Gesundheitsrisiko EMF
Ein Blick in die Vergangenheit zeigt: Unsere von Geld gesteuerte westliche Welt hat ihre Bürger schon immer nur schleppend über die Gefahren von Umweltgiften aufgeklärt. Das globale Phänomen „schmutzige Elektrizität“ ist heute ebenso durch Untätigkeit gekennzeichnet, wie wir es früher bei Asbest, Blei, saurem Regen, Insektiziden, Biphenylen und Zigarettenrauch erleben mussten. In der Debatte über das Krebsrisiko künstlicher elektromagnetischer Felder (EMF) sprechen Mediziner und Juristen bereits davon, dass uns hier Schlimmeres bevorsteht als bei der gesamten Tabak- und Asbest-Problematik. Ihre Bemühungen um das Wohl der Bevölkerung haben viele ehrliche Wissenschaftler bereits Ruf und Karriere gekostet. Die Geschichte ist aber auch voll von angeblichen Experten, die sich auf Seiten derjenigen geschlagen haben, die den Grundsatz der Gefahrenvorsorge in der öffentlichen Gesundheit missachten: Schadensvermeidung hat Vorrang.
Für das Fachblatt des britischen Royal Institute of Public Health (Institut für öffentliche Gesundheit) untersuchte Dr. Stephen J. Genuis, wie verschärfte EMF-Gesetze durch wirtschaftliche Interessen blockiert werden. Er stellte fest, dass die befürchteten Gesundheitsschäden gerade von den Forschern abgestritten werden, die ihre Verbindungen zur Industrie nicht offenlegen. Ebenso kam er zu dem Schluss, dass die Wirtschaft unzulässig Einfluss auf medizinische Fachzeitschriften ausübt. So hatten Redakteure und andere Mitarbeiter die Veröffentlichung unliebsamer Forschungsergebnisse verhindert.1
Prof. Mark Ellwood wurde von der australischen Regierung als Direktor der National Cancer Control Initiative eingesetzt. Auf dieser bedeutenden Position berät er die Regierung und andere einflussreiche Gruppen. Ellwood fertigte als Sachverständiger Gerichtsgutachten für Energie- und Telekommunikationsunternehmen an. Prof. Andrew Wood wurde auf einen Posten berufen, der eigentlich dem Schutz der Bevölkerung dienen soll: ARPANSA, die australische Behörde für Strahlenschutz und Nuklearsicherheit. Wood ist dort Vorsitzender einer Arbeitsgruppe im Ausschuss für Strahlengesundheit. Auch er erstellt Gerichtsgutachten für Energieversorger.
Bis 1979 sollte es dauern, ehe die westliche Welt auf die Risiken aufmerksam wurde, die von den geräuschlosen und unsichtbaren Feldern ausgehen: Eine von der Epidemiologin Dr. Nancy Wertheimer und dem Elektroingenieur Ed Leeper in Denver, Colorado / USA durchgeführte Studie ergab, dass Kinder mit zwei- bis dreifach erhöhtem Leukämierisiko oft im Umfeld von Starkstromleitungen und Umspannanlagen wohnen. Ihre Ergebnisse, die ein vermehrtes Auftreten von Leukämie, Lymphomen und Tumoren des Nervensystems bei Kindern zeigten, wurden in einer wissenschaftlichen Fachzeitschrift veröffentlicht.2
Die umstrittene Studie hatte unmittelbare Auswirkungen: Zur Eindämmung öffentlicher Proteste gegen den Bau neuer Starkstromleitungen beriefen die Eletrizitätsunternehmen ein Expertengremium aus angesehenen konservativen Medizinforschern ein. Dem Gremium gehörten Prof. David Carpenter (Institut für öffentliche Gesundheit der New York University) und der US-Epidemiologe Dr. David Savitz an. Carpenters anfängliche Skepsis gegenüber der als fehlerhaft kritisierten Methodik Wertheimers und Leepers legte sich, als die Studie später erweitert und optimiert wurde. Wiederum konnte ein signifikant erhöhtes Leukämierisiko bei Kindern gezeigt werden.3 Krebserkrankungen im Kindesalter werden besonders sorgfältig untersucht, weil von einem erhöhten Krebsrisiko immer dann auszugehen ist, wenn die Krebsart in der am wenigsten betroffenen Altersgruppe verstärkt auftritt.
2001 untersuchten E. M. Ossiander (Gesundheitsbehörde des Bundesstaates Washington, USA) und Dr. Sam Milham die Auswirkungen der Elektrifizierung in Großbritannien und den USA. Milham ist ein führender Epidemiologe, der sich auf Berufskrankheiten spezialisiert hat. Das gehäufte Auftreten akuter lymphatischer Leukämie (ALL) bei Kindern ist laut ihrer Studie der Elektrifizierung von Wohngebäuden zuzuschreiben. 75 Prozent der ALL-Fälle und 60 Prozent der gesamten Leukämieerkrankungen im Kindesalter könnten demnach vermieden werden.4 Im Jahr 2007 berichtete Prof. Michael Kundi, dass bis zu 80 Prozent aller Leukämiefälle im Kindesalter durch elektromagnetische Felder verursacht werden.5
Bereits in den 1960er Jahren berichteten Court-Brown und Doll, dass vor dem Zweiten Weltkrieg ein Phänomen aufgetreten war, das in Großbritannien und den USA bei Kindern Leukämie auslöste.6 Heute gilt als ziemlich gesichert, dass es sich dabei um EMF handelte. Auch für Zusammenhänge zu anderen Krebsarten gibt es Hinweise – auf dem Gebiet liegen aber noch nicht genügend Studien vor.7
Wertheimer und Leeper waren 1982 die ersten Forscher, die einen Zusammenhang zwischen Magnetfeldern und Brustkrebs erkannten. Ihre Studie über die Magnetfeldbelastung in Wohnräumen8 sollte ursprünglich das allgemeine Krebsrisiko bei Erwachsenen untersuchen. So entdeckten sie eine Zunahme von Krebserkrankungen des Nervensystems, von malignen Lymphomen und Gebärmutterkrebs. Jedoch fanden sie auch
„eine fast dreifach erhöhte Brustkrebsrate bei Frauen unter 55 Jahren, die im Umfeld von Starkstromleitungen lebten, was darauf hindeutet, dass die Einwirkung von Magnetfeldern zu beschleunigter Entwicklung und beschleunigtem Wachstum von Brustkrebs führt.“9
Brustgewebe ist neben Fötalgewebe das empfindlichste im menschlichen Körper. Es ist auch gegenüber künstlich erzeugter Strahlung am anfälligsten. Deshalb sind Studien zu Brustkrebs für uns von besonderer Bedeutung. Brustkrebs zählt heute bei Frauen zu den Hochrisikoerkrankungen. Der Ansicht, dass EMF ein Risikofaktor (womöglich gar ein Auslöser) für Brustkrebs sein könnten, wurde bislang vehement widersprochen. Bei der Auswertung von Brustkrebsfällen werden immer auch erbliche Faktoren berücksichtigt. So können die Auswirkungen von EMF verdeckt werden und unerkannt bleiben.
Im Jahr 2001 wurde bei drei Männern, die zusammen in einem kleinen Büro arbeiteten, Brustkrebs diagnostiziert. Dr. Sam Milham sagte 2003 in einem Gerichtsprozess für sie aus. Seiner Ansicht nach wurde der Krebs durch EMF zumindest mit ausgelöst, denn direkt neben dem Kellerbüro lag eine Trafostation.10 Bereits im Jahr 1997 konnte Dr. Thomas Erren einen Zusammenhang zwischen extrem niederfrequenten elektromagnetischen Feldern und Brustkrebs bei Männern zeigen.11
Im Jahr 2002 räumte selbst der Justiziar der städtischen Elektrizitätsunternehmen von Washington, DC in einem vertraulichen Anwalt-Mandanten-Gespräch ein, dass die Stromlieferanten ihre Grundhaltung zu EMF ändern müssten.12 Vergleichende Studien werden normalerweise an Testpersonen durchgeführt, die einem Phänomen entweder ausgesetzt sind, oder nicht. Dem Elektrosmog sind wir aber alle gleichermaßen ausgesetzt. Damit ist es kaum möglich, definitive Ursachen für eine Erkrankung herauszufinden. Auch wäre es unethisch, Menschen einer hohen Dosis elektromagnetischer Strahlung auszusetzen, nur um etwas zu beweisen. Wenige sind bereit, ihren durch die Elektrizität ermöglichten Lebensstil einzuschränken. Kommen Zweifel und Verwirrung hinzu, tun wir wichtige Erkenntnisse schnell als unbedeutend ab, die eine Änderung eingefleischter Gewohnheiten dringend erforderlich machen.
Über elektromagnetische Felder existieren tausende von Studien – mehr als über jedes andere Gesundheitsthema. 1997 bemerkte Dr. Erren, dass Krebserkrankungen in epidemiologischen Studien inzwischen öfter mit EMF in Verbindung gebracht werden, als mit Passivrauchen.13 Wir alle sind wegen der Chemikalien besorgt, die in unseren Lebensraum eindringen. Eine Meta-Analyse von 65 Studien ergab, dass die Wirkung von Umweltgiften durch EMF sogar noch verstärkt wird.14
2007 erklärte die Weltgesundheitsorganisation WHO, dass es „vernünftig und berechtigt“ sei, sich extrem niederfrequenten EMF weniger stark auszusetzen, „sofern der gesundheitliche, soziale und ökonomische Nutzen der Elektrizität dadurch nicht beeinträchtigt wird.“15 Es wird noch Jahrzehnte dauern, bis die Welt entsprechend handelt.
Kommentare
06. Juni 2011, 17:43 Uhr, permalink
Ronny
Nähere Informationen zu G/S-Filtern wären interessant. :)
07. Juni 2011, 12:57 Uhr, permalink
Thomas Kirschner
@ Ronny:
Wer sich für G/S-Filter interessiert, möge sich bei uns in der Redaktion melden. Wir haben Infos dazu und werden demnächst eine Sammelbestellung aufgeben. Kostenpunkt für ein Set mit 15 Filtern plus Messgerät: Knapp unter 1.000 Euro.
14. Juni 2011, 06:37 Uhr, permalink
Falk Domzig
Danke für Ihr Angebot,
ich bitte auch um nähere Info.
Diese kann auch sehr technisch sein. Als ich klein war, habe ich als Elektro-Ing. gearbeitet (Eisenbahnsignaltechnik).
P.S.
Der Artikel von Walter Last ist wirklich verblüffend. Ich habs schon ausprobiert. Meine Nase ist frei! Wie viele Artikel - einfach gelungen!
F.D.
14. Juni 2011, 09:55 Uhr, permalink
Thomas Kirschner
@ Falk Domzig:
Diese Kommentarfunktion ist NICHT der richtige Weg, um Nachrichten an die Redaktion zu schicken. Bitte schreiben Sie uns eine Email an redaktion@nexus-magazin.de
tk
05. Juli 2011, 13:37 Uhr, permalink
Ralf
Ich habe mich nach diesem Artikel auch etwas in die G/S Filter eingelesen. Es handelt sich anscheinend um kleine Kondensatoren, in einem Plastikstecker verpackt (damit sind 1000€ für 15 Stück natürlich seeehr happig, aber das ist bei "Spezialprodukten" nun mal so, ich habe mir selbst schon mal einen schön verpackten verdrillten Draht um 50€ gekauft ...).
Diese Kondensatoren schließen hochfrequente Spannungen kurz. Die Ströme auf diesen Frequenzen erhöhen sich allerdings vom Störerzeuger zum Filter, daher sollten praktischerweise möglichst direkt an jedem störenden Gerät ein Filter sein - der Weg vom Störgerät zum Filter sendet dann nämlich stärker als zuvor.
Noch besser, wer hätte es gedacht, sind geschirmte Leitungen im Haus zu verlegen, die behalten ihre höheren Frequenzen schön für sich.
lg Ralf
28. April 2017, 11:57 Uhr, permalink
Clemenza Schwarz
Ich amüsiere mich gerade über zwei Dinge ganz köstlich... das ist zum Einen das Datum der anderen hier verfügbaren Kommentare, welches m.A. nicht nur das mangelnde Interesse an der Thematik gesundheitlich relevanter elektromagnetischer Felder zeigt... sondern gleichermaßen zum Anderen das mangelnde Bewusstsein der Masse von Verbrauchern beweisst, die bei dem Begriff EMF ganz offensichtlich aus Unverständnis oder Ignoranz völlig zu vergessen scheinen, dass es sich bei sämtlichen, auf WIFI/ bzw. WLAN basierenden Funktechniken und Gerätschaften um ebensolche gesundheitabträgliche Tatsachen handelt. Handy und Smartphone, offenes WLAN und WIFI Anlagen allenthalben seien daher an dieser Stelle ganz herzlich gegrüßt: Die Mehrheit von Usern ist euch auf den Leim gegangen und im Netz gefangen. Quod erat demonstrandum.
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