Methanhydrat
Die Scheibenerde-Fraktion sieht in Methanhydrat, auch bekannt als Methanklathrat, eine „Lösung“ des Energieproblems. Methan ist der Hauptbestandteil von Erdgas. Unter enormem Druck und bei niedriger Temperatur geht dieses Gas eine instabile Verbindung mit Wasser ein und wird zu einer weichen, eisartigen Substanz: Methanhydrat. Methanhydrat findet sich an besonders tiefen Stellen des Ozeans unter dem Meeresboden, und auch im Permafrostboden der arktischen Tundra lagern große Mengen. Sciencefiction-Autor John Barnes schrieb einen Thriller mit dem Titel „The Mother of All Storms“, in dem Methanhydrat aus einer Lagerstätte in der Tiefsee plötzlich freigesetzt wird und sich in der Atmosphäre in Methangas verwandelt. In seinem Buch führt die Freisetzung des Methangaseinschlusses dazu, dass sich 500 Jahre Klimaerwärmung innerhalb weniger Tage vollziehen.
Es gibt viele tausend Kubikkilometer dieser eisartigen Substanz, und daher verweisen die Scheibenerde-Vertreter stets mit den Worten auf sie: „Seht, es gibt keine Energieknappheit.“ Sie sagen: „Die Substanz lässt sich leicht fördern – man muss lediglich ein Loch hineinbohren und sie beim Hochpumpen ein wenig erwärmen. Dabei löst sich das Methan aus dem Eismatsch, und wir erhalten sauberes Erdgas. Ganz einfach.“
Zum einen sollten wir uns vor Augen führen, dass Methan als Treibhausgas über einen Zeitraum von 100 Jahren hinweg 23 Mal intensiver als Kohlendioxid wirkt – in den ersten 20 Jahren, nachdem es in die Atmosphäre gelangt ist, ist es sogar 62 Mal so intensiv.19 Zum anderen ist Methanhydrat das genaue Gegenteil von Ölschiefer, bei dem das Kerogen in kleinen Poren fest eingeschlossen ist – Methanhydrat ist ungefähr so fest wie eine gemixte Margarita. Wie das zerstoßene Eis im Cocktail schwimmt auch Methanhydrat oben, sofern es nicht durch ein Gewicht unten gehalten wird. Im Fall des Meeresbodens besteht dieses Gewicht aus einer durchschnittlich 250 Meter dicken Schicht Schlamm.
Im Gegensatz zum Eis in unserer Margarita aber schmilzt das Methaneis nicht – es sublimiert. Das heißt, es geht vom festen unmittelbar in den gasförmigen Zustand über. Zusätzliche Komplikationen ergeben sich aus den Wärmequellen im Meeresboden. Diese können einen Teil des Methans in Gas verwandeln, das dann als riesige Gasblase unterhalb des Methaneises eingeschlossen ist. So ergibt sich, sehr vorsichtig ausgedrückt, eine höchst instabile Situation. Wird das Methaneis nun angebohrt, könnten Millionen, wenn nicht gar Milliarden Tonnen an Methan explosionsartig entweichen.
Für das Perm-Trias-Sterben (das durch eine extreme globale Erwärmung für eine Million Jahre bis auf Pilzorganismen alles Leben auf der Erde auslöschte) und das Paläozän-Eozän-Temperaturmaximum (als die Temperatur so stark anstieg, dass es auf der Erde kein Eis mehr gab) werden inzwischen enorme Mengen an freigesetztem Methanhydrat verantwortlich gemacht.20,21
Als während Paläozän und Perm Billionen Tonnen an Methan im Ozean freigesetzt wurden, bestand der Haupteffekt darin, dass sich das Klima dramatisch erwärmte. Das Szenario, das sich bei einer solchen Freisetzung in unserer Zeit ereignen würde, sähe anders aus: Sobald das Gas die Zündflamme des ersten Wasserboilers an der Küste erreichte, würde die nachfolgende Explosion einen Tsunami auslösen, der den eines Meteoriteneinschlags noch weit übertreffen würde. Eine Welle von 300 Metern Höhe wäre durchaus denkbar.
Doch auch ohne Bohrungen könnte es zu einer enormen Methanexplosion kommen – allein durch die globale Erwärmung.22 Bislang wurde das Methaneis von einer durchschnittlich einige hundert Meter dicken Schicht Tiefseeschlamm am Meeresboden festgehalten. Solange die Temperatur dort unten eisig kalt bleibt und sich die Schlammschicht, die das Eis unten hält, nicht verändert, liegt das hochexplosive Treibhausgas relativ sicher.
Aber nicht ewig. Was bedeutet „zu warm“ im Hinblick auf die Freisetzung von Methan? In den vergangenen hundert Jahren hat sich das Meereswasser entlang der Kontinentalplatten bereits um drei Zehntel Grad Celsius erwärmt. Schon ein Temperaturanstieg von zwei Grad Celsius würde eine zusätzliche 250 Meter dicke Schlammschicht nötig machen, damit das Hydrat nicht freigesetzt würde.
Auch in Kanada und dem Gebiet der ehemaligen Sowjetunion ist in einigen hundert Metern Tiefe Methanhydrat eingeschlossen. Die Erwärmung des Permafrostbodens, wie wir sie heute erleben, erhöht das Risiko, dass Methanhydrat nach oben dringt oder sich explosionsartig freisetzt. Ein Bohrteam hat bereits gezielt und „erfolgreich“ nach Methanhydrat im Permafrostboden gebohrt und dabei alle Gefahren ignoriert. Schon jetzt dringen aus der sich erwärmenden Tundra Millionen Tonnen an Methan in die Atmosphäre.
Dem Klimawandelexperten Jeremy Leggett zufolge gleicht „der Gedanke an das Verbrennen von Methanhydrat dem Öffnen der Büchse der Pandora, wohlwissend, dass darin ein blutrünstiger und massenmörderisch veranlagter Flaschengeist lauert“.23
Wasserstoffenergie und Atomkraft
Auch in der sogenannten „Wasserstoffwirtschaft“ ist die Atomkraft ein beliebtes Thema. Dort geht sie Hand in Hand mit der Kohleindustrie. Und das funktioniert wie folgt:
Die Kohleindustrie mit ihrem großen Vorrat an Kohlenwasserstoffen scheitert seit Jahren an dem Versuch, ihr Gestein in synthetischen Treibstoff zu verwandeln. Nun glaubt sie, mit Wasserstoff das große Los gezogen zu haben. Im Laufe der Jahre sind eine Reihe von Methoden entwickelt worden, mit denen Kohle Wasserstoff entzogen werden bzw. Kohle in Fahrzeugtreibstoff umgewandelt werden kann. Bei diesen Methoden sind vor allem hohe Temperaturen, Druck und viel Wasser im Spiel, und dabei fallen große Mengen an toxischer Schlacke an. Wenn die Kohleindustrie sich aber ein genügend hohes Maß an Subventionen sichern kann und der Kohlendioxidausstoß in den USA weiterhin nicht reguliert wird, wäre es ein durchaus praktikabler Wirtschaftsplan, mehr Elektrizität mit Kohle zu erzeugen, um damit Wasser zu elektrolysieren (es in Wasserstoff und Sauerstoff aufzuspalten) – sofern man die Tatsache ignoriert, dass es die amerikanischen Steuerzahler sind, die diese Subventionen tragen.
Wie nun könnte die Energie aus Kohle oder Kernkraft eine Infrastruktur auf Wasserstoffbasis ermöglichen? Die meiste Elektrizität wird während eines Werktages erzeugt, wenn in der Industrie die Produktion auf vollen Touren läuft. In den Stoßzeiten des Stromverbrauchs springen zusätzliche Generatoren an, um Stromausfällen vorzubeugen. Nachts aber, wenn es keine Verbraucher gibt, tritt das Gegenteil ein. Dann müssen die Lieferanten der teuren Elektrizität ihre Produktion drosseln, weil das Stromnetz nicht mehr Elektrizität aufnehmen kann, als es verteilt. Die Elektrizitätswerke sind dann auf Leerlauf geschaltet und warten darauf, dass die stromverbrauchenden Arbeitnehmer morgens erneut den Startschalter der Welt bedienen.
Für die Stromlieferanten ist es eine komplizierte Gratwanderung, die Produktion auf den Bedarf abzustimmen. Unter dem Strich bleibt es aber dabei: Wenn es keine Abnehmer gibt, dann kann man dem Stromnetz keine überschüssige Energie zuführen.
Ein Wechsel zur Wasserstoffenergie würde den vielen tausend Kohlekraftwerken und dutzenden Kernkraftwerken in den USA, die nachts zumeist stillstehen, einen neuen Markt verschaffen. Anstatt den Betreibern Nacht für Nacht auf der Tasche zu liegen, könnten diese bereits existierenden Anlagen nachts Wasserstoff produzieren. Diese Leistungsreserve würde bedeuten, dass faktisch kein Kapital für eine Steigerung der Stromerzeugung aufgewendet werden müsste, um zusätzlich noch Wasserstoff zu produzieren.
Dieser kleine, aber stete nächtliche Zugewinn würde aber auch heißen, dass durch die weiterlaufenden Kohle- und Kernkraftwerke beträchtlich mehr Schmutz und Radioaktivität in die Atmosphäre wandern.
Der richtige Ort für Kernkraft
Viele Menschen sind überrascht, wenn ich mich rückhaltlos für die Kernkraft ausspreche, sofern sie sich innerhalb unseres Systems am richtigen Ort befindet. In der Permakultur geht es darum, die einzelnen Komponenten des menschlichen Lebensraums innerhalb des Systems richtig anzuordnen. Auf den richtigen Ort für die Kernkraft hat mich mein verstorbener Kollege R. Buckminster Fuller hingewiesen. Der Ort befindet sich 150 Millionen Kilometer von unser aller Zuhause entfernt. Für gewöhnlich wird er auch „Sonne“ genannt.30
Kommentare
20. Oktober 2008, 00:34 Uhr, permalink
Ludwig
Bleibt nur die sehr reale Gefahr, dass im großen Maßstab Treibstoff-Landwirtschaft die Landwirtschaft zur Nahrungsherstellung besonders in armen Ländern verdrängt.
23. Oktober 2008, 11:11 Uhr, permalink
Oliver Berger
Zitat: "... Solange die Temperatur dort unten eisig kalt bleibt und sich die Schlammschicht, die das Eis unten hält, nicht verändert, liegt das hochexplosive Treibhausgas relativ sicher.
Aber nicht ewig. Was bedeutet „zu warm“ im Hinblick auf die Freisetzung von Methan? In den vergangenen hundert Jahren hat sich das Meereswasser entlang der Kontinentalplatten bereits um drei Zehntel Grad Celsius erwärmt. Schon ein Temperaturanstieg von zwei Grad Celsius würde eine zusätzliche 250 Meter dicke Schlammschicht nötig machen, damit das Hydrat nicht freigesetzt würde."
Ich denke mit dieser Aussage disqualifiziert sich der Autor selbst.... Als Kinder haben wir schon gelernt, daß am See-/Meeresboden um die 4° C herrschen, da das Wasser durch seine Anomalie hier am schwersten ist. Also selbst wenn es oben wärmer/kälter wird, wird unten immer 4° C herrschen, es sei denn, die gesamte Menge Wasser würde über 4° C erwärmt, dann gäbe es kein solch kaltes Wasser mehr, was nach unten sinkt - aber ich glaube nicht, daß die (angeblich) vom Menschen verursachte Erwärmung das leisten kann!
31. Dezember 2009, 01:16 Uhr, permalink
Hasi
Öl ist sowieso bald alle bzw. wird im Preis stark steigen, weil es knapper werden wird. Da braucht man sich um Öl schon gar keine Gedanken mehr zu machen: Es ist ein Produkt, das über kurz oder lang verschwinden wird.
Alkohol als Treibstoff wird neben Gas z.B. in Brasilien schon seit Langem als Treibstoff für Autos verwendet. Ich denke, dass multiple, d.h. verschiedene Energiequellen als Treibstoff für Fahrzeuge eine sinnvolle Sache sind, so wie es schon heute in Brasilien praktiziert wird.
31. Dezember 2010, 21:53 Uhr, permalink
Tino Knaak
Zu den Ausführungen des Autors bezüglich Erdöl:
Bei seiner "Scheibenerde-Fraktion" wirft er alle in einen Topf und verallgemeinert sehr stark. Er schreibt polemisch und läßt eine wissenschaftliche Seriosität vermissen.
"...auf abiotische Weise und ohne biologische Faktoren..." - weiß der Autor nicht, dass das ein und dasselbe ist und er sich hier wiederholt?
Er stellt die 4,5 Kilometer Tiefe hin, als würden die "Verschwörer" behaupten, dass man nur in dieser Tiefe Öl findet.
Die Studien kamen anfangs hauptsächlich aus der Sowjetunion, wurden aber bis auf den heutigen Tag stark präzisiert und das nicht nur von Wissenschaftlern aus der UdSSR. Der Autor schreibt so, als wären das alte russische Schinken, die in irgendwelchen Regalen ranzig werden. Tatsächlich ist das Thema aber aktueller denn je. Das zeigt ein Essay von Dr. Tischler aus dem Jahre 2006, in dem wesentlich stichhaltiger und gründlicher argumentiert wird als bei Herrn Blume. Er ist auch beim Nexus-Magazin erschienen:
www.nexus-magazin.de/artikel/lesen/der-grosse-oelschwindel?context=blog
Dass Öl in Tiefen über 4,5 km instabil wird, ist bekannt. Darum geht es aber nicht. Die Frage ist, warum die Ölindustrie überhaupt in solchen Tiefen bohrt, wenn doch in den Lehrbüchern steht, dass Erdöl in Verbindung mit Sedimenten entsteht? In dieser Tiefe gibt es aber keine Sedimente und auch keine organischen Ablagerungen aus Tieren und Pflanzen. Dennoch behauptet dies der Autor: "Das schlagende Argument ... lautet, dass organische Materie in 4,5 Kilometern Tiefe ..."
Wenn die Ölindustrie in diesen Tiefen bohrt, so nimmt sie die herrschende Lehrmeinung vom Öl aus fossilen Stoffen nicht ernst!
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