Erreichte Christoph Kolumbus 1492 als Erster Amerika? Oder überquerten die Phönizier den Atlantik schon viel früher? Es gibt wohl ausreichend Beweise, die darauf hindeuten, dass die Phönizier schon vor 2.500 bis 3.000 Jahren in Nordamerika gesiedelt haben, nachdem sie ihre Kolonien an der spanischen und marokkanischen Atlantikküste gegründet hatten.
In diesem Artikel stelle ich die Entdeckungen und Hypothesen, die diese Theorie untermauern, in zwei Abschnitten vor: Zuerst liste ich die Auswertungen der von den Forschern entdeckten Indizien auf, die auf die Anwesenheit von Phöniziern in Nordamerika vor der Ankunft von Kolumbus hindeuten. Anschließend liefere ich den theoretischen Beweis dafür, wie und warum die Phönizier diese Reise unternommen haben könnten. Ich hoffe, die hier vorgestellten Informationen bestätigen ausreichend, dass die Phönizier tatsächlich vor Jahrtausenden die amerikanische Nordostküste besiedelt haben.
Die Theorie: Die Phönizier besiedelten die Nordostküste der Vereinigten Staaten
Indiz 1: Amerikas Stonehenge
In der Stadt Salem, New Hampshire (im Nordosten der USA), gibt es eine Ausgrabungsstätte, die man „Amerikas Stonehenge“ nennt. Die Stätte besteht aus zahlreichen großen Felsen und Steinstrukturen, die auf einer Fläche von etwa 120.000 Quadratmetern mitten in der Stadt verstreut sind. Im Jahr 1907 berichtete Edgar Gilbert in dem Buch „History of Salem, N. H.“ darüber. Dieses Stonehenge befindet sich auf dem Gipfel des Mystery Hill. William Goodwin, ein leitender Versicherungsangestellter, hatte den Hügel 1937 gekauft und ihn so benannt. Im Jahr 1982 wurde das Gebiet umbenannt in „Amerikas Stonehenge“ mit der Absicht, „die Stätte von den Merkwürdigkeiten am Straßenrand zu unterscheiden und die Vorstellung wiederzubeleben, dass es sich hier um eine altertümliche Ausgrabungsstätte handelt“.1
Die Anlage in Salem, New Hampshire, umfasst Kammern mit Steinmauern, die mit großen Felsplatten bedeckt sind. (Foto: J. Miers)
Diese megalithische astronomische Anlage besteht aus massiven Menhiren, Steinkammern, großen Kanälen, Umfriedungen, Stützmauern, Nischen, Wasserbecken und einem Brunnen. An den Hängen des Hügels befinden sich zwei natürliche Höhlen, Quellen, Steinmauern und Menhire.
Ein Stück Holzkohle, das man zusammen mit einer Steinhacke und einem Hammerkopf aus Stein bei einer Ausgrabung nahe einer der unterirdischen Kammern gefunden hatte, enthüllte bei einer Radiokarbondatierung im Jahr 1971 ein Alter von 2.000 Jahren v. Chr. Die Artefakte, die aus einer intakten Grube mit einigen Schichtablagerungen geborgen wurden, ähneln den neolithischen Gegenständen desselben Zeitraumes auf den britischen Inseln und Iberien. Radiokarbondatierungen von Baumwurzeln, die eine der anderen Kammern durchdrangen, ergaben ein Alter von 1.690 Jahren v. Chr.2 Weitere Datierungen von Artefakten rücken diese in einen Zeitraum zwischen 2.000 und 173 v. Chr.3
Einige Radiokarbondatierungen von Holzkohlegruben auf der Ausgrabungsstätte legen zwar nahe, dass der Mystery Hill vor etwa 4.000 Jahren besiedelt wurde, aber archäologische und architektonische Untersuchungen weisen darauf hin, dass dieser Ort nicht auf einmal, sondern in Etappen errichtet wurde. Anscheinend haben die Vorfahren der derzeitigen Uramerikaner, die den Ort bewohnten, das Gestein dieser felsigen Stätte für den Bau ihrer Unterkünfte verwendet. Spätere Neuankömmlinge entdeckten den Ort und stellten möglicherweise fest, dass dies der perfekte Platz sei für ein astronomisches Observatorium, das ihren Bedürfnissen entsprach. Deshalb müssen sie die vorhandenen Strukturen verändert und verbessert, neue hinzugefügt und Steine aufgerichtet haben, um sie an astronomischen Ereignissen auszurichten.4
A. Die Architektur dieser Steinstrukturen ähnelt der phönizischen Architektur
Einige Wissenschaftler behaupten, dass es Ähnlichkeiten gäbe zwischen diesen Ruinen und phönizischer Architektur.5 Wahrscheinlich meinen sie damit das Vorhandensein eines Schreins auf einer kurzen Reihe von Blöcken mit einer Plattform, einem sehr großen Steinbecken, Mauern, Felsbehausungen, Kammern, Grabstätten und einem Opferaltar.
B. Die Linie der Sommersonnenwende endet in Phönizien
Ein interessanter Aspekt dieser Stätte ist die Ausrichtung der Steine. Ein YouTube-Video zeigt, wie die Steine in einer Linie stehen mit der Sommer- und Wintersonnwende sowie mit den Tag- und Nachtgleichen, wenn die Sonne sich exakt auf der Äquatorebene befindet, sowie den dazwischenliegenden Vierteljahrestagen [„cross-quarter days“: Lichtmess 2. Februar, 1. Mai; 1. August; 1. November; A. d. Üb.].6 Viel spannender ist aber, dass die Linie der Sommersonnwende in der Verlängerung durch die Trilithen von Stonehenge führt und sich dann östlich fortsetzt ins südliche Beirut im Libanon, der Heimat der Phönizier.7
Diese präzise Ausrichtung ist sehr aufschlussreich und könnte ein Beweis dafür sein, dass das Amerikanische Stonehenge von den Phöniziern errichtet wurde, wenn in ferner Vergangenheit südlich von Beirut eine astronomische Anlage existiert hat. Das Gebiet, in dem die Linie den Libanon durchschneidet, nennt man Sands of Beirut.8
Es gibt Anzeichen von Steinkreisen in dem Gebiet südlich von Beirut. Lorraine Copeland, Archäologin mit mehr als 50 Jahren Erfahrung, und Peter Wescombe, von 1963 – 1966 britischer Diplomat im Libanon, erforschten das Gebiet in den frühen 60er-Jahren. Sie entdeckten eine bedeutende altertümliche archäologische Fundstätte am Ostende einer der Landebahnen des Beiruter Flughafens. Im Jahr 1964 führte der libanesische Archäologe M. Roger Saidah vorläufige Ausgrabungen durch.9
Die Stätte von etwa 500 Quadratmetern umfasste zwei nebeneinanderliegende Abschnitte. Ein Bereich wies roten Sand auf, der andere neuzeitlichen Sand. Im ersten Bereich fand man beigesetzte Menschen, im zweiten Bereich befanden sich sechs runde Steinstrukturen. Zu jener Zeit waren diese Kreise etwa 20 bis 40 Meter von der Landebahn entfernt. Die Kreise wurden aus großen Flusssteinen errichtet und maßen im Durchmesser zwischen acht und 15 Metern. Die Kreissteine selbst waren von unregelmäßig ovaler oder runder Form und von unterschiedlicher Höhe zwischen drei und sechs Metern. Bedauerlicherweise fielen alle Kreise Mitte der 60er-Jahre Baumaßnahmen zum Opfer. Feuersteine einschließlich Levalloiskernen, Splittern und sonstigem Abfallmaterial lagen verstreut über das Gebiet, ergaben aber kaum Hinweise auf das Alter der Steinkreise.10
Bei diesen sechs Steinkreisen hat es sich wohl um eine astronomische Anlage gehandelt. Bekanntlich dienten im Altertum die Steinkreise dazu, astronomische Ereignisse zu markieren. Sie wurden neben Begräbnisstätten errichtet, um für die Toten anlässlich der Sonnwenden und Tag- und Nachtgleichen besondere Rituale durchzuführen.
Da die Sommersonnwendlinie nach Verlassen von Amerikas Stonehenge durch den mutmaßlichen Standort der sechs Steinkreise verläuft, ist die logische Schlussfolgerung, dass diese Stelle bei Beirut ein phönizisches Stonehenge war. Die Stätte auf dem Mystery Hill war der geeignete Ort, um die von einer früheren Besiedlung schon vorhandenen Steine neu zu einem Stonehenge anzuordnen. Es ist gut möglich, dass die Phönizier in dem Land, in dem sie sich niederließen, die Errichtung eines Stonehenge und dessen Ausrichtung auf ihr Heimatland Phönizien beabsichtigten. Das einzige immerwährende Phänomen, das auf den Ursprung der Erbauer hinweist, sind die jährlichen astronomischen Ereignisse: Sie verändern sich nicht, sondern bleiben bestehen, solange Sonne und Erde bestehen bleiben.
C. Die Inschriften auf einigen Steinen sind phönizisch
Auf der Ausgrabungsstätte des Amerikanischen Stonehenge wurden auf einigen Steinen Markierungen entdeckt. Barry Fell, Professor für Zoologie der Wirbellosen am Harvard Museum of Comparative Zoology und ebenso bekannt für seine Arbeit in Inschriftenkunde, erweckte nationales Interesse für die Bedeutung dieser Einritzungen. In seinem 1976 erschienenen Buch „America B.C.“erkannte er an, dass es sich bei den Ritzungen um altertümliche Schriften handelt. Fell behauptete, dass die auf der Ausgrabungsstätte entdeckten Inschriften sowohl Ogham-Schrift wie auch phönizische und iberische Schrift, die er auch als iberisch-punisch bezeichnete,11 darstellten. Die Steinzeichnungen konnten keine Fälschungen sein, weil man unglaubliche Sprachkenntnisse und Fähigkeiten benötigte, um so etwas herzustellen. Fell war der Erste, der 1967 einen der Steine entziffern konnte. Dabei fand er heraus, dass darauf von einem Tempel, der dem phönizischen Sonnengott Baal gewidmet war, die Rede war.12
Auch Hunderte von Inschriften in Ogham wurden neben phönizischen Inschriften entdeckt. Ähnliche Inschriften hat man auf Steinplatten gefunden, was darauf hinweist, dass es sich um Grabsteine handelt. Das sind gute Neuigkeiten, denn erwartungsgemäß sollte sich nahe dem Stonehenge eine Begräbnisstätte befinden. Anscheinend ging die genaue Lage der Begräbnisstätte verloren, als man diese und andere Steine von der Stätte entfernte.13 Offenkundig wurden Steine von dieser Stätte in älteren Kirchen, Häusern und Grenzmauern verbaut. Die meisten Steine wurden allerdings als Randsteine beim Straßenbau und für die Errichtung des Lawrence-Damms im nahegelegenen Massachusetts verwendet. Man kann immer noch altertümliche Inschriften auf den Steinen finden, die für den Bau dieser eher modernen Konstruktionen verwendet wurden.
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