Nahtlose Fortsetzung
Es hieß, die strengen Lockdowns würden den kreativen Vandalen, denen die Verantwortung für die schelmischen, über ganz England verstreuten Kreationen zugeschrieben wird, ein für alle Mal das Handwerk legen. Jedoch überraschte das Jahr 2020 die Zyniker mit einer wahren Flut genialer Kornglyphen – statt des prophezeiten Moratoriums gab es einen weiteren Sommer mit spektakulären Mandalas, mehr noch als im Jahr zuvor. Eigentlich hätte man das erwarten können, denn das Kornkreisphänomen war schon immer für Überraschungen gut.
Die Verwunderung hielt sich in Grenzen, als das Kornkreisphänomen trotz der anfänglichen Reisebeschränkungen im Jahr 2021 nahtlos fortbestand. Neue Muster zauberten auch in diesem Sommer ein Lächeln auf die Gesichter all derer, die während der alljährlichen Kornkreissaison Schwung und Inspiration tanken, ganz gleich, ob die Kreationen nun irdischen oder überirdischen, natürlichen oder übersinnlichen, menschlichen oder außerirdischen Ursprungs sein mögen – man kennt ja die alte Debatte. Nach wie vor haben die Symbole etwas Ketzerisches an sich, das die einen bewegt und begeistert und die anderen schon allein deswegen in Rage versetzt, weil es keine nachvollziehbare Erklärung für die Entstehung der Kornkreise gibt.
In diesem Jahr zentrierte sich das Phänomen allerdings in etwas abgespeckter Form fast ausschließlich auf das Herz Englands. Was dort geboten wurde, war mehr als sehenswert. Gehen wir also zunächst auf England ein und widmen uns dann den wenigen Meldungen aus anderen Teilen der Welt.
Die ersten Wochen
Der Sommer 2021 konnte an das sonderbar herrliche Wetter während des ersten Lockdowns in England nicht anknüpfen. Stattdessen litt das ganze Land unter einem langen, scheußlich feuchten Frühling, der das Pflanzenwachstum hemmte. Trotzdem begann die Kornkreissaison in diesem Jahr etwas früher, und am 10. Mai wurde aus Stanton St Bernard in Wiltshire die erste Formation gemeldet: seit 2018 das erste Muster in einem Rapsfeld, genauer gesagt, in einem Doppelnull-Rapsfeld, eine Sorte, die heutzutage in Großbritannien nicht mehr so häufig angebaut wird. Es handelte sich um einen achtzackigen Stern in einem Kreis, eine Kreation, die an eine Origamifigur erinnerte. Vermessungsexperten zufolge wurde hier die doppelte „Quadratur des Kreises“ angewandt – eine Technik, bei der mithilfe von Zirkel und Lineal ein Quadrat konstruiert wird, das die gleiche Fläche wie ein gegebener Kreis besitzt. Dieses Prinzip hatte auch schon bei früheren Kreisen Anwendung gefunden.
Auch in dieser Saison wurde eine Tradition beibehalten: Kornsymbole zu Werbezwecken. Anscheinend sind derlei Gimmicks noch immer up to date, was doch einiges über die Anziehungskraft dieses Phänomens auf die Öffentlichkeit aussagt. Zwei dieser Gebilde entstanden gleich in den ersten Wochen: das erste am 18. Mai, ein Ornament aus Sechsecken und Pfaden in Uffcott, Wiltshire, das offenbar für das Computerspiel Fortnite werben sollte, und das zweite an einem unbekannten Datum in Kansas. Es war die einzige US-amerikanische Formation in diesem Jahr, und sie ähnelte einigen Oreo-Keksen mit ein paar zusätzlichen Piktogrammen. Ansonsten wurden die USA, wie auch in den letzten Jahren, von den Kreiskünstlern vernachlässigt. Ein weiteres in Auftrag gegebenes Logo entstand am 15. Juni in Broad Hinton, Wiltshire: die stilisierten Buchstaben S und P, die vermutlich für ein Solarenergieunternehmen stehen sollten.
Abgesehen davon gab es im Mai nur einen weiteren Kreis unbekannten Ursprungs, und zwar am 21. Mai in der Nähe des neolithischen Hügels von Silbury Hill, Wiltshire, ebenfalls in einem Rapsfeld. Obwohl dessen schlichte Ringe und das Quadrat im Inneren weitgehend akkurat angefertigt waren, wirkte eine Seite grob und unnötig zerfleddert, so, als hätte seinen Schöpfer urplötzlich der Schlag getroffen.
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