WikiLeaks: die wichtigsten Enthüllungen

Auf WikiLeaks.org befinden sich Millionen Dokumente, die Politiker und Konzerne lieber nicht dem Licht der Öffentlichkeit preisgegeben hätten. Die Website dient als nicht rückverfolgbarer Hort der Wahrheit ohne Möglichkeit zur Zensur. Auf der Plattform werden Dokumente veröffentlicht, zu denen Zeitungen, Radio und Fernsehen auf gerichtliche Anordnung keinen Zugang hatten.

WikiLeaks operiert in einer rechtlichen Grauzone. Die Website ist kein Privateigentum, gilt aber vor Gericht bisher noch nicht als Allgemeingut. Sie nimmt den Mächtigen einen Teil ihrer Macht und überträgt sie an die Bürger, indem sie die uneingeschränkte Verbreitung von Informationen erlaubt – ein kontroverses, aber wichtiges Beispiel für die wichtigste Funktion des Internets –, sodass die Menschen sich ihre eigene Meinung bilden können.

WikiLeaks ist ein unverzichtbares Archiv unserer Zeit, unserer Institutionen und jüngeren Geschichte. Wir wissen heute deutlich mehr darüber, wie die Mechanismen der Macht von Regierungen, Konzernen und Militär funktionieren. Wir wissen, wie sie ihre Macht nach innen und außen zu ihren eigenen, korrupten Zwecken nutzen – und dieses Wissen wird nie mehr verloren gehen.

Die folgende Liste ist nur ein Auszug der Berichte, die auf WikiLeaks im Laufe der Jahre veröffentlicht oder dokumentiert wurden.

  • Auf WikiLeaks veröffentlichte Informationen dienten in einigen Fällen als wichtige Beweise vor Gericht, wie die WikiLeaks-Depeschen im Fall des Chagos-Archipels. Der Premierminister von Mauritius hatte Großbritannien verklagt, weil die Briten eine „Politik der Täuschung“ gegenüber dem Chagos-Archipel betreiben und die Bewohner ihrer letzten Kolonie im Indischen Ozean zwangsweise umsiedeln würden, um Platz für eine amerikanische Militärbasis zu schaffen.

  • Der bis dahin völlig unbescholtene deutsche Staatsbürger Khaled el-Masri wurde 2003 von der CIA auf offener Straße aufgegriffen, gefangen genommen, gefoltert und irgendwo in Albanien ausgesetzt. Er reichte Klage beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte ein und nutzte sechs Depeschen aus der WikiLeaks-Datenbank als Beweismittel.

  • Mehrere unschuldige Personen wurden aufgrund der auf WikiLeaks veröffentlichten, streng vertraulichen Dossiers mehrerer US-Diplomaten aus pakistanischen Gefängnissen befreit.

  • Der sogenannte „Minton Report“ schildert detailliert, wie der multinationale holländische Konzern Trafigura giftigen Müll vor der Elfenbeinküste im Meer versenkt hatte und 108.000 Menschen dadurch in Mitleidenschaft gezogen wurden. Der Bericht wurde durch eine richterliche Verfügung unter Verschluss gehalten. Der Guardian und die BBC hielten sich daran, WikiLeaks veröffentlichte die Dokumente dennoch.

  • Die Syrien-Files gewähren außergewöhnliche Einblicke in das Assad-Regime. Sie enthalten mehr als zwei Millionen E-Mails von 680 verschiedenen Politikern, Ministerien und staatsnahen Unternehmen sowie den internationalen Sicherheitsdienstleistern der Regierung.

  • Wir erfuhren, dass die USA ein Handbuch für unkonventionelle Kriegsführung besitzen. Die gültige Richtlinie stammt aus dem Jahr 2008 und dient den US-Spezialstreitkräften als Leitfaden zum Sturz einer Regierung.

  • Wir wissen jetzt, dass Saudi-Arabien Großbritannien Bestechungsgeld in Höhe von 100.000 Dollar zur „Unterstützung“ des britischen Wahlkampfes für den Einzug in den UN-Menschenrechtsrat (UNHRC) angeboten hatte. Teil der Abmachung war, dass Großbritannien im Gegenzug die Kandidatur Saudi-Arabiens für den Vorsitz des UNHRC unterstützte.

  • Dass die IAEA Japan bereits 2009, lange vor der Fukushima-Katastrophe, vor Sicherheitsmängeln seiner Atomkraftwerke warnte, ist ebenfalls durch WikiLeaks bekannt geworden. Speziell wies die Behörde darauf hin, dass die Kraftwerke keinem stärkeren Erdbeben standhalten würden.

  • Aufgedeckt wurde außerdem, dass die Regierung Obama die Führungsriege und Mitarbeiter der Vereinten Nationen ausspioniert und den Diebstahl von biometrischen Daten (DNS, Fingerabdrücke, Netzhautscans und so weiter), Passwörtern und weiteren Informationen genehmigt hatte.

  • Die bedeutenden Freihandelsabkommen TPP, TTIP und TiSA wurden allesamt hinter verschlossenen Türen ohne ausreichende demokratische Kontrolle ausgehandelt. Die Betroffenen bekamen die Abkommen erst zu Gesicht, als WikiLeaks mehrere Kapitel der Vertragsentwürfe sowie die Verhandlungspositionen der einzelnen Staaten online stellte und damit den Bewegungen für mehr soziale Gerechtigkeit und fairen Handel Munition lieferte. Trans-Pacific Partnership Agreement (TPP) und Transatlantic Trade and Investment Partnership (TTIP) liegen mittlerweile auf Eis. Das nicht ganz so bekannte Trade in Services Agreement (TiSA) zwischen den USA, der EU und 22 weiteren Ländern, das zwei Drittel des globalen BIP umfasst, wurde als vertraulich eingestuft, um es geheim zu halten – nicht nur während der Verhandlungen, sondern auch für fünf Jahre nach Inkrafttreten des Abkommens.

  • Wir erfuhren von zahlreichen Fällen, in denen Gefangene im Irak von irakischen Polizisten und Soldaten gefoltert und misshandelt wurden, sowie von der Beteiligung der US-Regierung am Tod und der Verstümmelung von über 200.000 Menschen im Irak.

  • Die Guantanamo-Files enthüllten die systematische und routinemäßige Verletzung der Genfer Konventionen und die Misshandlung von 800 Gefangenen zwischen 14 und 89 Jahren in Guantanamo.

  • Die „Kollateralmorde“: Ein geheimes Video der US-Armee dokumentiert, wie ein Kampfhubschrauber 18 Menschen in einer Vorstadt von Neu-Bagdad im Irak abschlachtet, darunter zwei Reuters-Korrespondenten und deren Retter. Dies stellt ein Kriegsverbrechen dar.

  • Aus den Protokollen des Irakkrieges und den Tagebüchern des Kriegs in Afghanistan geht die wahre Anzahl getöteter Zivilisten im Irak hervor. Die beide Dokumente sind die bis dato detailliertesten Aufzeichnungen eines Kriegs. Sie beschreiben ausführlich die Misshandlung und Folterung von Gefangenen durch Polizei und Militär und beweisen, dass diese den Koalitionsstreitkräften vollumfänglich bekannt waren.

  • Die Global Intelligence Files gewähren Einblick in die inneren Abläufe des privaten Informationsdienstes Stratfor. Sowohl die US-Regierung als auch große Unternehmen wie Bhopal’s Dow Chemical Co., Lockheed Martin, Raytheon und staatliche Behörden weltweit nutzen deren Dienstleistungen.

  • „NSA Targets World Leaders for US Geopolitical Interests“ sind die Dokumente mit der höchsten Geheimhaltungsstufe, die von einer Medienorganisation jemals veröffentlicht wurden. Sie enthüllen zahlreiche Überwachungsziele der NSA, darunter die Treffen von UN-Generalsekretär Ban Ki-moon mit diversen Staatsoberhäuptern – den Premierministern Berlusconi und Netanyahu, Präsident Hollande und dem Kabinett der japanischen Regierung –, sowie die amerikanische Wirtschaftsspionage in Japan, Frankreich und Brasilien, und sie zeigen, dass auch der UN-Flüchtlingshochkommissar (UNHCR) und der Leiter der Rules Division des Sekretariats der WTO im Visier der NSA waren.

  • 2016 erfuhren wir von einem schmutzigen, milliardenschweren Krieg zwischen westlichen und chinesischen Konzernen um die Schürfrechte für Uran und andere Rohstoffe in der Zentralafrikanischen Republik, da sie dort keinerlei Verantwortung für Umweltschäden tragen müssen.

  • Wir erfuhren von den Sicherheitsmängeln im britischen Trident-Atomwaffensystem, von denen der Royal-Navy-Vollmatrose William McNeilly gegenüber Wiki­Leaks berichtete.

  • Geleakt wurden Bargeldzahlungen an indische Abgeordnete, damit diese dem Atomdeal mit den USA zustimmten.

  • Wir sahen Aufnahmen der Kata­strophe im japanischen Kernkraftwerk Monju im Jahr 1995. Als der schnelle Brutreaktor 2008 wieder in Betrieb gehen sollte, ließen Aktivisten das bis dahin unter Verschluss gehaltene Filmmaterial zum Natriumaustritt 1995 durchsickern, der zur Stilllegung des Reaktors geführt hatte.

  • Wir wissen nun, dass Burma als Bezahlung für ausgeklügelte konventionelle Waffensysteme Zehntausende Tonnen Reis nach Nordkorea verschifft hatte, das unter einer Lebensmittelknappheit litt. Die Nachricht berief sich auf eine Quelle aus Wirtschaftskreisen, laut der mehr als fünf Jahre lang Waffen gegen Lebensmittel eingetauscht worden waren.

  • Wir erfuhren, dass Australien gemeinsam mit Großbritannien, Kanada, Japan und einigen anderen Staaten für eine Lockerung des Übereinkommens über Streumunition sorgte. Die Australier wollten sicherstellen, dass der Einsatz amerikanischer Streumunition auf ihrem Territorium nicht durch das Übereinkommen verhindert wurde.

  • Wir erfuhren von illegalen Abhöraktionen des Bundesnachrichtendienstes (BND) bei der deutschen Presse. Das geht aus den fehlenden Seiten eines Berichts des ehemaligen Bundesrichters Gerhard Schäfer hervor, der 2006 die Bespitzelung von Journalisten durch den BND untersuchte.

  • WikiLeaks veröffentlichte den aktuellsten Entwurf des Freihandelsabkommens zwischen Indien und der EU noch vor der Unterzeichnung, sodass sich Industrie und Zivilgesellschaft schon vorab über die geplanten Vereinbarungen der Regierungen informieren konnten.

  • WikiLeaks veröffentlichte mehr als 650.000 wichtige Dokumente mit Bezug auf Russland unter Vladimir Putin, darunter auch Enthüllungen über private Überwachungsfirmen in Russland.

  • Die WikiLeaks Public Library of US Diplomacy (PlusD) enthält derzeit 3.326.538 diplomatische Depeschen aus 274 Konsulaten und Botschaften von 1966 bis 2010 und wächst immer weiter. PlusD dokumentiert die weltweiten diplomatischen Beziehungen der USA über 50 Jahre hinweg, die diplomatischen Aktivitäten, das Zusammenspiel der einzelnen Teile, Verbündete und Feinde. Seit dem Beginn der Veröffentlichungen („Cablegate“) im Jahr 2010 ist die Sammlung beträchtlich erweitert worden.

  • 19.252 E-Mails und 8.034 Attachments von führenden Mitgliedern der US Democratic National Party bilden die Democratic National Committee Leaks. Als Folge davon traten fünf hohe Parteimitglieder zurück. Sie hatten einen der beiden Präsidentschaftskandidaten der Demokraten, Bernie Sanders, sabotiert, um die andere Kandidatin, Hillary Clinton, zu pushen, indem sie Druck auf Massenmedien wie CNN und MSNBC ausgeübt und Hetzkampagnen gestartet hatten.

Quellen: WikiLeaks.org, TheGuardian.com, TheReaderApp.com

PS: Falls Sie noch tiefer in die Hintergründe von WikiLeaks einsteigen und der Frage nachgehen wollen, warum da großteils Dinge geleakt werden, die die Spatzen eh schon von den Dächer pfeifen – hier ist unser altes Stück dazu, verfasst von unserem damaligen Praktikanten Antoine Kopij.

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