Tonbandstimmen als neue „Wissenschaft“
Der Sommer 1959 kennzeichnet die Geburtsstunde eines Forschungsbereichs, der heute als instrumentelle Transkommunikation (ITK) bezeichnet wird – ein Begriff, den der Diplom-Physiker Dr. Ernst Senkowski geprägt hat. Senkowski versteht ihn als Oberbegriff, „in dem die Silbe ‚trans‘ auf das Jenseits unserer Raumzeit deutet und ‚Kommunikation‘ zunächst in einfachster Weise als Empfang oder Austausch von ‚Information‘ verstanden sei“.16 Den Begriff Forschung sieht er in Bezug auf die ITK allerdings kritisch: „Ich wehre mich gegen die Benutzung des Begriffs ‚Forschung‘ in diesem Zusammenhang“, sagt er im NEXUS-Interview, „da es sich bei den Experimentatoren mit wenigen Ausnahmen um Laien handelt und die Stimmen weitgehend spontan auftreten, das heißt nur eingeschränkt reproduzierbar sind.“17 Senkowskis Buch mit dem Titel „Instrumentelle Transkommunikation“ ist zugleich Überblick, Dokumentation und wissenschaftlicher Erklärungsversuch und kann gleichsam als Kompendium der Materie betrachtet werden. Dort heißt es einführend:
„Die intersubjektive Wirklichkeit audio-visueller, technisch verifizierbarer Signale mit sinnvollen Inhalten ist als Faktum zu akzeptieren. […] Wegen der ungeklärten Herkunft und den unverständlichen Entstehungsbedingungen handelt es sich in üblicher Sprechweise um paranormologische18 (parapsychologische, paraphysikalische) Effekte, die nicht in den derzeit als verbindlich deklarierten Rahmen naturwissenschaftlicher Vorstellungen eingeordnet werden können. […] Eine unübersehbare Zahl eindeutig interpretierbarer sprachlicher Signale, seit Jahrzehnten auf magnetischen Tonträgern dokumentiert, in jüngster Zeit ergänzt durch dialogfähige elektroakustische Stimmen sowie durch Transvideo und Transtext, verweist in Inhalt und Form mit permanenter Hartnäckigkeit auf verstorbene Menschen, sogenannte ‚Tote‘, als primäre Verursacher, die im wie immer vorzustellenden Jenseits unseres wachbewusst erfahrbaren Diesseits, in Transbereichen, bewusst zu leben vorgeben.“19
Und in Bezug auf den als „verbindlich deklarierten Rahmen naturwissenschaftlicher Vorstellungen“ fährt er an späterer Stelle fort:
„Skeptiker seien daran erinnert, dass physikalische ‚Gesetze‘ letztlich auf Erfahrungen beruhen. Theoretisch begründete Behauptungen der Unmöglichkeit bestimmter Phänomene sind logisch unhaltbar und geeignet, die Wahrnehmungsfähigkeiten ihrer Verfechter einzuengen […].“20
Dr. Ernst Senkowski wurde erstmals im Jahr 1974 im Rahmen einer ZDF-Sendung auf die Tonbandeinspielungen aufmerksam. Was ihn letztlich von der Echtheit des Phänomens überzeugte, schildert er im Interview:
„Ich schaltete 1974 die von Ihnen erwähnte ZDF-Sendung ‚zufällig‘ ein und wurde Zeuge einer kontroversen Diskussion zwischen Friedrich Jürgenson, der als Entdecker der außergewöhnlichen Stimmen auf Tonbändern gilt, und mehreren Gesprächspartnern, die – mit Ausnahme des Parapsychologen Prof. Bender – versuchten, die Aussagen des Experimentators abzuwerten.
Als Physiker, Kurzwellenamateur und Nachrichtensoldat während des Krieges war ich von der Angelegenheit so fasziniert, dass ich beschloss, mich mit eigenen Mitteln von der eventuellen Existenz des Phänomens zu überzeugen. Tatsächlich konnte ich bei der Wiedergabe der ersten Aufzeichnungen Ende 1976 hinreichend deutliche Stimmen hören, die nicht auf normale Ursachen zurückzuführen waren und sich als ‚verstorbene Menschen‘ bezeichneten.
Meine in der Folge durchgeführten messtechnischen Analysen bestätigten grundsätzlich die Behauptungen Jürgensons sowie die anderer Experimentatoren, sodass ich die Realität dieser Anomalien nicht bezweifle.“21
Photo des Bildschirms eines C64 mit der Ankündigung eines Fernsehkontaktes. Die paranormal eingeschobene markierte Zeile: „1120FERNSEHWOHNZ“ bezieht sich auf das Wohnzimmer, in dem sich das FS-Gerät befand. Experimentator Adolf Homes, Rivenich. (© Dr. Ernst Senkowski)
Der Begriff ITK stellt zugleich eine Erweiterung des Bezugsrahmens dar, da mit der ursprünglichen, von Jürgenson geprägten Bezeichnung „Tonbandstimmen“ längst nicht mehr der gesamte Bereich des Phänomens abgedeckt wird, der heute auch die Einspielung mittels Telefon, Radio, Fernseher und Computer umfasst, also neben akustischen „Stimmen“ auch solche in Bild und Text.22,23
Streng genommen begann das Phänomen des Einfangens von Stimmen ungeklärter Herkunft nicht bei Jürgenson, sondern in den 1920er Jahren. Kein Geringerer als der amerikanische Erfinder Thomas Edison war es, der 1921 äußerte, er halte eine technisch gestützte Kommunikation mit dem Jenseits für möglich.24 Eine entsprechende Kaliumpermanganat-Apparatur war angeblich in Arbeit.25
Der britische Geist- und Jenseitsforscher Arthur Findlay gab an, am 24. Januar 1924 während einer Sitzung mit dem Medium John Campbell Sloan von einem Kontaktwesen namens „Greentree“ auf seine Frage, ob eine Methode der Kontaktaufnahme ohne Medium denkbar sei, die Antwort erhalten zu haben, dass dies möglich sei, und zwar „dadurch, dass sich auf Erden etwas findet, das für die höheren Schwingungszahlen der geistigen Welt empfindlich ist. Wissenschaftler unserer Welt versuchen, euch dahin zu beeinflussen […].“26
1937 fing das amerikanische Medium Attila von Szalay während spiritistischer Sitzungen mittels eines Plattenschneiders und -spielers unerklärliche Stimmen ein, die jedoch aufgrund der schlechten Qualität kaum verständlich waren. Ab 1950 arbeitete von Szalay mit einem Magnetbandrekorder, der bessere Ergebnisse lieferte.27 Der italienische Benediktinerpater Alfredo Pellegrino Ernetti berichtete, im Jahr 1952 Zeuge von Tonbandstimmen geworden zu sein, die Padre Agostino Gemelli eingespielt habe. Beide berichteten Papst Pius XII. davon,28 und angeblich regte der Vorfall Ernetti zum Bau eines sogenannten „Chronovisors“ an, der „Bilder und Töne von Ereignissen über die Raumzeit hinweg empfangen“ könne.29 Der nächste, der sich nach Jürgenson in der Aufzeichnung von Tonbandstimmen versuchte, war der lettische Schriftsteller Dr. Konstantin Raudive. Wie Jürgenson war auch ihm daran gelegen, das Stimmenphänomen wissenschaftlich objektiv anzugehen. Die Einzigartigkeit und Bedeutung des Phänomens beschreibt er wie folgt:
„All jene merkwürdigen Erscheinungen wie Hellsehen, Telepathie, Präkognition, Psychokinese sind nur Prädikate der Seele. Das Stimmenphänomen dagegen konfrontiert uns mit der Seele selbst: Aus dem Inhalt der Stimmentexte können wir eine Vorstellung von der Psyche als objektive Realität gewinnen. Es ist also möglich geworden, sich die Seele als eine unverlierbare geistige Einheit vorzustellen, die sich jenseits des Mysterium mortis manifestieren kann.“30
Auch in Österreich, der Schweiz, Großbritannien und in den USA liefen Forschungen im Bereich der ITK an. In Österreich entwickelte Dr. Franz Seidl 1967 das „Psychophon“, das gleich drei Aufnahmemethoden ermöglicht: Breitbandempfang, Selbstsendermethode und die Aufnahme per Mikrophon.31 In der Schweiz widmete sich Pfarrer Leo Schmid ab 1968 der Tonbandstimmenforschung. In Großbritannien experimentierten in den 1970er Jahren u. a. Raymond Cass und Gilbert Bonner mit der Einspielung von Stimmen.
Kommentare
29. Juni 2010, 23:58 Uhr, permalink
fd
"[...] paranormal eingeschobene markierte Zeile: „1120FERNSEHWOHNZ“ bezieht sich auf das Wohnzimmer [...]"
--> So ein Quatsch! das ist nur der Name der Diskette, den derjenige vergeben hat, der die Diskette irgendwann formatiert hat! Keine Ahnung vom 64er oder was?
11. Januar 2013, 03:55 Uhr, permalink
Dawnclaude
Ist ein schön zusammengefasster Artikel, danke an die Nina. ^^
Tja Jenseits und Humor da könnte ich auch viel von erzählen. Schade dass es (noch) so vielen verborgen bleibt.
22. Dezember 2013, 22:20 Uhr, permalink
Heiko
Habe, als damals Michael Jackson ca 1 jahr verstorben war damit rum experimentiert.Im Pay-Tv sah ich immer die Sendung Ghost Hunter,die mich mehr oder weniger meine Neugirde entfachte.Da ich solchen Dingen positiv gegenüber.Diese Abend lief wieder eine der genannten Sendung leise im Hintergrund.
Da ich nach früherer Recherchen wusste das man ein Anderes Signal bzw eine Radiosendung im hintergrund laufen lassen sollte.
Habe alles mit meinem Handy Nokia E65 aufgenommen.
Erst das übliche bla bla."Mein Name ist...,ich endschuldige mich für die Störung......,möchte sich jemand mit mir unter halten.....?
Auf die Frage "Ist hier jemand? kann ich ein eindeutiges "JA" hören.
Habe mehrer kurze Aufnahmen gemacht von ca 1-2 min länge.
In einer anderen Stelle frage ich ZITAT:"Wenn hier jeman ist,wie heisst Du?Darauf ein MICHAEL JACKSON.Die aufnahme habe ich noch.Ich glaube da ist noch viel mehr was wir nicht verstehn.
09. September 2014, 13:43 Uhr, permalink
Manuela
Es iust traurig dass ich hier viele unqualifizierte Kommentare lese.
Tonbandstimmen sind ein anerkanntes Phänomen.
25. Dezember 2014, 14:00 Uhr, permalink
alex
kannst du mir mal dein EVP mit michael jackson schicken ?
05. Mai 2017, 15:09 Uhr, permalink
Anonymos
@ fd
Nein, die Formatierung selbst soll durch "die" außerhalb des Laufwerkes durchgeführt worden sein.
Wenn die Texte als Dateien drauf schreiben können, dann wohl auch eine Formatierung...
08. Dezember 2018, 19:00 Uhr, permalink
SpaceHenne
Wenn man auf diese Weise wirklich eine kommunikation mit einer daseinsform, die wir noch nicht vollständig begreifen, herstellen kann, wundert es mich, das nach 1971 das keiner mehr gemacht hat... oder gibt es dazu noch weiterführende Literatur mit selbigen experiment ?
07. Mai 2019, 22:44 Uhr, permalink
Oli
@SpaceHenne
schau mal auf www.vtf.de/
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