Russische Propaganda im Ukrainekrieg: Was die Alternativmedien gern verschweigen

russpropSonnenklar: Die NATO hat den russischen Bären gereizt, bis er die Pranke auspacken musste – Osterweiterung, heimliche Aufrüstung der Ukraine, Maidan-Putsch. Wer seine Informationen zum Großteil aus den alternativen Medien bezieht, kennt sie aus dem Effeff, die Sticheleien und Lügen des Wertewestens.

Was vor lauter Mainstream-Aversion aber zuweilen zu kurz kommt, ist der kritische Blick auf die Propaganda-Schachzüge der Russen. Wo kamen sie eigentlich her, die Separatisten im Donbas? Ist es plausibel, dass die Ukrainer das Massaker in Butscha selbst veranstaltet haben? Und was geschah wirklich beim Brand des Gewerkschaftshauses in Odessa? Ein Perspektivwechsel.

Nachdem die proukrainischen Aktivisten ein Feuerwehrauto unter ihre Kontrolle gebracht hatten, gelang es ihnen, die prorussischen Aktivisten unter Einsatz des Autos und des Wasserwerfers zu vertreiben. Die langsame Reaktion der Feuerwehr beim späteren Brand des Gewerkschaftshauses kann nicht mit der Entwendung des Feuerwehrautos erklärt werden, da es in der Millionenstadt Odesa selbstverständlich mehr als ein Feuerwehrauto gab.

Gegen 19 Uhr räumten die prorussischen Aktivisten ihr Protestcamp auf dem Kulikowo-Platz.18 Sie wurden nicht, wie oft zu lesen ist, „in das Gewerkschaftshaus getrieben“, sondern zogen sich mit Schusswaffen und Molotowcocktails bewaffnet in Erwartung der Ankunft der proukrainischen Aktivisten auf dem Kulikowo-Platz in und vor das angrenzende Gewerkschaftshaus zurück, was bereits im Vorfeld geplant wurde:

„[Sie hatten] bewusst Menschen versammelt, um das Gebäude zu besetzen und zu verteidigen, mit Aufrufen nicht nur auf dem Platz vor dem Gebäude, sondern auch früher, zum Beispiel in sozialen Netzwerken. […]

Schon nach den ersten Zusammenstößen im Stadtzentrum wurden Menschen angerufen und gebeten, mit medizinischer Hilfe und anderen Gegenständen zu kommen. Zeugen haben auch berichtet, dass einigen Fahrgästen der Endhaltestelle der Straßenbahnlinie 18 gesagt wurde, dass sich eine Bombe in der Straßenbahn befinde und sie sich im Gewerkschaftshaus verstecken sollten.“19

Was nun geschah, wird in einer Chronologie der Ereignisse wie folgt festgehalten: 20 Nachdem einer der Anführer der prorussischen Aktivisten, Artem (in manchen Quellen auch Anton) Dawydtschenko, ca. 400 Personen in das Gewerkschaftshaus gelockt hatte, flüchtete er. Kurz darauf erreichten die proukrainischen Aktivisten den Kulikowo-Platz und zerstörten das verlassene Protestcamp.

Laut einer Untersuchung von Beteiligten beider Konfliktparteien bewarfen sich beide Seiten nun gegenseitig mit Molotowcocktails, aus dem Gewerkschaftshaus wurde auf die proukrainischen Aktivisten geschossen und ein Teil von ihnen drang durch einen Seiteneingang in das Gebäude ein. Dort warfen offenbar prorussische Aktivisten einen Molotowcocktail innerhalb des Gebäudes und vertrieben damit die Angreifer. Die prorussischen Verteidiger an der Vorderseite zogen sich nun vollständig in das Gebäude zurück und verbarrikadierten den Eingangsbereich mit Holzpaletten.

Eine Untersuchung des Forschungs- und Forensikzentrums des Innenministeriums in Mykolajiw ergab, dass das Feuer im Gewerkschaftshaus an fünf Stellen ausgebrochen war: im Eingangsbereich, in den beiden Treppenhäusern zwischen dem Erdgeschoss und dem ersten Stock, in einem Raum im ersten Stock sowie auf dem Treppenabsatz zwischen dem zweiten und dritten Stock. Laut der Untersuchung konnten die Brände – mit Ausnahme des Feuers im Eingangsbereich – nur durch Personen innerhalb des Gebäudes verursacht worden sein.21

Häufig wird behauptet, dass Personen, die aus dem brennenden Gebäude flüchten wollten, von den pro­ukrainischen Aktivisten getötet wurden. Tatsächlich haben über 300 Personen den Brand im Gewerkschaftshaus sowie die anschließende Evakuierung überlebt. 32 Personen starben aufgrund des Feuers bzw. aufgrund der Rauchentwicklung im Gebäude, sieben beim Sprung aus dem Fenster und drei erlagen im Krankenhaus ihren Verletzungen.22

Zahlreiche Personen, die aus dem Gebäude flüchteten, wurden in der Tat verprügelt.23 Es ist jedoch nicht belegt, dass Personen bei diesen Angriffen zu Tode kamen. Die Polizei schützte flüchtende prorussische Aktivisten mit einer Menschenkette.24 Darüber hinaus halfen proukrainische Aktivisten den prorussischen Aktivisten mit einem Gerüst und einer Leiter, sicher aus dem brennenden Gebäude zu entkommen, was auf Video dokumentiert ist.25

Die Tragödie von Odesa ereignete sich nach der russischen Annexion der Krim im März und nach dem Beginn der russischen Invasion im Donbas im April. Es liegt auf der Hand, dass die monatelange Eskalation der russischen Aggression gegen die Ukraine Ressentiments schürte und die Wahrscheinlichkeit von Gewalt gegen prorussische Demonstranten erhöhte.

Das Protestcamp militanter prorussischer Aktivisten, die am 2. Mai 2014 Gewalt gegen proukrainische Aktivisten initiiert und dabei mutmaßlich sechs Menschen erschossen hatten, bevor es zur Tragödie im Gewerkschaftshaus kam, war ein typisches Beispiel für Russlands hybriden Krieg gegen die Ukraine, insbesondere im Süden und Osten des Landes.

Separatismus im Donbas

Parallel zur Annexion der Krim finanzierte Russland prorussische Aktivisten, um Aufstände in der Südostukraine anzuzetteln. Dies geht aus abgehörten Gesprächen zwischen Putins Berater Sergej Glasjew, dem Gründer des Moskauer Instituts der GUS-Staaten, Konstantin Zatulin, und dem stellvertretenden Direktor des Instituts, Kirill Frolow, hervor. Zatulin bestätigte die Echtheit der Aufnahmen, sagte aber, sie seien aus dem Zusammenhang gerissen.

Halya Coynash von der Kharkiv Human Rights Protection Group schrieb zu den Aufnahmen:

„Glasjew sagt eindeutig […], dass alle Aufstände den Anschein erwecken müssen, von den Einheimischen auszugehen, wobei es besonders wünschenswert ist, dass Kommunen usw. an Russland appellieren zu intervenieren. Eines der Gespräche ist mit dem russischen Politiker Konstantin Zatulin, der davon spricht, verschiedenen Gruppen ‚wie versprochen‘ Geldbeträge zu zahlen. […]

Aus den Aufnahmen geht eindeutig hervor, dass die Aktionen von Putins Berater Glasjew finanziert und koordiniert werden, gemeinsam mit Zatulin und Frolow [ein russischer Staatsangehöriger einer prorussischen Gruppe, die sich Union der orthodoxen Bürger der Ukraine nennt].“26

Die Donbasrepubliken waren von Beginn an russische Satellitenstaaten. Ihre Gründung erfolgte zwei Monate nach den Maidanaufständen im Zuge einer russischen Invasion des Donbas, was von den Separatisten selbst bezeugt und aufgrund der Faktenlage evident ist, wie Halya Coynash berichtete:

„Anfang März 2014 versuchte Pawel Gubarew, ein Ukrainer aus Do­nezk mit einer Vergangenheit in der neonazistischen Partei Russische Nationale Einheit, einen ‚Volksaufstand‘ in Donezk anzuzetteln und erklärte sich selbst zum ‚Bürgermeister des Volkes‘. Der besagte Aufstand und die Idee, dass es einen ‚Volksbürgermeister‘ geben müsse, lehnten sich eng […] an das Szenario an, das von Putins Berater Sergej Glasjew vorangetrieben und üppig finanziert wurde.

Gubarews Aufstand scheiterte, und auch das Auftauchen sogenannter ‚Touristen‘ – stämmige Russen, die geholt wurden, um die Unterstützung zu leisten, die sie von den einheimischen Ukrainern nicht bekommen konnten – konnte nichts daran ändern, dass Moskaus Ziel verfehlt wurde. Erst als Igor Girkin [Codename Strelkow], ein russischer ‚ehemaliger‘ FSB-Offizier, und seine schwer bewaffneten und ausgebildeten Männer […] in Slawjansk eintrafen, fielen Teile des Donbas in die Hände der russischen bzw. russisch kontrollierten Kämpfer.

Erwähnenswert ist, dass sich Gubarew auch einer immer größer werdenden Zahl von Russen – oder, wie er, prorussischen ukrainischen Bürgern – angeschlossen hat, die […] jede Vorspiegelung eines ‚Bürgerkriegs‘ im Donbas fallen gelassen haben […]. In einem Interview […] erklärte Gubarew ganz klar, dass es ohne die russische Beteiligung keine selbst ernannte Donezker Volksrepublik gegeben hätte […]. Es war Girkin (und seinen schwer bewaffneten Männern) gelungen, ‚aus einem gewöhnlichen, unbewaffneten und zahnlosen Straßenprotest einen Aufstand zu machen‘.“27

Alexander Schuchkowski, ein Russe der neonazistischen Russischen Reichsbewegung, schrieb in seinem Buch „85 Days in Slavyansk“:

„Strelkow [Igor Girkin] und seine Krim-Kompanie waren die erste Gruppe von Freiwilligen, die die russische Grenze zum Donbas überquerte. Sie bildeten den Kern der Slawjansker Garnison und später der Streitkräfte der Donezker Volksrepublik.“28

Girkin gab zu, „dass die ersten Schüsse und damit die Gewalt im Donbas tatsächlich von seinen Männern provoziert wurden“.29 Wörtlich sagte er: „Ich bin derjenige, der den Krieg ausgelöst hat.“ 30

Schuchkowski kämpfte an der Seite von Girkin und organisierte laut eigener Aussage „den Zustrom russischer Freiwilliger in den Donbas“, darunter zahlreiche Neonazi-Verbände.31 Ukrainische Neonazis waren die Ersten, die auf die russische Invasion reagierten, offenbar weil die offiziellen ukrainischen Sicherheitskräfte aus Angst vor einer russischen Großoffensive zunächst untätig blieben.

Kommentare

11. Oktober 2024, 10:43 Uhr, permalink

Daniel

Der Artikel regt zum Nachdenken an und hat mich dazu veranlasst, noch einmal zwei Interviews mit Jacques Baud herauszukramen, um sie hinsichtlich der hier gelieferten Informationen abzuklopfen. Die Frage ist tatsächlich, was zuerst war: Huhn oder Ei? Waren erst die russischen Undercover-Separatisten (s. Dugin & Co.) im Donbas, oder haben die Ukro-Faschos zuerst Stress gemacht? Dann die Sache mit der Krim - das ist schon alles sehr verstrickt.

Interview 1: t1p.de/y55rq

Interview 2: t1p.de/7bi4j

Allerdings hat mir der Artikel auch klargemacht: In den globalen Führungsebenen sind immer noch zig machiavellistische Paviane am Werkeln, die sich gegenseitig ihr "Territorium" streitig machen. Und bist du nicht willig ...

Wichtig und neu war für mich unter anderem der Fakt, was Russland im Nachgang der Friedensverhandlungen beim Istanbuler Kommuniqué forderte, wo die Ukraine ja fast sämtlichen Forderungen der Russen entsprochen hatte:

"Als Johnson wieder aus der Ukraine abgereist und die russische Armee aus dem Norden der Ukraine abgezogen war, reagierte Russland mit einer zusätzlichen Forderung. Unmittelbar vor der russischen Großoffensive im Donbas forderte Russland das Recht, im Falle eines erneuten Angriffs auf die Ukraine internationale Hilfe für die Ukraine mit einem Veto verbieten zu können."

Wie vereinbart sich das Ziel der "Entmilitarisierung und Entnazifizierung" - also quasi das Recht des Stärkeren - mit dem Recht einer Nation, ihren Weg selbst zu wählen? Wenn sich die Ukraine gen Westen orientieren will und territoriale Integrität fordert ... so what?

12. Oktober 2024, 15:29 Uhr, permalink

Jo

"Wenn sich die Ukraine gen Westen orientieren will und territoriale Integrität fordert ... so what?"
Dieser Satz birgt die westlichen Sofafur...kultur in Reinform, sadistisch, aggressiv, kalt, Maschinenwesen. So what. Vlt sind die meisten Menschen auf der Erde mittlerweile so, so what? Immer nach dem Motto "mal sehen wie weit sie mich machen lassen". So what.
Mehr lohnt sich nicht dazu zu sagen. Auch nicht zum eigentlichen Artikel. Keinen Atemzug wäre es wert.
Und ja, I'm not a robot musste ich erklären um diese wenigen Zeilen zu schreiben.

15. Oktober 2024, 00:04 Uhr, permalink

Chris

Russland kann doch Russland bleiben, auch wenn die Ukraine sich gen Westen orientiert. Inwiefern eine Orientierung gen Westen den Ukrainern gefällt oder nicht, ist eine innerukrainische Angelegenheit, dennoch hat Russland da mit militärischer Gewalt reingefunkt. Natürlich hat der Westen beim Maidanmassaker auch reingefunkt, was kriminell war, aber natürlich ist der russische Krieg verheerender als das Maidanmassaker und daher mehr zu verurteilen.

Unterm Strich ist festzuhalten, dass weder die Ukraine noch die NATO ihre Soldaten nach Russland geschickt haben, dennoch hat Russland seine Soldaten in die Ukraine geschickt. Später wird man im Geschichtsunterricht lernen: "Russland hat die Ukraine angegriffen und einen Teil des Landes erobert." Die vermeintlichen Gründe sind Schall und Rauch. Entscheidend ist auf dem Platz, wie es beim Fußball so schön heißt. Und auf dem Platz wurde Russland nicht angegriffen, hat sich also nicht gegen einen konkreten Angriff auf russisches Territorium verteidigt, sondern initiativ ukrainisches Territorium angegriffen, militärisch ab 2014.

Wenn man den russischen Angriff gutheißen oder rechtfertigen will, müsste man argumentieren, dass er mehr Nutzen als Schaden brachte. Man müsste argumentieren, dass ohne den Angriff noch mehr Menschen getötet worden wären und noch mehr zerstört worden wäre. Wie wahrscheinlich ist das? Letztlich ist Putins Argumentation, er musste angreifen, um mehr Schaden abzuwenden, genauso fadenscheinig wie die Argumentationen bei CoViD und CO2, wo komplett überzogene Maßnahmen mehr Schaden als Nutzen brachten, genau wie Putins Angriff auf die Ukraine.

Der Westen und die NATO werden in den alternativen Medien ständig und zurecht verurteilt, aber wo ist die Verurteilung eines Angriffskrieges, der zehntausende – wenn nicht noch mehr – Todesopfer forderte? In der Ukraine hassen die meisten Russland wegen des Krieges, dennoch will Russland noch mehr Territorium erobern und noch mehr Menschen russifizieren, die das offensichtlich nicht wollen. Was soll das?

Die Kriege gegen den Irak und Afghanistan haben alle zurecht verurteilt. Nicht weil die Regierungen dort so toll waren, im Gegenteil, das waren Tyranneien. Dennoch haben alle die Kriege gegen den Irak und gegen Afghanistan verurteilt, einfach weil Angriffskriege falsch sind. Beim Irak und in Afghanistan wussten das alle, in der Ukraine vergessen es alle. Da heißt es plötzlich "ja aber die Regierung da ist korrupt" und so weiter, als ob das einen Angriffskrieg rechtfertigen würde.

Kommentar schreiben

Folgende Art von Kommentaren sind unerwünscht und werden von uns entfernt:

  • (Schleich-)Werbung jedweder Art
  • Kommentare die nichts zum Thema beitragen
  • Kommentare die der deutschen Sprache nicht gerecht werden
  • Geplänkel mit anderen Kommentarschreibern
  • Kontaktanfragen an die Redaktion (benutzen Sie hierfür bitte das Kontaktformular)

Bitte beachten Sie unsere Datenschutzhinweise