Auch Pakistan stand kurz vor dem Aus. Die Finanzreserven des Landes beliefen sich auf ganze drei Milliarden Dollar – gerade ausreichend, um den Lebensmittel- und Ölbedarf eines Monats zu decken. Pakistan versuchte sogar die Zahlungen an Saudi-Arabien für die täglich benötigten 100.000 Barrel Öl hinauszuzögern. Unter Präsident Musharraf, der sein Amt im letzten Augenblick niederlegte, verlor die pakistanische Währung 25 Prozent ihres Werts, bei einer Infl ationsrate von 25 Prozent.
In der Zwischenzeit waren die Energiekosten weltweit gestiegen. Der Ölpreis erreichte im Sommer (auf der nördlichen Hemisphäre) einen Höchstpreis von fast 150 Dollar pro Fass. Die gestiegenen Kosten wurden mittels angehobener Preise für Heizung, Treibstoff, Transport und Konsumgüter umgehend an die Endverbraucher – also die kleinen Hausbesitzer – weitergegeben, die sich ohnehin schon fi nanziell verausgabt hatten. Bereits zuvor waren 30 Prozent des Ölpreises jedoch auf Wall-Street-Spekulationen zurückzuführen gewesen; das drohende Platzen der Spekulationsblase erhöhte diesen Anteil während der Sommermonate auf 60 Prozent. Kaum war die Finanzkrise eingetreten, fiel der Ölpreis auch schon – von 147 Dollar pro Barrel im Juni auf 61 Dollar. Das war ein deutlicher Beweis dafür, dass 60 Prozent des Ölpreises auf Spekulationsgeschäften beruhten.
Der plötzliche Preisverfall zeigte auch deutlich, wie wenig Kontrolle die OPEC während der vergangenen paar Jahre über den in die Höhe schießenden Ölpreis gehabt hatte. Die Verantwortung dafür lag fast vollständig bei Saudi-Arabien. Als die OPEC (Organisation erdölexportierender Länder) im September 2008 durch eine Drosselung der Produktion den hohen Ölpreis halten wollte, wandte sich Saudi-Arabien gegen diesen Schritt, obwohl das Land dadurch seine eigenen Einkünfte verminderte.
Bald beschloss auch Europa, sich von der amerikanischen Maßlosigkeit nicht mehr in den finanziellen Ruin treiben zu lassen. Vielleicht hatte das „Alte Europa“ ja auch einfach genug vom Diktat der USA. Schließlich waren auch die Vereinigten Staaten bei den Darlehen, die sie nach dem Zweiten Weltkrieg an beinahe völlig zerstörte europäische Staaten gegeben hatten, zu keinerlei Kompromissen bereit gewesen.
Am 13. Oktober 2008 einigten sich die einst gespaltenen Mitgliedsstaaten der Europäischen Union auf eine unilaterale Rettungsmaßnahme im Umfang von 2,3 Billionen Dollar – mehr als dreimal so viel wie in den USA, und das für eine Katastrophe, die allein Amerika verursacht hatte.
Mitte Oktober fi elen Dow Jones, NASDAQ und S&P 500 auf einen Tiefstand, der sämtliche Kurssteigerungen des vorangegangenen Jahrzehnts auslöschte. Greenspans Pyramidensystem, mit dem aus dem Nichts leichtverdientes Geld geschaffen werden sollte, hatte zu sagenhafter Überschuldung, überhöhten Immobilienpreisen und unglaubwürdigen Börsenbewertungen geführt, die nur unter der Voraussetzung zustande kommen konnten, dass niemals alle Investoren gleichzeitig ihr Geld abheben würden. Doch jetzt brach dieses System mit rasender Geschwindigkeit zusammen, und es zeichnete sich keine Lösung am Horizont ab.
Präsident Bush erklärte, dass die Bürger seines Landes sich keine Sorgen machen sollten, da „die USA das attraktivste Land für Investoren aus aller Welt“ seien.
Am meisten unter der Finanzkrise werden allerdings jene Männer und Frauen leiden, die das Land nach dem Zweiten Weltkrieg wirtschaftlich wieder aufgebaut und auf ihre jetzt – im Rentenalter – fälligen Pensionen gespart haben. Diese Menschen hatten bereits in den Kriegsproduktionsjahren entscheidend mitgearbeitet und die Waffen für den globalen Konflikt hergestellt.
Während des Kalten Krieges galt die UdSSR als stets gegenwärtiger Feind, und der militärisch-industrielle Komplex wuchs weiter. Amerika macht nur in Kriegszeiten Profite. Doch Russland wird nicht dulden, dass durch die Aufrüstung mit ballistischen Raketen ein neuer Kalter Krieg entsteht. Und der Nahe Osten musste mitansehen, wie sein langjähriger Bündnispartner USA sich zum schlimmsten Albtraum für die Region entwickelte, sowohl in militärischer als auch in wirtschaftlicher Hinsicht. Alle diese Nationen werden sich früher oder später weigern, den Dollar weiterhin als Weltwährung zu stützen.
Die Weltwirtschaft steht heute nicht mehr unter amerikanischer Kontrolle, und die Vereinigten Staaten sind beim Rest der Welt tief verschuldet.
Die USA werden nicht mehr verlangen können, dass ihnen ihr größter Nahost-Öllieferant Einsicht in seine Bankgeschäfte gewährt, damit alles schön transparent, korruptionsfrei und ohne Verbindung zu terroristischen Organisationen abläuft. Sie werden nicht mehr mit Konsequenzen drohen können, da sie selbst gerade den schlimmsten Fall krimineller Korruption in der gesamten Menschheitsgeschichte geliefert haben. Das Schwindelgeschäft hätte gar nicht besser laufen können: Man verkaufte Unmengen risikoreicher Wertpapiere, ging damit baden und ließ die Regierungen für den Schaden aufkommen – und das alles auf Kosten des Steuerzahlers, der nie auch nur einen Cent des „gemeinsamen“ Reichtums gesehen hatte.
Für diese Krise gibt es keine Lösung. Ihre Auswirkungen breiten sich aus wie eine ansteckende Krankheit.
Islamische gegen kapitalistische Wirtschaft
Ironischerweise sind die islamischen Banken am wenigsten von der Krise betroffen. Sie waren weitgehend vor dem Zusammenbruch geschützt, weil das islamische Bankwesen den Vermögenserwerb durch Glücksspiel (aber auch durch Alkohol, Tabak, Pornographie oder Rüstungsaktien) untersagt und den An- und Verkauf von Schulden ebenso verbietet wie Zinswucher. Dazu kommt, dass die Scharia-Kreditwesengesetze es nicht gestatten, in Unternehmen zu investieren, die mit mehr als 30 Prozent ihres Werts verschuldet sind.
„Islamische Bankinstitute sind per se nicht bankrott gegangen, weil sie mit materiellen Wirtschaftsgütern handeln und das Risiko selbst tragen“, sagt Dr. Mohammed Ramady, Professor für Wirtschaftswissenschaften an der King Fahd University of Petroleum & Minerals.
„Der islamische Bankensektor ist zwar auch Teil der Weltwirtschaft, hatte jedoch weniger mit risikoreichen Subprime-Hypothekendarlehen zu tun. Am ehesten ist noch Dubai mit seiner hohen Auslandsverschuldung von der Liquiditätskrise betroffen. Der negativste Effekt der Krise ist jedoch ein Vertrauensverlust in die regionalen Börsen.“
Die arabischen Ölstaaten, so Dr. Ramady, „überdenken derzeit ihre Finanzanlagen im Ausland“ und treiben stattdessen innerstaatliche Projekte voran.
Kommentare
06. Juni 2010, 22:10 Uhr, permalink
Ade...
Na, dann ... nutzen wir die Chance zur Ablösung der Wirtschaftsvormacht, die ja eh nur ergaunert wurde!!! Ade, Amerika. Ein Land ohne Geschichte und eigene Kultur ist doch zum Untergang verdammt. Besinnung auf die guten alten Werte ... gibt es leider nicht.
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