Eine asiatische Währungsunion
1997 diskutierte die Brookings Institution, eine bedeutende amerikanische Denkfabrik, die Möglichkeiten einer ostasiatischen Währungsunion und kam zu folgendem Schluss:
„Die Frage, die sich im 21. Jahrhundert stellen wird, ist die, ob sich in Ostasien (und natürlich auch in der westlichen Hemisphäre) entsprechende Währungsblocks bilden werden. Wenn Dollar, Yen und Euro gegeneinander flottieren, werden kleinere Volkswirtschaften versucht sein, sich mit einer dieser drei Währungen zu verbünden.
Ein solcher Verbund wird jedoch nur möglich sein, wenn er mit radikalen Veränderungen bei institutionellen Abkommen einhergeht, wie sie derzeit von der Europäischen Union in Betracht gezogen werden. Da sowohl die Beweglichkeit des Kapitals als auch die politische Demokratisierung sich immer weiter ausbreiten, wird es ungeheuer schwierig werden, fixe Wechselkurse einseitig aufrechtzuerhalten. Kursstützungen werden internationale Zusammenarbeit erfordern – und eine effektive Zusammenarbeit erfordert wiederum Maßnahmen, die der Einführung einer einheitlichen Währung sehr ähnlich sind.“13
2001 erschien ein Artikel in der Online-Version der Asia Times, in dem es um eine Rede ging, die der Wirtschaftswissenschaftler Robert A. Mundell an der Chulalongkorn-Universität gehalten hatte.
„Die ,ASEAN plus drei‘ (also die zehn Mitglieder des Verbandes Südostasiatischer Nationen plus China, Japan und Korea) sollten sich die Europäische Union zum Vorbild nehmen, was die bessere Integration von Geld- und Währungspolitik, Handel und schließlich auch eine gemeinsame Währung angeht‘, sagte Mundell.“14
Am 6. Mai 2005 hieß es auf der Website des Verbandes Südostasiatischer Nationen:
„China, Japan, Südkorea und die zehn Mitgliedsstaaten des Verbandes Südostasiatischer Nationen (ASEAN) sind übereingekommen, ihr Netzwerk bilateraler Währungsswaps so zu erweitern, dass es sich faktisch zu einem Asiatischen Währungsfonds entwickeln könnte […] Finanzbeauftragte der 13 Nationen, die am Rande der jährlichen Konferenz der Asian Development Bank [ADB; Asiatische Entwicklungsbank] in Istanbul zusammentrafen, schienen fest entschlossen, ihre verschiedenen bilateralen Vereinbarungen zu einem multilateralen Abkommen umzuwandeln – obwohl keiner der Finanzexperten den Begriff ,Asiatischer Währungsfonds‘ in den Mund nehmen wollte.“15
Im August 2005 veröffentlichte die Federal Reserve Bank of San Francisco einen Bericht16 über die Aussichten auf eine Ostasiatische Währungsunion, in dem es hieß, dass Ostasien sämtliche Kriterien für den Zusammenschluss zu einer Währungsunion erfülle. Im Vergleich zur europäischen Initiative aber werde „deutlich, dass jede finanzielle Vereinbarung, inklusive einer gemeinsamen Währung, in Ostasien um einiges schwieriger ist“. Der Bericht besagte auch, dass „die Währungsunion in Europa hauptsächlich deshalb erreicht werden konnte, weil sie Teil eines übergeordneten Prozesses der politischen Integration war“. Später hieß es:
„Der Wunsch nach politischer Integration scheint in Ostasien nicht zu existieren, was zum Teil daran liegt, dass zwischen den einzelnen Staaten derart große politische, kulturelle und historische Unterschiede existieren. Aufgrund ihrer jeweiligen Geschichte wachen die ostasiatischen Länder besonders eifersüchtig über ihre Souveränität."
Die San Francisco Fed machte aber auch noch das Problem aus, dass „ostasiatische Regierungen übernationalen Institutionen gegenüber viel argwöhnischer“ seien und daher „Souveränitätsbelange die ostasiatischen Regierungen – wenigstens bisher – sehr zurückhaltend reagieren lassen, wenn es darum geht, übernationalen Gremien maßgebliche Befugnisse zu überantworten“. Der Bericht führt aus, dass – im Gegensatz zum europäischen Weg zur Währungsunion – „zwischen den größten Staaten der Region, also Japan, Korea, Taiwan und China, keine umfassenden Handelsabkommen zustandegekommen sind“. Ein weiteres Problem:
„Ostasien hat scheinbar keinen eindeutigen Anwärter auf eine interne Ankerwährung, die als Grundlage einer kooperativen Wechselkursvereinbarung dienen könnte. Die meisten erfolgreichen neuen Währungen bauen aber auf einer existierenden Währung auf, wodurch Vertrauen in ihre Konvertibilität hergestellt wird und das Neue eine Verbindung mit dem Alten eingeht.“
Die Schlussfolgerung des Berichts lautete:
„In naher Zukunft scheinen eine Stabilisierung des Wechselkurses und eine Währungsintegration eher unwahrscheinlich. Dennoch befindet sich Ostasien durch den Handel in einem Integrationsprozess, auch wenn es noch keine offiziellen Abkommen zur Handelsliberalisierung gibt. Zudem gibt es Anzeichen für eine zunehmende finanzielle Kooperation innerhalb der Region, sowohl durch die Entwicklung regionaler Vereinbarungen zur Erhaltung der Liquidität in Krisenzeiten, indem bilaterale Devisenswaps durchgeführt werden, als auch durch regional geführte Diskussionen über wirtschaftliche Überwachung und die Entwicklung regionaler Anleihenmärkte.“
Der Bericht lieferte dann folgende Prognose:
„Ostasien könnte denselben Weg einschlagen [wie Europa], anfänglich mit lockeren Übereinkünften zur Währungsstabilisierung, gefolgt von verbindlicheren Verträgen, die schließlich in die Etablierung einer gemeinsamen Ankerwährung münden – und danach vielleicht in die Einführung eines Ostasien-Dollars.“
Die Nachrichtenagentur AFP berichtete 2007, dass „Asien möglicherweise einen eigenen Währungsfonds gründen muss, wenn es zukünftige Finanzkatastrophen wie die, die die gesamte Region vor zehn Jahren erschütterte, besser bewältigen will“ und dass „eine stärkere wirtschaftliche Integration das beste Gegenmittel für zukünftige Finanzkrisen in Asien ist“.17
Im September 2007 hieß es in der Zeitschrift Forbes:
„Eine ostasiatische Währungsunion, die von Japan abgesichert wird, ist zwar machbar, doch fehlt der politische Wille in der Region zu ihrer Durchführung, wie die Asiatische Entwicklungsbank [ADB] bekanntgab.“
Pradumna Rana, ein Volkswirtschaftler der ADB, sagte:
„Eine Währungsunion in Ostasien – vor allem zwischen Indonesien, Japan, Südkorea, Malaysia, den Philippinen, Singapur und Thailand – scheint realisierbar.“
In einer weiteren Studie, diesmal von Ganeshan Wignaraja von der ADB und Michael Plummer von der Johns Hopkins University, wurde behauptet, dass „eine Währungsintegration in Ostasien großes wirtschaftliches Potential habe, obwohl ein solches Vorhaben politisch noch nicht untermauert sei“. Dazu komme, so schrieben die Forscher, dass die reale Integration auf der Ebene des Handels „die Forderung nach einer Währungsunion in Asien noch unterstützt, so wie es die erfolgreiche realwirtschaftliche Integration in Europa getan hat“. Dem Artikel zufolge „sagte Rana, dass der Weg zu einer asiatischen Währungsunion ,mehrgleisig und mit verschiedenen Geschwindigkeiten‘ beschritten werden könne, wobei das Ziel im Handelssektor eine nahtlose asiatische Freihandelszone sei“.18
Im April 2008 berichtete die chinesische Nachrichtenagentur Xinhua, dass „stellvertretende ASEAN-Zentralbankchefs und stellvertretende Finanzminister in der vietnamesischen Stadt Da Nang zusammengetroffen sind, um über die Finanz- und Währungsintegration und -kooperation innerhalb der Region zu diskutieren“.19
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