Homo Carnivorus: Warum wir Fleisch essen (sollten)
Elias Gudwis
IDEA Verlag
512 Seiten
ISBN: 978-3-88793-289-3
€ 23,–
Mit seinem Buch „Homo Carnivorus“ leistet Elias Gudwis einen wichtigen Beitrag zu einer der hitzigsten Debatten überhaupt – der um die menschliche Ernährung. Der Titel verrät, dass Gudwis sich grundsätzlich für eine Ernährungsweise ausspricht, die Fleisch als einen ernährungsphysiologischen Grundpfeiler beinhaltet. Fleisch habe seit jeher eine essenzielle Rolle in der menschlichen Ernährung gespielt und tue dies bis heute – eine Aussage, die im aktuellen Zeitgeist fast schon als politischer Beitrag zu werten ist, da Fleischkonsum auf allen Ebenen der Gesellschaft regelrecht verteufelt wird.
Was das Buch besonders empfehlenswert macht, ist der Fakt, dass Gudwis, der nach eigenen Aussagen über neun Jahre hinweg eine vegane Ernährung gepflegt hat, keineswegs dogmatisch an die Sache herangeht. Vielmehr widmet er den ersten Buchteil einer ausführlichen Darlegung und Erläuterung wissenschaftstheoretischer Grundlagen. In diesem Zusammenhang stellt er fest, dass der Großteil der bis zum heutigen Zeitpunkt publizierten Studien auf dem Gebiet der Ernährungswissenschaften als unbrauchbar klassifiziert werden muss, da das jeweilige Studiendesign kaum belastbare Schlussfolgerungen zulässt. Unterm Strich, so sagt er, sind die meisten Forschungsergebnisse kaum mehr als Spekulationen, die einen seriösen bis absolutistischen Anstrich erhalten (und deren vor Interessenkonflikten strotzende Autoren am Ende des Buchs ebenfalls beleuchtet werden). Auf dieser wackeligen Grundlage werden Ernährungsempfehlungen an Hunderte Millionen von Menschen herausgegeben.
Im Hauptteil legt Gudwis dar, dass wir als karnivore Jäger klassifiziert werden müssen: So ist unsere Anatomie perfekt auf das Werfen ausgelegt und die Ausrichtung und Fähigkeit unserer Augen auf das tiefenscharfe und fokussierte Sehen – typisch für jagende Raubtiere. In Bezug auf die ernährungsphysiologischen Aspekte und ihre Auswirkung auf die Gesundheit lässt der Autor aufgrund der begrenzten Aussagekraft von verschiedenen Studientypen grundsätzlich Vorsicht walten und hält sich mit finalen Aussagen zurück, was ich bei der Lektüre als sehr positiv empfand. Er scheut sich jedoch nicht zu sagen, dass die belastbare Studienlage signifikant darauf hindeutet, dass der Verzehr von tierischen Produkten, allen voran Fleisch, sich förderlich auf die menschliche Gesundheit auszuwirken und sogenannten Zivilisationskrankheiten vielmehr vorzubeugen scheint, als sie zu verursachen. Das liege mitunter daran, dass Fleisch fast die gesamte Bandbreite an für den Menschen essenziellen Mikro- und Makronährstoffen abdeckt – und das zugleich in einer weitaus bioverfügbareren, also für den Körper besser verwertbaren Form, als das bei den meisten pflanzlichen Nahrungsmitteln der Fall ist.
Der Autor untersucht auch die ökologische und die ethisch-moralische Dimension der Ernährung. Hier beleuchtet er neue, interessante und relevante Aspekte, die eine ganzheitliche Neubewertung des Themas nötig erscheinen lassen – auch für mich, der ich mich mehrjährig vegan ernährt und diesen Standpunkt bisweilen radikal vertreten habe. Da vor allem die moralische Dimension dazu neigt, starke emotionale Regungen zu provozieren, und die Ausführungen von Gudwis den hiesigen Rahmen sprengen würden, verbleibe ich mit einer ausdrücklichen Leseempfehlung. Es handelt sich hier um eine sehr wertvolle ganzheitliche Beleuchtung der Aspekte menschlicher Ernährung, die sowohl Neulingen zugutekommt als auch jenen, die sich auf dem Gebiet bereits umfangreich gebildet haben.
fp
Neuland
Charles Fort
Kopp Verlag
288 Seiten
ISBN: 978-3-86445-958-0
€ 9,99
Nach dem großartigen „Buch der Verdammten“ ist ein weiteres von Charles Forts legendären Büchern auf Deutsch erschienen, die das Genre der „Forteana“ begründeten. Es heißt „Neuland“, ist zu einem sehr günstigen Preis erhältlich und beweist aus heutiger Sicht vor allem eines: Fort war ein großer Dichter, dem es gelang, seine Abrechnung mit der Mainstreamwissenschaft in surreal anmutende Argumentationsketten voller Seitenhiebe, sarkastischer Anmerkungen und überraschender Erkenntnisse zu verpacken.
Was Fort in „New Lands“, wie das vor genau 100 Jahren erschienene Werk im Original heißt, zu sagen hat, entspricht natürlich dem damaligen Wissensstand, lässt aber dennoch Schlüsse auf den heutigen Zustand der etablierten Wissenschaft zu. Der 1874 geborene Amerikaner Charles Fort verbrachte seine Zeit am liebsten in Bibliotheken, wo er hoch angesehene Fachpublikationen ebenso sorgfältig studierte wie den Chronikteil der internationalen Tagespresse. Ihm ging es stets darum, die von der „seriösen“ Forschung ignorierten Phänomene zu sammeln und zu dokumentieren – und sie dann den anerkannten wissenschaftlichen Theorien gegenüberzustellen.
In „Neuland“ befasst er sich vor allem mit Phänomenen, die vom Himmel kommen oder mit Himmelserscheinungen zu tun haben. Er beginnt sein Werk jedoch mit einer Abhandlung über die etablierte Astronomie der damaligen Zeit und der vorangegangenen Jahrhunderte, indem er die Fehler dieser „im Mittelalter stecken gebliebenen Wissenschaft“ aufdeckt und sich gnadenlos über sie lustig macht. Da haben Forscher angeblich genau berechnet, wo und wann ein neuer Planet oder ein wiederkehrender Meteoritenschauer am Himmel auftauchen muss – nur: Da ist nichts. Erblickt man die Himmelskörper dann jedoch zu ganz anderen Zeitpunkten und an völlig anderen Orten, gibt es immer jemanden, der sich als ihr Entdecker brüstet, während zahlreiche Apologeten erklären, warum die falschen Berechnungen doch richtig waren. Fehlgeleitete Theorien werden durch unkorrekte mathematische Manöver unterstützt und umgekehrt. Entfernungsangaben zu Planeten unterscheiden sich um viele Millionen Kilometer – und auch das mit der Geschwindigkeit des Lichts erscheint Fort gar nicht so sicher, wie er durchaus witzig anmerkt: „Wir hingegen vertreten die Ansicht, dass Licht keine Geschwindigkeit hat. Entweder sieht man etwas oder man sieht es nicht.“ Eben. Das erinnert an den österreichischen Physiker Ernst Mach (1838 – 1916), nach dem die Schallgeschwindigkeit benannt ist und der nicht an Atome glaubte. Bei Diskussionen darüber merkte er daher gern an: „Hab’n S’ eins g’sehn?“
Natürlich wissen wir heute mehr als Fort (oder Mach) damals über Sterne, Planeten und Atome, aber nach der Lektüre von „Neuland“ stellt sich die Frage: Wissen wir das alles wirklich, nur weil es uns Harald Lesch als unumstößliche Tatsache im Hauptabendprogramm vorsetzt – oder bestätigt auch in der Gegenwart nur ein Physiker einen Astronomen, ein Mathematiker einen Exoplanetenforscher etc. pp.?
Folgen wir daher Charles Fort, wenn er schreibt: „Hört ein Astronom von etwas Neuem und nicht Anzweifelbarem am Himmel, erkrankt er an schwer zu unterdrückenden Gleichungen. Symbole bedrängen ihn und suchen nach Ausdruck. Ihn befällt der Wahn eines Menschen, der Automobile, Eisenbahnen, Fahrräder, schlichtweg alle Dinge anhalten möchte, um sie zu vermessen; der Spatzen, Fliegen und allen Menschen, die an seiner Tür vorbeikommen, mit einer Messlatte hinterherläuft. Das soll wissenschaftlich sein, kann aber auch monomanisch sein.“
Nach dem „neoastronomischen“ Teil geht der Autor dann zu seinem „extrageografischen“ Arbeitsfeld über und dokumentiert in bewährter Art und Weise vom Himmel fallende Dinge, am Firmament beobachtete Städte, unerklärliche, von lauten Geräuschen aus den Wolken begleitete Erdbeben, Lichter auf dem Mond, außerirdische Flugkörper und alle möglichen anderen rätselhaften Phänomene, die von der Wissenschaft verdammt wurden (und werden), weil sie ihr nicht ins Konzept passen.
Wer also „Das Buch der Verdammten“ schon mochte, wird von „Neuland“ ebenfalls angetan sein.
ph
Rezensenten
aka – Angelika Katterbach
fp – Fynn Peter
ks – Klaus Scharff
ph – Peter Hiess
sb – Sascha Bach
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