Morbus Parkinson gehört derzeit in den Industrienationen zu den zweithäufigsten degenerativen Hirnerkrankungen gleich nach Alzheimer. Zu den offenkundigsten Symptomen gehören Zittern, unkontrollierte, meist verlangsamte Bewegungen, Steifheit sowie Gleichgewichtsstörungen. Dazu gesellen sich häufig noch Geruchsverlust, Verstopfung, Schlafstörungen und Depressionen. Das Fatale dabei ist, dass die Krankheit schon weit fortgeschritten ist, wenn sich die charakteristischen motorischen Symptome zeigen – und dass die Wahrscheinlichkeit, selbst eines Tages betroffen zu sein, rasant zunimmt.
Lag der Anteil an Parkinsonkranken 1990 nämlich noch bei 2,6 Millionen weltweit, waren es 2015 schon 6,5 Millionen. Prognosen zufolge ist bis 2040 mit 12,9 Millionen Betroffenen zu rechnen.1 Zu dieser Einschätzung kommen zumindest die Neurologen Prof. Dr. Ray Dorsey und Prof. Dr. Bastiaan Bloem in dem Artikel „The Parkinson Pandemic – A Call to Action“, der 2018 in der medizinischen Fachzeitschrift JAMA Neurology erschienen ist. Zusammen mit Dr. Todd Sherer und Prof. Dr. Michael S. Okun schrieben Dorsey und Bloem zwei Jahre später das Buch „Ending Parkinson’s Disease: A Prescription for Action“, das 2021 mit dem Titel „Schluss mit Parkinson“ auf Deutsch erschien.
Industrialisierung und Umweltgifte
Gründe für die zu erwartende Parkinsonpandemie sehen die Autoren, wie inzwischen auch einige andere Wissenschaftler, hauptsächlich in der zunehmenden Belastung durch toxische Substanzen in der Umwelt und in der Tatsache, dass Menschen heute älter werden als früher, wodurch sie Toxinen selbstredend länger ausgesetzt sind. In Deutschland leben derzeit laut Krankenkasseninformationen ungefähr 400.000 Menschen mit einer diagnostizierten Parkinson-Erkrankung. Erwähnt wurde Morbus Parkinson erstmals 1817 vom britischen Arzt Dr. James Parkinson (1755–1824) in seiner „Abhandlung über die Schüttellähmung“. Ihm waren mehrere Personen mit einem ungewöhnlichen Gang und „zitternden Gliedmaßen“ aufgefallen, ein Phänomen, das er offenbar zuvor noch nie beobachtet hatte. Der aufgeweckte Arzt sah bereits damals enge Verbindungen zwischen dem Auftreten der Symptome und der seinerzeit rasant um sich greifenden Industrialisierung, die vor allem in und aus England befeuert wurde. Denn der industrielle Aufschwung sorgte nicht nur für ein rapide steigendes Bevölkerungs- und Technologiewachstum, sondern auch dafür, dass die Produktion neuer Chemikalien und Schadstoffe Fahrt aufnahm. Entsprechende Abfälle wurden der Einfachheit halber in die umliegenden Gewässer gekippt.
Melanie Wieland schreibt dazu in dem auf Planet-Wissen.de veröffentlichten Artikel „Industrielle Revolution und Umweltverschmutzung“, dass Gewässern und Böden während der Industrialisierung dauerhafte Schäden zugefügt worden seien. Klärwasser, giftige Chemikalien, Düngemittel und andere industrielle Abwässer landeten in den Flüssen und verseuchten sie so stark, dass das oft gefärbte Wasser ungenießbar wurde. Rund um Industrieansiedlungen herum seien die Böden mit Blei, Cadmium, Quecksilber und anderen Giften verseucht worden.2 Der Dichter, Naturmystiker und Maler William Blake, ein Zeitgenosse von James Parkinson, sprach in dem Zusammenhang treffsicher von den „dunklen Mühlen Satans“.3
Die Geister, die wir riefen …
Durch den Ausbau von Eisenbahnstrecken bekam auch Deutschland um 1830 herum eine tragende Rolle in der Industrialisierung, die besonders den Bergbau sowie die Eisen- und Stahlindustrie betraf. Ab den 1940er-Jahren wurden die ersten chemisch-synthetischen Pestizide hergestellt. Allen Warnungen von Umweltschützern zum Trotz steigt die Pestizidproduktion seit Jahrzehnten, zwischen 1990 und 2017 sogar um etwa 80 Prozent.
„Im Jahr 1855, vierzig Jahre nach der ersten Beschreibung der Krankheit durch Dr. James Parkinson, starben in England und Wales etwa 22 von 15 Millionen Menschen an Morbus Parkinson. Im Jahr 2014 starben etwa 5.000 bis 10.000 von 65 Millionen Menschen in Großbritannien an Morbus Parkinson. Von 1990 bis 2015 verdoppelte sich die Zahl der Menschen mit Morbus Parkinson weltweit auf über sechs Millionen“, schreibt der Deutsche Parkinsonverband, Region Baden-Württemberg, auf seiner Website.4
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