Gehen wir ein wenig zurück in der Zeit, zum Oktober 2010. Zu diesem Zeitpunkt war in John McAfees Playboy-Welt wohl noch mehr oder weniger in Ordnung. Jedenfalls hatte er genug Zeit und Muße, um sich tagelang in einem Internet-Forum (das auf einem russischen Server läuft) über seine Experimente mit einer Sexdroge auszulassen, und wenn das stimmt, was er da unter seinem Pseudonym Stuffmonger schreibt, dann hatte er zu diesem Zeitpunkt schon weit, weit mehr Energie in dieses Projekt gesteckt als nur die paar Tage, die er in diesem Forum postete.
Dass ausgerechnet jetzt, wo er in großen Schwierigkeiten steckt und des Mordes verdächtigt wird, jemand diese Geschichte ausgegraben hat, ist wahrscheinlich sehr ungünstig für ihn, denn es wirft ein ganz anderes Licht auf ihn, der ja nach einer frühen Drogenphase seines Lebens bei den Anonymen Alkoholikern entdeckt hatte, dass es auch ohne geht, und sich seitdem gerne als aktiver Drogengegner gibt. Möglicherweise ist dann aber irgendwann, trotz seines enormen Engagements für Yoga und Spiritualität (er hat drei Bücher über inneres Yoga geschrieben), doch wieder einer seiner alten Persönlichkeitsanteile ans Ruder gekommen, der statt Erleuchtung einfach Spaß haben wollte, oder besser gleich beides zusammen.
Interessant, was McAfee im Bluelight-Forum alles zum Besten gibt:
"Ich bin ein großer Fan von MDPV. Nicht das weiße Hydrochlorid – es ist unverständlich, dass irgendjemand auf dem Planeten das freiwillig in seinen Körper tun würde – ich rede hier über die Freebase-Form.
[…]
An dieser Stelle müssen wir einen kurzen Ausflug in eine andere Welt machen, denn was zum Teufel ist MDPV? Bitte lesen Sie weiter im Teil 6 dieser Geschichte.