Das ungewöhnliche Leben des Charles Musès
Charles Arthur Musès wurde 1919 in Jersey City, USA, geboren. Nachdem sein Vater die Familie in frühen Jahren verlassen hatte, zog Musès mit seiner Mutter nach Long Island, New York, wo er seine Jugend in bescheidenen Verhältnissen verbrachte. Dass er sich traute, eine akademische Karriere einzuschlagen, schrieb er später maßgeblich der Unterstützung und steten Ermutigung seiner Mutter zu. Im Jahr 1938 beendete Musès sein Bachelorstudium der Mathematik und Chemie in New York, schrieb anschließend eine Masterarbeit über Symbolische Logik an der Columbia University und promovierte dort im Jahr 1951 – nicht etwa über Mathematik, sondern mit einer Dissertation über den deutschen Mystiker und Theosophen Jakob Böhme.1 Darin brachte er auch seine Hochachtung der Philosophie zum Ausdruck, als er schrieb:
„Philosophie ist weder eine Masche noch ein Spiel oder nur eine Art künstlerischer Übung, sondern ein handfestes Unternehmen von höchstem produktivem Wert […]. [Sie ist] imstande, tiefgehende Veränderungen in unserer Haltung und unserem Verstand zu bewirken.“ 2
In den Jahren nach seinem Studium widmete sich der Universalist als Autor und Herausgeber den Grenzbereichen zwischen Archäologie und Esoterik. 1956 leitete Musès eine Expedition zum südamerikanischen Naturvolk der Lakandonen; um das Jahr 1975 führte er Feldforschungen in Ägypten durch und stieß bei Ausgrabungen unter anderem auf die Pyramide des Königs Ameni Qemau aus der 13. Dynastie. In der Folgezeit publizierte er Fachartikel über Mathematik, Physik und Kybernetik in diversen Journalen, deren Herausgabe er teils in leitender Position mitverantwortete. Besondere Beachtung erlangte er für einen bahnbrechenden Aufsatz, in dem er neuartige Definitionen von Zahlensystemen formulierte, bei denen es sich um hyperkomplexe Algebren handelt. Das musaische Konzept der Hyperzahlen umfasst insgesamt neun Stufen. Neben den bereits bekannten reellen und komplexen Zahlentypen definierte Musès noch weitere, neuartige Typen mit einer jeweils eigenen Arithmetik und Geometrie.3
In seinen letzten Lebensjahren veröffentlichte Musès unter dem Pseudonym Musaios esoterische und philosophische Schriften im eigenen Verlag House of Horus. Im Musaios-Material fließen die Einsichten und Erfahrungen aus seinen vielschichtigen Fach- und Interessengebieten zu einem großen, mystischen Bild zusammen.
Musès Tod am 26. August des Jahres 2000 bedeutete gleichfalls das Aus für seinen Verlag – und obwohl der Autor des vorliegenden Artikels über viele Jahre persönlich mit Musès/Musaios korrespondiert hatte, gelang es nicht, den Kontakt zu seinen Mitstreitern aufrechtzuerhalten. House of Horus, die Gruppe um Musaios und ihre Verbindungen zur restlichen Welt scheinen aus unserer Realität entschwunden zu sein – nicht aber die Dokumente der musaischen Philosophie.
Angesichts der Einzigartigkeit seines Spätwerks wäre es ein herber Verlust, würde der musaische Nachlass als philosophische Randnotiz des 20. Jahrhunderts dem kollektiven Vergessen anheimfallen. Da es die Publikationslage schwierig macht, die Rechte an seinem Werk zu erhalten, um es neu, sortiert und kommentiert herausgeben zu können, soll Ihnen dieser Essay einige seiner Kernideen näherbringen, die von großem Wert für die individuelle und kollektive Entwicklung des Menschen sein können. Im Zentrum steht dabei die Philosophie des Löwenpfads, die sein Spätwerk dominierte und in mehrere Bücher und Aufsätze Eingang fand.
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