Houdinis Tod am 31. Oktober 1926 ereignete sich übrigens auf den Tag genau acht Jahre nach dem ersten Todesfall, der aus dem späteren „Houdini-Haus“ bekannt ist. 1918, kurz nach Fertigstellung des Gebäudes, kam es während einer Halloween- / Geburtstagsfeier auf einem der Balkone des Hauses zu einem Streit zwischen Liebenden – dem Sohn des damaligen Hausbesitzers und seinem schwulen Freund. Der Freund stürzte angeblich vom Balkon in den Tod. Der reiche Geschäftsmann, dem das Haus gehörte, schaffte es, dass sein Sohn mit einem blauen Auge davonkam, indem er jeden schmierte, der mit dem Fall zu tun hatte, inklusive den erstinstanzlichen Richter. Die Folgen der Party erwiesen sich für die Familie jedoch als derartige finanzielle Katastrophe, dass sie das Haus bald wieder auf den Markt werfen musste.
Wie der Zufall es wollte, suchte Harry Houdini kurz darauf nach einer Immobilie in der Nähe Hollywoods, da er ins Filmgeschäft einsteigen wollte. Im Laurel Canyon fand er das perfekte Haus, das fortan seinen Namen tragen sollte. Den meisten Berichten zufolge wohnte er dort von 1919 bis in die früher 20er Jahre – der Zeit seiner kurzen Kinokarriere, als er in einer Handvoll Hollywood-Filme mitwirkte. Eine Schlüsselszene aus einem seiner Filme, „The Grim Game“, wurde angeblich auf dem Gipfel des Lookout Mountain, ganz in der Nähe des Lookout Inn gedreht.
Am 31. Oktober 1959, genau 33 Jahre nach Houdinis Tod und 41 Jahre nach der Partynacht, bei der ein namenloser Gast ums Leben kam, brannte das auffällige Herrenhaus Ecke Laurel Canyon Boulevard und Willow Glen Road in einem Großfeuer unbekannter Ursache nieder. (Die Ruinen des Anwesens sind heute, nach mehr als 50 Jahren, noch zu sehen.) Am 31. Oktober 1981, genau 22 Jahre nach dem Feuer auf der anderen Straßenseite, ging auch die Log Cabin am Laurel Canyon Boulevard in Flammen auf – auch sie wurde durch einen Brand unbekannter Ursache zerstört (wobei manche vermuten, dass eine Explosion in einem Drogenlabor der Grund dafür gewesen sein könnte). Und noch einmal 25 Jahre später, am 31. Oktober 2006, erschien „The Secret Life of Houdini“ und stellte die gängige Meinung über Houdinis Tod in Frage.
Viel fesselnder als die Enthüllungen über Houdinis Tod war jedoch eine andere Tatsache, die in dem Buch erstmals aufgedeckt wurde: Der Illusionist Harry Houdini war ein Spion, der sowohl für den amerikanischen Secret Service als auch für Scotland Yard arbeitete. Die Entfesselungsnummern, mit denen er auf Reisen ging, stellten anscheinend nur eine Tarnung für seine geheimdienstlichen Aktivitäten dar. Insofern ähnelte seine Verfahrensweise der des Lincoln-Attentäters und Bühnenkünstlers John Wilkes Booth, aber auch vieler Ihrer heutigen Lieblingsmusiker beziehungsweise liebsten Darsteller aus Film und Fernsehen. Tut mir leid, wenn ich jetzt ein paar Illusionen zerstört habe …
In dem Buch finden sich natürlich keine derart haltlosen Anschuldigungen gegen andere darstellende Künstler – die stammen alle von mir. Die Autoren führen jedoch sehr überzeugende Argumente dafür an, dass Houdini tatsächlich ein Geheimagent war, der seine Zauberkunststücke nur als Tarnung einsetzte. Neben unterstützendem Beweismaterial von Scotland Yard findet sich in dem Werk auch eine Bekräftigung dieser These durch keinen Geringeren als John McLaughlin, den ehemaligen stellvertretenden und Übergangsdirektor derCIA. (Wer hätte gedacht, dass das so einfach ist? Vielleicht sollte ich John auch einmal anrufen und ihm einige meiner Theorien vortragen …)
Wie es scheint, wurden also von den acht prominenten Laurel-Canyon-Bewohnern, die auf der Website der Laurel Canyon Association angeführt werden, mindestens zwei (Navarro und Houdini), möglicherweise aber sogar vier ermordet. Da mir diese Mordrate als sehr hoch erschien, suchte ich im Internet nach einer aktuellen Studie und fand heraus, dass weiße Einwohner derUSAmit einer durchschnittlichen Wahrscheinlichkeit von 1:345 einem Mord zum Opfer fallen. Bei Farbigen ist die Mordrate natürlich um einiges höher, doch auch noch weit entfernt von der zwischen 1:4 und 1:2 liegenden Wahrscheinlichkeit, mit der ein weißer Prominenter aus dem Laurel Canyon mit seinem gewaltsamen Tod rechnen muss.
Statistisch gesehen wäre man als berühmter Schauspieler in den 1920er Jahren mit einer Runde russischem Roulette besser dran gewesen als mit einem Wohnsitz im Laurel Canyon.
In den 1940er Jahren jedenfalls brachten zwei ehrgeizige Projekte frischen Wind in den Laurel Canyon. Zum einen wurde der Laurel Canyon Boulevard bis ins San Fernando Valley verlängert, wodurch der Canyon vom Norden und vom Süden zugänglich war. Aus der verbreiterten Allee war nunmehr eine kurvenreiche Durchfahrtsstraße geworden, über die man direkt die Westside von L. A. erreichen konnte. Klarerweise stieg dadurch der Verkehr beträchtlich an – was den Planern des zweiten Projekts sehr zugute kam, weil man dadurch das gestiegene Verkehrsaufkommen, das durch besagtes Projekt erzeugt wurde, wahrscheinlich nicht bemerken würde. Und das war schon deswegen wichtig, weil dieses zweite Projekt geheim war – wenn ich Ihnen jetzt also davon berichte, müssen Sie versprechen, es niemandem weiterzuerzählen.
Der später als Lookout Mountain Laboratory bekannt gewordene Gebäudekomplex war ursprünglich als Luftverteidigungszentrum geplant gewesen. Er wurde 1941 auf einem abgelegenen, etwas mehr als 10.000 Quadratmeter großen Grundstück in der Nähe der heutigen Wonderland Park Avenue errichtet, war uneinsehbar und von einem Elektrozaun umgeben. 1947 wurde in der Anlage ein voll funktionsfähiges Filmstudio installiert. Viele behaupten, es habe sich sogar um das einzige völlig autarke Filmstudio der Welt gehandelt. Das Geheimstudio beherbergte auf einer Nutzfläche von etwa 1.000 Quadratmetern Tonbühnen, Vorführsäle, Filmentwicklungslabors, Schneideräume, eine Trickfilmabteilung und 17 klimatisierte Filmlager. Weiterhin gab es dort unterirdische Parkplätze, einen Hubschrauberlandeplatz und einen Luftschutzbunker.
Während der gesamten Dauer seiner Existenz wurden im dem Studio zirka 19.000 Filme hergestellt – mehr als in allen anderen Hollywood-Studios zusammen (was den Laurel Canyon wahrscheinlich zur „Welthauptstadt der Kinoindustrie“ macht). Offiziell wurde die Einrichtung von derUSAir Force betrieben und tat nichts anderes als Filmaufnahmen der Atomic Energy Commission (AEC; amerikanische Atomenergiekommission) von Atombombenexplosionen zu entwickeln. Wie aus obiger Aufzählung klar wird, war das Studio jedoch nicht nur zur Filmentwicklung, sondern für wesentlich mehr ausgestattet. Es gibt Hinweise darauf, dass das Lookout Mountain Laboratory auch eine moderne Forschungs- und Entwicklungsabteilung beherbergte, die an innovativen Filmtechnologien arbeitete. Fortschrittliche Technologien wie 3D-Effekte sollen in den Labors im Laurel Canyon entwickelt worden sein. Und Hollywood-Koryphäen wie John Ford, Jimmy Stewart, Howard Hawks, Ronald Reagan, Bing Crosby, Walt Disney und Marilyn Monroe durften in der Anlage an nicht bekanntgegebenen Projekten arbeiten. Es gibt allerdings kein Indiz dafür, dass auch nur eine der genannten Personen je über ihre Tätigkeit im Geheimstudio gesprochen hat.
Im Laboratory waren nicht weniger als 250 Produzenten, Regisseure, Techniker, Cutter, Trickfilmzeichner usw. beschäftigt. Und ob es sich dabei nun um Zivilisten oder Angestellte des Militärs handelte – sie alle waren Geheimnisträger einer hohen Sicherheitsstufe und meldeten sich jeden Tag in einem abgelegenen Winkel des Laurel Canyon zum Dienst. Wann genau die Anlage ihre Tätigkeit eingestellt hat, ist nicht ganz klar. Manche behaupten, 1969 sei alles zu Ende gewesen; andere wiederum sagen, das Studio sei erst später geschlossen worden. Man kann aber davon ausgehen, dass der geheime Studiobunker mehr als 20 Jahre aktiv war, bevor die „rebellischen Teenager-Jahre“ des Laurel Canyon begannen, und dass er auch während der turbulentesten Rock’n’Roll-Zeit noch an seinen Projekten arbeitete.
Die Öffentlichkeit hatte von der Existenz des Lookout Mountain Laboratory natürlich keine Ahnung, obwohl Gerüchte über ein geheimesCIA-Filmstudio in Hollywood oder in unmittelbarer Nähe schon länger kursiert waren. Erst Anfang der 1990er Jahre erfuhr der Regisseur Peter Kuran bei den Recherchen zu seinem Dokumentarfilm „Trinity and Beyond“ durch Geheimdokumente von der Existenz der Anlage. Bis heute aber findet man in der sogenannten Verschwörungsliteratur kaum eine Erwähnung dieser streng geheimen Militär-Geheimdienst-Einrichtung.
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