Im zweiten Jahrzehnt des 21. Jahrhunderts muss leider erkannt werden, dass sich die Welt in Aufruhr und an der Schwelle eines Dritten Weltkrieges befindet, wobei einige, darunter auch Papst Franziskus, überzeugt sind, dass dieser bereits begonnen hat.
Die Welt hat sich entscheidend verändert. Die Industrialisierung, der technische Fortschritt und die in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts erstarkte Globalisierung haben dazu geführt, dass Traditionen und lokale Eigenheiten verschwunden sind und einer einheitlichen Produktions- und Konsumlandschaft Platz gemacht haben. Transportwege rund um den Globus sind normal und das Internet hat Grenzen in der Kommunikation vollständig aufgelöst. Geopolitische Ziele werden über die Medien und über die ökonomische Vernetzung verwirklicht. Staaten werden durch Schulden abhängig gemacht. Durch die Entgrenzung und Beschleunigung der weltweiten Kapital- und Verkehrsströme sind die Auswirkungen der imperialen Aktivitäten kaum noch kalkulierbar und nicht zu durchschauen. Kapital, Geheimdienste, Militär und Medien sind weltweit miteinander vernetzt und die Hintergründe für den Laien gar nicht auszumachen.
Großbritannien und die USA richten seit mehr als einhundert Jahren ihre Politik konsequent nach imperialen geopolitischen Zielen aus. Das Perfide der angloamerikanischen Politik ist, dass sie den Gegner so lange provoziert, bis er durch seine Reaktion zum Täter erklärt werden kann. Er wird in die Enge getrieben und zum Handeln gezwungen, was mithilfe von Desinformationskampagnen vor der Öffentlichkeit verborgen wird.
Die USA nimmt sich das Recht heraus, innerhalb der entwickelten Industrienationen eine Sonderstellung einzunehmen und besondere Rechte für sich zu beanspruchen. Das spaltet die Welt und das spaltet auch die USA. Ein Teil sieht darin die Absicht, die demokratischen Werte und die Rechtsstaatlichkeit im Inland wie im Ausland zu fördern, der andere Teil sieht darin den Vorwand für Interventionen und Kriege.
Die USA verfolgt das strategische Ziel, die Kontrolle Eurasiens durch eine andere Macht zu verhindern. Auf dem eurasischen Kontinent leben 75 Prozent der Weltbevölkerung und dort befinden sich weltweit die meisten natürlichen Ressourcen sowie die größte landwirtschaftliche und industrielle Produktion. So muss die USA angesichts der immensen amerikanischen Produktionskapazitäten ein weltweites ökonomisches Eindringen in andere Länder – was man heute Globalisierung nennt – sicherstellen. Mithilfe dieser „Grand Strategy“ wollen die USA zu allen Zeiten die Kontrolle über die gegenüberliegenden Küsten erzwingen. Seit 2009 dehnen sie diese Dynamik auch auf den arktischen Raum aus, wo ein Viertel der Ölvorräte der Erde liegen soll. Die Absicht der USA ist eindeutig: Da sie sich als einzige Weltmacht sehen, soll der eurasische Kontinent unter ihre Kontrolle gebracht werden und alle Bestrebungen, die ihre Vormachtstellung gefährden könnten, sollen im Keim erstickt werden. Als wichtigste Gegner werden China und Russland genannt. Deutschland ist in einer prekären Situation und steht unter Druck, da es sich entscheiden muss. Ein öffentlich gewordener Geheimdienstbericht des Verteidigungsministeriums der Vereinigten Staaten beweist, dass der Westen 2012 den Aufbau des „Islamischen Staates“ bewusst in Kauf genommen hat. Die USA wollen angeblich die Krise weiter am Köcheln halten, um Syrien als Machtfaktor in der Region auszuschalten. Als graue Eminenz der US-Außenpolitik ist Zbigniew Brzezinski seit fast einem halben Jahrhundert einer der einflussreichsten Geostrategen der USA.
Die Zeit drängt, so der Autor. Russland wird wohl nicht mit China und Europa konkurrieren können, kann aber als flächengrößtes Land im Zentrum der eurasischen Landmasse mit seinem Rohstoffreichtum Kooperationen mit den rohstoffarmen westeuropäischen Ländern begründen. So wäre eine Kooperation Russlands mit Deutschland für die Planer im Weißen Haus die größte vorstellbare Katastrophe.
Geopolitik ist in Deutschland kaum einer Erwähnung wert, obwohl die Kriege auf dem Balkan, in Afghanistan, im Irak, in Lybien und in Syrien alle Bestandteil der amerikanischen Geopolitik sind. Es ist die ständige Wiederkehr von Zerstörung und Wiederaufbau. Interesse an Kriegen haben nur die „Kaufleute des Todes“, nämlich die, die bis jetzt durch jeden Krieg an Macht und Einfluss gewonnen haben.
Wolfgang Effenberger beschäftigt sich nicht nur mit der gegenwärtigen Geopolitik sehr eindringlich, sondern zeigt auch ihre Entwicklungsgeschichte auf. Er verfügt über ein sehr beachtliches Wissen über das Weltgeschehen und präsentiert wichtige, kaum in der Öffentlichkeit thematisierte Zusammenhänge.
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