„Europa bewegt sich in dieser Frage nicht vorwärts, sondern rückwärts. Dabei spielt Frankreich eine Führungsrolle, neben Österreich, Italien und sogar der Kommission selbst.“
Die USA sollten sich daher „Vergeltungsmaßnahmen“ überlegen, die man mit den Verfechtern der Biotechnologie in Frankreich koordinieren könne. Frankreich soll eine Schlüsselrolle bei den „neuerlichen Beratungen über die Akzeptanz der landwirtschaftlichen Biotechnologie“ spielen. Das Land wird als Dreh- und Angelpunkt für eine Veränderung der GMO-Politik in der EU betrachtet:
„Unsere Kontakte haben klargestellt, dass sie die französische Staatspolitik in dieser Frage in die EU hinaustragen wollen und dass sie der Ansicht sind, die Speerspitze für eine EU-weite öffentliche Kehrtwende in Sachen GMOs zu sein“.
In einer weiteren Depesche heißt es, dass eine solche Meinungsänderung nicht so leicht herbeizuführen sein werde, da GMO-Pflanzen „innerhalb Frankreichs ein Thema sind, das große Besorgnis hervorruft“, und dass die Absicht Frankreichs, den GMO-Anbau zu stoppen, „die US-Agrarexporte nach Europa erheblich beeinträchtigen würde“.
Aus einer Depesche vom November 2007 wird ersichtlich, dass es sich um eine der Hauptaufgaben von US-Geheimdienstmitarbeitern in Burundi, dem Kongo und Ruanda handelt, Informationen über die „Einstellung der Regierungen zu GMO-Lebensmitteln und der Ausbreitung gentechnisch modifizierter Nutzpflanzen zu sammeln“.
Gerichtliche Entscheidungen zu GMO-Alfalfasprossen und Zuckerrübensaaten
Am 21. Juni 2010 entschied der Oberste Gerichtshof der Vereinigten Staaten im Fall Monsanto gegen Geerston Seed Farms für ein Verbot von Roundup Ready Alfalfa (RRA). Es handelte sich dabei um den ersten Fall zu gentechnisch modifizierten Nutzpflanzen, der vor dem Obersten US-Gerichtshof verhandelt wurde. Der Gerichtsbeschluss besagt, dass der Verkauf und das Anpflanzen von RRA in den USA illegal ist.
Das Gericht erkannte an, dass eine mögliche transgene Kontamination Biobauern und Vertretern der konventionellen Landwirtschaft Schaden zufügen würde und dass die Betroffenen daher das Recht hätten, bei jedem Verstoß gegen die gerichtliche Entscheidung auch in Zukunft erteilte Genehmigungen zum kommerziellen Anbau von GMO-Pflanzen vor Gericht anzufechten.
Der Rechtsstreit ist seit 2006 im Gang. Damals reichte das Center for Food Safety (Zentrum für Nahrungsmittelsicherheit) eine Klage gegen das US-Landwirtschaftsministerium (US Department of Agriculture; USDA) ein, das den kommerziellen Anbau von Alfalfasprossen genehmigen wollte, die eine Toleranz gegen das Monsanto-Unkrautvernichtungsmittel Roundup haben – und das trotz der möglichen ökologischen, gesundheitlichen, kulturellen und wirtschaftlichen Auswirkungen auf Landwirte und Konsumenten. Dank der Fremdbestäubung durch Bienen kann sich GMO-Alfalfa unkontrolliert verbreiten und andere Felder kontaminieren, auf denen gentechnisch unbehandelte Pflanzen wachsen.
Am 30. November 2010 forderte das US-Bezirksgericht für den nördlichen Bezirk Kaliforniens als erste Institution der Welt die Zerstörung einer GMO-Nutzpflanze: Hunderte Morgen von im September 2010 angebauten GMO-Zuckerrübensetzlingen mussten auf gerichtliche Anordnung entfernt werden, da ihre Anpflanzung gegen Bundesrecht verstieß. Das Bezirksgericht entschied, dass „Landwirte und Konsumenten durch Querkontamination vermutlich Schaden erleiden würden“ und hielt fest, dass bisherige Kontaminationsfälle „zu zahlreich“ gewesen seien, als dass man ein Verbleiben der Pflanzen im Ackerboden genehmigen könne. Trotz dieser Gerichtsentscheidung setzt sich das USDA weiterhin für die Genehmigung des kommerziellen Anbaus von GMO-Zuckerrüben ein.
Bayer verliert Prozesse wegen kontaminiertem GMO-Reis
2010 war für die amerikanische Biotech-Industrie überhaupt ein schlechtes Jahr, da die Unternehmen sich intensiv mit dem US-Rechtssystem auseinandersetzen mussten. Im Oktober 2010 wurde die deutsche Firma Bayer von drei texanischen Reisbauern verklagt und zu einem gerichtlichen Vergleich über die Kontamination ihrer Reisernte durch Bayers Liberty Link®-Reis gezwungen. Für Bayer war dies der siebte verlorene Prozess in Folge; die Verhandlungen fanden in fünf US-Bundesstaaten statt und hatten allesamt mit Schadenersatzforderungen wegen Kontamination und den daraus resultierenden Exportbeschränkungen und wirtschaftlichen Schäden zu tun.
Im August 2006 gab das USDA bekannt, dass Bayers genetisch veränderte Samen in kommerziell angebautem Langkornreis in Louisiana, Mississippi, Texas, Arkansas und Missouri entdeckt worden sei. Fünf Tage später sperrte die Europäische Union US-Importe in ihre 27 Mitgliedsländer; Japan und Russland folgten nach. Dieser plötzliche Verlust wichtiger Export-Absatzmärkte fügte den amerikanischen Reisbauern, deren Ernte kontaminiert war, erheblichen wirtschaftlichen Schaden zu.
GMO-Pflanzen in Afrika
In den vergangenen Jahrzehnten ist die Nahrungsmittelproduktion in Afrika erheblich angestiegen – trotzdem hungern 256 Millionen Schwarzafrikaner nach wie vor. Diese Lebensmittelkrise wird als Vorwand benutzt, Afrika als neues Versuchsgelände für GMO-Pflanzen zu erschließen. Die Befürworter der Gentechnik behaupten, dass mit den Fortschritten auf ihrem Gebiet Hunger, Armut und Klimawandel bekämpft werden könnten. Dennoch scheuen – wie die Organisation Friends of the Earth ermittelt hat – viele Afrikaner weiterhin davor zurück, sich auf den teuren und gefährlichen Anbau von GMO-Nutzpflanzen einzulassen, der sie nur noch tiefer in Schulden stürzen und den wechselhaften Wetterbedingungen ohnehin nicht standhalten würde.
Pro-Gentechnik-Initiativen, die von der Gates Foundation und der Alliance for a Green Revolution in Afrika (Allianz für eine Grüne Revolution in Afrika; AGRA) unterstützt werden, sollen dieser Zurückhaltung ein Ende machen. Solche Initiativen stellen eine ernsthafte Bedrohung für traditionelle, nachhaltige landwirtschaftliche Methoden dar, mit deren Hilfe der Kontinent ernährt und die Armut erheblich verringert werden könnte.
Gates Foundation kauft sich bei Monsanto ein
Die 1994 gegründete Bill & Melinda Gates Foundation übt bedeutenden Einfluss auf die weltweite Landwirtschaftspolitik aus. Sie verwaltet Fördergelder in einer Gesamthöhe von 24 Milliarden US-Dollar, mit denen die Projekte der Stiftung finanziert werden. Nach eigenen Angaben will die Gates Foundation
„neue Verfahren fördern, mit deren Hilfe Bauern in Entwicklungsländern mehr Nahrung anbauen und mehr Geld verdienen können“.
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