Gräber, die es nicht geben dürfte

graeberIn Zeiten, in denen manch Urgestein der Szene nur noch am Bildschirm recherchiert, fällt ins Auge, wenn sich ein Autor doch noch in der realen Welt herumtreibt und Feldforschung betreibt. Reinhard Habeck ist so einer, und im Stil der Vorgängerwerke seiner Reihe „… die es nicht geben dürfte“ beschäftigt er sich mit Funden, Stätten und Orten, die ein Nimbus des Mysteriösen umgibt.Das aktuelle Buch steht zwanglos unter dem Thema Tod, und so begegnen uns nach Moorleichen, Salzmumien und dem Ötzi-Rätsel auch die Goldflieger aus den Gräbern der präkolumbischen Tolima, die Terrakotta-Armee aus dem Grab des Qin Shi Huang Di oder Koinzidenzen bei Präsidentenmorden.

Manches hat man sicher schon gehört, wenn man sich für die Rätsel unserer Welt interessiert, aber die Stärke des Buchs ist, dass einen der Autor nicht nur gedanklich auf die Reise mitnimmt, sondern anregt, es ihm nachzutun. Mich hat er tatsächlich angesteckt.

So waren mir die Etrusker zwar ein Begriff, aber ganz genau wusste ich über deren Hinterlassenschaften und plötzliches Verschwinden nicht Bescheid. Vor unserer Haustür, in Italien, sind noch einige interessante Orte zu entdecken, die von einem mysteriösen Volk erzählen, das seiner Zeit weit voraus war und kulturell irgendwo zwischen Indern, Ägyptern und Europäern anzusiedeln ist. Wenn Sie demnächst eine Italienreise planen, sollten Sie die alten etrurischen Machtzentren Orvieto und Tarquinia mit auf die Liste nehmen, genauso wie Bomarzo, wo neben antiken Stätten der Etrusker noch eine andere mythische Anomalie wartet: Der Sacro Bosco, ein verlassener Park eines Fürsten mit titanischen Steingottheiten, den ich mir unbedingt irgendwann selbst anschauen will.

Oder nehmen wir den Apiskult der Ägypter, über den man sich in Sakkara, Alexandria oder diversen europäischen Museen den Kopf zerbrechen kann. Ich hatte mich bei meiner Ägyptenreise im letzten Jahr ja mit dem Totenbuch der Ägypter auseinandergesetzt und einige ihrer Stätten besucht – das Serapeum ist mir damals aber entgangen. Was hat es mit diesen Riesensärgen auf sich, in denen nie auch nur ein Knochen oder die Mumie eines Stiers gefunden wurde? Habeck folgt der Spur des Kults bis in die Katakomben von Alexandria und die Nekropole von Kôm-esch-Schukâfa, wo er die letzten Spuren der Apisjünger zu verorten meint.

China, Ägypten, Südamerika, Österreich – man kommt einmal um die ganze Welt. Und das Buch ist so munter geschrieben, dass man selbst bekannte Themen nicht überliest, zumal stets aktuelle und persönlich recherchierte Aspekte hinzukommen. Falls Sie Anregung für einen Urlaub außerhalb eingetretener Touristenpfade suchen, ist dieses Buch besser geeignet als jeder Reiseführer.

Reinhard Habeck
Kopp Verlag
256 Seiten
ISBN: 978-3-86445-693-0
€ 19,99

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