Dr. Joseph Mercola (JM): Als praktizierender Augenarzt haben Sie sich auf die Behandlung verschiedener Augenkrankheiten spezialisiert. An Ihrer Arbeit fasziniert mich vor allem, dass Sie die häufigste Erblindungsursache in den Vereinigten Staaten, die altersbedingte Makuladegeneration, innerhalb weniger Tage rückgängig machen oder zumindest den Heilungsprozess anstoßen können. Wollen Sie uns zunächst vielleicht von Ihrer eigenen Gesundheitsgeschichte erzählen?
Dr. Jerry Tennant (JT): Alles fing damit an, dass ich an einer Enzephalitis erkrankte. Mein Zustand verschlechterte sich so weit, dass ich zwar einen Patienten untersuchen und feststellen konnte, was diesem fehlte, mich aber nicht mehr daran erinnern konnte, wie man ein Rezept ausstellt. Außerdem entwickelte ich spastische Bewegungsstörungen – was nicht gerade von Vorteil ist, wenn man an einem Augapfel herumoperiert. Deshalb habe ich im November 1995 aufgehört zu arbeiten. Die nächsten sieben Jahre habe ich hauptsächlich im Bett verbracht und 16 Stunden am Tag geschlafen. Ich ging zu den besten Ärzten, die ich finden konnte.
JM: Vorher hatten Sie konventionelle Augenheilkunde praktiziert?
JT: Genau. Ich habe viele chirurgische Eingriffe durchgeführt – Grauer-Star-Operationen, Hornhaut-OPs usw. Ich war Augenarzt aus Leidenschaft, und dann vergaß ich von jetzt auf gleich, wie man meinen Beruf ausübt. Als ich krank wurde, suchte ich die besten Ärzte in New York, Boston und wer weiß wo auf. Alle sagten sie mir: „Es tut mir leid, aber Ihr Gehirn ist von drei Viren befallen. Wir wissen nicht, was wir dagegen tun können. Rufen Sie uns nicht an. Wir melden uns bei Ihnen.“
Damals hatte ich ein Zeitfenster von zwei, drei Stunden pro Tag, in dem ich zum Beispiel Zeitung lesen konnte. Dann war es, als würde ein Lichtschalter umgelegt, und ich war nicht mehr imstande, Informationen aufzunehmen. In diesem kurzen Zeitfenster, in dem mein Gehirn funktionierte, wurde mir klar, dass ich einen Weg finden musste, mich selbst zu heilen, denn es hatte keinen Sinn, darauf zu warten, dass es jemand anderes tat.
Mir kam die Idee, dass ich nur herausfinden musste, wie ich eine einzige Zelle zum Funktionieren bringe. Wenn mir das gelänge, könnte ich auch alle anderen zum Laufen bringen. Denn obwohl sie alle unterschiedlich aussehen, setzen sie sich in Wirklichkeit aus den gleichen Bestandteilen zusammen. Nur ihre Software unterscheidet sich. Ich vertiefte mich wieder in Bücher über Zellbiologie, ein Thema, mit dem ich mich 30 Jahre lang nicht beschäftigt hatte.
Zellspannung und der pH-Wert der Zelle
JT: Mir fiel auf, dass in jedem der Bücher über Zellbiologie stand, dass Zellen einen pH-Wert zwischen 7,35 und 7,45 haben müssen−manchmal nur in einem Satz am Rande, manchmal über eine Seite ausgeführt. Mir war nicht klar, was das bedeutete, außer dass es etwas mit dem Säure-Basen-Haushalt zu tun haben musste. Ich versuchte zu verstehen, worum es beim pH-Wert geht, und schließlich verstand ich, dass man die Spannung in einer Flüssigkeit als pH-Wert bezeichnet.
Wenn wir von der Spannung reden, mit der wir unsere Bürolampen oder Computer betreiben, dann meinen wir eigentlich leitende Elektrizität – die Elektronen bewegen sich entlang von Kupferdrähten. In einer Flüssigkeit stellt sich die Situation aber anders dar: Eine Flüssigkeit kann entweder ein Elektronendonator – ein Elektronenspender – oder ein Elektronenakzeptor – ein Elektronenempfänger oder auch -räuber – sein. Wenn man es mit einem Elektronenräuber zu tun hat, setzt man ein Pluszeichen vor die Spannung, bei einem Elektronenspender ein Minuszeichen.
Dann nimmt man ein hoch entwickeltes Spannungsmessgerät, ein sogenanntes pH-Meter, und hält es in die Flüssigkeit, um die Spannung zu messen. Plus 400 Millivolt eines Elektronenempfängers entsprechen einem pH-Wert von null. Minus 400 Millivolt bei Elektronenspendern sind dasselbe wie ein pH-Wert von 14. Ein neutraler pH-Wert liegt bei einem Wert von 7 vor. Solche Messgeräte lassen sich grundsätzlich so einstellen, dass sie entweder den pH-Wert oder die Millivolt anzeigen. Man versteht natürlich besser, was dort passiert, wenn man die Millivolt abliest.
Büchern über Zellbiologie lässt sich entnehmen, dass ein pH-Wert von 7,35 dasselbe ist wie 20 Millivolt bei Elektronenspendern. Ein pH-Wert von 7,45 entspricht 25 Millivolt bei einem Elektronenspender. Zellen sind darauf ausgelegt, in einem Milieu von 20 bis 25 Millivolt zu funktionieren.
Viele Menschen, besonders Ärzte, sind allerdings irritiert, wenn sie lesen, dass Zellen bei -90 Millivolt arbeiten. Es ist so: Wenn man eine Elektrode im Inneren einer Zelle und eine weitere Elektrode außerhalb der Zelle anbringt und den Wert über die Zellmembran hinweg abliest, erhält man -90. Aber das Milieu, in dem Zellen arbeiten müssen, entspricht -25 Millivolt. Diese Erkenntnis hat mir entscheidend dabei geholfen, zu verstehen, wie ich selbst gesund werden kann.
JM: Eine Zwischenfrage: Sind Sie durch Ihre Recherche in Fachzeitschriften zu dieser Schlussfolgerung gekommen, oder beziehen Sie sich hier auf andere Forscher und Ärzte, die zu ähnlichen Ergebnissen gekommen sind?
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