Alkalisierende Lebensmittel werden oft für gesünder gehalten, da sie die Säurebildung im Körper verhindern. Das ist allerdings ein Mythos.1 – 3
Diese auch basische oder basenbildende Lebensmittel genannten Nahrungsmittel wie Gemüse, Obst und Nüsse sind natürlich gesund, aber nicht, weil sie die Säurebildung unterdrücken, sondern weil sie überdurchschnittlich viele essenzielle Nähr- und Ballaststoffe enthalten und ein gesundes Gleichgewicht an Kohlenhydraten und Fetten aufweisen.3
Lebensmittel enthalten eine Vielzahl von Biochemikalien und essenziellen Nährstoffen. Einige Lebensmittel sind sauer, einige neutral und andere basisch. Während der Verdauung werden alle Lebensmittel durch die starke Magensäure angesäuert. Im Stoffwechselprozess erzeugen einige Nahrungsmittel wie Fleisch, Käse, Fisch und Eier Säure (niedriger pH-Wert). Gemüse, Obst und Nüsse hingegen wirken basenbildend (hoher pH-Wert).
Wie unser Körper seinen Säure-Basen-Haushalt reguliert
Der pH-Wert des Blutes und der Organe wird in sehr engen Grenzen gehalten (zwischen 7,35 und 7,45, durchschnittlich etwa bei 7,4). Dies wird durch verschiedene Mechanismen erreicht. Weitestgehend wird der pH-Wert von Blut und Organen durch den Kohlensäuregehalt reguliert (H2CO3), der sich im Gleichgewicht mit dem Anteil an Bicarbonat-Ionen (HCO3-) befindet. Mehr Kohlensäure im Blutplasma verursacht einen niedrigeren, weniger Kohlensäure einen höheren pH-Wert.4
CO2 <=> CO2 + H2O <=> H2CO3 <=> H+ + HCO3-
(Gas) (gelöst)
Innerhalb von Sekunden oder Minuten wird der pH-Wert durch die Atemfrequenz reguliert. Durch schnelleres Atmen wird mehr Kohlendioxid aus der Lunge ausgestoßen. Da sich die Kohlensäure im Gleichgewicht mit dem Kohlendioxid in der Lunge befindet, wird der Säuregehalt im Körper durch die schnellere Atmung verringert und der pH-Wert steigt.
Über einen längeren Zeitraum, von Stunden bis zu mehreren Tagen, wird der pH-Wert von den Nieren reguliert, die mehr oder weniger Bicarbonat- und andere Ionen wie zum Beispiel Ammoniak ausscheiden, wodurch der Urin saurer oder alkalischer wird. Saurer Urin ist die natürliche Folge des Verzehrs von Lebensmitteln, die Säure enthalten oder während des Stoffwechselprozesses Säure bilden. Bergsteiger zum Beispiel müssen schneller atmen, um genügend Sauerstoff aufzunehmen, aber das führt dazu, dass ihr Blut Kohlensäure verliert und alkalischer wird. Sogar zu alkalisch. Daher müssen sie sich in großer Höhe oft mehrere Wochen lang ausruhen, damit ihre Nieren genügend Natriumbicarbonat absondern können, um den pH-Wert auf einen normalen Wert zu senken.4,5
Da eine Übersäuerung mit einem pH-Wert von etwa 7 ein Problem darstellt, wird der pH-Wert von einem gesunden Körper streng kontrolliert und in dem physiologischen Bereich zwischen 7,35 und 7,45 gehalten. Das schließt auch die Auswirkungen von sauren und säurebildenden Lebensmitteln mit ein. Der Körper reguliert den pH-Wert des Blutes, indem er schneller atmet (um den pH-Wert zu erhöhen), langsamer atmet (um den pH-Wert zu senken) und indem er saure oder basische Komponenten über den Urin ausscheidet und so den pH-Wert im gesunden Bereich hält. Wenn man zum Beispiel Ascorbinsäure (Vitamin C) konsumiert, wird der Urin sauer, das Blut aber nicht. Obwohl die Ascorbinsäure in den Körper und in die Blutbahn aufgenommen wurde, bleibt der pH-Wert des Blutes konstant zwischen 7,35 und 7,45.
Der Prozess der Aufrechterhaltung eines nahezu konstanten Säuregrades wird vom Körper automatisch durchgeführt. Vielleicht ist uns nicht immer bewusst, warum unsere Atmung schneller oder langsamer wird, aber ein Grund ist die Kontrolle über den Säuregehalt des Blutes. Es ist nicht nötig, sich bei der Wahl seiner Nahrungsmittel um Säuren und Basen im Körper oder im Urin zu sorgen. Säureblocker, die zur Senkung des Säuregehalts des Magens eingenommen werden, stören die normale Verdauung und Aufnahme von Nährstoffen, einschließlich Magnesium, das von vielen, insbesondere älteren Menschen mit einem „modernen Ernährungsstil“ nicht in ausreichendem Maße aufgenommen wird.6
Krebs und Säuregehalt
Durchaus verbreitet ist der Glaube, dass der Konsum von säurebildenden Nahrungsmitteln Krebs fördern kann, da dieser in einem sauren Milieu gedeiht. Anfang des 20. Jahrhunderts entdeckten Otto Warburg und andere Wissenschaftler einen Zusammenhang zwischen Krebs und einem niedrigen pH-Wert des Blutes. Heute ist bekannt, dass Krebs in einer sauerstoffarmen Umgebung wächst, da er nicht den Citratzyklus nutzt, sondern durch Fermentation Zucker verstoffwechselt und Milchsäure freisetzt. Warburg hat damals Ursache und Wirkung vertauscht. Das heißt: Viele Krebsarten (zum Beispiel Tumoren ohne große Blutversorgung) gedeihen in sauerstoffarmer Umgebung, weil sie keinen Sauerstoff benötigen, um ihre Energie aus Zucker zu ziehen. Wenn der Krebs dann Milchsäure freisetzt (für deren Verstoffwechselung wiederum Sauerstoff benötigt wird), sinkt der pH-Wert des Körpers. Die Säure ist somit eine Folge und nicht die Ursache von Krebs.7 – 9
Zwischen einem sauerstoffarmen Milieu und Krebs kann es zu einer Wechselwirkung kommen, denn wenn sich Krebszellen aufgrund von Mutationen in der DNS entwickeln, wachsen die Tumorzellen, die ohne Sauerstoff gedeihen, am schnellsten.
Auch andere, normale Körperzellen können eine Weile ohne Sauerstoff überleben. So kommen beispielsweise die Fotorezeptoren der Netzhaut einiger Tiere nachts praktisch ohne Sauerstoff aus und ziehen alles, was sie brauchen, aus der Fermentation von Glukose.10,11 Sie setzen Milchsäure frei, der der Körper effektiv entgegenwirkt, um zu verhindern, dass der pH-Wert des Blutes unter 7,35 fällt. Muskelzellen erzeugen bei intensiver Bewegung Milchsäure, weil ihr Bedarf an ATP (Adenosintriphosphat) durch den Citratsäurezyklus nicht gedeckt werden kann. Wenn sich Milchsäure im Blut ansammelt, werden wir „müde“ und müssen uns wieder erholen. Der Körper erreicht dieses Ziel, indem er die Milchsäure durch den Citratzyklus oxidiert.4
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