Omne vivum e vivo – Leben aus Lebendigem
Frühlingszeit ist Pflanzenzeit – die ersten Knospen der Herbstpflanzungen stecken die Köpfe aus dem Boden und die Saat der Frühlingspflanzungen bedeckt Beete und Felder. Doch der beste Samen gedeiht nur so gut wie die Erde ist, in der er wächst. Auf die Frage, was ein Samenkorn braucht, um zur Pflanze zu werden, hat die konventionelle Agrochemie eine Standardantwort: NPK – Stickstoff (N), Phosphat (P) und Kalium (K). Das sind die Hauptbestandteile der meisten anorganischen Dünger, als Nähstoffe werden sie jährlich tonnenweise auf Gartenbeete und Ackerböden geschüttet, um sie fruchtbar zu machen. Das Konzept der Biogenese besagt allerdings – im Einklang mit dem gesunden Menschenverstand –, dass Lebendiges nur aus Lebendem entstehen kann: „Omne vivum e vivo“, formulierte 1864 schon Louis Pasteurs; ein Grundsatz, der seither immer wieder bestätigt wurde.
Das Edaphon
Im NPK-Dünger lebt nichts. Im gesunden Boden dagegen ist das Leben allgegenwärtig: Eine Handvoll guter Erde enthält mehr Mikroorganismen als es Menschen auf der Erde gibt, darunter Bakterien, Pilze, Algen und eukaryotische Einzeller (Protozoen).1 Die Gesamtheit aller Bodenorganismen wird als Edaphon bezeichnet, abgeleitet vom griechischen Wort für Erdboden, edaphos. Die Bedeutung des Edaphons für die Boden- und Pflanzengesundheit ist immens, vor allem in der Landwirtschaft: Das mikrobielle Gleichgewicht und die biologische Leistung der Bodenbewohner sichern das Pflanzenwachstum – doch Pestizide, mineralische Dünger und fragwürdige Wirtschaftstechniken wirken der Vielfalt der Bodenlebewesen entgegen. „Sollten wir unsere Armee von Mikroorganismen jemals vollständig verlieren, stecken wir in ernsthaften Schwierigkeiten“, schreibt der Chemiker Dr. William Jackson.2
Die 20 bis 30 Zentimeter dünne Erdschicht, in der diese Armee siedelt, ist der sogenannte Mutterboden, auch Muttererde, Oberboden, Ackerkrume, Ackererde oder A-Horizont3 genannt. Neben dem Edaphon zeichnet er sich durch eine hohe Nährstoffdichte und einen hohen Humusanteil aus – so hoch, dass Landwirte in Süddeutschland den Begriff Humus mitunter synonym mit Mutterboden verwenden. „Von diesen dreißig Zentimetern hängt das Schicksal der Menschheit ab”, mahnt der 1998 verstorbene Landwirt und Gutachter Erhard Henning in seinem Buch „Geheimnisse der fruchtbaren Böden“.4 Die Humuswirtschaft, so Henning, ist die Bewahrerin unserer natürlichen Lebensgrundlage.
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