Über mehrere Satelliten-Relays hinweg drang mir das gequälte Geschrei des drei Monate alten Säuglings und der Krach der durch die beengte Wohnung tobenden älteren Kinder ins Ohr, und dann hörte ich das Aufatmen in Lawrence Cross’ Stimme, als er erkannte, daß ich es war – denn ich bedeutete einen Moment der Ruhe in einem Chaos aus Abgabeterminen, dem nächtlichen Füttern des Säuglings und Fahrten zu irgendwelchen Themenparks.
Das Kreischen des Babys wurde schwächer, als Cross mit dem Handapparat in ein anderes Zimmer ging.
Ich bedankte mich für den Tip mit LaViolette und Valone, durch die ich die wichtigsten Teile von T.T. Browns Leben und Wirken hatte zusammensetzen können. Ohne dies jedoch näher auszuführen, fragte ich ihn unumwunden, was er über die angeblich von den Deutschen während des Zweiten Weltkriegs entwickelten Flugscheiben wisse.
„Oh, Himmel“, seufzte Cross, und ich sah im Geiste, wie er sich die Augen rieb und nach einer Zigarette griff. „Wo soll ich bloß anfangen?“
Ich half ihm auf die Sprünge. In einem Moment noch hätten die Nazis diese Technologie in den Fingern gehabt, und im nächsten berichteten viele Menschen erst in Deutschland und dann in den USA, sie hätten diese Flugobjekte gesehen ...?
„So einfach ist das nicht“, sagte Cross.
„Ach, komm schon, Lawrence. Es gibt da ein Buch von Rudolf Lusar mit dem Titel Die deutschen Waffen und Geheimwaffen des 2. Weltkrieges und ihre Weiterentwicklung, in dem Namen, Daten und Orte genannt werden. Hat denn das nie irgendwer überprüft? Hast du es nie überprüft? Die Geschichte müßte doch einschlagen wie eine Bombe.“
„Sie ist schon seit Jahrzehnten im Umlauf“, erwiderte er. „Lange genug, um einen Namen bekommen zu haben.“
„Was meinst du damit?“
„Wir Insider nennen sie nur ‚die Legende’. Sie wirkt sehr stimmig, nicht wahr? Wie eine Geschichte mit einer soliden Grundlage. Doch das ist sie nicht. Wenn man ihr auf den Grund geht, dann landet man überall und nirgends. Die beschriebenen Personen, die es tatsächlich gegeben hat, sind lange tot, und wieder andere hat es wahrscheinlich nie gegeben. Ich weiß das. Ich bin drüben gewesen und habe nach ihnen gesucht. Dasselbe haben auch Dutzende anderer Forscher getan. Die Details sind verblüffend, aber allesamt nicht belegt. Damit meine ich, daß sich in keinem Archiv auch nur der kleinste Hinweis darauf findet – kein einziges offizielles Wort, keine Baupläne, gar nichts –, daß es diese Projekte jemals gab.“
„Hast du irgend etwas an Informationen darüber?“
Er lachte, und sein Lachen ging in ein Husten über. Cross rauchte genug für die gesamte journalistische Gemeinde. Er hustete in den Raum hinein, weg von der Sprechmuschel.
„Klar. Wieviel Zeit hast du? Ich schicke sie dir per E-Mail. Es gibt noch ein anderes Buch, das du dir ansehen solltest. Von einem Italiener. Einem Mann namens Vesco – Renato Vesco. Es gibt eine englische Übersetzung mit dem Titel Intercept – But Don‘t Shoot. Ich glaube, es erschien erstmals gegen Ende der 1960er. Vesco steckt mittendrin, sozusagen im Herz der Legende. Vielleicht solltest du versuchen, ihn ausfindig zu machen – falls er tatsächlich existiert, heißt das.“
Ich schwieg, und Cross fuhr fort.
„Glaub nicht alles, was du hörst, dann wirst du besser vorankommen als ich damals. Lusty hat es wirklich gegeben, aber mehr weiß ich auch nicht. Alles andere ist offen.“
Ich dachte, ich hätte mich verhört. „Lusty? Hast du Lusty gesagt?“
„Das steht für Luftwaffe Secret Technology [die geheime Technologie der deutschen Luftwaffe]. Das ist der Titel der offiziellen Akte der U.S. Army Air Force über den Stand, auf dem sich das Geheimwaffenprogramm der deutschen Luftwaffe gegen Ende des Krieges befand. In der Air Force Historical Research Agency auf dem Maxwell-Luftwaffenstützpunkt gibt es ein Exemplar dieser Akte. Aber es ist rohes Datenmaterial, das heißt, es ist nie ausgewertet worden, daher ist es auch unverfälscht und beweisbar. Ich weiß allerdings nichts über den Inhalt. Du weißt, wie das ist in unserem Beruf, ich habe nie ein Alibi gefunden, um dorthin zu kommen. Vielleicht findest du ja eines.“
„Wo ist der Maxwell-Luftwaffenstützpunkt?“
„In Alabama. Wo der Himmel so schön blau ist. Etwas, das du kaum noch kennst, was?“
Ich bedankte mich und legte auf. Cross, so wußte ich, konnte ich von nun an nicht mehr um Informationen bitten. Er hatte, vor allem durch seinen Tonfall, unmißverständlich deutlich gemacht, daß für ihn hier Schluß war.
Ich dachte an die kommenden Monate. Außer einem Kurztrip nach Washington, wo ich über ein Luftwaffen-Symposium berichten sollte, würde ich beruflich nicht in den Staaten zu tun haben, und auch das Symposium würde erst in ein paar Monaten stattfinden. Die Reise auszudehnen, damit ich einen Abstecher nach Alabama machen konnte, kam nicht in Frage.
Ich rief die Air Force Historical Research Agency auf dem Maxwell-Luftwaffenstützpunkt in der Hoffnung an, ich könnte vielleicht eine Kopie der Lusty-Akte erhalten. Theoretisch, so sagte man mir, ginge das; das Problem sei nur, daß es die Akten nur auf Mikrofilm gebe und es Monate, vielleicht sogar Jahre dauern könne, bis man dem Antrag auf Freigabe stattgeben würde, um das System durchsuchen und mir den Bericht zukommen lassen zu können. Darüber hinaus befänden sich die Lusty-Akten in einem schlechten Zustand, was es schwierig machen würde, sie zu reproduzieren. Der beste und möglicherweise einzige Weg sei, sie vor Ort einzusehen, teilte mir die Leiterin der Behörde mit.
Ich legte den Hörer auf, massierte mir die Augen und verspürte zum ersten Mal seit Jahren wieder das Verlangen nach einer Zigarette.
Kommentare
13. Juni 2010, 12:31 Uhr, permalink
Geschichtswahrheiten
.. der "Nazi" hier, die "Nazis" dort zurückgedrängt?!
Als Journalist und Autor sollte es auch Nick Cook bekannt sein, dass ein Großteil der deutschen Wehrmachtsangehörigen keine "Nazis" waren. Sie bekamen die Einberufung, gegen die man sich nur bei Haft oder gar Todesstrafe widersetzen konnte. Die "Nazi"-Geschichten lassen sich immer wieder schön ausmalen und in Geld umsetzen ... doch sind sie leider nicht sonderlich real!!!
13. Juni 2010, 12:59 Uhr, permalink
Geschichtswahrheiten
Es ist kaum noch widerlegbar, dass die deutschen an Geheimwaffen (nicht V-Waffen) arbeiteten, die das Blatt noch "5 vor 12" wenden sollten.
Aus etlichen originalen Aussagen von Zeitzeugen (Soldaten) waren die Generäle nach Rückkehr aus dem FHQ wieder hochmotiviert. Ihnen wurde von einer alles entscheidenden Wunderwaffe berichtet: SS-Angehörigen (aus "Zeugen aus der Todeszone", S.290: "Pass mal auf du Jude, unser Führer hat eine Geheimwaffe, die er bald auf unsere Feinde loslässt), Wolfsrudel ("Wir müssen noch einen Monat durchhalten, dann kommen die neuen Waffen.") oder Wissenschaftlern. So ganz nebenbei erwähnt lässt sich dies zweifelsohne ableiten. Selbst in Göbbels Tagebuchaufzeichnungen werden diese neuen Waffen erwähnt.
Um V-Waffen kann es sich hier nicht gehandelt haben - diese waren schon seit Langem im Einsatz, und hätten wohl kaum den Kriegsverlauf geändert (siehe massiver V2-Einsatz). Es geht hier um die deutschen "Geheimwaffen", die unter der Bezeichnung "kriegsentscheidend" entwickelt und geheim gehalten wurden, von den Amerikaner entwendet und - falls jemals verstanden - in eigenen Projekten Umsetzung fanden.
Ein Großteil ist teilweise aufgedeckt; die "kriegsentscheidenden" Projekte jedoch bleiben verschollen ... warum auch immer!!!
17. Oktober 2011, 13:17 Uhr, permalink
Andreas Bilderberg
Einige Wunderwaffen basierten auf vorhandener Technologie. Ihr Potential kam durch die gewagte, ideenreich Umsetzung z.B. das Verbringen einer V-2 vor die Küste der USA in einem von einem U-Boot gezogenen Container der zum Start der V-2 dann senkrecht geflutet wurde und nur die Spitze aus dem Wasser ragte. Einige Einschläge von V-2 in New York hätten wahrscheinlich ein Chaos, 9/11 gleich, hervorgerufen ...
Auch die Nurflügler der Horten-Brüder waren revolutionär.
Viel interessanter wird es jedoch bei nuklearen Forschungen oder den Flugscheiben verschiedener Arten und Größen. Wenn man sich mit den Forschungen des Victor Schauberger, Schriever, Habermol und anderen Forschern auseinandersetzt, die sich alle mit Magnetismus und Levitation beschäftigten, wird es schwer, mindestens zu verneinen, dass es auf dem Gebiet starke Bemühungen gab, Flugscheiben zu entwickeln. Die USA schienen es so ernst zu nehmen, dass sie 1946 (da war der Krieg vorbei ...) Admiral Byrd in die Antarktis schickten, um in Neuschwabenland nach etwas zu suchen und es mitzubringen oder zu vernichten! Sie wurden von "Etwas" (Flugscheiben mit Strahlenwaffen; Vril mit Donar Kraftstrahlkanonen?) vernichtend angegriffen und nach Hause geschickt. Die Zitate dazu von Admiral Byrd sind verbürgt und authentisch ...
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