Der Staat ist das größte Monopol: Ansichten eines Libertären

StaatMonopolKapitalismus und Neoliberalismus haben keinen guten Leumund. Dabei wurzeln beide Begriffe in einer Idee, die nichts anderes bedeutet als freie schöpferische Selbstentfaltung. Ein Gespräch über das Zwangsmonopol Nr. 1 und den Weg in die Selbstverantwortung.

DW: Wenn man sich die Weltsituation so ansieht, hat man eher das Gefühl, dass alles genau in die Gegenrichtung läuft, hin zu noch mehr Verstaatlichung und weniger Eigenverantwortung. Das zeigt doch eigentlich, wie es um die Masse bestellt ist. Hast du noch Hoffnung für die Welt – oder landen wir im viel beschworenen sozialistischen Weltstaat?

CS: Ich glaube, wir stellen gerade die Weichen in eine freie Gesellschaft oder in eine technokratische Dystopie. In dieser Phase des Übergangs kommen beide Archetypen deutlicher zum Vorschein. Wir sehen eine unverhohlene Machtergreifung der Korporatokratie und gleichzeitig eine beispiellose Gegenkultur auf den Straßen, in den Medien und in den Köpfen. Ich war schon 2011 bei Occupy und muss einfach mal feststellen, dass wir heute in der Aktivistenszene sowohl quantitativ als auch qualitativ deutlich besser aufgestellt sind, das macht Hoffnung.

Entscheidend ist, dass wir friedlich bleiben, dann haben wir eine Chance. Aktuell sehe ich bei vielen aus Verzweiflung die Emotionen hochkochen, zuletzt gab es auf Demos immer häufiger gewalttätige Zwischenfälle. Das spielt dem System in die Hände. Je unzivilisierter wir an der Basis sind, desto mehr provoziert man autoritäre Reaktionen des Staates. Mit Gewalt können wir weder die Korporatokratie besiegen noch Andersdenkende überzeugen. Deeskalation ist also das Gebot der Stunde.

Wir müssen lernen, schwierige Gespräche respektvoll und empathisch zu führen. Dazu gehört auch, den guten Willen anzuerkennen, den fast alle Menschen haben. Kommunikationsfähigkeit ist sogar noch wichtiger, als Fakten über PCR-Tests, Kriegslügen oder Fiatgeld runterbeten zu können. Außerdem müssen wir unsere Kreativität kultivieren in jederlei Hinsicht, unsere Schöpferkraft. Was kann jeder in seinem eigenen Leben tun, um mehr von dem zu manifestieren, das er in der Welt sehen will? Erfreulicherweise sehe ich immer mehr Menschen, die ihren Fokus genau auf diese Punkte richten.

DW: Wenn man sich näher mit dem libertären Gedankengut auseinandersetzen will: Welche Informationsseiten würdest du empfehlen? Und welches sind für dich die interessantesten Verfechter der Idee?

CS: Ganz vorne sind für mich FEE.org, AIER.org und Mises.org, aber auch der „Corbett Report“, der vielen in der Wahrheitsbewegung bekannt sein dürfte. Im englischsprachigen Bereich ist die libertäre Idee weitaus populärer als in Deutschland, deshalb gibt es dort auch mehr interessantes Material. Hierzulande machen Stefan Blankertz, eigentümlich frei, das Ludwig von Mises Institut oder auch Gunnar Kaiser einen guten Job, um die libertäre Philosophie zu verbreiten.

Mein libertäres Idol ist Jesus Christus. Das klingt vielleicht komisch, denn ich bin eigentlich nicht religiös, aber er verkörpert für mich das Nichtaggressionsprinzip, individuelle Schöpferkraft und freiwillige Nächstenliebe. Oft hört man heute, Jesus war Sozialist, aber Sozialismus impliziert in der Regel auch Staat. So wie ich seine Botschaft verstehe, geht es um göttlich inspirierte Selbstverantwortung.

Kommentare

15. Februar 2021, 08:35 Uhr, permalink

Karla

Wer von den prominenten Verfechtern der Dezentralisierung (des Libertarismus) hat konkret selbst in seinem Umfeld schon dezentrale Strukturen umgesetzt? Selbst in diesem System gibt es eine Reihe von Menschen, die sich schon seit Jahren/Jahrzehnten organisieren (etwa in selbstversorgenden Lebensgemeinschaften) statt andere mit Konzepten "wie es denn sein sollte" zu besamen. Ohne konkretes Handeln vor Ort bleiben Konzepte nur Konzepte. Inzwischen entscheiden ganze Apparate darüber, wo wer was anbauen darf, Leute, die vermutlich selbst noch nie einen Baum gepflanzt haben. Wenn wir mehr Rosenbeete wollen, müssen mehr Menschen Rosenbeete anlegen - sinnbildlich gesprochen. Die Anthroposophen z.B. sorgen seit Jahrzehnten dafür, dass wir überhaupt gesunde Lebensmittel haben. Die Industrialisierung hat ja erst wesentlich zur Entwurzelung und Entfremdung von natürlichen Rhythmen beigetragen. Wer dezentrale Strukturen möchte, was wichtig ist, kann sich dort engagieren, wo bereits Menschen für dezentrale Strukturen sorgen. Dann kann das "alte System" schrittweise obsolet werden. Das ist weniger ein intellektueller Vorgang, sondern einer, der durch konkretes Handeln vor Ort "in die Materie" gebracht wird. Die Regierung spiegelt womöglich auch nur als "Konglomerat" das Massenbewusstsein wider. Zu beklagen, was man nicht mehr will, ist immer einfacher, als selbst neue Ideen umzusetzen. Schreibtischtäter verändern weniger als jene, die ein Stück Land liebevoll bearbeiten.

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