Buch- und Filmbesprechungen in NEXUS 106

Reviews / BücherRoboterland | Zeitenwende | Treffer. Versenkt. | Wozu sind wir auf der Erde? | Erfolgreich und glücklich mit Human Design | Genau, was ich wirklich brauche | Schwarzbuch McKinsey | 1177 v. Chr. – Der erste Untergang der Zivilisation | Endspiel Europa

Deutsche Bücher

Roboterland: Wie wir morgen lieben, leben, essen und sterben werden

Jenny Kleeman
Goldmann
416 Seiten
ISBN: 978-3-442-31601-4
€ 16,–

roboterland

Wie wird unsere Zukunft aussehen, wenn die Technologie immer tiefer in urmenschliche Bereiche eindringt? In „Roboterland“ führt uns die Autorin im Reportagestil in diverse Einrichtungen, in denen an Entwicklungen gearbeitet wird, die für den Otto Normalleser klingen, als stammten sie direkt aus Huxleys „Schöne neue Welt“. Grob gesagt teilt sich der Roman in vier Teile und damit vier Innovationen auf: lebensechte Robotersexpuppen, Laborfleisch, künstliche Gebärmütter, Suizidkapseln.

Kleeman spricht mit zahlreichen Menschen (vornehmlich Männern), die in diesen Feldern die technische Entwicklung vorantreiben und keinen Hehl aus ihren Ambitionen und ihrem Veränderungsbestreben machen. Nun handelt es sich bei den von Kleeman geschilderten Projekten um nichts, wovon man nicht schon anderswo gehört hätte – Sexpuppen und Roboter, Diskussionen über Fleischkonsum, Sterbehilfe sowie Schwangerschaften und die damit zusammenhängenden rechtlichen wie moralischen Aspekte. Was Kleemans Buch so einzigartig macht: Wir lernen die Macher hinter diesen Innovationen kennen – und zugleich deren krude gesellschaftliche Ansichten.

Dabei ist „Roboterland“ ein überaus unterhaltsamer Blick hinter die Kulissen. Kleeman schreibt lebendig, überraschend offen und neutral, und sie schildert ihre Gesprächspartner als das, was sie augenscheinlich sind: von sich selbst eingenommene, humorlose Sturköpfe, die bei der kleinsten Kritik, beim subtilsten Nachhaken in den Abwehrmodus gehen. Nach ganzen 200 Seiten trifft die Journalistin auf den ersten ihrer „Gesprächspartner, der sich um Unparteilichkeit und Zurückhaltung bemüht“. Vor all diesen narzisstischen Weltverbesserern wirkt die Autorin selbst umso authentischer: klar in ihrer Haltung und deutlich in der Schilderung ihrer spontanen Reaktionen, aber ebenso bereit, sich eigene Fehler einzugestehen. Sie vermag es, Probleme und Sorgen hinsichtlich der Einflüsse dieser Technologieunternehmen auf unsere Gesellschaft und konkret auf jene Aspekte, die unser Mensch- und insbesondere Frausein bedingen, knapp und deutlich in Worte zu fassen. Bedenken, die ich als Leserin teilen konnte und die mir während der Lektüre, so kurzweilig und nahbar sie war, ein flaues Gefühl im Magen bereiteten.

Wie wirkt es sich auf unsere Gesellschaft, auf unser menschliches Miteinander aus, wenn wir Eigenschaften, die unser Menschsein ausmachen, an Technologie outsourcen? Wenn wir den Geburtsvorgang von der Schwangerschaft abkoppeln, Sexualität vom menschlichen Kontakt und das Sterben vom Lauf der Natur? Wie können wir die Technologie so nutzen, dass sie sich nicht als Fluch und Segen zugleich, sondern ausschließlich als Segen entpuppt?

Es bleiben mehr Fragen als Antworten – Fragen, die wir uns als Gesellschaft angesichts des unaufhaltsamen technischen Fortschritts unweigerlich stellen müssen.

ab

Zeitenwende: Corona, Big Data und die kybernetische Zukunft

Andrea Komlosy
Promedia
288 Seiten
ISBN: 978-3-85371-505-5
€ 23,–

zeitenwende

Zum Thema Corona sind viele Bücher erschienen, in denen die „Pandemie“, deren Vorgeschichte und deren gesamtgesellschaftliche Folgen von allen möglichen Seiten beleuchtet werden. Das Werk „Zeitenwende“ der österreichischen Wirtschaftshistorikerin Andrea Komlosy stellt einen neuen Aspekt zur Diskussion, statt sich mit den üblichen Polemiken auf beiden Seiten aufzuhalten.

Die Autorin argumentiert anhand zahlreicher wissenschaftlicher Belege, dass sich die Menschheit im Übergang zu einem neuen ökonomischen, politischen und sozialen Zyklus befindet, der der globalen, durch blindwütiges Gelddrucken höchst instabilen Wirtschaft zu einem neuen Aufschwung verhelfen soll. Im ersten Abschnitt behandelt Komlosy sehr ausführlich und anschaulich Zyklen der Konjunktur, der Hegemonie – der Vorherrschaft im politischen Weltgeschehen – und der Evolution sowie die wissenschaftlichen Theorien, die sich mit diesen „langen Wellen“ in Geschichte und Gegenwart der Menschheit befassen. Am Ende dieses Teils geht sie auf utopische und dystopische Visionen ein, vor allem auf den „Cyberoptimismus“, der uns voll Technikgläubigkeit auf eine nahe Zukunft vorbereiten will, in der Mensch und Maschine dank KI und anderer „Errungenschaften“ vollständig miteinander verschmolzen (und damit auch vollständig kontrollierbar) sein werden.

Dies dient als gelungener Übergang zum zweiten Abschnitt, in dem Andrea Komlosy erklärt, warum die Covid-Panik gerade zum richtigen Zeitpunkt kam – ohne sich in der Frage festzulegen, ob es sich um einen ausgeklügelten Plan oder eine günstige Gelegenheit handelte. Fest steht, dass das weltweite Finanzsystem kurz vor dem Kollaps stand und dringend eine Auffrischung brauchte, um in einem neuen Konjunkturzyklus effizienter zu werden und neues Kapital zu generieren. Und was eignet sich besser, um die Wirtschaft anzukurbeln und Menschen auf der ganzen Welt an neue Verhältnisse zu gewöhnen, als eine zur gefährlichen Seuche hochstilisierte Grippe … am besten gleich gefolgt von einem Krieg?

Der Corona-Moment leitete den kybernetischen Kapitalismus ein, in dem die neuen Leitbranchen der Medizinsektor, Robotik, Bio- und Nanotech sowie KI-Entwicklung sind. Das Volk wird daran gewöhnt, seine Mobilität aufzugeben, grüne Pässe (oder andere digitale IDs) mit sich herumzutragen, seine Medizindaten – an denen andere viel Geld verdienen – preiszugeben, im Homeoffice zu arbeiten, Waren zunehmend online zu bestellen usw. Wie gut und schnell eine solche Umstellung funktioniert, wie willig die Leute sich auf solche Verhältnisse einlassen, haben wir ja in den vergangenen drei Jahren gesehen.

Die „schöne neue Welt“, die sich uns so eröffnet hat und in der wir alle weiterexistieren sollen, zeichnet sich zudem durch einen geopolitischen Umbruch aus, der das Ende der unipolaren Welt oder aber einen Atomkrieg herbeiführen wird. Um sich in dieser Welt zu orientieren, ist ein kühl geschriebenes und um Objektivität – wenn auch durchaus mit marxistischem Hintergrund – bemühtes Buch wie „Zeitenwende“ unerlässlich, schon deshalb, weil es alles schlägt, was der gelenkte Mainstream so hervorbringt, und die aktuellen Zustände in ein ganz neues Licht rückt.

ph

Treffer. Versenkt. Bemerkenswerte Zitate bemerkenswerter Persönlichkeiten

André Lecloux
Solibro
144 Seiten
ISBN: 978-3-96079-090-7
€ 24,–

treffer

Es wird den einen oder anderen Leser geben, der sich an die heute als konservativ geltende Tradition der europäischen Aufklärung erinnern kann, der an der Schule vielleicht noch ungegenderte Bildung erfahren durfte und der die freiheitlich-demokratische Grundordnung (deutsch liebevoll „FDGO“ genannt) respektierte, vielleicht sogar gut fand. Wenn Ihnen an Logik, Freiheit und Demokratie etwas liegt und sie nicht zum „akademisch zertifizierten, aber intellektuell desinteressierten Diplom-Proletariat“ (M. Matuschek) gehören, wird Ihnen dieses Buch vielleicht ein paar angenehme Stunden bereiten.

Die Buchidee ist einfach beschrieben: Der Herausgeber hat Zitate bemerkenswerter Persönlichkeiten, nicht nur geistiger Schwergewichte, in ein Buch verpackt und jeweils mit einem Foto hinterlegt. So kommen annähernd 140 Zitate von Dichtern, Denkern, Politikern, Künstlern, Journalisten und Kolumnisten zusammen, die Impulse zum Selbstdenken geben: „Ich bin ein Mann des Gleichgewichts. Wenn das Boot nach links zu kentern droht, lehne ich mich automatisch nach rechts. Und umgekehrt.“ (Thomas Mann) oder „Die Selbsttäuschung beherrscht der Mensch noch sicherer als die Lüge.“ (Fjodor M. Dostojewski)

Andere Zitate machen eher sprachlos: „Jede Unterdrückung von kritischer Berichterstattung ist mit unserem Verständnis von Pressefreiheit nicht vereinbar.“ (Heiko Maas) oder „Willkommenskultur ist der beste Schutz vor Terroristen.“ (Katrin Göring-Eckardt) Wie gesagt, es gibt auch geistige Leichtgewichte … Mein Favorit ist eine Doppelseite mit zwei Zitaten: auf der linken Seite „Wenn eine Frau einen Orgasmus hat, kollaboriert sie mit dem patriarchalischen System, indem sie ihre eigene Unterdrückung erotisiert.“ (Sheila Jeffreys) und auf der rechten Seite „Ich mag Frauen. Ich verstehe sie nicht, aber ich mag sie.“ (Sean Connery) Gelacht werden darf natürlich auch: „Ist das Hirn zu kurz gekommen, wird sehr gern Moral genommen.“ (Wiglaf Droste) – und genauso wenig fehlt Tiefgründiges: „Die Verwurzelung ist wohl das wichtigste und am meisten verkannte Bedürfnis der menschlichen Seele.“ (Simone Weil)

Lesen sollte man dieses Buch bei einem Glas Rotwein, schlägt der Herausgeber vor. Ja, das passt – entweder um die geistige Kost mit einem Schluck Wein zu würdigen, oder um den Alkohol zu nutzen, den geistigen Schwachsinn schnell zu vergessen.

cv

Wozu sind wir auf der Erde?

Erich von Däniken
Kopp
203 Seiten
ISBN: 978-3-8644588-42
€ 22,99

wozu sind wir hier

Auch im hohen Alter bleibt EvD publizistisch potent und legt nun sein inzwischen 45. Buch vor. Es dürfte wohl die tiefgründigste, aber auch politisch unkorrekteste Veröffentlichung sein: Er stellt die Sinnfrage und klopft dabei die großen Weltreligionen nach dem Ursprung des Universums und der menschlichen Bestimmung ab. Zielgerichtet untersucht er die Zusammenhänge von Naturwissenschaft, Religion und überlieferten Mythen.

Übernatürliche Erscheinungen wie Engel und Himmelfahrten ziehen sich durch nahezu alle Erzählungen der Menschheitsgeschichte und lassen eine Lenkung des Universums durch einen kosmischen Spielleiter vermuten. Däniken sieht den grandiosen Geist der Schöpfung in allen Lebensformen.

Weite Teile des Werks lesen sich wie eine präastronautische Bibelstunde: Däniken beschäftigt sich eingehend mit dem Frühchristentum und vergleicht zentrale christliche Botschaften mit den Überlieferungen anderer Kulte und Religionen. Auch die elementaren Widersprüche im Buch der Bücher werden skizziert. Mutig ist er schon, wenn er die Massenmorde im Alten Testament thematisiert oder die Propagierung von Gewalt gegen Ungläubige im Islam anspricht. Aus dieser kritischen Auseinandersetzung mit den abrahamitischen Religionen leitet der Verfasser seine begründeten Zweifel am gängigen Gottesbild ab. Zwar finden sich hier keine neuen Erkenntnisse, allerdings vermag Däniken seine Thesen in gewohntem Stil zu einer spannenden Geschichte zusammenzustricken.

Mit den neuen Zivilreligionen unserer modernen westlichen Gesellschaft wird ebenfalls abgerechnet: Das Gendern bezeichnet Däniken als unnatürlichen „Irrweg“, die Woke-Ideologie brandmarkt er als „verlogen, scheinheilig und rassistisch“, und auch dem menschengemachten Klimawandel steht er skeptisch gegenüber.

Relativ kurz wird am Ende sein Lieblingsthema abgehandelt: Gemäß der Panspermie-Hypothese sollen Aliens ihre DNA im Weltall verteilt und damit die Evolution auf der Erde als Teil eines Schneeballsystems in Gang gesetzt haben. Die Menschheit, so Däniken, wurde durch gezielte Genveränderungen erschaffen und soll durch technische Weiterentwicklung schließlich in die Lage versetzt werden, ihren wahren Schöpfer zu erkennen und Verbindung mit den Außerirdischen aufzunehmen – eine spirituell unbefriedigende Schlussfolgerung, die nicht jeder teilen wird.

„Wozu sind wir auf der Erde?“ ist sicher ein Buch für treue EvD-Fans, mag aber auch andere Menschen über die Widersprüche alter Religionen und neuartiger Denk- und Glaubenssysteme ins Grübeln kommen lassen.

sab

Erfolgreich und glücklich mit Human Design

Lisa Mestars
Scorpio
272 Seiten
ISBN: 978-3-95803-463-1
€ 18,–

human design

Mit Human Design ist nichts weniger als die persönliche Disposition eines jeden einzelnen Menschen gemeint. Als komplexes System der Selbsterkenntnis wurde es einem gewissen Robert Alan Krakower angeblich 1987 im Zuge einer Nahtoderfahrung eingegeben. Dem Human Design nach gibt es keine zwei identischen Menschen auf der Welt. Selbst gleichzeitig geborene geklonte Menschen hätten verschiedene Designs mit verschiedenen Einflüssen und Potenzialen, die sie zu verschiedenen Erlebnissen und Erfahrungen führen. Dieser Ansatz ist aus vielen spirituellen Lehren bekannt und entspricht im Grunde der gewöhnlichen Alltagserfahrung.

Die Autorin setzt diese Grunderkenntnis mithilfe des Human-Design-Systems in maßgeschneiderte Anleitungen um, die sich durchaus von den unzähligen One-Size-Fits-All-Rezepten des Büchermarkts unterscheiden. Eine weitere Besonderheit ist die Verschmelzung spiritueller Traditionen wie I-Ging, Kabbala und westliche Astrologie mit der Computertechnologie und ihren Datenbanken. So kann man als Leser des Buchs sein eigenes Design mithilfe entsprechender Software relativ leicht ermitteln – die entsprechende Website und die Zugangsdaten sind im Buch enthalten. Allerdings muss man neben Tag und Ort auch die möglichst genaue Uhrzeit der eigenen Geburt kennen.

Man erhält daraufhin ein Chart genanntes Diagramm, auf dem man neben dem eigenen Design-Grundtyp noch eine Reihe kurzer Anmerkungen zur eigenen Persönlichkeitsstruktur sowie eine Menge Zahlen und Symbole rund um ein grafisches Schema der menschlichen Energiezen­tren ausgespuckt bekommt. Die Erklärungen und Hintergründe dazu lassen sich mithilfe des Buchs systematisch auswerten.

Mich hat die Datenbank als „manifestierenden Generator mit emotionaler Autorität“ erkannt, was meinem bisherigen Selbstbild eher nicht entspricht. Aber natürlich geht es hier – wie so oft bei der Selbsterkenntnis – gerade um die unbewussten und unentdeckten Strukturen. Und zwar nicht nur auf persönlicher, sondern auch auf transpersonaler Ebene.

Weitere Anmerkungen im Chart entsprachen dafür umso genauer meiner Selbstwahrnehmung: Was ich hier über meine Essgewohnheiten, meine Art zu wohnen, mit Menschen und Gästen zu sprechen und mehr las, war so verblüffend punktgenau, dass es schwer mit bloßem Zufall oder mit vieldeutig gehaltenen Formulierungen vom Typus Zeitungshoroskop zu erklären wäre. Mein Inte­resse am Weiterforschen mit dem Human Design wurde damit jedenfalls geweckt. Das Buch entfaltet seinen Mehrwert aber wirklich nur als Arbeitsbuch mit begleitender Analyse des eigenen Charts. Ansonsten wäre es zwar immer noch eine unterhaltsame und durchaus erhellende Lektüre, aber eben nichts Herausragendes.

Die Autorin macht die Angelegenheit mit flotter Sprache kurzweilig und eingängig; klare Pluspunkte sind die regelmäßig im Text eingestreuten Infokästen mit anschaulichen Beispielen aus dem täglichen Leben, die überwiegend aus der Coaching-Praxis der Autorin stammen.

Meinem Eindruck nach sind Erfolg und Glück, die der Buchtitel verheißt, tatsächlich in Reichweite. Beides stellt sich nach Erfahrung der Autorin zuverlässig ein, wenn man mit Freude und Leichtigkeit das tut, was dem eigenen Design entspricht. Und bei dessen Sichtbarmachung sind die 250 Seiten des Buchs und das persönliche Chart ein guter Leitfaden. Vielleicht löst diese spezielle Kombination endlich den Absprung vom folgenlosen Mentalkonsum endloser Informationen zugunsten tatsächlichen Umsetzens und Handelns aus.

stb

Genau, was ich wirklich brauche

Marlene Kunold
Eigenverlag
134 Seiten
€ 27,50
MarleneKunold.com

kunold

Nahrungsergänzungsmittel seien für Gesunde meist überflüssig, so wird oft gesagt. Wer sich ausgewogen ernährt, bekommt alle Nährstoffe, Vitamine und Mineralstoffe, die er braucht. Dem ist aber schon lange nicht mehr so. Diese Meinung stammt aus einer Zeit, in der Lebensmittel noch „Leben“ enthielten und wir nicht dauerbestrahlt und gestresst vor einem Bildschirm saßen. Daher, so die Autorin, benötigen wir mehr Vitalstoffe in Form von Nahrungsergänzungsmitteln, die nicht nur als essenzielle Stoffe für den Körper unabdinglich sind, sondern auch für eine permanente Entgiftung sorgen. Nach der Einführung stellt sie die wichtigsten Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente vor und informiert über ihre Bedeutung und Anwendung. Später werden noch andere interessante Mittel wie MSM, CDL, Chaga und modifiziertes Citruspektin erwähnt, die in speziellen Fällen zum Einsatz kommen können.

Etwas, das die Autorin schon in anderen Abhandlungen beschrieben hat, ist der Biofilm auf der Darmwand. Dort haben sich Bakterienkolonien häuslich niedergelassen, die eine optimale Aufnahme von Nährstoffen durch die Darmwand verhindern – also sollte ihm mit einer Detox-Kur der Garaus gemacht werden. In einem eigenen Abschnitt schildert sie, wie man den Biofilm ablöst und ausscheidet. Erst dann ist der Darm für die optimale Aufnahme von Nährstoffen bereit.

Doch welche Nahrungsergänzungen sollen es sein – und in welcher Menge sollte man sie einnehmen? Hier empfiehlt die Autorin, den eigenen Körper sprechen zu lassen: Man nimmt das Mittel in die Hände und fragt sich, ob es jetzt gerade notwendig ist. Der Körper gibt einem die Antwort, indem er leicht nach vorne oder nach hinten wippt. Alternativ kann man die Abfrage auch mit einem Tensor oder Pendel durchführen.

Begleitende Maßnahmen der vorgestellten Detox- und Vitalstoffkur sind all die Dinge, die Freude machen: Lachen, Waldbaden, Singen, Tanzen, ein guter Schlaf, Körperwärme, Ölziehen und einiges mehr.

Zum Schluss stellt die Autorin ihren neuen „dia­gnostischen Superstar“ vor: die Dünndarmdia­gnostik mit dem Chroma­test. Der Dünndarm sei bisher diagnostisch schwer zugänglich, dabei spiele sich dort das Meiste ab, was uns krank machen könne – daher sei die Methode tatsächlich revolutionär.

Letztlich ist der vorliegende Leitfaden die Essenz aus 25 Jahren Erfahrung mit orthomolekularen Behandlungen. Da die Autorin in ihrer Praxiszeit gut vernetzt war, liefert sie die empfohlenen Bezugsquellen mit Preisangeboten in einer ausführlichen Liste am Ende des Buchs mit.

Erfahrene Supplementierer und Darmputzer werden einiges schon gehört haben – für Neulinge, die sich schwer im Dschungel der Nahrungsergänzungen zurechtfinden, ist das Buch sicher ein interessanter Wegweiser und Praxisleitfaden.

aka

Schwarzbuch McKinsey: Die fragwürdigen Praktiken der weltweit führenden Unternehmensberatung

W. Bogdanich, M. Forsythe
Econ Verlag
495 Seiten
ISBN: 978-3-430-21035-5
€ 24,99 (Ö: € 25,70)

mckinsey

Beraterfirmen sind eine der schlimmsten Geißeln der modernen Menschheit. Wer je in der Arbeitswelt mit ihnen zu tun hatte, der weiß, dass sie in erster Linie dazu engagiert werden, Einsparungen zu rechtfertigen und Angestellte auf die Straße zu setzen. Dass diese Einsparungen fast immer an der falschen Stelle erfolgen, zeigt dann meist die Zeit nach der „Reorganisation“ eines Unternehmens, wenn nichts mehr richtig funktioniert – sodass dann bald wieder eine Beraterfirma engagiert werden muss, die für ein sechs- bis siebenstelliges Honorar den Schaden vom letzten Mal wiedergutmachen soll.

Seit in den 1980er-Jahren der Turbokapitalismus und die damit einhergehende Globalisierung so richtig Fahrt aufnahmen, versichern sich Großkonzerne, Regierungen, Behörden, soziale Organisationen und NGOs immer häufiger der Dienste solcher Berater, die längst nicht mehr nur Unternehmen mit ihren teuren Konzepten unterstützen. Eine der mächtigsten dieser Firmen ist McKinsey & Company, 1926 in den USA gegründet und seit mehreren Jahrzehnten auch weltweit aktiv. Sie steht im Mittelpunkt des „Schwarzbuch McKinsey“ der beiden New York Times-Investigativjournalisten Walt Bogdanich und Michael Forsythe, die angetreten sind, die Fragen zu stellen, die so ein Unternehmen lieber nicht hört.

Die Autoren beginnen ihr Buch mit zwei Beispielen für McKinseys verhängnisvolle Beratungstätigkeit: den Stahlproduzenten U. S. Steel in Gary, Indiana, und den renommierten Vergnügungspark Disneyland. Bei beiden führten die empfohlenen Einsparungsmaßnahmen im Sicherheits- und Wartungsbereich zu Todesfällen, die McKinsey dazu veranlassten, seine viel gerühmten „Werte“ wieder einmal zu überarbeiten. Danach gehen Bogdanich und Forsythe auf einen ausgewählten Teil der Geschichte der Beraterfirma ein, als McKinsey Anfang der 1950er-Jahre nämlich die Einkommenshöhe von Managern großer Unternehmen ermittelte. Dabei stellte man fest, dass die Löhne der einfachen Arbeiter verhältnismäßig schneller anstiegen als die des Führungspersonals. Das löste den bis heute anhaltenden Trend aus, dass CEOs und leitende Manager Unmengen von Geld dafür kassieren, die Profite und Börsenwerte ihrer Unternehmen möglichst radikal und ohne Rücksicht auf Verluste zu steigern – auch kurzfristig. Und dazu brauchen sie natürlich wieder Berater von McKinsey und Konsorten.

Die beiden Journalisten decken auf, dass McKin­sey trotz aller „Werte“ vor allem im Sinne der Gewinnmaximierung tätig ist, seine guten Kontakte zu allen möglichen Branchen sowie staatlichen Organisationen dazu nutzt, auch die eigenen Beraterhonorare ins Uferlose zu treiben, und oft auf mehreren Seiten gleichzeitig spielt, indem die Firma etwa für verschiedene Unternehmen aus derselben Branche tätig ist. McKinsey entgegnet derartigen Vorwürfen stets, dass seine Beraterteams streng voneinander abgeschottet seien und keinerlei Informationen über eventuelle Konkurrenten ihrer Auftraggeber durchsickern lassen würden. Dokumentiert wird im vorliegenden Werk auch, wie die Beratertätigkeit der Firma dazu führte, dass durch Offshoring unzählige Arbeitsplätze in Billiglohnländer verlegt wurden oder dass sich die Situation von Migranten erheblich verschlechterte, weil McKinsey die amerikanische Einwanderungs- und Zollbehörde ICE in Sachen „Effizienz“ beriet. Dank der Beratungstätigkeit von McKinsey konnten auch Pharmafirmen ihre Gewinne erhöhen und damit die Opioid-Suchtkrise in den USA auslösen oder zumindest verschärfen. McKinseys kaltblütige Stellungnahme dazu: „Wir machen keine Politik, wir setzen Dinge um.“

Das Beraterunternehmen ist, wie die geneigte Leserschaft erfährt, auch für die kommunistische Regierung Chinas, für die Saudis und südafrikanische Staatsunternehmen tätig. Und die bösen, bösen Tabakfirmen berät es auch noch! Spätestens hier fragt man sich allerdings bei der Lektüre dieses Buches, warum Wirtschaftsjournalisten so oft der Kapitalismuskritik huldigen – also eigentlich die Hand beißen, die sie füttert. Ich meine, so funktioniert der Kapitalismus nun einmal – und er ist nur rücksichts- und zügelloser geworden, seit die Staaten praktisch jegliche Kontrolle an die Wirtschaft abgegeben haben, seit Nationen als überholt dargestellt werden und seit die Globalisierung als Allheilmittel angepriesen wird. Und an den Auswüchsen des Kapitalismus ist McKinsey als eine von vielen Beraterfirmen zumindest mitschuldig.

Zudem wäre es naiv anzunehmen, dass die gutmenschliche Ideologie der Verfasser von „Schwarzbuch McKinsey“ – Motto: arme Migranten und Flüchtlinge, böse Profitmaximierer, möglichst strenge Rauchverbote, Impfpflicht und Pandemiebekämpfung, Diversität und Inklusion etc. – nicht längst in die Beratungsprogramme eingeflossen sind, um Konzerne wie Regierungen bei ihren White- bzw. Greenwashing-Aktivitäten zu unterstützen. Was mir den Glauben an die Objektivität der Autoren aber endgültig geraubt hat, ist ihr krankhafter Trump-Hass. Mich lässt derlei Ideologievermittlung und Gehirnwäsche in einem Sachbuch verstimmt zurück – ich will informiert werden, nicht erzogen.

ph

1177 v. Chr. – Der erste Untergang der Zivilisation

Eric H. Cline
wbg Paperback
344 Seiten
ISBN: 978-3-534-27330-0
€ 16,–

cline 1177

In diesem Jahr wird an viele historische Ereignisse erinnert; hierzulande steht das deutsche Krisenjahr 1923 im Fokus. Dabei jährt sich 2023 auch ein geschichtlicher Meilenstein von globaler Bedeutung, der sich vor 3.200 Jahren ereignete: Im Jahre 1177 v. Chr. besiegte der ägyptische Pharao Ramses III. die anstürmenden Seefahrervölker in einem Hinterhalt in Medinet Habu. Während sich die alten Ägypter zwar der existenziellen Gefahr erwehren konnten, danach aber merklich geschwächt waren, gingen bekannte Hochkulturen der Bronzezeit wie das Hethiterreich in Vorderasien oder das griechische Mykene vollständig unter. Für mehrere Jahrhunderte brach das erste dunkle Zeitalter der Weltgeschichte an und ließ die ersten großen Zivilisationen im östlichen Mittelmeerraum zusammenbrechen.

Bislang wurde von der etablierten Geschichtsforschung das Ankommen der sogenannten Seefahrervölker für den Niedergang verantwortlich gemacht. Unklar ist allerdings, woher diese maritimen Völkerschaften stammen. Alternative Forscher wie Jürgen Spanuth sahen in den Seevölkern Abkömmlinge des untergegangenen Atlantis, was der Buchautor Dieter Braasch als Hinweis auf die Megalithiker aus Nordeuropa deutete. Von solchen Thesen wird man im vorliegenden Buch allerdings nichts lesen, von dem möglichen Einfluss außerirdischer Lebensformen auf alte Hochkulturen, wie sie etwa Erich von Däniken vermutet, ganz zu schweigen.

Schließlich ist der bibelfeste Verfasser Direktor des Archäologischen Instituts an der George Washington University und institutionell mit den archäologischen Forschungszentren in Israel verbunden. Nach seinem Dafürhalten wurde der erste große Untergang der menschlichen Zivilisation durch ein Bündel von Ursachen hervorgerufen, darunt­er die starke internationale Vernetzung. Hier wird der wissbegierige Zeitgenosse hellhörig, denn nach der Corona­krise sind die Schattenseiten der Globalisierung und die fragile Struktur moderner Gesellschaften erneut offenbar geworden.

Beginnend mit dem 15. Jahrhundert v. Chr. schildert Eric H. Cline die dreihundertjährige Blütezeit der alten Kulturen in Ägypten, Anatolien, Kanaan, Mesopotamien und in der Ägäis und deren Verknüpfungen auf wirtschaftlicher, politischer und kultureller Ebene. Verblüffend ist der Grad der überregionalen Zusammenarbeit; so soll das Zinn für die Bronze etwa aus dem entfernten Af­ghanistan herangeschafft worden sein. Für den Untergang dieser kulturellen Hochphase macht Cline ein Zusammenwirken von Naturkatastrophen und den Klimawandel verantwortlich, der Dürren und Hungersnöte und infolgedessen Migrationsbewegungen und soziale Aufstände zur Folge hatte. Der Zusammenbruch von Handelsketten beschleunigte dabei den politischen Zerfall. Demnach wären die sechs mysteriösen Seefahrervölker letztlich nicht die Ursache, sondern ein Symptom des systemisch bedingten Zusammenbruchs. Seine Theorie vom Systemkollaps und der Verkettung mehrerer Katastrophen unterfüttert der Altertumsforscher mit modernen Erklärungsansätzen wie der Komplexitätstheorie und bildhaften Vergleichen.

Wer einen seriösen Einstieg in die historische Epoche und eine Zusammenfassung der wichtigsten Forschungsergebnisse der letzten Jahrzehnte sucht, dürfte mit diesem Buch einen ersten Überblick erhalten. Es sei abschließend angemerkt, dass es sich bei der vorliegenden Ausgabe um die dritte Auflage als günstigeres Taschenbuch handelt, die erste deutsche Übersetzung des 2014 in den USA veröffentlichten Buchs erschien bereits 2015.

sab

Endspiel Europa: Warum das politische Projekt Europa gescheitert ist – und wie wir wieder davon träumen können

U. Guérot, H. Ritz
Westend Verlag GmbH
208 Seiten
ISBN: 978-3-86489-390-2
€ 20,–

endspiel europa

Es gibt sie noch, ebenso kundige wie kluge Stimmen, die allen Versuchen zum Trotz, sie zum Schweigen zu bringen, in Zeiten der kaum infrage gestellten Kriegseuphorie an die europäischen Grundwerte erinnern und an Bürger und Politiker appellieren, sich dieser zu besinnen und sie einzufordern. Und ja, es gibt nicht nur die Atombombendrohung, sondern auch eine weit gedachte, hoffnungsvolle Perspektive, wie der Krieg um die Ukraine ein Ende finden und sogar zu einem Friedenskatalysator werden und dem fast gescheiterten Projekt Europa wieder auf die Beine helfen könnte.

Ulrike Guérot, (inzwischen gekündigte) Professorin für Europapolitik an der Universität Bonn mit reichhaltiger internationaler Erfahrung, hat zusammen mit Hauke Ritz, Geschichtsphilosoph mit dem Schwerpunkt Ost-West-Konflikt und Russland, einen Essay vorgelegt, der auf sehr übersichtliche und überzeugende Weise die Entwicklungen analysiert, die zum Ukrainekrieg geführt haben. Am Ende rufen sie nicht nur zum „Träumen“ von einem republikanisch-föderalistischen Europas auf, wie es im Untertitel heißt, sondern zeigen Ansätze auf, wie dieses wachsen kann und vor allem, was dazu nötig wäre: ein unzensiertes, selbstständiges Mitdenken aller europäischen Bürger und offene, lebendige Diskussionen. Sollte eigentlich selbstverständlich sein, ist es aber nicht mehr.

Denn spätestens mit der Coronapolitik ist in Europa, das sich Russland gegenüber demokratisch immer noch haushoch überlegen wähnt, an die Stelle einer pluralistischen Medienlandschaft eine Propagandakriegskampagne getreten, die einen „umgekehrten Totalitarismus“ offenbart, in dem von Denkfabriken instrumentalisierte Medien die Politik antreiben, die absolute Diskurshoheit für sich in Anspruch zu nehmen. Die Bevölkerung wird mit modernsten Manipulationsinstrumentarien, die alle auf raffinierte Weise Angst bedienen und damit das Reptilienhirn aktivieren, zur Akzeptanz von Meinungen und Handlungen gebracht, die sie in einer Atmosphäre der Deutungsoffenheit nie in Erwägung gezogen hätten. Zum Beispiel wieder Krieg zu führen. War nicht die Parole „Nie wieder Krieg“ in Europa vor Kurzem noch eine Selbstverständlichkeit?

Da Ulrike Guérot seit ihrer öffentlichen Kritik am Umgang der Regierung mit der Coronakrise unter Dauerbeschuss steht, nimmt sie im Vorwort zu diesem Buch die zu erwartenden Vorwürfe gleich vorweg – ihr Narrativ sei antiamerikanisch, ja „rechts“ orientiert, denn es würde Putin und „seinen“ Krieg verteidigen, und außerdem sei solch ein Essay von vorneherein unwissenschaftlich. Doch die beiden Autoren haben die Form des Essays ganz bewusst als „Ausdruck geistiger Freiheit“ gewählt, um das festgefahrene Narrativ in Bewegung und vielfältige neue Ideen ins Spiel zu bringen. Und so endet das Vorwort mit den Worten: „Wir befürchten, dass es eine derartige reflexartige Unterordnung unter Instanzen und Autoritäten gewesen ist, die Europa überhaupt erst in die aktuelle Krise geführt hat. Wir glauben aber auch, dass an die in verschiedenen Aufklärungsschüben unter Beweis gestellte Stärke Europas, nämlich sich selbst zu kritisieren und infrage zu stellen, erneut angeknüpft werden kann.“ Ulrike Guérot und Hauke Ritz zeigen geistreich und konkret, wie das gehen könnte.

jr

Rezensenten

ab – Alina Becker
aka – Angelika Katterbach
jr – Jorinde Reznikoff
cv – Christian Vogt
ph – Peter Hiess
sab – Sascha Bach
stb – Stephan Bernau

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