Nizza: Anatomie eines Anschlags (Teil 1)

NizzaNizza, 14. Juli 2016. In den Abendstunden des französischen Nationalfeiertags macht der radikalisierte Mohamed Lahouaiej Bouhlel mit einem gemieteten Lkw Jagd auf Passanten und rast in eine ausgelassene Menschenmenge. Nur wenige Minuten dauert die zwei Kilometer lange Amokfahrt auf der Promenade des Anglais, dann wird der Täter durch das beherzte Eingreifen der Staatspolizei gestoppt.

Wie war es um den Verkehr an diesem Feiertag generell bestellt? Die Promenade des Anglais ist eine wichtige Verkehrsader in Nizza. Eine Augenzeugin berichtete live aufMSNBC, dass die Straßen seit der Mittagszeit abgesperrt waren und es überall Staus gab.3 Auf einem von der französischen Zeitung Libération veröffentlichten Foto, das die Promenade des Anglais sowie die Absperrung (Boulevard Gambetta) kurz vor dem Anschlag zeigt, ist stockender Autoverkehr in beiden Fahrtrichtungen zu bemerken.4 Somit scheint ausgeschlossen, dass der Lkw vor der Absperrung mit hoher Geschwindigkeit auf der Straße fahren konnte.

Doch der wichtige Augenzeuge Franck, „der Held auf dem Motorroller“, der sogar mit der Medaille der Stadt Nizza5 dekoriert wurde, erzählt in einem vom Spiegel übernommenen Interview den folgenden Sachverhalt:

„‚Als wir auf der Höhe des Universitätszentrums Mittelmeerwaren, haben wir plötzlich hinter uns eine Bewegung in der Menschenmenge bemerkt. Wir hörten Schreie und sahen Autos, die sich quer stellten. […] Wir waren auf der Mitte der Straße, es gab wenig Autos. Ich fuhr mit rund 60 Kilometern pro Stunde, hatte nicht mal die Zeit in den Rückspiegel zu sehen, als mich der Lkw in voller Fahrt überholte.‘ Mit dem Motorroller fuhr er auf den Bürgersteig [Gehstreifen]. ‚Ich sehe noch die Bilder von Körpern, die überall umherflogen. […] Der Lkw wechselte von der Fahrbahn auf den Bürgersteig und wieder zurück, pflügte alles um.‘“6

Ich muss kurz abschweifen, um Ihnen zu zeigen, wie Der Spiegel mit dem Originalartikel des Lokalblattes Nice-Matin7 umgegangen ist – denn dieser Fakt ist ein wichtiges Puzzlestück für die weitere Analyse. Laut dem Bertin-Report erfolgte die Meldung einer Polizeistreife beim Universitätszentrum Mittelmeer über einen „verrückten Lkw“ um 22:33 Uhr. Zu diesem Zeitpunkt war das Feuerwerk längst zu Ende (22:20 Uhr). Im Artikel des deutschen Nachrichtenmagazins heißt es aber: „Es ist der 14. Juli, gegen 23 Uhr. ‚Wir wollten zum Feuerwerk.‘“ – Doch die Angabe der Uhrzeit ist nicht im Originalartikel zu finden und wurde somit von der Spiegel-Redaktion eingefügt. Der Nebensatz „mais on est parti trop tard“wurde wiederum weggelassen: „aber wir sind zu spät losgefahren“. Warum die Redaktion diese Änderungen vornahm, ist nicht nachvollziehbar, es sei denn, man wollte vorsätzlich und widersprüchlich die Uhrzeit des Anschlags mit „gegen 23 Uhr“ festlegen.

Fazit zum Ort des Verbrechens

Gab es zum Zeitpunkt des Anschlags wirklich nur wenige Autos auf der wichtigen Verkehrsverbindung Promenade des Anglais? Das große Feuerwerk war vor gerade einmal 13 Minuten zu Ende gegangen und die Festivität mit Platzkonzerten wurde im abgesperrten Teil der Promenade des Anglais fortgesetzt. Man kann also annehmen, dass die einen Besucher noch zur Festivität, die anderen nach Hause fahren wollten. Zudem ist auf einem weiteren Foto der Zeitung Libération zu sehen,8 dass die rechte Fahrspur mit Autos zugeparkt ist. Glaubt man aber dem „heldenhaften“ Augenzeugen Franck, dann war der Verkehr so flüssig, dass er mit seinem Motorroller 60 km / h fahren und der Lkw immer wieder vom Gehstreifen auf die Straße wechseln konnte.

Da die Behörden keine Bilder der städtischen Überwachungskameras (CCTV) freigegeben haben und da es auch keine privat gemachten Videos oder Fotos gibt, die zeigen würden, wie der Lkw mit hoher Geschwindigkeit auf dem für den Verkehr freigegebenen Streckenabschnitt der Promenade des Anglais von Gehstreifen auf die Fahrbahn und wieder zurück wechselte, muss die Aussage von Franck in Zweifel gezogen werden. Noch mehr, da seine Verfolgungsjagd Anleihen an Hollywood-Actionfilme nimmt und man nicht vergessen sollte, dass alle 20 Meter eine Straßenlaterne zwischen Fahrbahn und Gehstreifen steht.

(2) Tatwaffe

Es ist eine berechtigte Frage, ob mit dem vorgeblichen Tatfahrzeug wirklich ein Verbrechen verübt worden ist. Auf all den Fotos und Videobildern ist nicht die Spur eines Tropfen Bluts, nicht das winzigste Teilchen eines Kleidungsstücks oder Körperteils zu sehen.9 Weder auf der Stoßstange noch auf den Vorder- oder Hinterreifen noch sonst irgendwo. Ist das erklärbar? Auch wenn der Lkw rein theoretisch alle Opfer mit sehr hoher Geschwindigkeit weggestoßen und keiner dieser weggestoßenen Körper durch den Kontakt Platzwunden erhalten hätte, so müsste von der Wahrscheinlichkeit her zumindest ein auf der Straße liegender Körper früher oder später überrollt worden sein. Wir werden später noch von einem Augenzeugen hören, dass auf den letzten Metern ein Mädchen unter die Räder des Fahrzeugs gekommen sein soll.

Ist es wahrscheinlich, dass alle 86 Todesopfer „nur“ weggestoßen wurden und durch den An- und Aufprall Kopf- bzw. innere Verletzungen erlitten, die augenblicklich oder wenig später zum Tod führten? Nicht sehr wahrscheinlich, wenn man sich die Zeugenaussage des britischen Rechtsanwalts Simon Coates anhört. In einem BBC-Interview gab er Folgendes zu Protokoll:

„Menschen waren förmlich ausgeweidet, ihnen hat es all ihre Kleider heruntergerissen, Mütter krümmten sich neben ihren toten Kindern am Boden; eine Person war wie eine Biskuitroulade zusammengerollt, ihre Arme und Beine standen vom Körper, der sich eingewickelt hatte, senkrecht weg.“10

Das klingt nach einer Menge Blut, Innereien, Körperteilen und zerfetzten Kleidungsstücken. An dieser Stelle müssten nun Unfallchirurgen, Sachverständige für Autounfälle und erfahrene Einsatzkräfte die Plausibilität eines unbefleckten Lkws prüfen. Warum haben dies weder Behörden noch Medienhäuser veranlasst und das Ergebnis einer solchen Untersuchung veröffentlicht?

Plausibilität der Fahrweise

Ein 19-Tonnen-Lastkraftwagen ist kein SUV. Laut offiziellen Angaben11 fuhr der Lkw für eine Weile mit einer Geschwindigkeit von 90 km / h, was außerordentlich schnell und direkt am gesetzlich von der EU verordneten Geschwindigkeitslimit für Lkws ist, d. h. der Motor regelt bei 90 km / h ab. Ist es vorstellbar, dass bei dieser hohen Geschwindigkeit der Lenker Zickzack-Bewegungen durchführte, dabei Hindernisse überfuhr (Randsteine, Körper, Kinderwägen, Fahrräder, usw.), durchbrach (Straßenlampe12) und gleichzeitig aus dem Fenster der Fahrerkabine schoss? Ein Lkw kann sich durch zu schnelle Lenkbewegungen aufschaukeln und umkippen. Augenzeugen, die das Fahrzeug mit hoher Geschwindigkeit Zickzack fahren gesehen haben – beispielsweise Franck – erwähnen das Aufschaukeln mit keinem Wort.

19-Tonner oder 6-Tonner?

„Man war am Neptunstrand, das Feuerwerk war beendet, man ging wieder auf die Promenade des Anglais. In diesem Moment hat man einen weißen Lkw gesehen. Ein 6-Tonner. Er fuhr schnell, 60 km / h, 70 km / h“,

wird Augenzeuge Antoine von der Lokalzeitung Nice-Matin zitiert.13

„Laut einem Journalisten der AFP vor Ort ist ein weißer Lieferwagen [un van blanc] auf der Promenade des Anglais in die Menge gerast“,

verlautbart die französische Nachrichtenagentur AFP um 23:16 Uhr.14 (Anmerkung: Im Französischen würde man einen Lkw als camion bezeichnen.)

Es gibt auch frühe Meldungen, die von einem Kleinlaster (camionnette) sprechen. Aber mit dem ersten in den sozialen Medien veröffentlichten Foto15 des Lkws um 23:21 Uhr wird der 19-Tonner im Narrativ festgemacht. Haben sich die Zeugen demnach so grundlegend geirrt?

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