Allmählich gelingt es, zwei Hürden zu überwinden, die bislang einerseits aufgrund unserer Alltagserfahrung, zum anderen aber infolge des Weltbildes bestanden, das die heutige Wissenschaft dominiert: Mysteriöse Phänomene müssten sich, so erwarten wir, an unser menschliches Logikverständnis sowie an vermeintlich grundlegende Konzepte wie Raum, Zeit oder physikalische Gesetze halten. Außerdem meinte man viele Jahrzehnte lang, die verschiedenen Kategorien der Seltsamkeit als voneinander isolierte Handlungsstränge betrachten zu können. So bildeten sich zahlreiche Lager, deren Animositäten den Erkenntnisfortschritt lange Zeit behinderten. Die Bigfootforschung etwa entzündete sich hauptsächlich an der Frage, ob die zotteligen Riesen nun den Affen zuzurechnen sind oder eine humanoide Spezies darstellen; die von Anfang an vorhandenen Hinweise auf einen möglichen multidimensionalen Charakter der Sasquatch zog man gar nicht erst in Betracht. Ähnliches galt für die Ufologen, die sich nicht nur in die Vorstellung von physischen Außerirdischen und Raumschiffen verbissen: Im verzweifelten Bemühen, von einer mechanistisch orientierten Wissenschaft ernst genommen zu werden, suchten sie Diskussionen über moderne Affenmenschen, Spukgeschichten oder gar spirituelle Aspekte zu vermeiden. Vor diesem Hintergrund wird deutlich, warum Gordons Arbeit als Meilenstein zu werten ist: Erstmals nämlich wurde darin die enge Verknüpfung zweier vermeintlich distinkter Aspekte – Ufos und Bigfoot – umfassend belegt.
Mit dem Einzug des Internets nahm die Erkundung des Goblin-Universums erheblich an Fahrt auf. Heute fühlt man sich von der Fülle des Materials, das unabhängige Autoren, Filmemacher, Rechercheure und Youtuber vorlegen, fast erschlagen. Selbst bei sorgsamer Scheidung der Spreu vom Weizen, die so schwierig wie notwendig ist, fällt es schwer, mit dem Tempo der Veröffentlichungen Schritt und den Überblick zu behalten. Nach mehreren Jahrzehnten, in denen der Markt (und die Diskussion) von den immer gleichen Geschichten mit oftmals fragwürdiger Quellenlage bestimmt wurde, findet der Freund des Paranormalen mittlerweile hochwertige Arbeiten zu fast jedem Themenbereich. Rosemary Ellen Guiley etwa studierte die Mythen des alten Orient und zog Querverbindungen zwischen den Legenden, die sich um die sagenhaften Dschinn ranken, und heutigen Begegnungen mit Schattenmenschen, dem Hat Man oder den Men in Black. Ähnlich akribisch ging Linda Godfrey bei der Erforschung der Hundemenschen (engl.: dog men) und Werwölfe zu Werke. Wer sich über den aktuellen Erkenntnisstand zu den sogenannten schwarzäugigen Kindern (siehe auch NEXUS 28) ins Bild setzen will, liest bei David Weatherly oder Nick Redfern nach. Der Letztgenannte, der für seine Unaufgeregtheit und genaue Recherche bekannt ist (sowie für seine Vorliebe, während seiner Vorträge T-Shirts seiner Lieblingsbands zu tragen), deckt in mittlerweile einem halben Hundert Büchern eine breite Themenpalette ab, die von Monstern, Ufos und Kryptiden bis zu Gestaltwandlern und den geheimen Machenschaften amerikanischer Regierungsstellen reicht. Ein junger Autor namens Joshua Cutchin, der in seiner „Bigfoot Brass Band“ die Tuba bläst, veröffentlichte unlängst drei intelligent geschriebene und mit unzähligen Quellenangaben gespickte Bücher, die den gegenwärtigen Wissensstand zu Wechselbälgen, zur Rolle der Lebensmittel beim Kontakt mit Goblin-Entitäten sowie zu den Gerüchen zusammenfassen, von denen Zeugen der sogenannten High Strangeness (dt. etwa: hochgradige Seltsamkeit)3 berichten. Christopher O’Brien bringt Licht in die düstere Thematik der Viehverstümmelungen, Albert Rosales arbeitet am 16. Band seiner Fallsammlung zu Begegnungen mit humanoiden Wesen, und Mike Clelland spürt den seltsamen Verbindungen zwischen Ufo-Entführungen, Synchronizitäten und … Eulen nach.
Die Liste relevanter Publikationen ließe sich noch seitenweise fortführen, doch wollen wir unser Augenmerk im Folgenden auf zwei Rechercheure richten, die sich nicht spezifischen Aspekten des Paranormalen widmen, sondern es sich zur Aufgabe gemacht haben, die in ihrem jeweiligen heimischen Umfeld auftretenden Seltsamkeiten in ihrer gesamten Bandbreite zu dokumentieren.
Die Wahrheit, die keine Beweise hinterlässt
Den wenigen Autoren, die Erkundungen in Hotspots anstellen – an Orten also, an denen sich paranormale Effekte verschiedenster Art gehäuft manifestieren –, kommt eine besondere Bedeutung zu. Solche Brennpunkte des Paranormalen, an denen die Schleier zwischen unserer und benachbarten Welten besonders dünn zu sein scheinen, sind zahlreicher, als man gemeinhin annimmt – wenn auch selten so spektakulär wie etwa das Bermudadreieck oder die Skinwalker-Ranch. Gordons Beispiel zeigt, welcher charakterlicher Qualitäten es bedarf, damit eine solche Arbeit von Erfolg gekrönt wird: Neben Geduld, Unermüdlichkeit und Bodenständigkeit braucht es einen unvoreingenommenen Geist, der „kein eigenes Pferd im Rennen“ hat und weitgehend frei von Denkschranken ist, die unweigerlich zu einer bewussten oder unbewussten Filterung der bezeugten Details führen würden. Da sich die paranormale Forschung zudem – im Gegensatz zur traditionellen Wissenschaft – hauptsächlich auf die Aussagen der Augenzeugen stützt, steht und fällt ihr Erfolg mit der Integrität des Rechercheurs. Schließlich gilt es, Interpretation und Wahn von tatsächlich Erlebtem zu trennen, subtile Details zu erfassen und das Vertrauen der Zeugen zu gewinnen.
Paul Sinclair hat bisher zwei Bücher und mehrere Dokumentationen veröffentlicht. Neben dem 3. Teil seiner Reihe „Truth Proof“, der in Kürze erscheint, arbeitet er an einem Buch über die außergewöhnlichen Kontakterfahrungen seiner Kindheit. Website: TruthProof.webs.com
Vermutlich liegt hierin einer der Gründe für die wachsende Aufmerksamkeit, die der Buchreihe „Truth Proof“ des 55-jährigen englischen Autors Paul Sinclair zuteilwird.4 Aufgewachsen in einem Hotspot an der britischen Ostküste, schloss der gelernte Schreiner schon im nächtlichen Kinderzimmer Bekanntschaft mit nichtirdischen Wesenheiten, die ihn zu Tode ängstigten und ihm Wunden beibrachten, die die Ärzte vor Rätsel stellten. Seither ist er der „Wahrheit, die keine Beweise hinterlässt“ – so der Untertitel seines ersten Buches – auf den Fersen, die in der Gegend zwischen Bridlington, Bempton und Flamborough greifbarer zu sein scheint als anderswo. Seit uralten Zeiten erzählen sich die Bewohner der abgelegenen, von Erd- und Steinwerken, prähistorischen Grabstätten und sich kreuzenden Leylinien geprägten Landschaft Geschichten von Werwölfen, mysteriösen Großkatzen und -hunden sowie zahlreichen anderen Spukgestalten. Die heimischen Fischer sind mit unerklärlichen Lichtern ebenso vertraut wie mit magnetischen Anomalien, die ihnen fernab der Küste manches Mal Orientierung und Nerven rauben. Immer wieder gehen Menschen (und Tiere) in der Umgebung von Bempton spurlos verloren oder kommen unter seltsamen Umständen zu Tode. Ob Viehverstümmelungen, mysteriöse Flugzeugabstürze oder satanistische Aktivitäten – es gibt kaum einen der üblichen Verdächtigen, der nicht auch hier präsent wäre. Nicht einmal die obligatorische nahe gelegene Militärbasis fehlt, wenngleich die 1940 eröffnete RAF Bempton, die über atomwaffensichere Schutzräume und unterirdische Ebenen verfügen soll, seit Jahrzehnten außer Dienst ist und vor einigen Jahren – nach anhaltender Zweckentfremdung der Ruinen durch satanistische Zirkel – versiegelt wurde.
In Jahrzehnten akribischer Recherche förderte Sinclair Erstaunliches zutage. Zwölf Jahre lang konzentrierte sich der vierfache Vater zunächst auf die vielfältigen Lichtphänomene, die an der Küste von East Yorkshire beobachtet wurden und offenbar intelligenter Natur waren. Fortlaufend dokumentierte er die Sichtungen seiner Landsleute, die sich auf seine Zeitungsannoncen bei ihm meldeten, zusammen mit eigenen Fotos und Videoaufnahmen auf der inzwischen archivierten Website ILF-UFO.co.uk, die zunehmend die Aufmerksamkeit der Medien und anderer Autoren auf sich zog. Sinclair ging auch der Frage nach, ob die von Flamborough aus über der Nordsee gesichteten Lichterscheinungen mit den über 50 teils unerklärlichen Abstürzen von Militärflugzeugen in Zusammenhang stehen könnten, die sich seit den 1950er Jahren in dem Gebiet ereignet hatten. Einheimische Fischer, deren Vertrauen er gewann, berichteten ihm aus erster Hand von der gelegentlich fernab der Küste auftretenden „toten Zone“, in der Funk und Elektronik ausfielen, von Magnetanomalien sowie von Kollegen, die sich weit draußen „in einem Zustand der Verwirrung wiederfanden“.
Im Jahr 2008 wurde Sinclair von einem Piloten kontaktiert, der ihm schilderte, was er zwölf Jahre zuvor in der Region erlebt hatte. An einem sonnigen Novembertag zu einem kurzen Rundflug aufgebrochen, plante er, deutlich vor Einbruch der Nacht zurück zu sein, da weder seine aus dem Jahr 1946 stammende Maschine noch die Landebahn über Beleuchtung verfügten. Nach einem zunächst ereignislosen Flug wollte er seinen Augen nicht trauen, als er im Osten plötzlich eine zweite, gleißende Sonne zu erblicken glaubte. Im nächsten Moment schien das Flugzeug plötzlich eine „unsichtbare Mauer“ am Himmel zu durchbrechen.
„Auf einmal hatte ich das Gefühl, abrupt langsamer zu werden, so als würde man im Auto auf die Bremsen steigen. Es war, als wäre das Flugzeug mitten in der Luft zum Stillstand gekommen. […] Laut der Geschwindigkeitsanzeige flog ich noch immer mit 80 Meilen pro Stunde, doch das war eindeutig nicht der Fall. […] Von dem Moment an erinnere ich mich an nichts mehr. Als ich wieder zu mir kam, befand ich mich noch immer an derselben Stelle im Luftraum, doch es war stockfinster!“
Nachdem es dem Piloten mit Mühe und Not gelungen war, seine Maschine in der Finsternis – und ohne Funkgerät, das ebenfalls ausgefallen war – sicher zu landen, stellte er fest, dass ihm in der Luft anderthalb Stunden abhandengekommen waren. Bis heute hat er dafür keine Erklärung – zumal der Tank gar nicht genug Treibstoff enthalten hatte. Sinclairs Recherchen trugen dazu bei, dass die Region um Bempton bzw. Flamborough heute von manchen als britisches Bermuda-Dreieck bezeichnet wird.
Spannender noch als Geschichten dieser Art sind die Erkenntnismöglichkeiten, die sich aus ihrer Verknüpfung ergeben. Bereits 1977 etwa beschrieb Jay Gourley in seinem Buch „The Great Lakes Triangle“ Dutzende unerklärlicher Flugzeugabstürze, die allesamt demselben Muster folgten: Sämtliche Bordinstrumente und Motoren hatten zum Zeitpunkt des Aufpralls einwandfrei funktioniert (das ließ sich durch die Untersuchung der Wracks zweifelsfrei feststellen), die Piloten verfügten über langjährige Flugerfahrung, und in vielen Fällen herrschten strahlender Sonnenschein und beste Sicht. Oft hatte bis kurz vor dem Unfall Funkkontakt bestanden: Pilot und Passagiere waren in der Regel guter Dinge und wohlauf. Nur selten gab es Anzeichen von Problemen oder gar Notrufe. Dennoch mussten Augenzeugen mit ansehen, wie die Piloten ihre Maschinen etwa urplötzlich in den Boden rammten oder gänzlich unnötige – und tödliche – Flugmanöver ausführten. In einigen Fällen hatten die Piloten über Probleme mit dem Motor berichtet oder schienen desorientiert, bevor auch der Funk ausfiel. Man darf sich fragen, wie viele der Unglücklichen in ihren letzten Minuten Ähnliches erlebten wie Sinclairs Pilot, der den Zwischenfall übrigens nie offiziell meldete. Desorientierung und sogar das Durchbrechen unsichtbarer „Wände“ ist auch von Wanderern in der Wildnis berichtet worden; der unerklärliche, nur vorübergehend bestehende Ausfall von Radios und (Automobil-) Motoren ist aus der Ufo-Literatur bestens bekannt. Selbst David Paulides bezieht im neuesten Band seiner Missing-411-Buchreihe über mysteriöse Vermisstenfälle (siehe NEXUS 74)5 erstmals den Luftraum mit ein, da sich die Muster, die beim spurlosen Verschwinden von Flugzeugen bzw. Menschen zutage treten, zu sehr ähneln, als dass die Verbindung ignoriert werden könnte. (Mitunter verschwinden Wanderer und Flugzeuge sogar am selben Tag.)
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