Die Dunkelheit fehlt nicht nur im Zabergäu. Nach Satellitenmessungen der NASA wachsen die beleuchteten Flächen weltweit jährlich um bis zu sechs Prozent an – und das ist eine vorsichtige Schätzung, da nicht die gesamte Lichtstrahlung erfasst werden kann.
Warnungen wie die von Hellgardt stützen sich auf harte Fakten: Seit Anfang der 2000er Jahre untersuchen Wissenschaftler systematisch, was Lichtverschmutzung ist und wie sie sich auf Pflanzen, Tiere und Menschen auswirkt.
Für Insekten hat sie fatale Folgen. In den Augen vieler Arten befinden sich lichtempfindliche Proteine, weshalb sie besonders sensibel auf Veränderungen der Lichtverhältnisse reagieren. Forscher des Leibniz-Instituts für Gewässerökologie und Binnenfischerei Berlin sehen in der Lichtverschmutzung eine der Ursachen für das weltweite Insektensterben, das Wissenschaftler seit dem Jahr 2017 überwiegend in Ballungszentren beobachten. Einige nachtaktive Fluginsekten beispielsweise weichen dem Licht aus und werden so in ihrer Verbreitung gestört, während andere aus bis zu 80 Metern Entfernung auf die Lichtquelle zufliegen und sich an ihrer Hitze verbrennen, in der Nähe der Lichtquelle gefressen werden oder vor Erschöpfung sterben.
Auch Bodenkäfer sind gefährdet: Biologen der Universität Potsdam und des Fraunhofer-Instituts für Plasmaforschung Greifswald haben die Auswirkungen von Gartenbeleuchtung auf das Verhalten der Tiere untersucht. Für die Studie verwendeten sie handelsübliche solarbetriebene LED-Gartenlampen. Ihr kaltweißes Licht mit hohem Blauanteil ist für Insekten besonders attraktiv. Die Forscher stellten zwei grundsätzliche Reaktionen der Bodenkäfer auf das Licht fest: Tagaktive Arten werden vom Lichtschein angezogen und sammeln sich im Umkreis der Lampe, wodurch sie häufiger Fressfeinden zum Opfer fallen. Nachtaktive Arten fallen in eine Lichtstarre und werden somit ebenfalls zur leichten Beute für Räuber. Außerdem verlieren sie infolge der Starre Zeit für Fortpflanzung und Nahrungssuche. Viele Laufkäferarten sind bereits heute stark gefährdet und stehen unter Artenschutz.
Seit der Jahrtausendwende wurden nicht nur viele Probleme, sondern auch Lösungen und Maßnahmen zur Verbesserung des Status quo diskutiert: Beleuchtungssysteme etwa, die das Licht nur dorthin abstrahlen, wo es gebraucht wird. Oder eine andere Lichtfarbe – weg vom Blauanteil im Weißlichtspektrum. Stephen Pawson vom neuseeländischen Scion-Institut verglich 2014 die Reaktion von Insekten auf weiße LED-Lampen und auf gelbliche Natriumdampflampen. Das Ergebnis: Die LEDs zogen 48 Prozent mehr Tiere an.
Auch die Reduzierung der Lichtintensität ist eine mögliche Lösung: „Studien und Beobachtungen zeigen, dass man mit moderner LED-Technik die Lichtemission um zwei Drittel senken kann, ohne dass die Menschen das als dunkler wahrnehmen“, erklärt der Lichtforscher Christopher Kyba vom Geoforschungszentrum Potsdam. Entsprechende Lampen laufen unter dem Namen True-Amber-LED.
Quellen: PNN.de, 25.07.2018, http://bit.ly/nex79-licht1; Stimme.de, 20.08.2018, http://bit.ly/nex79-licht2; Heise.de, 16.08.2018, http://bit.ly/nex79-licht3
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