Fall Epstein: Eine kurze Geschichte des Kompromatsammelns

epstein2Nachdem der Milliardär Jeffrey Epstein bereits 2008 wegen Sexualdelikten verurteilt worden war, wurde 2019 erneut Anklage gegen ihn erhoben. Er soll Dutzende junge Mädchen vergewaltigt haben und in einen Sexhandelsring mit Minderjährigen involviert gewesen sein. Im August 2019 starb er im Gefängnis, offiziell beging er Selbstmord. Seine erneute Verhaftung und sein Tod warfen auch Fragen nach der Art seiner Beziehung zu diversen einflussreichen Persönlichkeiten auf, darunter auch US-Präsident Donald Trump.

Laut Alex Acosta, der 2008 Epsteins Deal ausgehandelt hatte und nach Epsteins erneuter Verhaftung als US-Arbeitsminister zurückgetreten war, habe der Ex-­Investmentbanker für „den Geheimdienst“ gearbeitet. Diesen habe er angeblich mit kompromittierendem Material von Sexpartys mit Minderjährigen versorgt, die in seiner Villa in New York stattfanden. Erpressung mit solchen Informationen hat eine lange Tradition, nicht nur bei der CIA und dem israelischen Mossad, sondern auch bei der amerikanischen Mafia. Epstein könnte somit nur der jüngste Spross eines Netzwerks sein, das organisierte Kriminalität, Geheimdienste und höchste Regierungskreise in den USA und Israel miteinander verbindet und dessen Anfänge in die 1940er Jahre oder noch weiter zurückreichen.

Die Anfänge: Prohibition, Alkoholschmuggel und die Mafia

Der Ursprung des geheimen Netzwerks hinter Jeffrey Epstein liegt womöglich in der Prohibition begründet, die rege „Handelsbeziehungen“ in Form von Alkoholschmuggel zwischen „Geschäftsmännern“ in Kanada und den USA etabliert. Auf kanadischer Seite lieferte Sam Bronfman den Alkohol, den unter anderem Lewis Rosenstiel in den USA verkaufte. Letzterer hatte angeblich aufgrund eines Tipps von Winston Churchill nach Ende der Prohibition ein Vermögen mit Alkohol gemacht. Tatsächlich war Rosenstiel Teil eines kriminellen Konsortiums, zu dessen Mitgliedern unter anderem auch Mafiaboss Meyer Lansky zählte und aus dem jenes Netzwerk entsprang, dessen moderner Vertreter Epstein war.

Zu dieser Zeit fanden die ersten Sexpartys mit illustren Gästen statt, auf denen jene Aufnahmen entstanden, die dem Mob unter Führung von Meyer Lansky einen erheblichen Einfluss auf Politik und Exekutive sicherten. Lansky saß, obwohl bekanntes Mafiamitglied, nie im Gefängnis, was unter anderem der Tatsache geschuldet ist, dass auch der berüchtigte FBI-Direktor J. Edgar Hoover auf diesen Partys zu Gast war. Infolgedessen gab es auch von ihm kompromittierendes Material, was seiner engen Verbindung zu Lansky und Rosenstiel keinen Abbruch tat. Hoover schien das Vorgehen eher zu begrüßen und setzte die Aufnahmen der Sexpartys selbst ein, um seine Macht mittels Erpressung zu sichern.

Erpressung als politisches Instrument

Eine weitere zentrale Figur in diesem Spiel war der Anwalt Roy Cohn, der auch lange nach seinem Tod als ehemaliger Mentor von Donald Trump für Kontroversen sorgt. Seine Karriere verdankt er unter anderem seinem väterlichen Freund Lewis Rosenstiel und J. Edgar Hoover, den er schon als junger Mann mit seinem taktischen Vorgehen beeindruckte. Später – als rechte Hand von Senator McCarthy quasi unangreifbar – setzte er die von Lansky und Rosenstiel begründete Tradition fort. Als Gastgeber von Sexpartys mit Minderjährigen sammelte er heimlich Material gegen hochrangige Persönlichkeiten, das er rücksichtslos nutzte, um seine Wünsche durchzusetzen.

Cohns politischer Einfluss beruhte auf Erpressungen und Beziehungen wie jenen zu Medienmogul Rupert Murdoch, etlichen CIA Direktoren, Ronald Reagan, bekannten Anwälten und hochrangigen Vertretern der katholischen Kirche sowie der israelischen Gemeinde. Inoffiziell unterhielt er auch enge Beziehungen zur Mafia, die ihn unter anderem mit den von ihm bevorzugten blonden Jungen versorgte. Das hielt Cohn jedoch nicht davon ab, auch die Mitglieder des Mobs mit seinen Informationen zu erpressen.

Die mysteriöse Mega Group

Die 1991 entstandene Mega Group, deren Gründungsmitglied Epsteins Mentor Leslie Wexner war, ist offiziell eine Gruppierung von reichen, pro-israelischen Philanthropen. Inoffiziell trat die Organisation Cohns Erbe im Netzwerk aus angeblich respektablen Geschäftsmännern, Geheimdiensten und Mafia an. Weitere Mitglieder dieses exklusiven Klubs sind etwa Ronald Lauder, Erbe des Kosmetik-Imperiums und ehemaliger US-Botschafter in Österreich, sowie die Söhne von Alkoholschmuggler Sam Bronfman. Durch ihre Mitglieder verfügt die Mega Group über ausgezeichnete Beziehungen in die höchsten politischen Kreise der USA und Israels, zur CIA, dem Mossad – und zur Mafia.

Über den Umweg der Mega Group, der Epstein nicht nur durch seinen Mentor eng verbunden war, bestand daher Kontakt zu verschiedensten Gruppierungen, die Interesse an den Erpresservideos aus der Villa in Manhattan gehabt haben könnten. Das legt die Vermutung nahe, Epstein hätte seine Partys im Auftrag einer oder mehrerer Organisationen im Hintergrund veranstaltet. Wer die Auftraggeber waren, lässt sich allerdings heute noch nicht eindeutig bestimmen.

Quelle: Whitney Webb, Artikelserie auf MintPressNews.com, 18.07.19, https://tinyurl.com/epstein-teil1; 25.07.19, https://tinyurl.com/epstein-teil2; 07.08.19, https://tinyurl.com/epstein-teil3

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