Das Hauptargument der Impfkritiker lässt sich für mich auf ein paar wenige, gewichtige Punkte herunterbrechen: Die Statistiken über die meisten „Infektionskrankheiten“ wie Diphterie, Diarrhö, Keuchhusten und Masern zeigen, dass die Sterberate bei diesen Krankheiten lange vor Einführung von Impfungen bzw. Antibiotika rapide abfiel – nämlich mit stark verbesserten Standards in Hygiene und Ernährung. Und obwohl sich die angeblichen Erreger dieser Krankheiten noch immer in unserer aller Körper befinden, brechen sie nicht mehr bzw. nur noch sporadisch aus. Außerdem gibt es keine einzige Langzeit-Doppelblindstudie, die den Gesundheitszustand und die allgemeine Kondition ungeimpfter mit denen geimpfter Kinder vergleicht.
Allein diese drei Punkte zeigen: Die Wirkung von Impfungen kann nicht einwandfrei belegt werden, der Nutzen ihrer Einführung ist mehr als zweifelhaft und die Erregerthese ist zumindest fragwürdig. Dennoch müssen sich Eltern, die sich heutzutage gegen eine – was ja derzeit zumeist heißt: Mehrfach- – Impfung entscheiden; nicht nur vor Bekannten, Verwandten und anderen Eltern, sondern auch vor gestandenen Ärzten verantworten. Gut, wenn man da ein paar Argumente auf Tasche hat.
Diese liefert das neue Buch aus dem Kopp-Verlag zuhauf: 810 Endnoten und gut 50 aus offiziellen Archiven geschürfte Statistiken sprechen für sich. Das Werk ist eine einzige Fleißarbeit, die zudem noch vor Originalzitaten nur so strotzt – einerseits ein klarer Vorteil des Buchs, andererseits aber auch eine stilistische Eigenart, an die man sich als Leser erst einmal gewöhnen muss.
Hat man das, trägt einen das Werk durch eine Geschichte der modernen Krankheiten und des Impfens, die größtenteils von den Protagonisten selbst erzählt wird: von vehementen Verfechtern der Impfthese, die Weltuntergangsszenarien heraufbeschwören, weil sich gewisse Bevölkerungsteile dem „Segen“ der Impfung verweigern; von impfkritischen Ärzten, die immer wieder auf die zweifelhaften bis gravierenden Nebenwirkungen der Impfstoffe hinweisen und von einfachen Leuten, die als Impfverweigerer bis ins Gefängnis gehen, weil sie nicht noch ihr drittes Kind nach der Impfung sterben sehen wollen.
Auch diejenigen, die sich wie ich schon länger mit der Materie auseinandersetzen, kommen auf ihre Kosten: Bisher wusste ich zum Beispiel noch nicht im Detail, welch skurrile Geschichte die Pocken mitsamt ihrer Bekämpfung haben, wie die ersten Impfstoffe entwickelt und angewendet wurden („ekelerregend“ wäre eine glatte Untertreibung), oder dass es nach Einführung der Pockenimpfpflicht ein großes Volksbegehren in Leicester 1885 schaffte, statt der Impfung eine Isolation der Kranken und die Desinfektion der betroffenen Wohnungen durchzusetzen. Und siehe da: Trotz der Unkenrufe der Befürworter konnte Leicester bei der nächsten Epidemie weniger Todesfälle ausweisen als „durchgeimpfte“ Städte.
Seite um Seite sezieren die beiden Autoren, die wie manch andere in diesem Bereich lange Zeit selbst zu den Impfbefürwortern zählten, einen Impfmythos nach dem anderen: angefangen bei den Pocken über die eingangs erwähnten rapiden Rückgänge der Sterbefälle lange vor Einführung der Impfungen bis hin zu ausführlichen Einzelkapiteln über Polio, Keuchhusten und die bösen Masern, die ja alle paar Jahre als ultimatives Totschlagargument aus den Schubladen gewühlt werden.
Der an jeder Stelle des Buchs durchscheinende Tenor ist der, den ich wie viele Impfkritiker als einen so anziehenden wie plausiblen Ansatz empfinde: Wer einen gesunden, chemikalienfreien und naturnahen Lebensstil führt, ist vor den meisten Krankheiten gefeit – und wenn mal eine daherkommt, hat sein Immunsystem auch die Waffen zur Hand, ihnen beizukommen.
Auch dieses Buch kann man getrost als Waffe bezeichnen: im Kampf um das Recht zur Selbstbestimmung nämlich, der, wie es den Anschein hat, schon seit den ersten staatlichen Impfkampagnen rund um dieses Thema ausgetragen wurde. Hans Tolzin, der prominenteste deutsche Impfkritiker, bezeichnet es als „eines der besten Werke zum Impfen, die ich je gelesen habe“. Ich kann dem nur beipflichten und jedem, der emotionsfreie Aufklärung und statistisch belegte Argumente zum Thema sucht, nur raten, es zu lesen.
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