Dann sollte optimalerweise eine HPU abgeklärt werden, was mit einem Urintest geschehen kann. Ein sehr ausführliches Blutbild hilft zudem dabei, offensichtliche Defizite zu identifizieren – was für mich dazugehört, habe ich in einem eigenen Blogeintrag analysiert.
Elementare Mängel reduzieren die natürliche Entgiftungsleistung des Körpers und können diese stark reduzieren. Es ist wie bei einem Auto: Keine Wartung, schlechtes Öl und schlechtes Benzin machen keinen Rennwagen, sondern einen vorzeitigen Kolbenfresser. Der Körper braucht dafür auch Substrat – also genug Mineralien und Vitamine und andere Mikronährstoffe.
Ganz wichtig jedoch: Vor dem Auffüllen der Speicher und Defizite sollten Phase 3 und 2 unterstützt werden.
NEXUS: Sie sprachen gerade vom Substrat, realen (bio-)chemischen Mikronährstoffen. Der Markt an Nahrungsergänzungen ist inzwischen so unübersichtlich, dass der Laie rasch überfordert ist. Sie haben diverse Nahrungsergänzungen überprüft und getestet. Können Sie für Interessierte einige allgemeine Erkenntnisse ableiten? Worauf ist zu achten?
HCF: Dieses Thema ist komplex, zumal der Geldbeutel eine Rolle spielt. Für viele – auch für mich – bedeutet das, Kompromisse zu machen. Grundsätzlich setze ich auf Markenhersteller mit langer Präsenz am Markt. Allerdings bedeutet das nicht, dass alle Produkte frei sind von umstrittenen Zusatzstoffen wie Siliziumdioxid oder Magnesiumstearat, wobei das wirklich üble Titandioxid eher ein Problem von Pharmazieprodukten ist. Dann muss geschaut werden, in welcher Form Vitamine und Mineralstoffe vorliegen sowie welche (Extrakt-)Qualitäten oder Spezifikationen die pflanzlichen Zutaten, so vorhanden, haben. Im Blog versuche ich entsprechende Produkte zu verlinken, die ich nach Spezifikation gut finde oder selbst benutze, wobei ich Kommentare mache, wenn etwas im Produkt ist, was ich nicht unbedingt mag, weil ich den Fokus auf Bezahlbares habe.
NEXUS: Können Sie ein paar der häufigsten Fehler identifizieren, die Menschen bei der Einnahme von Nahrungsergänzungen machen?
HCF: Nicht alles ist in jeder Dosis gut und nicht alle brauchen alles. Gerade bei Vitamin D wird gerne übertrieben und wenig über Blutwerte kontrolliert. Selen kann leicht überdosiert werden, da der Verbrauch individuell ist. Auch hier sollte mittels Blutwerten überprüft werden; viele kommen mittelfristig mit etwa 50 Mikrogramm pro Tag aus. Jod sollte meines Wissens nicht einfach so in Dosen über 150 Mikrogramm am Tag zugeführt werden, wenn man die Situation der Schilddrüse nicht genau kennt. Eisen und Kupfer sehe ich in der Ergänzung sehr kritisch. Bei pflanzlichen Substanzen würde ich in der Regel immer Pausen einbauen, zum Beispiel fünf Tage Einnahme, zwei Tage Pause. Das hat mit regulatorischen Rückkopplungen und Gewöhnungseffekten zu tun. Auch dieser Thematik habe ich einen eigenen Artikel gewidmet.
NEXUS: Eine Substanz, der von ärztlicher Seite so gut wie keine Bedeutung beigemessen wird, ist Vitamin C. Sie sind ein Fan des Orthemolekular-Gurus Thomas Levy, der in die Fußstapfen von Linus Pauling getreten ist. Was sind Ihrer Meinung nach die größten Missverständnisse beim Vitamin C?
HCF: Dass maximal 200 Milligramm Vitamin C bei oraler Zufuhr aufgenommen werden können und der Rest in die Toilette geht. Das stimmt so ungefähr, aber nur für Ascorbate, also Ascorbinsäureverbindungen wie Natriumascorbat, Calciumascorbat und Ähnliches. Für die reine Ascorbinsäure in höheren Mengen ab etwa zwei Gramm (und mehr) auf einmal per Kapsel und nüchternen Magen gilt das aber nicht. Der Trick heißt SVCT1 – ein Transporter für Vitamin C. SVCT1 ist ein sogenannter „niedrig affiner Hochkapazitätstransporter“, der einen niedrigen pH-Wert braucht, wie er im (leeren) Magen anzutreffen ist. Wenn also mit der Ascorbinsäure der Magen-pH-Wert weiter gesenkt wird, dann geht dosisabhängig die Post ab. So können mit oralen Kapseln höhere Vitamin-C-Spiegel im Blut gemessen werden als per Infusion. Leider ist dieses Wissen recht neu und noch wenig verbreitet.
Der zweite Irrtum hat damit zu tun, was „viel“ Vitamin C und „Hochdosis-Vitamin-C“ bedeutet. Da der Referenzwert bei etwa 100 Milligramm pro Tag liegt, bezeichnen Studien zwei bis fünf Gramm schon als Hochdosis und lenken von der Tatsache ab, dass schon Klenner vor über 70 Jahren erfolgreich bis zu 100 Gramm am Tag per Infusion verabreicht hat – mit wahnsinnig positiven Ergebnissen. Für mich beginnen Hochdosen deswegen ab 50 Gramm über den Tag verteilt. Bis 40 Gramm am Tag sind zudem bei ärgerer Krankheit leicht oral per Kapseln realisierbar, weil dann auch die Magentoleranz gegenüber der Ascorbinsäure steigt. Wenn keine Infusion verfügbar ist, dann ist auch noch liposomales Vitamin C als Ergänzung oder Alternative eine gute Option.
Man sollte bedenken, dass zum Beispiel Bergziegen in der Not offenbar bis fast 80 Gramm Vitamin C am Tag selbst im Körper synthetisieren. Wir Menschen können das nicht mehr. Wir können nur noch „verbrauchtes“ Vitamin C recyceln. Das ist aber im Krankheitsfall nicht ausreichend – und das sage nicht nur ich. Ein Großteil dieser Informationen stammt aus einem der Bücher Levys, der mir auch die Dosis-Relation für den Krankheitsfall klargemacht hat.
NEXUS: Sie sprachen bereits mehrmals von den Problemen in den Wechseljahren, die nicht nur Frauen haben. Sehen Sie auch hier ein ungenügendes Wissen in der Gesellschaft – gar bei Ärzten? Wo liegen die ärgsten Wissenslücken?
HCF: Die Wechseljahre haben im Hintergrund eine große Umstellung der (Steroid-)Hormonlage des Körpers. Hier geht es um solche Hormone wie Pregnenolon, Progesteron, Testosteron, Estradiol, Estriol und im Kontext Nebenniere (bzw. Burn-out) auch um Cortisol und DHEA.
Die existierenden Wissenslücken sind für mich so tief wie der Marianengraben. Wenn überhaupt über diese Hormone gesprochen wird, dann meist in einer chemisch veränderten Form, die Hormon-Ersatztherapie genannt wird. Die Bezeichnung ist nicht einmal falsch, weil nämlich keine bioidentischen Hormone gegeben werden – also solche, die auch im Menschenkörper vorkommen –, sondern als „Ersatz“ chemische, in ihrer Struktur veränderte Derivate. Das ist in der Regel nicht hilfreich, lässt sich jedoch im Gegensatz zu den bio- bzw. körperidentischen Hormonen gut patentieren.
Fehlen im Alter jedoch die bioidentischen Hormone, oder gibt es irgendwo einen Überschuss, dann laufen Dinge schief. In Deutschland nennt man das „in Würde altern“ und tut nichts. In den USA tut sich unter den Begriffen „Well Aging“ oder „Life Extension“ einiges mehr.
NEXUS: Auf welche hormonellen Umstellungen sollten betroffene Männer und Frauen ab welchem Alter besonders achtgeben?
HCF: Spätestens im Alter zwischen 45 und 55, oder bei allen Frauen, die hormonelle Verhütung eingesetzt haben, würde ich einen kompletten Hormonstatus aus dem Blut und auf keinen Fall über den Speichel bestimmen lassen. Bei allem, was in die Kategorie Burn-out fällt, sollte man zumindest die DHEA-S- und Cortisolspiegel messen – wieder möglichst im Blut, wobei es hier auch taugliche Speichel/Urin-Selbsttests gibt.
Sehr oft sind die Progesteronspiegel sehr gering – bei beiden Geschlechtern. Von genügend Progesteron sind jedoch Cortisol, Testosteron und die Achse der verschiedenen Östrogene abhängig. Die DHEA-Produktion, die unter anderem vom Progesteronvorläufer Pregnenolon, der Mutter aller Steroidhormone, abhängig ist, sinkt mit dem Alter. Allerdings betrifft die Thematik heute schon teils Endzwanziger. Wenig Cortisol und DHEA(-S) sind dann wieder mit Burn-out und der sogenannten Nebennierenschwäche verbunden.
Das Problem ist, dass das Steroidhormonsystem eben ein System ist. Solche Systeme haben Wechselwirkungen, Interaktionen und verschachtelte Zusammenhänge. Das ist komplex, braucht Zeit und Passion, um es zu verstehen. Zudem muss man auch wissen, welches bioidentische Hormon man in welcher Form zu welcher Zeit und Dosis einnimmt oder wo eincremt und wovon man eventuell besser die Finger lässt. Wobei Letzteres eigentlich nur für Testosteron gilt, denn das kann man nicht so einfach absetzen. Die größte Hürde dürfte für viele sein, dass die meisten Hormone in Deutschland rezeptpflichtig sind. Die USA sind da viel liberaler.
NEXUS: Haben Sie eine Erklärung, warum das so ist? Greift man mit Hormonen eventuell stärker ins körperliche Geschehen ein als mit Nahrungsergänzungen?
HCF: Die Hormone, über die ich spreche, sind körperidentische Hormone – Stoffe also, die von der chemischen Struktur her genauso sind wie die, die im Körper hergestellt werden sollten, aber nicht im ausreichenden Maße hergestellt werden. Die Mengen, von denen ich spreche, sind die Mengen, die einer Ergänzung entsprechen, um altersgerechte und physiologisch adäquate Hormonspiegel zu erreichen.
Hormone sind jedoch nicht Grundbaustoffe wie Vitamine, Mineralien oder Aminosäuren, sondern komplexere Botenstoffe.
Nun könnte man vortrefflich darüber diskutieren, warum ich mir eine Literflasche Unkrautvernichter im Baumarkt kaufen darf, aber es keine fünfprozentige Progesteroncreme frei zu kaufen gibt, wenn ich auf eigene Kosten festgestellt habe, das mein Progesteron-Blutwert zu niedrig ist. Ich denke, die naheliegenden Antworten auf diese Fragen wurden schon oft im NEXUS-Magazin thematisiert, zum Beispiel im Artikel über die Borax-Verschwörung.
Kommentare
13. Februar 2024, 12:38 Uhr, permalink
Ilka Fischer
Vielen Dank für das wunderbare Interview, HC! Die ganze Familie ist stolz auf dich und dankbar für deine langjährige Unterstützung. Deine Schwester aus Hamburg!
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