Der dramatische Anstieg bei Fettleibigkeit und ähnlich gearteten Krankheiten
Der amerikanische Dokumentarfilm „Super Size Me“ begleitet das Experiment eines jungen Mannes, der herausfinden wollte, was geschehen würde, wenn er einen ganzen Monat lang jeden Tag Fast Food äße.1 Man kann Morgan Spurlock dabei zusehen, wie er 30 Tage lang drei mal täglich McDonalds-Nahrung zu sich nimmt. Im weiteren Verlauf der Geschichte erfahren wir mehr und mehr über das wachsende Problem der Fettleibigkeit in den USA.2
Währenddessen wird eine gründliche Untersuchung der physischen, mentalen und emotionalen Folgen durchgeführt, die durch zu viel Fast-Food-Konsum hervorgerufen werden. Wie wir möglicherweise schon erraten konnten, wird Spurlock krank und nimmt sehr schnell zu. Es überrascht nur, dass er sogar noch fetter und kränker wird, als sein Ärzteteam erwartet hatte. Dieses Ernährungsexperiment wirft wichtige Fragen auf: Ist es tatsächlich der Fast-Food-Konsum, der für den derzeitigen dramatischen Anstieg von Fettleibigkeit verantwortlich ist? Und was macht Fast Food so ungesund für uns? Spielen noch andere Faktoren eine Rolle? Diese Fragen sollten wir uns alle stellen, denn die Fettleibigkeit ist nicht länger nur ein amerikanisches Problem. Sie breitet sich mit wachsender Geschwindigkeit in der ganzen Welt aus. Die derzeitigen Schätzungen liegen bei weltweit einer Milliarde übergewichtigen Erwachsenen, von denen 300 Millionen klinisch fettleibig sind.3
Allein in den Vereinigten Staaten hat sich die Zahl fettleibiger Personen in den letzten 20 bis 25 Jahren verdoppelt. Gegenwärtigen Schätzungen zufolge sind 30 Prozent der US-Bevölkerung klinisch fettleibig und 65 Prozent übergewichtig.4 Da die amerikanische Kultur eines der größten Exportprodukte der westlichen Welt ist, verwundert es nicht, dass ihre Verhaltensweisen – sowie ihre Gesundheitsprobleme – sich schnell rund um den Globus ausbreiten. In anderen Ländern wie Russland, Deutschland und der Tschechischen Republik liegen die Fettleibigkeits-Raten von Erwachsenen zwischen 23 und 26 Prozent. 4a,4b In Australien sind rund 20 Prozent der gesamten erwachsenen Bevölkerung fettleibig,5 in Großbritannien und Kanada liegt die Rate nahe 15 Prozent.6 Da es gleichfalls einen starken Anstieg übergewichtiger und fettleibiger Kinder gibt, werden die Zahlen weiter steigen. Man schätzt, dass allein 22 Millionen Kinder unter fünf Jahren in den USA klinisch fettleibig sind. Das sind doppelt so viele wie 1980. Noch alarmierender sind die Zahlen bei Jugendlichen, denn diese haben sich seit 1980 verdreifacht, von damals fünf Prozent auf heute 16 Prozent.7
Die WHO ist sich des Problems, das sie bereits als „Weltleibigkeits“-Epidemie bezeichnet, deutlich bewusst.8 Nach ihrer Aussage kosten die vielen ernsthaften chronischen Krankheiten, die mit Fettleibigkeit in Verbindung stehen, die Welt Milliarden Dollar bei der Krankenversorgung sowie an verlorenen Arbeitsstunden. Fettleibigkeit wird auf der Liste vermeidbarer Krankheiten nur noch vom Rauchen übertroffen. Fettleibigkeit ist ein großer Risikofaktor für Arteriosklerose, Diabetes und Krebs – die Krankheiten der modernen industrialisierten Gesellschaft. Das Risiko für Herzinfarkte, Schlaganfall und Depressionen – ganz zu schweigen von den zahlreichen weniger folgenschweren Krankheiten wie Gelenkdegenerationen und Gastritis – ist bei Fettleibigen ebenfalls weitaus höher.
Im Film macht Spurlock eindeutig die Fast-Food-Industrie für dieses Problem verantwortlich. Er wiederholt das derzeitige Dogma über Fettleibigkeit, aber diese Begründungen kennen wir bereits. Zunächst, sagt er, nähmen wir zu viel Nahrung zu uns, zu viele Kalorien. Zweitens äßen wir zu viel Fett. Drittens würden wir uns zu wenig bewegen. Immer und immer wieder haben wir diese Erklärungen gehört. Kriegen wir das nicht in unser Gehirn? Versuchen wir es nicht stark genug? Oder liegt das Problem doch woanders?
Hier ist eine Liste unserer kollektiven Glaubenssätze zum Thema Fettleibigkeit:
- Fettleibigkeit ist die Folge von über-essen, des Essens zu vieler Kalorien.
- Fettleibigkeit ist die Folge der übermäßigen Aufnahme gesättigten Fettes. Fett essen – besonders das Fett aus tierischen Produkten – macht fett.
- Fettleibigkeit ist die Folge mangelnder Willenskraft und eine Charakterschwäche.
- Fettleibigkeit ist eine genetische Veranlagung, wie braune Augen, und man kann nichts dagegen tun.
- Fettleibigkeit wird verursacht durch übermäßigen Genuss, Gefräßigkeit, alle Bedenken in den Wind schlagen und dem Mangel an moralischer Standhaftigkeit.
- Fettleibigkeit wird allein durch den Mangel an körperlicher Bewegung verursacht.
Jeder von uns hat das ein oder andere Mal vermutet, dass Fast Food und Süßigkeiten nicht gut für uns seien. Der Anteil der Amerikaner, die regelmäßig Fast-Food-Einrichtungen besuchen, liegt um die 20 Prozent, während der Anteil der übergewichtigen US-Bürger bereits nahe 65 Prozent liegt. Die Fast-Food-Verbindung kann folglich nicht für alles verantwortlich gemacht werden.
Wir halten sehr viel von unserer Ernährung aus „Fleisch und Kartoffeln“. Was wir uns aber nicht eingestehen können ist, dass selbst diese Lebensmittel anders sind, als sie es einst waren. Das Fleisch stammt von kranken Tieren und ist mit Hormonen, Antibiotika und anderen Medikamenten versetzt. Aufgrund der unnatürlichen Nahrung, mit der diese Tiere aufgezogen wurden, hat sich die Qualität des Fettes und der Proteine im Fleisch radikal verändert. Die Kartoffeln wurden genetisch modifiziert und mit gefährlichen, schwer abbaubaren Pestiziden, synthetischem Dünger und anderen Zusätzen behandelt.
Es gab eine Zeit, in der das Essen, das man im Supermarkt kaufte, um es zu Hause zu kochen, eine weitaus bessere Qualität hatte als die „Nahrung“, die man in Fast-Food-Restaurants bekam. Diese Annahme können wir nicht länger aufrechterhalten. Aus vielen Gründen wälzen wir ganz bequem alle unsere gesundheitlichen Sorgen auf das Junk Food ab. Möglicherweise verleugnen wir damit den wahren Zustand unserer Nahrungsmittel.
Dass wir die Schuld aufs Fast Food schieben, kommt in jedem Fall der Landwirtschaftsindustrie zugute, weil das die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit von ihr selbst ablenkt. Es ist eine traurige Tatsache, dass das Essen bei McDonalds und die Nahrungsmittel aus dem Supermarkt nicht mehr so verschieden sind, wie sie es einmal waren.
Auf irgendeiner Ebene denken wir, dass wir die derzeitige Situation unter Kontrolle haben. Regierungen und Gesundheitsexperten haben ihre Studien durchgeführt und ihre Empfehlungen ausgesprochen. Die Dinge verlaufen für sie wie geplant. Doch nun ruft die Situation verzweifelt nach gründlicherer Analyse und tieferem Verstehen. Wir müssen uns die Fettleibigkeit aus einer anderen Perspektive ansehen, um den Weg zu verändern, auf dem sich die Dinge entwickeln. Unser gegenwärtiger Ansatz reicht dazu nicht aus. In ihren Wurzeln ist die Fettleibigkeit ein Symptom für ein viel größeres Problem. Wir könnten unsere schwierige Lage besser verstehen, wenn wir einen holistischeren Standpunkt annähmen, wie er uns von den traditionellen Systemen der Medizin angeboten wird.
Die Eimer-Theorie
Eine populäre Erklärung für die Fettleibigkeit basiert auf der „Eimer-Theorie“. Diese Hypothese besagt, dass der menschliche Körper wie ein Eimer sei: die Nahrung, die man aufnimmt, füllt den Eimer, und die Bewegungen, die man ausführt, leeren ihn. Folglich überfüllen die Leute, die an Gewicht zunehmen, ihren Eimer und entleeren ihn zu wenig. Die Botschaft für zu Hause, die in unsere Kehlen gestopft wurde, lautet: Wir essen zu viel und bewegen uns zu wenig. Aber es ist viel mehr als nur das!
Diese Eimer-Theorie nimmt an, dass alle Kalorien gleich behandelt werden könnten, dass alle die gleichen Auswirkungen auf Gesundheit und Krankheit hätten. Sie vergisst dabei, die Unterschiede zwischen gesund und ungesund produzierter Nahrung in Betracht zu ziehen. Sie vernachlässigt die Unterschiede in der Qualität, die mit jeder Nahrungskategorie verbunden sind. Die tatsächlichen Bedürfnisse des menschlichen Körpers werden von ihr nicht beachtet. Und vor allem ignoriert sie all die anderen komplizierten Faktoren, die neben zu viel Nahrung und fehlender Bewegung zur Entstehung von Fettleibigkeit beitragen.
Die Eimer-Theorie geht von der Annahme aus, dass bei jemandem, der Fettleibigkeit entwickelt, alle normalen Körperprozesse intakt sind und richtig funktionieren, aber das scheint nicht der Fall zu sein. Wir müssen die Idee verwerfen, Fettleibigkeit sei das Resultat normaler physiologischer Mechanismen. Damit der Körper diese krankhaften Ansammlungen bilden kann, die mit Fettleibigkeit einhergehen, muss er in einem anderen Operationsmodus arbeiten als normal. Es sieht beinahe so aus, als befinde sich der Körper in einer Art Überlebensmodus und kreiere den fettleibigen Typus als allerletzten Versuch, das Leben unter ungewöhnlich rauen Bedingungen, sowohl innerlichen als auch äußerlichen, zu erhalten. Beteiligt sind dabei ganz sicher verschiedene Funktionsstörungen, hormonale und metabolische Abnormitäten und pathogene Einflüsse. Meine Vermutung ist, dass keine normale, gesunde Person einfach fettleibig werden könnte, wenn man sie einfach zu viel essen und sich zu wenig bewegen lässt.9
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