Die Auswirkungen elektrischer Ladungen auf Honigbienen

Bienen2Der Einfluss elektromagnetischer Strahlung auf Bienen und Insekten und die elektrischen Eigenschaften von Bienen wurden längst nachgewiesen – wieso reden wir so selten darüber? Eine Zeitkapsel aus dem Jahr 1976, als dieser Text in der Fachzeitschrift bee world erschien.

Die Erkenntnis, dass Insekten eine elektrostatische Ladung transportieren können, ist weder überraschend noch neu. Bereits im Jahr 19299wurde eine Publikation über die elektrischen Eigenschaften von Insektenhaaren veröffentlicht. Das Thema wurde lange Zeit nicht weiter verfolgt, da es nicht von Bedeutung zu sein schien. Aber als nachgewiesen wurde, dass sich der Stoffwechsel und das Verhalten von Bienen und anderen Insekten in elektrischen Feldern verändern, haben die auf ihnen messbaren elektrostatischen Ladungen eine neue Bedeutung bekommen. Aus diesem Grund versuchten wir zunächst, das elektrische Potenzial auf der Körperoberfläche von Bienen zu messen und dann die verschiedenen Faktoren zu ermitteln, von denen es beeinflusst wird.14

Aus den zunächst rein physikalischen Messungen erwuchs ein bisher unerkanntes physiologisches Interesse. Es ergaben sich zahlreiche neue Gesichtspunkte für die Wahrnehmung elektrischer Felder und auch für die innerartliche Kommunikation sozialer Insekten sowie für ihre Wetterfühligkeit und Orientierung.15 Jede Arbeitshypothese musste sich auf die Tatsache stützen, dass sich Insekten relativ früh in der Erdgeschichte entwickelt haben. Seitdem haben sich die elektrischen Felder in der Atmosphäre, elektromagnetische Schwingungen und atmosphärische Ionen als meteorologisch korrelierende Faktoren im Lebensraum der Insekten etabliert. Es scheint unwahrscheinlich, dass sie eine ungenutzte Informationsquelle geblieben sind, insbesondere bei Tieren in einem so frühen Evolutionsstadium.

Ladungen auf dem Körper einzelner Bienen und auf dem gesamten Bienenvolk

Die Körperoberfläche einer Biene lässt sich in Bezug auf ihr elektrisches Verhalten grob in zwei Bereiche unterteilen. Alle häutigen und drüsigen Oberflächen der Kutikula weisen große Potenzialschwankungen auf, während der Rest der Oberfläche ein niedriges Potenzial von bis zu +1 V aufweist. Über relativ kurze Entfernungen kann das elektrische Feld recht hohe Intensitäten erreichen (25 V / 0,2 cm). Diese Messungen weisen einige Besonderheiten auf:

  1. Statische Potenziale können nur an den Fühlern gemessen werden. An anderen Stellen des Körpers tritt ein Effekt auf, der der Entladung eines Kondensators entspricht.
  2. Eine Biene kann die Polarität eines Fühlers in weniger als einer Sekunde ganz oder teilweise verändern (Abb. 1). Die Änderung erfolgt in der Regel kurz vor dem Abflug, was darauf hindeutet, dass diese Umpolung vielleicht der Orientierung dient. Sie kann möglicherweise durch eine aktive Dehnung oder Kompression der Kutikula hervorgerufen werden (piezoelektrischer Effekt, Elektrostriktion).
  3. Die Biene ist durch die Krallen ihrer Tarsen elektrisch von der darunter liegenden Oberfläche isoliert, kann aber durch den Elektrolyten, der aus dem Arolium abgesondert wird, einen elektrischen Kontakt mit der Oberfläche herstellen. Je nach Vorzeichen und Größe des Potenzials der darunter liegenden Oberfläche wird die Biene dann entweder geladen oder entladen.

Jedes Bienenvolk als Ganzes weist ein für sich charakteristisches Ladungsniveau auf, das von seiner Stärke und der Menge an Brut und Honig, die es besitzt, abhängt. Das Anflugbrett unmittelbar vor dem Eingang des Bienenstocks befindet sich im elektrischen Einflussbereich des Volkes.

Bienen Elektro

Abb. 1: Diagramm zur Veranschaulichung des Dipoleffekts der Bienenfühler. Die Biene ist in der Lage, die Polarität eines Fühlers sekundenschnell zu verändern (zum Beispiel von positiv auf negativ). Die gestrichelten Linien stellen die Linien des elektrischen Feldes stilisiert dar.

Abb. 2: Schematische Darstellung der Linien des elektrischen Feldes, das von den räumlichen Ladungen ausgeht; sie sind in den Kutikularbereichen mit hoher elektrischer Leitfähigkeit konzentriert.

In erster Linie wirkt das Holz des Anflugbretts als Potenzialverteiler für die im Bienenstock entstehenden Ströme. Zweitens werden geladene Teilchen aus dem Bienenstock hinausgewirbelt, wenn die Bienen fächeln (entweder zum Lüften oder zum Beduften).

Jenseits einer (messbaren) Entfernung vom Eingang hört der elektrische Einfluss des Bienenvolkes auf. An Tagen, an denen ein Bienenvolk ein negatives Potenzial aufweist, ändern positiv geladene Bienen, die zum Bienenvolk zurückkehren, ihr Potenzial während des Flugs von positiv über null auf einen negativen Wert. An anderen Tagen (wenn das Potenzial positiv ist) erhöhen die Bienen, die ein schwaches positives Potenzial haben, dieses immer mehr, während sie sich dem Volk nähern (Abb. 3). Es ist möglich, die Ankunft oder den Abflug einer einzelnen Biene in einer angemessenen Entfernung vom Eingang des Bienenstocks zu registrieren, indem man die Veränderung des Potenzials des Bienenvolkes mit einem ausreichend empfindlichen Messinstrument aufzeichnet.

Umwelteinflüsse

Elektrische Felder

Unter Einfluss eines äußeren elektrischen Feldes werden die Biene und alle elektrolytischen Bahnen in ihr (Hämolymphe, epidermale Sekrete) beeinflusst. Die Linien des elektrischen Feldes konzentrieren sich auf die Bereiche der Kutikula, die eine höhere elektrische Leitfähigkeit aufweisen (aufgrund von Ionenbelastung oder lokalem Feuchtigkeitsniederschlag) oder die über die Hämolymphe (Membranen, Teile des Integuments, die als Sensoren fungieren) einen Weg mit geringerem elektrischen Widerstand zu den inneren Organen darstellen; siehe Abbildung 2. Die Kutikula der Fühler lebender Bienen weist ein höheres Potenzial auf als der Rest der Körperoberfläche. Vergleicht man einzelne Bienen, so ist das Fühlerpotenzial einer Königin etwa doppelt so hoch wie das einer Arbeiterin. Dieser Unterschied ist auf die paarigen Eierstöcke der Königin zurückzuführen: Sie weisen eine große elektrolytische Oberfläche auf, die von einem elektrischen Feld beeinflusst werden kann.

Atmosphärische Ionen

Die elektrische Ladung einer Biene, die mit ihren Flügeln schwirrt, hängt von der Anzahl der unipolaren Ionen pro Volumeneinheit der Luft ab. Die Ladung entsteht durch die Reibung der Flügel an der Luft.

Luftfeuchtigkeit und Temperatur

In ziemlich feuchter Luft ist die Oberfläche des Bienenkörpers mit einem leitenden Flüssigkeitsfilm überzogen. Sobald eine Entladung an die Erde stattgefunden hat, ist keine weitere Aufladung der Biene mehr möglich.

Sonneneinstrahlung

Der Lichteinfall auf die Kutikula erhöht die Leitfähigkeit ihrer Oberfläche. Die Ergebnisse neuerer Experimente deuten auch auf einen fotoelektrischen Effekt hin, das heißt auf die Emission von Elektronen aus der Kutikula unter dem Einfluss der Sonneneinstrahlung.

Durch elektrische Parameter hervorgerufene Verhaltensänderungen

Wenn ein niederfrequentes Feld von 1 bis 10 kV/m angelegt wird, weisen Bienen eine höhere Stoffwechselrate auf als Bienen, die elektrisch abgeschirmt sind.1,4 Die Hyperaktivität von Kolonien in elektrischen Feldern, wie sie unter Hochspannungsdrähten auftreten, wurde bereits beschrieben.11,18 Kürzlich haben wir neue Ergebnisse aus kontrollierten Laborexperimenten erhalten und einen Film gedreht, der sie veranschaulicht.16Bienen in einem starken elektrischen Feld wurden aggressiv und stachen sich gegenseitig zu Tode; die Kommunikation war gestört. Bei noch höheren Feldern rissen die Bienen ihre Brut aus den Zellen und es wurde keine neue Brut produziert. Die Bienen verließen ihren Stock, wenn sie konnten, oder sie schlossen sich mit Propolis ein und verschlossen nicht nur die Ritzen und Löcher, sondern auch den Eingang. Sauerstoffmangel führte zu intensivem Fächeln wie zur Belüftung üblich; es entstanden abnorm hohe Temperaturen und die Bienen starben.

Bienen Elektro2

Abb. 3: Ladungen auf Bienen und Bienenvölkern in Abhängigkeit von der Witterung.

A. Bei schönem Wetter sind das Bienenvolk und die Bienen positiv geladen.

B. Bei Regen sind die Ladungen unter dem Einfluss der Polarität der Wolken hauptsächlich negativ. Die Polarität der Bienen, die von der Futtersuche zurückkehren, verändert sich.

C. Vor dem Ausbruch eines Gewitters bewirkt die hohe relative Luftfeuchtigkeit eine Entladung der Bienen am Boden, und eine hohe bipolare Konzentration der atmosphärischen Ionen entlädt die Bienen in der Luft.

D. Während der Blitzentladung treten im Bienenvolk sehr hohe Schwankungen des elektrischen Potenzials auf.

Kommentare

15. Mai 2024, 08:07 Uhr, permalink

Drusius

Wenn wir selbst aus Schwingungen bestehen, dann dürfte das wohl nicht nur für Honigbienen interessant sein.

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