Hinweis der Redaktion: Der Artikel wurde von uns im April/Mai 2014 in der Printausgabe veröffentlicht und nicht aktualisiert – dennoch halten wir die Informationen bis heute für gewichtig.
Millionen Jahre lang hatte sich Saatgut natürlich entwickeln können, bevor die Menschheit die Agrarindustrie erfand. Die genetische Selektion zur Verbesserung von Nutzpflanzen begann erst mit Erfindung der Landwirtschaft. Anfangs existierte noch eine große Auswahl an Pflanzen, und man konnte daraus nach unterschiedlichen Charakteristika wie Lebenskraft, Wachstum, Qualität, Ertrag oder Krankheitsresistenz auswählen. Auch nachdem gewissenhafte Forscher im vergangenen Jahrhundert umfassende Selektion betrieben und Hybridformen gezüchtet hatten, waren die Ergebnisse ihrer Arbeit nicht patentierbar und konnten daher von anderen nicht dazu genutzt werden, an Macht zu gewinnen oder den Profit zu steigern.
Die Gentechnik zur Veränderung von Nutzpflanzen existiert einzig und allein deshalb, weil die meisten Bauern weltweit von Saatgut abhhängig sind; als neuartige Methode zur Manipulation von Genen bietet sie zudem die Möglichkeit einer rechtlich unangreifbaren, durch Patente geschützten Kontrolle. Heute sind für praktisch alle transgenen Nutzpflanzen zwei eingezüchtete Eigenschaften maßgeblich: Toleranz gegenüber Pflanzenschutzmitteln (Herbiziden), die durch eine glyphosatresistente Form des Enzyms EPSPS bewirkt wird (der Schlüssel dazu ist das Bodenbakterium Agrobacterium tumefaciens); und die Resistenz gegen pflanzenschädliche Insekten durch ein Toxin (oder mehrere Toxine) aus dem Bodenbakterium Bacillus thuringiensis.
Uns interessiert an dieser Stelle vor allem die erstgenannte Eigenschaft – da ohne Glyphosat die gesamte Biotech-Branche ziemlich bedeutungslos wäre. Glyphosat, meist auch als Roundup® bezeichnet – nach dem weitverbreiteten Monsanto-Produkt, das aber seit dem Ablauf des Patents im Jahr 2000 auch unter vielen anderen Namen bekannt ist –, macht gentechnisch veränderte Organismen erst interessant. Es handelt sich dabei um ein Breitbandherbizid, das dem Unkraut auf geniale Weise die Nährstoffe verweigert, statt sie direkt abzutöten, und das viele Jahre lang als relativ unschädlicher Ersatz für die früher verwendeten Herbizide auf Dioxinbasis gelobt wurde. Statistiken lassen deutlich erkennen, dass transgene Pflanzen den Verkauf von Glyphosat ankurbeln.
Damit kommen wir zu Dr. Don Huber, der seit 50 Jahren als Phytopathologe tätig und heute als Professor emeritus an der Purdue University, Indiana, auch nach Ende seiner offiziellen Hochschultätigkeit sehr aktiv ist. Huber ist eine international anerkannte Autorität im Berich Nährstoffmangel bei Pflanzen und daher mehr als befugt, über Glyphosat zu sprechen – weil das Mittel ja an sich nicht toxisch ist, sondern nur die Nährstoffaufnahme der Pflanzen blockiert.
Dr. Hubers Ruhestand wurde plötzlich äußerst unruhig, als der Inhalt eines Briefes bekannt wurde, den er an den US-Landwirtschaftsminister Tom Vilsack geschrieben hatte. Die meisten Massenmedien ignorierten dieses Schreiben vom 16. Januar 2011 zwar, doch es hatte trotzdem sensationelle Auswirkungen. Huber informierte Vilsack in seinem Brief darüber, dass ein neuer Infektionserreger entdeckt worden sei. Er sei „weit verbreitet, sehr gefährlich und in ,Roundup Ready‘-Soja und -Mais in weitaus höheren Konzentrationen vertreten als in anderen Nutzpflanzen“, hieß es in seinem Schreiben. Huber ersuchte den Minister um Geldmittel für weiterführende Forschungen in dieser Angelegenheit. Sein Brief löste große Besorgnis aus und führte zu jeder Menge Dementis. Wie Huber im Interview berichtet, überprüft das amerikanische Landwirtschaftsministerium derzeit den Fall, trotzdem es vor etwas mehr als zwei Jahren unklug handelte, als es gentechnisch veränderte Luzerne [Medicago sativa] als Nahrungs- und Futtermittel zugelassen hatte. Wir haben ihn gebeten, über seinen Brief zu erzählen und uns seine Meinung zur scheinbar allgegenwärtigen Landwirtschaftschemikalie Glyphosat mitzuteilen.
Chris Walters, Redakteur bei Acres U.S.A.
Interview mit Dr. Don Huber
Acres U.S.A.: Wodurch unterscheidet sich Glyphosat von den zuvor verwendeten Herbiziden?
Dr. Huber: Es gibt einiges, was Glyphosat von den meisten anderen Herbiziden unterscheidet. Die meisten unserer Herbizide sind Mineral-Chelatbildner, die dafür sorgen, dass ein bestimmter mineralischer Nährstoff physiologisch daran gehindert wird, an der Bildung eines lebenswichtigen Enzyms mitzuwirken. Sobald das gelungen ist, sterben mit dem Herbizid behandelte Unkräuter oder Pflanzen ab. Glyphosat ist auch ein chemischer Chelatbildner, der sich an mineralische Nährstoffe anlagern kann und sie physiologisch immobilisiert, sodass sie nicht mehr für die physiologischen Funktionen zur Verfügung stehen, die sie ansonsten regulieren. Glyphosat unterscheidet sich aber insofern davon, als es sich nicht nur auf einen mineralischen Nährstoff auswirkt, sondern viele verschiedene Nährstoffe immobilisiert. Damit beeinträchtigt es keinen grundlegenden Mechanismus – was [bei herkömmlichen Pestiziden] schließlich zum natürlichen Absterben der Pflanze führt –, sondern legt einfach die Verteidigungsmechanismen der Pflanze lahm. So ermöglicht es bodenbürtigen Pilzen, die normalerweise Wochen bis Monate zur Schädigung der Pflanze benötigen würden, sie innerhalb von ein paar Tagen abzutöten. Um Pflanzen glyphosattolerant zu machen, wird ein zusätzliches Gen in sie eingebracht, das den Verteidigungsmechanismus der Pflanze halbwegs wiederherstellt; dadurch kann man Glyphosat wieder direkt auf die Nutzpflanze aufbringen, ohne sie zu zerstören. Die Gentechnik ändert jedoch nichts an der Wirkung des Glyphosats, das nach wie vor die Aufnahme mineralischer Nährstoffe hemmt. Bringt man das neue Gen also in eine Pflanze ein, so reduziert man damit ihre Nährstoffeffizienz – wenn auch nicht so sehr, dass ihr Überleben gefährdet ist, aber sie ist physiologisch beeinträchtigt.
Acres U.S.A.: Wie konnten Landwirte vor der Einführung glyphosattoleranter Pflanzen verhindern, dass ein Herbizid auch die Nutzpflanze umbringt?
Dr. Huber: Sie haben einfach schon vor dem Anpflanzen bzw. Aufgehen der Saat das Unkraut vernünftig bekämpft. Damals gab es ja auch noch nicht allzu viele Herbizide, die man direkt auf die Pflanze aufbringen konnte. Man hatte nur 2,4-D [2,4-Dichlorphenoxyessigsäure] und ein paar andere Mittel, die semiselektiv gewirkt haben und sich vor allem gegen breitblättrige Unkräuter sehr gut eigneten, da diese sich physiologisch von Graspflanzen unterscheiden. Mit Tordon® verhält es sich ähnlich: Man kann dieses Herbizid direkt auf eine Weide aufbringen, um die breitblättrigen Unkräuter für drei oder vier Jahre am Wachstum zu hindern. Es hat also eine ziemlich gute Langzeitwirkung, und eine Weide sieht aus wie frisch gedüngt, wenn man die Blattunkräuter alle beseitigt hat.
Acres U.S.A.: Bestand die wahre Innovation, die Glyphosat zu seiner Marktmacht verhalf, also nur darin, das gesamte Wirkarsenal in einem einzigen Herbizid zu vereinigen, sodass man nicht mehr verschiedene Mittel anwenden musste?
Dr. Huber: Die bisherigen Herbizide hatten eine selektive Wirkung. Bringt man jedoch Glyphosat auf Pflanzen auf, die nicht gentechnisch verändert wurden, dann kann es seine Breitbandwirkung gegen alle Unkräuter ungehindert ausüben. Die Pflanzen werden durch die bodenbürtigen Pilze abgetötet. Der Vergleich trifft zwar nicht ganz zu, aber man könnte durchaus sagen, dass man mit Glyphosat in der Pflanze eine heftige AIDS-Erkrankung hervorruft, indem man ihr Immunsystem beziehungsweise ihre Verteidigungsmechanismen abschaltet.
Acres U.S.A.: Glyphosat ist ein starker Metall- bzw. Nährstoff-Chelator. In welchem Zusammenhang steht diese Eigenschaft mit den Langzeitwirkungen der Glyphosat-Konzentration im Boden, die zutage treten, wenn das Pestizid jahrelang konsequent angewendet wird?
Dr. Huber: Solange das Glyphosat stark an Mineralstoffe angelagert ist, kann es die Pflanze nicht oder zumindest nicht in aktiver Form schädigen. Ereignet sich aber etwas, das diese Anlagerung auflöst, dann wird es wieder freigesetzt, kann über die Wurzel aufgenommen werden und zur Schädigung der Pflanze führen. Das hängt davon ab, wie lange es im Boden überlebt – und diese Stabilität wiederum hängt von zwei grundlegenden Faktoren ab: dem Boden-pH-Wert und dem Tongehalt des Bodens. Je höher der pH-Wert, desto instabiler ist das Glyphosat; je höher der Tongehalt, desto stabiler. In Böden mit hohem Tongehalt kann es einige Jahre überleben. In einer wässrigen Lösung zerfällt es verhältnismäßig schnell und entwickelt eine geringe Restaktivität. Das ist wahrscheinlich auch der Grund dafür, dass der französische Kassationshof [das höchste französische Gericht] vor zwei Jahren das Urteil erließ, dass es sich bei der Behauptung, Glyphosat sei im Boden biologisch abbaubar, um Betrug handelt – weil genau das nicht wirklich prognostizierbar ist. In manchen Böden kann es länger überleben, in anderen wieder um einiges kürzer. Anhand der heute verfügbaren Fakten ist eine seriöse Prognose darüber nicht möglich. Wir wissen nur, dass Glyphosat in den meisten Böden relativ schnell seine Wirksamkeit verliert, aber dann doch reaktiviert oder desorbiert [aufgesaugt] und danach reaktiviert werden kann, wodurch zukünftige Nutzpflanzen beschädigt werden können.
Acres U.S.A.: Was muss passieren, damit das Glyphosat reaktiviert wird?
Dr. Huber: Wie vor Kurzem nachgewiesen wurde, genügt es schon, die Nutzpflanzen mit phosphorhaltigen Mitteln zu düngen. Vom Standpunkt der Pflanzenernährung aus kann so das Glyphosat desorbiert werden – und dadurch wird es als Chemikalie reaktiviert, die von der Pflanze aufgenommen wird und sie schädigen kann.
Acres U.S.A.: Konnte man in Untersuchungen entsprechende Schäden nachweisen?
Dr. Huber: Ja. Die Desorption kann sich auf Nutzpflanzen sehr schädlich auswirken und die Aufnahme der für die Pflanze notwendigen Nährstoffe durch die Bank um 60 bis 70 Prozent reduzieren. Von den meisten dieser Stoffe werden etwa 60 Prozent weniger aufgenommen als sonst, von manchen bis zu 70 Prozent. So kann es zu einem recht beträchtlichen Nährstoffmangel kommen, obwohl die Nährstoffe im Boden vorhanden sind. Die Pflanze kann sie wegen der Toxizität des Glyphosats einfach nicht nutzen.
Acres U.S.A.: Haben Ihre Kollegen ähnliche Auswirkungen festgestellt?
Dr. Huber: Ja, eine ganze Reihe von Bodenmikrobiologen haben ähnliche Auswirkungen festgestellt. In einer Studie wird Glyphosat als sehr wirksames Herbizid, aber auch als äußerst starkes Biozid bezeichnet. Es wirkt jedoch insofern punktuell, als es einige Bodenorganismen stimuliert und gleichzeitig auf andere sehr toxisch wirkt. So wirkt es beispielsweise toxisch auf die Knöllchenbakterien in Hülsenfrüchten, die molekularen Stickstoff fixieren, und ebenso auf jene Organismen, die Mangan und Eisen – zwei wichtige Nährstoffe – für die Aufnahme durch die Pflanzen aufbereiten. Andererseits stimuliert es die Bodenpathogene, die im Sinne der Unkrautvertilgung gegen unerwünschte Pflanzen vorgehen. Doch einige davon stimuliert es so stark, dass dadurch praktisch ein unkrautbekämpfendes Superpathogen erzeugt wird. Und dieses Superpathogen verbleibt dann im Boden, wo es andere Pflanzen angreifen kann, die zu einem späteren Zeitpunkt in der Fruchtfolge wachsen.
Acres U.S.A.: Der Brief, den Sie im Januar an Landwirtschaftsminister Tom Vilsack geschrieben haben, hat – wie zu erwarten war – Kritik von mehreren Seiten ausgelöst. Da das Pathogen, das Sie darin erwähnen, noch in keiner wissenschaftlichen Fachzeitschrift beschrieben worden war, zweifeln manche Leute sogar die Existenz dieses Krankheitserregers an. Also: Wie wurde dieses Pathogen entdeckt, wer hat darüber geforscht – und sollen die Untersuchungsergebnisse bald veröffentlicht werden?
Dr. Huber: Der Brief, den ich an den Minister geschrieben habe, war ja nicht für die Öffentlichkeit bestimmt. Es handelte sich dabei vielmehr um ein Hilfegesuch. Ich wollte Vilmack über ein paar Dinge in Kenntnis setzen, die viele von uns bei unserer täglichen Arbeit beobachten konnten – von Veterinären und Tierhaltern über Agrarwissenschafler und Phytopathologen bis hin zu den Ackerbauern. Der Brief sollte den Minister über dieses Thema informieren und ihn um Hilfe dabei ersuchen, die wissenschaftliche Forschung zu diesem Thema schneller voranzutreiben, als wir Forscher das einzeln und nur auf uns gestellt könnten. Viele Erzeuger stecken wegen dieses Problems bereits in einer sehr schwierigen Lage. Die bisherigen Untersuchungen dazu sind sehr gut und auch wissenschaftlich haltbar, aber es gibt eben noch viel zu tun.
Über die Wirkung auf Nutztiere ist noch nicht allzu viel publiziert worden, doch die Henle-Koch-Postulate – die wissenschaftlichen Kriterien zum Nachweis einer Ursache-Wirkungs-Beziehung – wurden alle erfüllt. Die Forschungsarbeit ist erledigt, da kann man den Veterinären gar nichts vorwerfen. Sie haben sehr gründlich gearbeitet, haben ihre Stichproben aufgeteilt und an verschiedene Labors geschickt, um alle weiteren bekannten Ursachen für die aufgefundenen Erkrankungen auszuschließen. Und immer, wenn sie ihre Proben auf den neuen Organismus überprüft haben, konnten sie ihn auch finden, sowohl in Rindern als auch in Schweinen, Pferden und Geflügel, also in einem sehr breiten Wirtsspektrum. Die Veterinäre wollten dann herausfinden, wie die Tiere infiziert worden waren und untersuchten das Futter. Dabei stellten sie fest, dass sich die Erreger in großer Zahl in Sojaschrot befanden, aber auch in Silage [Gärfutter] und Maisprodukten. Es scheint so, als würde der Organismus in jeder Art von fermentiertem Tierfutter besonders gut gedeihen. Der Fusarium-Pilz, der „Sudden Death Syndrome“ [SDS; plötzliches Absterben von Soja] verursacht, ist mit dem neuen Organismus äußerst kompatibel; Ähnliches gilt interessanterweise auch für das Bakterium Clavibacter, das bei Mais zur Welke („Goss’ Wilt“) führt, und für andere Bakterien. In den vergangenen zwei Jahren konnten wir ausgedehnte SDS- und Welke-Epidemien verzeichnen, was den Schluss zulässt, dass der Organismus heute einen höheren Titer hat. Die zwei erwähnten Pflanzenkrankheiten und das neuentdeckte Pathogen haben anscheinend eine starke synergistische Wirkung. Es könnte sich bei dem neuen Organismus um einen Opportunisten handeln, der sich einen geschwächten Zustand zunutze macht, um seine Wirkung zu erzielen.
Acres U.S.A.: Was ist ein „höherer Titer“?
Dr. Huber: Eine höhere Population – und zwar sehr viel höher. Der Organismus scheint besser zu gedeihen und damit möglicherweise auch ein höheres Infektionspotenzial zu entwickeln.
Acres U.S.A.: Handelt es sich um das erste Auftreten dieses Pathogens in der Natur? Oder war es vielleicht immer schon da und hat nur darauf gewartet, dass die Wissenschaft es entdeckt?
Dr. Huber: Wir sind ziemlich überzeugt davon, dass es immer schon da war. Aber bisher war es gutartig und kein echtes Problem. Dazu wurde es erst, als wir irgendetwas verändert haben, das entweder seine Virulenz erhöht hat oder die Chance, als opportunistischer Erreger zu wirken. Die bisherigen Forschungen weisen darauf hin, dass wahrscheinlich die Nutzpflanzen anfälliger geworden sind, die Population des Pathogens gestiegen ist und Nutztiere leichter angesteckt werden können.
Es gibt viele wissenschaftlich noch nicht erfasste Organismen, die schon seit langer Zeit existieren. Wir haben das am Beispiel der Prionen [toxische Proteine mit virusähnlichen Eigenschaften] gesehen: Wir hatten keine Ahnung von ihrer Existenz, bis wir ein Problem lösen mussten, das uns dazu brachte, über die Grenzen des damaligen Wissens hinauszublicken – und dann haben wir sie entdeckt. Der neue Organismus wurde auf dieselbe Art gefunden. Als die Veterinäre alle anderen möglichen Ursachen ausgeschlossen hatten, suchten sie weiter und stießen auf dieses Pathogen. Weil es die Henle-Koch-Postualte erfüllte, konnten sie nachweisen, dass es die Ursache für die Krankheiten war. Anschließend gingen sie noch einen Schritt weiter und untersuchten, wo der Organismus herkommt und wie er die Tiere infiziert. Im Zuge dieser Forschungen untersuchten sie auch das Tierfutter und fanden darin das neue Pathogen. So funktioniert Wissenschaft: Man macht einen Schritt nach dem anderen, manchmal auch in einem durchgehenden Forschungsprozess, und publiziert nicht unbedingt gleich jedes kleine Zwischenergebnis, bevor man eine bessere Vorstellung davon hat, wie alles zusammenhängt. In der landwirtschaftlichen Forschung befassen wir uns mit Systemen und nicht mit plötzlich entdeckten Patentlösungen.
Acres U.S.A.: Die meisten Leute scheinen alleinige Ursachen für Probleme und Patentlösungen einfacher zu begreifen – aber so funktioniert die Natur nicht, oder?
Dr. Huber: Wir interessieren uns dafür, wie die einzelnen Teile des Systems interagieren und zusammenpassen. Darauf liegt der Schwerpunkt unserer Forschung – und nicht auf Öffentlichkeitswirkung, also darauf, alle Teilinformationen sofort zu publizieren, nur um die Neugier der Medien zu befriedigen. Stattdessen versucht man, so viel zu forschen, dass das Ausmaß des Problems und seine Auswirkungen auf den gesamten Produktionsvorgang verständlich werden. Genau darauf bezog sich auch der Appell in meinem Brief an den Landwirtschaftsminister: Wir brauchen Geld- und Sachmittel. Und um dieses Problem zu lösen, müssen Mittel und Personal in einem Maße eingesetzt werden können, wie sie zwar dem Minister zur Verfügung stehen, aber nicht den einzelnen Forschern. Ich wollte ihn darauf aufmerksam machen, sein Interesse wecken und ihn dazu animieren, uns zusätzliche Mittel zu beschaffen. Wir müssen verstehen lernen, welche Rolle der neue Organismus in der allgemeinen ökologischen Systematik und im gesamten landwirtschaftlichen Produktionssystem spielt.
Acres U.S.A.: Vor Kurzem haben die USA nach zügigen Verhandlungen gentechnisch veränderte Luzerne zum uneingeschränkten Anbau freigegeben. Sehen Sie trotzdem eine Chance, dass das US-Landwirtschaftsministerium sich für die von Ihnen geforderte Forschung einsetzen und sie mit Geld- und Sachmitteln unterstützen wird?
Dr. Huber: Das hoffe ich doch sehr.
Acres U.S.A.: Das neue Pathogen hat noch keinen Namen. Wie nennen Sie es?
Dr. Huber: Das hat sich leider bislang als ziemlicher Hemmschuh erwiesen. In meinem Brief nannte ich es einen Mikropilz. Und das war ein Fehler, weil man bei Mikropilzen automatisch an so etwas wie Schimmelpilz denkt – und darum handelt es sich bei dem Pathogen mit Sicherheit nicht. Es ist mehrere tausend Mal kleiner als ein Schimmelpilz, viel kleiner als ein Bakterium und in Wahrheit etwa so groß wie ein Virus. Daher fällt es auch in diese Kategorie; mit dem Unterschied, dass es zur Selbstreplikation fähig ist und sich passiv verhalten kann.
Acres U.S.A.: Aber es ist bestimmt kein Virus?
Dr. Huber: Nicht nach der derzeitigen Definition.
Acres U.S.A.: Könnte man Ihre Theorie also wie folgt zusammenfassen: Die Krankheiten sind nicht Folge einer Mutation in einem bereits existierenden Pathogen. Es ist vielmehr so, dass veränderte Bedingungen dazu geführt haben, dass sich ein existierendes Pathogen heftig vermehrt hat. Dadurch ist ein Problem entstanden, das mit Übertragungswegen zu tun hat, die früher nicht verbreitet waren?
Dr. Huber: Das ist korrekt. Der Organismus dürfte in der Umwelt häufig vorkommen, war der Forschung aber bisher nicht bekannt. Es könnte – natürlich in einem viel größeren Maßstab – etwas Ähnliches passieren wie damals, als man das „Texas“-CMS- [cytoplasmatisch-männliche Sterilität] Gen in Mais einzüchtete. Ein paar Jahre lang ging das gut, und dann bemerkte man, dass da draußen plötzlich ein Organismus existierte, der der Wissenschaft bisher nicht bekannt gewesen war und die epidemische Maiskrankheit „Southern Corn Leaf Blight“ verursachte. Zuvor hatten wir das bereits mit der Victoriafäule auf Hafer erlebt.
Acres U.S.A.: Können Sie mir die Namen anderer Forscher nennen, die an der aktuellen Diskussion beteiligt sind? Vor allem jener, die das Pathogen entdeckt haben?
Dr. Huber: Nein. Es ist nicht notwendig, dass sie ebenfalls mit Schikanen und wütenden Gegenstimmen konfrontiert werden, so wie es mir passiert ist. Dazu haben wir zuviel Arbeit vor uns.
Acres U.S.A.: Aber Sie bürgen für Sie?
Dr. Huber: Es handelt sich durchwegs um sehr seriöse Wissenschaftler. Aber es gibt keinen Grund, auch sie Angriffen auszusetzen – und genau das ist das Ergebnis, wenn man mit derartigen, neuen Fakten an die Öffentlichkeit tritt.
Acres U.S.A.: Man kann Ihren Gegnern also versichern, dass mehr als ein Wissenschaftler an diesen Forschungen beteiligt ist, dass die anderen Forscher durchwegs seriös sind und dass die Forschungsergebnisse publiziert werden, sobald sie komplett vorliegen? Und auch, dass die beschriebenen Pflanzen- und Nutztierkrankheiten nicht von selbst wieder verschwinden werden?
Dr. Huber: Clavibacter überlebt in Maisrückständen drei bis vier Jahre. Wenn wir also weiterhin Landwirtschaft betreiben wie bisher, dann wird sich auch an den Folgen nichts ändern. Es gibt Forschungsergebnisse, denen zufolge das Aufbringen von Glyphosat-Formulierungen auf glyphosatresistenten Mais dazu führt, dass die normalerweise gegen Clavibacter resistente Pflanze in manchen Hybridformen anfällig für dieses Bakterium wird. Glyphosat kann die genetisch bedingte Resistenz gegen Clavibacter aufheben, so wie es die Resistenz von Zuckerrüben gegen Rhizoctonia oder die diverser anderer Pflanzen gegen Fusarium aufheben kann.
Acres U.S.A.: Mit welchen weiteren Folgen rechnen Sie?
Dr. Huber: Mit hohen Unfruchtbarkeitsraten und vermehrten Fehlgeburten bei Nutztieren, die mit Mais- und Soja-Futtermitteln ernährt werden, in denen sich hohe Populationen dieses Pathogens befinden.
Acres U.S.A.: Manche Ihrer Kritiker streiten ja ganz und gar ab, dass plötzlicher Pflanzentod und Fehlgeburten bei Nutztieren im Ansteigen begriffen sind …
Dr. Huber: Es handelt sich nicht um ein allgemeines Phänomen; man kann ja auch die meisten Seuchenausbrüche begrenzen. Ich glaube aber, dass diese Kritiker aktuelle Statistiken ignorieren. Wenn man sich die Prognosen des Landwirtschaftsministeriums zum erwarteten Maisertrag ansieht und sie mit den im Januar veröffentlichten tatsächlichen Ertragszahlen vergleicht, dann sieht man, dass trotz idealer Erntebedingungen beinahe eine Milliarde Bushel [Scheffel; bei Mais ca. 25,4 Kilogramm, Anm. d. Übers.] weniger produziert wurden. Wo ist diese Menge hingekommen? Schon anhand der Preise erkennt man, dass es im vergangenen Jahr eine Missernte gegeben haben muss: Ein Bushel Mais kostet plötzlich sechs statt drei US-Dollar. Und das liegt nicht etwa am steigenden Ethanolverbrauch, sondern an einer Verknappung der produzierten Menge. Auch der Preis für Sojabohnen ist gestiegen – von fünf auf zwölf US-Dollar. Zu solchen relativen Missernten kann es kommen, wenn in der Landwirtschaft ein unelastisches Verhältnis zwischen Angebot und Nachfrage herrscht. Und das beweisen auch die Zahlen. In manchen Regionen tauchten die Probleme in diesem Jahr nicht auf, die andere Gegenden vor einem Jahr hatten; das liegt aber auch daran, dass die Umweltbedingungen beim Auftreten von Pflanzenkrankheiten ebenfalls eine Rolle spielen …
Acres U.S.A.: Was waren die Schwerpunkte Ihrer beruflichen Arbeit, bevor Sie in den Ruhestand gingen und emeritierter Professor wurden?
Dr. Huber: Während meiner wissenschaftlichen Tätigkeit befasste ich mich 50 Jahre lang mit der Biologie und Bekämpfung bodenbürtiger pathogener Pilze, mit mikrobieller Ökologie, biologischer Schädlingsbekämpfung, mikrobiellen Interaktionen und der physiologischen Beziehung zwischen Wirt und Parasit – mit besonderem Gewicht auf Resistenz und biologischer Suszeptibilität. Ich war wesentlich an der Entwicklung von Nitrifikations-Inhibitoren beteiligt, ebenso wie an der Bestimmung der Nährstoffwege von Mais, Soja und Weizen. Ich war Mitherausgeber des Buchs „Mineral Nutrition and Plant Disease“ (Mineralstoffversorgung und Pflanzenkrankheiten), das 2007 von der American Phytopathological Society veröffentlicht wurde.
Mit Glyphosat befasste ich mich das erste Mal, als ich der Ansicht war, die Freisetzung glyphosattoleranter Sojabohnen wäre positiv für viele unserer Erzeuger, die nicht noch eine Kreuzung auf sich nehmen wollten, um auch den Manganbedarf einer Pflanze zu decken. So könnten sie Mangan einfach zu ihrer Tankmischung hinzufügen und damit den Mangelerscheinungen abhelfen, die zu dieser Zeit beispielsweise in einigen Gebieten Indianas vorherrschten – und gleichzeitig Unkrautbekämpfung betreiben. Allerdings stellte sich schon beim ersten Probeversuch heraus, dass das nicht funktionierte, weil das Glyphosat das Mangan immobilisierte, das man der Pflanze eigentlich zuführen wollte.Die letzten 15 oder 16 Jahre meiner Laufbahn hatte ich mich hauptsächlich der Aufgabe gewidmet, die durch Technik und Chemie bewirkte Nährstoffineffizienz bei Pflanzen zu verstehen und Mittel dagegen zu finden. Aber das brachte mich natürlich wieder auf die Interaktionen der Bodenmikroben, die für die Nährstoffaufnahme so wichtig sind …
Acres U.S.A.: Gentechnik ist ein relativ neues Feld für die Wissenschaft. Verstärkt sie die Probleme bei der Pflanzenzüchtung – weil man neue Merkmale nicht mehr so einfach beseitigen kann wie früher, als man ein Hybridprogramm einfach beenden, sobald es unerwünschte Auswirkungen zeitigte?
Dr. Huber: Es ist mit Sicherheit einfacher, ein neues Gen in eine Pflanze einzubringen als es dort wieder herauszuholen. Jedes fremde Gen, das man einbringt, beansprucht die Pflanze stärker – ein wissenschaftlich sehr gut untersuchtes Phänomen, das als „yield drag“ [Ertragsbremse] bezeichnet wird. Die Gentechnik ist ein sehr wirkungsvolles Werkzeug, und mit der Zeit werden wir sicher einen Weg finden, sie verträglich anzuwenden. In bestimmten Situationen werden wir sie brauchen. Bisher allerdings wurde sie auch schon falsch eingesetzt. Wenn wir nur auf diese eine Karte setzen, erhöhen wir unsere Anfälligkeit und die potenziellen Risikofaktoren dramatisch. Wir sollten lieber den wissenschaftlichen Grundsätzen folgen und sehr vorsichtig vorgehen, bis wir den gesamten Prozess verstanden haben …
Acres U.S.A.: Gibt es trotz der Steine, die man vor allem US-amerikanischen Wissenschaftlern auf diesem Gebiet immer wieder gerne in den Weg legt, neue Daten, die wir zum Zeitpunkt der Einführung transgener Organismen noch nicht hatten?
Dr. Huber: Uns stehen mittlerweile eine ganze Menge toxikologischer Daten zur Verfügung, die bei einigen Produkten für ernsthafte Bedenken sorgen. Einige dieser Daten wurden bei der Untersuchung von Unfruchtbarkeit und Fehlgeburten bei Nutztieren erhoben. Der Glyphosatanteil in unserer Nahrungskette nimmt zu und ist – wenn man sich die neuen toxikologischen Daten ansieht – mittlerweile so hoch, dass er, mit klinischen Standards bemessen, durchaus besorgniserregend ist. Einige der Daten zeigen, dass sich Glyphosat schon in geringen Mengen toxisch auf Leber-, Nieren- und Hodenzellen sowie auf das Hormonsystem auswirken kann. Da alle diese Systeme zusammenhängen und in einer Wechselbeziehung stehen, nimmt auch das potenzielle Risiko zu. Mittlerweile finden wir in Stallmist erhebliche Spuren von Glyphosat. Die Frage, wie diese Substanz in Hühner, Schweine oder Rinder gelangt, ist einfach zu beantworten: natürlich durch ihr Futter. Jetzt müssen wir uns die Frage stellen, ob das Glyphosat einfach durch die Tiere hindurchgeht und wieder ausgeschieden wird – oder ob es sich auch im Fleisch und anderen Geweben ablagert. Diese Daten fehlen uns großteils noch. In anderen Ländern werden sie bereits gesammelt und analysiert, in den USA fangen wir damit erst an. Man hielt Glyphosat im Regelfall für so sicher, dass man einfach die Augen vor der Notwendigkeit geschlossen hat, solche Untersuchungen durchzuführen.
Dr. Don Hubers Brief an den US-Landwirtschaftsminister Tom Vilsack
16. Januar 2011
Sehr geehrter Herr Minister Vilsack,
ein Team erfahrener Pflanzen- und Tierforscher hat mich vor Kurzem über ein mithilfe der Elektronenmikroskopie entdecktes Pathogen informiert, das erhebliche Auswirkungen auf die Gesundheit von Pflanzen, Tieren und vermutlich auch Menschen zu haben scheint. Eine genaue Überprüfung der vorliegenden Daten lässt den Schluss zu, dass dieses Pathogen weitverbreitet, sehr gefährlich und in „Roundup Ready“-Soja und -Mais in weitaus höheren Konzentrationen vertreten ist als in anderen Nutzpflanzen. Das weist auf einen Zusammenhang mit dem RR-Gen oder eher mit Roundup selbst hin. Der Organismus dürfte der Wissenschaft bisher aller Wahrscheinlichkeit nach nicht bekannt gewesen sein!
Es handelt sich hierbei um eine sehr heikle Information, deren Bekanntwerden zu einem Zusammenbruch des US-Exportmarkts für Soja und Mais sowie zu einer empfindlichen Störung der heimischen Lebensmittel- und Tierfutterversorgung führen könnte. Andererseits könnte der neue Organismus aber auch schon jetzt für nachhaltige Schäden verantwortlich sein (siehe unten). Meine Kollegen und ich führen unsere Untersuchungen daher mit größtmöglicher Geschwindigkeit und Diskretion fort – und ersuchen hiermit um Unterstützung des US-Landwirtschaftsministeriums und anderer Behörden, um die Herkunft des Pathogens, dessen Verbreitung, die möglichen Folgen und Gegenmaßnahmen ermitteln zu können.
Angesichts Ihrer bevorstehenden Entscheidung über die Zulassung von „Roundup Ready“-Luzernen wenden wir uns bereits in diesem frühen Stadium unserer Forschungen an Ihr Ministerium. Eine solche Zulassung könnte – falls das RR-Gen oder Roundup selbst die Verbreitung des erwähnten Pathogens fördert oder dafür mitverantwortlich ist – nämlich eine Katastrophe darstellen. Die derzeitige Faktenlage spricht eindeutig für einen Aufschub der Zulassung, zumindest solange, bis ausreichende Daten über die mögliche Unschädlichkeit des RR-Systems vorliegen.
Ich war in den vergangenen 40 Jahren als Wissenschaftler für Universitätsinstitute und militärische Dienststellen tätig, die natürliche und vom Menschen verursachte biologische Gefahren – einschließlich bakteriologischer Kriegsführung und Seuchenausbrüche – beurteilen und entsprechende Vorbereitungen treffen. Aufgrund meiner beruflichen Erfahrung bin ich zu dem Schluss gelangt, dass wir mit diesem Pathogen einer einzigartigen und sehr gefährlichen Bedrohung gegenüberstehen. Um es laienhaft auszudrücken: Wir sollten diesen neuen Organismus als Notsituation behandeln.
Wissenschaftler aus unterschiedlichen Fachbereichen, die an diesem Problem forschen, haben verschiedene Teile zum Mosaik beigesteuert. Fasst man das Ergebnis ihrer Arbeit zusammen, so ergibt sich daraus folgendes erschreckendes Szenario: Der bisher unbekannte Organismus ist nur unter dem Elektronenmikroskop (mit 36.000-facher Vergrößerung) sichtbar und von der Größenordnung her mit einem mittelgroßen Virus vergleichbar. Er kann sich vermehren und scheint ein Mikropilz zu sein. Falls diese Annahme stimmt, würde es sich um den allerersten bisher entdeckten Mikropilz handeln. Es gibt überzeugende Belege dafür, dass dieser Infektionserreger sowohl bei Nutzpflanzen als auch bei Nutztieren zu Krankheiten führen kann – eine Eigenschaft, die in der Natur äußerst selten vorkommt.
Der Organismus wurde in hoher Konzentration in „Roundup Ready“-Sojamehl und -Mais, Trockenschlempe [DDGS], fermentiertem Tierfutter, dem Mageninhalt von Schweinen sowie den Plazentas von Schweinen und Rindern nachgewiesen.
Zudem ist er auch stark in Pflanzen verbreitet, die landläufige Krankheiten haben, daher geringere Ertragszahlen liefern und so das Einkommen der Landwirte verringern: das „Sudden Death Syndrome“ (SDS) bei Sojabohnen und „Goss’ Wilt“ bei Mais. Das Pathogen konnte auch im pilzartigen Krankheitserreger von SDS (Fusarium solani f. sp. Glycines) nachgewiesen werden.
Labortests haben das Vorhandensein des Organismus in den verschiedensten Nutztierarten bestätigt, bei denen spontane Fehlgeburten und Unfruchtbarkeit auftraten. In derzeit noch laufenden Untersuchungen, aus denen vorläufige Ergebnisse vorliegen, konnten solche Fehlgeburten auch im klinischen Umfeld nachvollzogen werden. Das Vorhandensein dieses Krankheitserregers könnte die in den vergangenen paar Jahren zunehmende Häufigkeit von Unfruchtbarkeit und spontanen Fehlgeburten bei Fleisch- und Milchvieh sowie in der Schweine- und Pferdezucht in den USA erklären. Das belegen auch aktuelle Berichte über die Unfruchtbarkeitsrate bei Färsen [jungen Milchkühen] von mehr als 20 Prozent und spontane Fehlgeburten bei Rindern von bis zu 45 Prozent.
So erlitten zum Beispiel 450 von 1.000 trächtigen Färsen, die mit Weizensilage gefüttert wurden, spontane Fehlgeburten. Im selben Zeitraum waren bei weiteren 1.000 Färsen, die mit Heu aufgezogen worden waren, keine Fehlgeburten festzustellen. In der Weizensilage, bei deren Herstellung wahrscheinlich glyphosathaltige Unkrautbekämpfungsmittel zum Einsatz kamen, konnte das Pathogen in hoher Konzentration nachgewiesen werden.
Empfehlungen
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass wir aufgrund des hohen Titers dieses neuen Tierpathogens in „Roundup Ready“-Nutzpflanzen und seiner durch Forschungsergebnisse belegten Verbindung zu Pflanzen- und Tierkrankheiten, die mittlerweile epidemische Ausmaße erreichen, um die Beteiligung des Landwirtschaftsministeriums an einer Untersuchung durch mehrere Behörden und andere Stellen ersuchen. Außerdem ersuchen wir um den Aufschub der Freigabe von RR-Pflanzen, bis die ursächliche Beziehung des Organismus mit Glyphosat und / oder RR-Pflanzen als Gefahr für die Pflanzen- und Tierproduktion sowie die menschliche Gesundheit ausgeschlossen werden kann.
Vordringlich muss untersucht werden, ob die Nebenwirkungen von Glyphosat die Populationszunahme dieses Pathogens begünstigen oder ihm ermöglichen, geschwächten pflanzlichen und tierischen Wirten größeren Schaden zuzufügen. Es ist ausführlich dokumentiert, dass Glyphosat Bodenpathogene begünstigt. Es wird bereits mit der Zunahme von mehr als 40 Pflanzenkrankheiten in Verbindung gebracht. Dabei baut es die Abwehrkräfte der Pflanzen ab und reduziert die biologische Verfügbarkeit der im Futter enthaltenen Nährstoffe, was wiederum zu Erkrankungen bei Tieren führen kann. Um die Faktoren genau beurteilen zu können, ersuchen wir weiterhin um Zugang zu den relevanten Daten, wie sie Ihrem Ministerium vorliegen.
Ich befasse mich seit mehr als 50 Jahren wissenschaftlich mit Pflanzenpathogenen. Wir stehen derzeit einem beispiellosen Anwachsen von Krankheiten und Störungen bei Pflanzen und Tieren gegenüber. Die Erforschung des Pathogens kann uns dabei helfen, das Problem zu verstehen und es zu lösen. Daher verdient sie umgehende Beachtung und die Bereitstellung erheblicher Ressourcen, um den allgemeinen Zusammenbruch unserer lebenswichtigen landwirtschaftlichen Infrastruktur zu verhindern.
Mit freundlichen Grüßen
Oberst (a. D.) Don M. Huber
Professor emeritus, Purdue University
APS-Koordinator für das National Plant Disease Recovery System (NPDRS) des US-Landwirtschaftsministeriums
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