China sichert sich Zugang zu iranischem Öl und Gas

vertragDer Iran besitzt schätzungsweise 18 Prozent der weltweiten Erdgasvorkommen und konservativen Schätzungen zufolge 10 Prozent der weltweiten Erdölvorkommen. Die Vereinbarung zu einer umfassenden strategischen Partnerschaft zwischen China und dem Iran wird also aller Wahrscheinlichkeit nach eine richtungsweisende Veränderung auf dem weltweiten Kohlenwasserstoffsektor nach sich ziehen.

Ende August dieses Jahres stattete der iranische Außenminister Mohammed Dschawad Sarif seinem chinesischen Kollegen Wang Yi einen Besuch ab, bei dem er einen Ablaufplan für die 2016 unterzeichnete umfassende strategische Partnerschaft zwischen China und dem Iran präsentierte. Das aktualisierte Übereinkommen wiederholt viele der Punkte, die bereits in den bisherigen Abkommen zwischen China und dem Iran festgehalten wurden und auch öffentlich zugänglich sind.

Viele der wesentlichen Details der neuen Vereinbarung sind aber nicht für die Öffentlichkeit bestimmt, obwohl der Vertrag höchstwahrscheinlich bedeutende Verschiebungen im Kräftegleichgewicht auf dem Erdöl-/Erdgas-Sektor mit sich bringen wird. Das sagte zumindest Ende August eine hochrangige Quelle mit guten Kontakten ins iranische Erdölministerium in einem Exklusivinterview mit dem Petroleum Economist.

Zentraler Punkt der neuen Vereinbarung ist, dass China 280 Milliarden Dollar in die Entwicklung der Erdöl-, Erdgas- und petrochemischen Industrien des Iran investieren wird. Eine weitere Investition in Höhe von 120 Milliarden Dollar soll in eine Verbesserung der Verkehrs- und Produktionsinfrastruktur des Iran fließen.

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Wang Yi schüttelt seinem iranischen Ministerkollegen Mohammed Dschawad Sarif die Hand. (Foto: Wang Zhuang-fei, China Daily)

Im Gegenzug dafür erhalten chinesische Unternehmen unter anderem das Vorkaufsrecht für neue, verzögerte oder nicht fertiggestellte Öl- und Gasförderungsprojekte. Das Vorkaufsrecht gilt ebenso für Beteiligungen an sämtlichen Petrochemieprojekten im Iran, einschließlich der Bereitstellung von Technik, Systemen, Verfahrensbestandteilen und Personal, die zur Durchführung dieser Projekte notwendig sind.

„Dazu gehören auch bis zu 5.000 chinesische Sicherheitskräfte vor Ort, die im Iran den Schutz chinesischer Projekte übernehmen werden“, sagte der iranische Informant. „Außerdem werden zusätzliche Mitarbeiter und Materialien zur Verfügung gestellt, die gegebenenfalls zum Schutz des späteren Transports von Öl, Gas und Petrochemikalien vom Iran nach China – auch im Persischen Golf – zur Verfügung stehen werden. China kann zudem sämtliche Erdöl-, Erdgas- und Petrochemieprodukte zu einem garantierten Preisnachlass von mindestens zwölf Prozent gegenüber dem gleitenden Preismittelwert vergleichbarer Referenzprodukte über sechs Monate hinweg erwerben – plus weitere sechs bis acht Prozent dieser Kennzahl für einen risikobereinigten Kostenausgleich.“

Laut Petroleum Economist sieht die neue Vereinbarung vor, dass China seine entsprechenden Zahlungen auch in weichen Währungen entrichten darf, die es mit Geschäften in Afrika und den Staaten der ehemaligen Sowjetunion erhalten hat. Falls sich die Notwendigkeit ergibt, ist auch eine Zahlung in Renminbi möglich. Das bedeutet, dass in den Zahlungen für diese Rohstofftransaktionen, die von China an den Iran entrichtet werden, keine US-Dollar zum Einsatz kommen werden.

„In Anbetracht der Wechselkurse, die der Iran bei befreundeten westlichen Banken für den Umtausch dieser weichen in harte Währungen erhalten kann, bedeutet das für China einen weiteren Rabatt von acht bis zwölf Prozent [in Bezug auf den durchschnittlichen Dollarpreis der jeweiligen Referenzprodukte]. Insgesamt bezahlt China für seine Öl-, Gas- und Petrochemiekäufe also 32 Prozent weniger“, rechnete der Informant vor.

Ebenfalls positiv wirkt sich für China aus, dass seine starke Einbeziehung in den Ausbau der iranischen Infrastruktur perfekt im Einklang mit der „One Belt, One Road“-Initiative der Volksrepublik steht. Die iranische Quelle gab an, dass China die billigen Arbeitskräfte im Iran dazu nutzen wolle, Fabriken zu bauen, die von großen chinesischen Produktionsunternehmen entworfen und beaufsichtigt werden sowie mit genau denselben betrieblichen Spezifikationen und Arbeitsabläufen funktionieren wie in China.

Dem Iran wird die auf 25 Jahre angesetzte Vereinbarung wiederum drei entscheidende Vorteile bringen. Der erste hat damit zu tun, dass China eines von nur fünf Ländern ist, die ständige Mitglieder im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen sind. Die anderen Mitglieder sind Russland (das am Rande ebenso in die neue Vereinbarung einbezogen ist), die USA, Großbritannien und Frankreich.

Als zweiten Vorteil ermöglicht die neue Partnerschaft es dem Iran, die Steigerung der Öl- und Gasförderung auf drei seiner wichtigsten Felder schneller voranzutreiben. Und zu guter Letzt hat China zugestimmt, mehr iranisches Erdöl zu importieren – ungeachtet einer amerikanischen Entscheidung aus dem Mai, die chinesische Ausnahmegenehmigung für den Import iranischer Waren nicht zu verlängern. Die von der Allgemeinen Zollverwaltung Chinas Ende August veröffentlichten Zahlen zeigen, dass China seine iranischen Importe keineswegs reduziert hat, sondern vielmehr im Juli dieses Jahres 218.982 Barrel täglich importiert; das ist gegenüber dem Vormonat mit ohnehin schon hohen Importzahlen eine Steigerung von 4,7 Prozent.

Der iranische Informant behauptet aber, dass die tatsächlichen Zahlen noch viel höher sind, da zusätzliche Barrel in schwimmenden Lagerplattformen in und um China aufbewahrt werden. Da dieses Öl nicht durch den chinesischen Zoll gegangen ist, taucht es auch nicht in den Zolldaten des Landes auf – ist aber faktisch Teil der strategischen Ölreserve Chinas.

Quelle: Petroleum Economist, 03.09.19, https://tinyurl.com/y2jqxnwv

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