Im Mai 2007 sagte David Dodge, Präsident der Bank of Canada (der kanadischen Zentralbank), dass „Nordamerika eines Tages eine gemeinschaftliche Währung nach dem Muster des Euro mit offenen Armen begrüßen könnte“. Es wurde auch berichtet, dass „einige Befürworter dieses Projekts die nordamerikanische Einheitswährung ,Amero‘ genannt haben.“ Dodge sagte in der Fragerunde nach seiner Ansprache, dass eine gemeinsame Währung „möglich“ sei.29
Im November sagte Stephen Jarislowky, einer der reichsten Milliardäre Kanadas und Vorstandsmitglied des C. D. Howe Institute, vor einem kanadischen Parlamentsausschuss, dass „Kanada seinen Dollar gegen eine nordamerikanische Einheitswährung austauschen oder ihn an den US-Dollar koppeln soll, um die Kursschwankungen zu vermeiden, die der Loonie (die kanadische Ein-Dollar-Münze) durchmachen musste“, und regte an, ernsthaft über das Modell einer kontinentalen Währung wie in Europa nachzudenken.30
Vicente Fox, der ehemalige mexikanische Präsident, wurde bei seinem Auftritt in der CNN-Talkshow „Larry King Live“ im Jahre 2007 gefragt, ob er eine gemeinsame lateinamerikanische Währung für möglich halte – und antwortete:
„Auf lange, sehr lange Sicht. Präsident Bush und ich haben die Gründung der ALCA, einer Freihandelszone für Nord-, Mittel und Südamerika, vorgeschlagen. Alles lief bestens, bis Hugo Chávez daherkam und beschloss, Isolationspolitik zu betreiben. Er wendet sich gegen die Idee und will sie kaputtmachen […]“
Larry King fragte:
„Sie meinen, es wird dann sowas wie einen Euro-Dollar geben?“
Fox entgegnete darauf:
„Na ja, wirklich nur auf sehr lange Sicht. Ich glaube, der erste Schritt wäre ein Handelsabkommen; erst danach kann eine neue Vision entstehen, so wie wir es heute schon mit dem NAFTA versuchen.“31
Im Januar 2008 schrieb Herbert Grubel – der Autor, der für den Bericht des Fraser Institute den Begriff „Amero“ kreierte – einen Artikel für die Financial Post, in dem er empfahl, den kanadischen Loonie mit einem fixen Wechselkurs an den US-Dollar zu koppeln. Wenige Zeilen später gab er jedoch zu, dass eine solche Kopplung natürlich auch das Problem mit sich bringe, dass die amerikanische Zentralbank die kanadischen Zinssätze bestimmen würde. Er schrieb:
„Die Einführung des Amero ist ohne die – eher unwahrscheinliche – Kooperation mit den Vereinigten Staaten nicht möglich. Das Glaubwürdigkeitsproblem könnte also nur durch die einseitige Einführung eines Währungsamts gelöst werden, das sicherstellt, dass internationale Ungleichgewichte in der Zahlungsbilanz automatisch zu Veränderungen im kanadischen Geldvolumen und den kanadischen Zinssätzen führen, ohne dass die Bank of Canada hier tätig werden muss oder Politiker irgendeinen Einfluss ausüben können. Es wäre wünschenswert, ein solches Währungsamt gleichzeitig mit einem Neuen Kanadischen Dollar zum Nennwert des US-Dollars ins Leben zu rufen."32
Im Januar 2009 befasste sich „Market Watch“, eine Online-Publikation des Wall Street Journal, mit der Möglicheit einer Hyperinflation des US-Dollars und hielt im Hinblick auf den geplanten Amero fest:
„Man kann ihn sich zwar nur schwer vorstellen, aber irgendwie ergibt er auf den ersten Blick Sinn. Die Fähigkeit, kanadische Bodenschätze, amerikanischen Erfindergeist und mexikanische Billiglöhne miteinander zu kombinieren, würde Nordamerika global gesehen konkurrenzfähiger machen.“
Der Autor schrieb weiter:
„Sollte es zu einer deutlichen Dollar-Abwertung kommen, besteht die Möglichkeit, dass ein gespaltenes Währungssystem Fuß fassen wird [...] Wenn dieses Szenario Wirklichkeit wird (wofür es derzeit allerdings noch keine Anzeichen gibt), wird sich das globale Machtgleichgewicht in vier Hauptregionen aufteilen: Nordamerika, Europa, Asien und den Nahen Osten. Die Auswirkungen einer solchen Entwicklung wären soziale Unruhen und geopolitische Konflikte."33
Eine Weltwährung
Der Phoenix
1988 erschien in der Zeitschrift The Economist ein Artikel mit dem Titel „Machen Sie sich bereit für den Phoenix“.34 Darin hieß es:
„In 30 Jahren werden Amerikaner, Japaner, Europäer und Menschen in vielen anderen reichen Ländern und einigen relativ armen ihre Einkäufe wahrscheinlich in ein und derselben Währung bezahlen. Die Preise werden nicht in Dollar, Yen oder D-Mark angegeben sein, sondern – sagen wir mal – in Phoenix. Sowohl Unternehmen als auch Einkäufer werden den praktischen Phoenix mehr schätzen als die früheren Nationalwährungen, die zu diesem Zeitpunkt nur noch als kuriose Ursachen für allerlei Störungen im Wirtschaftsleben des späten 20. Jahrhunderts gelten werden.“
In dem Artikel stand auch:
„Der Börsenkrach [von 1987] zeigte [den Regierungen], dass das Vortäuschen politischer Zusammenarbeit schlimmer sein kann als gar keine Zusammenarbeit – und dass erst eine echte Kooperation [das heißt, die Aufgabe eines Teils der wirtschaftlichen Souveränität durch die beteiligten Staaten] jeden Versuch, Währungen aneinander zu koppeln, scheitern lassen wird.“
Erstaunlicherweise hieß es in dem Artikel auch:
„Es werden wohl noch einige große Devisenkursstörungen, ein paar Börsenkräche und vielleicht ein oder zwei Rezessionen notwendig sein, bevor die Politiker geneigt sein werden, sich ernsthaft mit dieser Alternative auseinanderzusetzen. Somit steht uns eine konfuse Abfolge von Notfällen, gefolgt von Erste-Hilfe-Maßnahmen, gefolgt vom nächsten Notfall bevor, und das bis weit nach dem Jahr 2018 – mit zwei Einschränkungen: Erstens wird im Lauf der Zeit der durch die Deviseninstabilität angerichtete Schaden immer größer werden; und zweitens wird genau dieser Vorgang die Utopie einer Währungsunion erst realisierbar machen.“
Weiter hieß es:
„Eine Phoenix-Zone würde den einzelnen Nationalstaaten enge Grenzen auferlegen. Es gäbe in ihr zum Beispiel keine nationale Geld- und Währungspolitik mehr. Das weltweite Geldvolumen würde durch eine neue Zentralbank – eventuell einen Nachfolger des IWF – festgelegt werden. Sie wäre auch für die weltweite Inflationsrate (und mit kleinen Abweichungen auch die nationalen Inflationsraten) verantwortlich. Jedes Land könnte seine Steuereinnahmen und Staatsausgaben dazu benutzen, einen zeitweiligen Nachfragerückgang zu kompensieren, müsste zur Finanzierung seines Budgets allerdings Kredite aufnehmen statt wie bisher einfach Geld zu drucken.“
Der Autor gab zu:
„Das bringt natürlich einen starken Verlust wirtschaftlicher Souveränität mit sich, aber die ökonomischen Entwicklungen, die den Phoenix so attraktiv machen, beseitigen diese Souveränität ohnehin bereits. Selbst in einer Welt der mehr oder weniger freien Wechselkurse merken manche Staaten, dass ihre politische Unabhängigkeit angesichts einer unfreundlichen Außenwelt nicht mehr viel wert ist.“
Der Artikel kam zu dem Schluss:
„Der Phoenix würde seine Existenz wahrscheinlich als bunte Mischung nationaler Währungen beginnen, so ähnlich wie das heutige Sonderziehungsrecht. Mit der Zeit würde sein Valutawert im Verhältnis zu nationalen Währungen jedoch immer unwichtiger werden, da sich die Menschen wegen seiner Bequemlichkeit und der stabilen Kaufkraft mehr und mehr für den Phoenix entscheiden würden.“
Im letzten Satz stand:
„Merken Sie sich den Phoenix für etwa 2018 vor – und freuen Sie sich darauf.“
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