Russische Propaganda im Ukrainekrieg: Was die Alternativmedien gern verschweigen

russpropSonnenklar: Die NATO hat den russischen Bären gereizt, bis er die Pranke auspacken musste – Osterweiterung, heimliche Aufrüstung der Ukraine, Maidan-Putsch. Wer seine Informationen zum Großteil aus den alternativen Medien bezieht, kennt sie aus dem Effeff, die Sticheleien und Lügen des Wertewestens.

Was vor lauter Mainstream-Aversion aber zuweilen zu kurz kommt, ist der kritische Blick auf die Propaganda-Schachzüge der Russen. Wo kamen sie eigentlich her, die Separatisten im Donbas? Ist es plausibel, dass die Ukrainer das Massaker in Butscha selbst veranstaltet haben? Und was geschah wirklich beim Brand des Gewerkschaftshauses in Odessa? Ein Perspektivwechsel.

Die E-Mails enthüllen die Details der täglichen Operationen Russlands zur Destabilisierung der Ukraine. Sie beschreiben insbesondere, wie der Kreml die Schwächen der Ukraine erforschte, ‚Insider‘ suchte, die dabei helfen konnten, solche Schwächen sowie lokale Gruppen zu identifizieren, die dabei helfen würden, diese Schwächen auszunutzen, und heimlich Programme finanzierte, die darauf abzielten, die Ukraine zu spalten. Er unterstützte lokale Gruppen, die im Wesentlichen Zuschussanträge für Aktivitäten eingereicht hatten, die bestehende Konflikte verschärfen und neue hervorrufen, Proteste anregen, Angst, Verwirrung und Misstrauen verbreiten und unter dem Deckmantel vorgetäuschter zivilgesellschaftlicher Aktivitäten die Illusion einer Unterstützung der ukrainischen Bevölkerung für den Föderalismus und/oder Russland erzeugen sollten. Die E-Mails deuten darauf hin, dass der Kreml und seine Agenten eng mit den ‚Zuschuss-
empfängern‘ zusammenarbeiteten, den Erfolg der einzelnen Maßnahmen analysierten und künftige Pläne je nach Entwicklung der Situation änderten.“ 8

Viele in Janukowitschs Partei der Regionen unterhielten wirtschaftliche und politische Beziehungen zu Russland. Im November 2013 trafen Janukowitsch und weitere führende Mitglieder seiner Partei mit Vertretern der russischen Regierung zusammen. Daraufhin erklärte Janukowitsch, dass er die Vorbereitungen für die Unterzeichnung des Assoziierungsabkommens mit der EU aufgrund von Bedenken hinsichtlich des Handels mit Russland aussetzen werde. Er schlug außerdem trilaterale Gespräche zwischen der Ukraine, Russland und der EU vor. Am selben Tag, dem 21. November 2013, begannen vom Westen unterstützte Aktivisten die Euromaidan-Proteste.

Finanzierung des Euromaidan von außen

Viele in den alternativen Medien behaupten, die USA hätten laut Aussagen von Victoria Nuland fünf Milliarden US-Dollar in die Maidanaufstände investiert. Bemerkenswerterweise betrug das gesamte Militärbudget der Ukraine 2014 lediglich drei Milliarden Dollar. Wie plausibel ist es, dass die USA fast das Doppelte allein in die dreimonatigen Maidanaufstände investierten?

Tatsächlich handelte es sich bei den fünf Milliarden laut Nuland um breit gefächerte Investitionen der USA, die zwischen 1991 und 2014 getätigt wurden. Sie betrafen politische, wirtschaftliche, infrastrukturelle und kulturelle Projekte, die auf eine Verwestlichung der Ukraine abzielten. Nuland leugnete, dass US-Gelder in die Finanzierung der Maidanaufstände flossen, was nicht glaubwürdig ist. Richtig groß wurde der Euromaidan jedoch nicht aufgrund westlicher Finanzierung, sondern weil der ukrainische Präsident Wiktor Janukowitsch im November 2013 die wenigen verbliebenen Aktivisten der bis dahin eher überschaubaren Maidandemonstrationen mit unverhältnismäßiger Polizeigewalt räumen ließ. Erst danach strömten Hunderttausende auf den Maidan, was schließlich die Revolution im Februar 2014 ermöglichte.

Eine ausführliche Analyse der Maidanaufstände und des Massakers vom 20. Februar 2014, bei dem es sich um einen vom Westen unterstützten Anschlag unter falscher Flagge handelte, finden Sie auf meinem Substack.9

Auch Russland investierte nach dem Fall der Sowjetunion Milliarden in die Ukraine, ebenfalls mit dem Ziel, den eigenen Einfluss auf die Ukraine auszubauen. Hervorzuheben sind die Aktivitäten von Wladislaw Surkow und des Instituts der GUS-Staaten, der Freundschaftsvertrag zwischen Putins Partei Einiges Russland und Wiktor Janukowitschs Partei der Regionen sowie milliardenschwere russische Gassubventionen. Allein während der Maidanaufstände investierte Russland drei Milliarden Dollar in die Ukraine, um die Janukowitsch-Regierung zu stabilisieren.10

Machtergreifung unter falscher Flagge

Es ist korrekt, aber heuchlerisch, wenn Putin das Maidanmassaker als Anschlag unter falscher Flagge verurteilt, denn auch sein eigener politischer Aufstieg wurde durch Anschläge unter falscher Flagge begünstigt, in die Putin als ehemaliger sowjetischer Geheimdienstoffizier und russischer Geheimdienstchef aller Wahrscheinlichkeit nach involviert war.

Bei einer Serie von Sprengstoffanschlägen auf Wohnhäuser in Russland kamen im September 1999 mindestens 299 Menschen ums Leben – deutlich mehr als beim Maidanmassaker in der Ukraine. In der Folge der Anschläge profilierte sich Putin als effektiver Führer, der mit harter Hand die Ordnung und Sicherheit im Land wiederherstellte, indem er die politische Macht zentralisierte, bürgerliche Freiheiten im Namen der Sicherheit einschränkte und die separatistische Kaukasusrepublik Tschetschenien, die seit 1996 faktisch unabhängig von Russland war, mit extremer militärischer Gewalt und um den Preis Zehntausender ziviler Opfer wieder unter russische Kontrolle brachte.

Hinweise darauf, dass es sich bei den Bombenanschlägen von 1999 um Angriffe unter falscher Flagge handelte, finden sich im Buch „Blowing Up Russia“ 11 sowie im Dokumentarfilm „Assassination of Russia“ 12. Beide erschienen 2002. Sowohl das Buch als auch der Dokumentarfilm sind in Russland verboten. Der Autor des Buches, Alexander Litwinenko, sowie der Finanzier des Films, Boris Beresowski, wurden allem Anschein nach vom russischen Geheimdienst ermordet.

Auch Alexander Lebed, der 1996 als Sekretär des russischen Sicherheitsrates den ersten Tschetschenienkrieg mit einem Friedensabkommen beendete, das Putin als Betrug an Russland bezeichnete, mutmaßte, dass die russische Regierung hinter den Anschlägen steckte. Lebed starb kurz darauf bei einem Hubschrauberabsturz, bei dem viele Sabotage vermuteten.

Sergei Juschenkow war Leiter der 2002 gegründeten Kowaljow-Kommission, die eine unabhängige Untersuchung der Bombenanschläge von 1999 durchführte. Er wurde im April 2003 vor seiner Wohnung erschossen. Juri Schtschekotschichin war ebenfalls Mitglied der Kommission. Er wurde im Juli 2003 allem Anschein nach vergiftet. Ein weiteres Mitglied der Kommission, Michail Trepaschkin, wurde im Oktober 2003 unter fadenscheinigen Gründen verhaftet. Seine Verhaftung erfolgte eine Woche vor einem Gerichtstermin, bei dem er als Anwalt der Familie eines Opfers der Bombenanschläge die von ihm gesammelten Beweise für eine Täterschaft des russischen Geheimdienstes FSB vorlegen wollte.

Der Brand im Gewerkschaftshaus von Odesa

Eine in Alternativmedien häufig kolportierte Geschichte ist die der ukrainischen Faschisten, die am 2. Mai 2014 prorussische Demonstranten in das Gewerkschaftshaus von Odesa trieben, um sie dort bei lebendigem Leib zu verbrennen. Tatsächlich waren die Ereignisse dieses Tages weitaus komplexer.

Anhänger der Fußballvereine Metalist Charkiw und Tschornomorez Odesa organisierten einen „Marsch der Einheit der Ukraine“ in Odesa, an dem rund 2.000 Fans und proukrainische Aktivisten teilnahmen, darunter auch Mitglieder des Rechten Sektors.

Zu jener Zeit bestand auf dem Kulikowo-Platz in Odesa bereits seit fast zwei Monaten ein prorussisches Protestcamp. Zu den dort vertretenen Gruppen gehörten die marxistisch-leninistische Borotba sowie die neonazistisch inspirierten Schwarzhunderter, die Slawische Einheit und die Odesa Druschina, deren militanter Flügel, die Odesa Brigade, auch im Donbas gegen die Ukraine kämpfte.

In der Regel hielten sich mindestens mehrere Hundert Personen im Camp auf. Laut Serhiy Rudyk, einem Mitglied der Odesa Druschina, erhielten die Aktivisten pro Person und Nacht 150 Hrywnja (2014 etwa 10 Euro), wobei dieser Betrag später auf 50 Hrywnja reduziert wurde. Die Finanzierung kam angeblich aus Russland.13

Der russische Neonazi Anton Rajewski von den Schwarzhundertern kam im März auf dem Kulikowo-Platz an. Neben einem Hakenkreuz zieren Tätowierungen der Naziparolen „Jedem das Seine“ und „Blut und Boden“ seinen Körper. Am 19. März berichtete Rajewski auf VKontakte:

„Ich wurde von Kämpfern der Odesa Brigade abgeholt und zum Kulikowo-Platz gebracht, wo sich ein patriotisches Militärlager befindet. Mir wurden sofort ein Schild, ein Schlagstock und eine kugelsichere Weste ausgehändigt. Alles war so, wie ich es erwartet hatte.“14

Knapp zwei Wochen später wurde Rajewski von den ukrainischen Behörden des Landes verwiesen. Zurück in Russland erklärte Rajewski in einer Videobotschaft:

„Wir sind bereit, Blut zu vergießen, und wir werden es vergießen – das Blut unserer Feinde. […] Ich habe gezeigt, dass russische Nationalisten, russische Freiwillige, bereit sind, in die Ukraine zu gehen, und dass sie gehen, um die Interessen nicht nur der russischsprachigen Bevölkerung zu verteidigen, sondern auch – lasst uns die Dinge beim korrekten Namen nennen – des russischen Volkes.“15

Russlands Präsident Putin behauptet regelmäßig, Odesa sei eine „russische Stadt“. Tatsächlich hatte Odesa seit Mitte des 20. Jahrhunderts stets eine ethnisch ukrainische Bevölkerungsmehrheit. Odesa ist überwiegend russischsprachig, gilt aber seit jeher als kosmopolitisch und ist definitiv keine Hochburg prorussischer Kräfte. 1991 stimmten 85 Prozent der Einwohner für die Unabhängigkeit der Ukraine von Russland.

Am 2. Mai 2014 griffen etwa 300 prorussische Aktivisten etwa 2.000 proukrainische Aktivisten beim „Marsch der Einheit der Ukraine“ an. Der Angriff der prorussischen Aktivisten auf eine zahlenmäßig weit überlegene Gruppe von Fußballfans und Mitgliedern des Rechten Sektors erscheint nur plausibel bei waffentechnischer und/oder taktischer Überlegenheit.

Laut einem Bericht von Human Rights Without Frontiers waren die prorussischen Aktivisten mit Schusswaffen, Schlagstöcken, Messern, Helmen und kugelsicheren Westen ausgerüstet.16 Sechs Personen wurden mutmaßlich von prorussischen Aktivisten erschossen, mehr als hundert Personen wurden bei den Zusammenstößen verletzt. Videos belegen, dass einige Polizisten prorussische Aktivisten schützten, als sie auf proukrainische Aktivisten schossen.17

Kommentare

11. Oktober 2024, 10:43 Uhr, permalink

Daniel

Der Artikel regt zum Nachdenken an und hat mich dazu veranlasst, noch einmal zwei Interviews mit Jacques Baud herauszukramen, um sie hinsichtlich der hier gelieferten Informationen abzuklopfen. Die Frage ist tatsächlich, was zuerst war: Huhn oder Ei? Waren erst die russischen Undercover-Separatisten (s. Dugin & Co.) im Donbas, oder haben die Ukro-Faschos zuerst Stress gemacht? Dann die Sache mit der Krim - das ist schon alles sehr verstrickt.

Interview 1: t1p.de/y55rq

Interview 2: t1p.de/7bi4j

Allerdings hat mir der Artikel auch klargemacht: In den globalen Führungsebenen sind immer noch zig machiavellistische Paviane am Werkeln, die sich gegenseitig ihr "Territorium" streitig machen. Und bist du nicht willig ...

Wichtig und neu war für mich unter anderem der Fakt, was Russland im Nachgang der Friedensverhandlungen beim Istanbuler Kommuniqué forderte, wo die Ukraine ja fast sämtlichen Forderungen der Russen entsprochen hatte:

"Als Johnson wieder aus der Ukraine abgereist und die russische Armee aus dem Norden der Ukraine abgezogen war, reagierte Russland mit einer zusätzlichen Forderung. Unmittelbar vor der russischen Großoffensive im Donbas forderte Russland das Recht, im Falle eines erneuten Angriffs auf die Ukraine internationale Hilfe für die Ukraine mit einem Veto verbieten zu können."

Wie vereinbart sich das Ziel der "Entmilitarisierung und Entnazifizierung" - also quasi das Recht des Stärkeren - mit dem Recht einer Nation, ihren Weg selbst zu wählen? Wenn sich die Ukraine gen Westen orientieren will und territoriale Integrität fordert ... so what?

12. Oktober 2024, 15:29 Uhr, permalink

Jo

"Wenn sich die Ukraine gen Westen orientieren will und territoriale Integrität fordert ... so what?"
Dieser Satz birgt die westlichen Sofafur...kultur in Reinform, sadistisch, aggressiv, kalt, Maschinenwesen. So what. Vlt sind die meisten Menschen auf der Erde mittlerweile so, so what? Immer nach dem Motto "mal sehen wie weit sie mich machen lassen". So what.
Mehr lohnt sich nicht dazu zu sagen. Auch nicht zum eigentlichen Artikel. Keinen Atemzug wäre es wert.
Und ja, I'm not a robot musste ich erklären um diese wenigen Zeilen zu schreiben.

15. Oktober 2024, 00:04 Uhr, permalink

Chris

Russland kann doch Russland bleiben, auch wenn die Ukraine sich gen Westen orientiert. Inwiefern eine Orientierung gen Westen den Ukrainern gefällt oder nicht, ist eine innerukrainische Angelegenheit, dennoch hat Russland da mit militärischer Gewalt reingefunkt. Natürlich hat der Westen beim Maidanmassaker auch reingefunkt, was kriminell war, aber natürlich ist der russische Krieg verheerender als das Maidanmassaker und daher mehr zu verurteilen.

Unterm Strich ist festzuhalten, dass weder die Ukraine noch die NATO ihre Soldaten nach Russland geschickt haben, dennoch hat Russland seine Soldaten in die Ukraine geschickt. Später wird man im Geschichtsunterricht lernen: "Russland hat die Ukraine angegriffen und einen Teil des Landes erobert." Die vermeintlichen Gründe sind Schall und Rauch. Entscheidend ist auf dem Platz, wie es beim Fußball so schön heißt. Und auf dem Platz wurde Russland nicht angegriffen, hat sich also nicht gegen einen konkreten Angriff auf russisches Territorium verteidigt, sondern initiativ ukrainisches Territorium angegriffen, militärisch ab 2014.

Wenn man den russischen Angriff gutheißen oder rechtfertigen will, müsste man argumentieren, dass er mehr Nutzen als Schaden brachte. Man müsste argumentieren, dass ohne den Angriff noch mehr Menschen getötet worden wären und noch mehr zerstört worden wäre. Wie wahrscheinlich ist das? Letztlich ist Putins Argumentation, er musste angreifen, um mehr Schaden abzuwenden, genauso fadenscheinig wie die Argumentationen bei CoViD und CO2, wo komplett überzogene Maßnahmen mehr Schaden als Nutzen brachten, genau wie Putins Angriff auf die Ukraine.

Der Westen und die NATO werden in den alternativen Medien ständig und zurecht verurteilt, aber wo ist die Verurteilung eines Angriffskrieges, der zehntausende – wenn nicht noch mehr – Todesopfer forderte? In der Ukraine hassen die meisten Russland wegen des Krieges, dennoch will Russland noch mehr Territorium erobern und noch mehr Menschen russifizieren, die das offensichtlich nicht wollen. Was soll das?

Die Kriege gegen den Irak und Afghanistan haben alle zurecht verurteilt. Nicht weil die Regierungen dort so toll waren, im Gegenteil, das waren Tyranneien. Dennoch haben alle die Kriege gegen den Irak und gegen Afghanistan verurteilt, einfach weil Angriffskriege falsch sind. Beim Irak und in Afghanistan wussten das alle, in der Ukraine vergessen es alle. Da heißt es plötzlich "ja aber die Regierung da ist korrupt" und so weiter, als ob das einen Angriffskrieg rechtfertigen würde.

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