Inzwischen sind – trotz der nur geringen Unterstützung durch die Regierung – die Kosten für den Bau weit energieeffizienterer Alkoholfabriken von 2,50 Dollar pro jährlich erzeugter Gallone im Jahr 1980 auf grob geschätzt einen bis 1,15 Dollar gesunken.19 Alkohol kann heute für weniger als einen Dollar pro Gallone erzeugt werden – im Gegensatz zu ursprünglich etwa zwei Dollar pro Gallone.
Man sieht also, dass die Zuschüsse für Alkohol – kleinere Steuergutschriften einiger amerikanischer Bundesstaaten und die 40 bis 60 US-Cent pro Gallone, die die amerikanische Regierung seit Anfang der 1980er zahlt – diesen Industriezweig ein gutes Stück vorangebracht haben. Von Landwirten betriebene Genossenschaften produzieren heute einen Großteil des amerikanischen Alkoholtreibstoffs. Die Landwirte in den Genossenschaften zahlen sich gegenseitig Spitzenpreise für ihren Mais und erhalten zusätzlich einen Anteil vom Gewinn aus der Alkoholproduktion. Auf dem Aktienmarkt hat zudem eine Umverteilung stattgefunden: Dem einstigen Marktführer Archer Daniels Midland gehört heute nur noch ein Anteil von 28 Prozent am Ethanol-Markt,20 und Alkoholtreibstoff macht gerade einmal fünf Prozent seines jährlichen Milliarden-Dollar-Geschäfts aus.
Die gestiegene wirtschaftliche Aktivität in der Alkoholtreibstoffproduktion hat sich als wesentlich für das Überleben privater Landwirte erwiesen. In Gebieten mit einer Ethanolfabrik geben die Landwirte generell höhere Summen für Waren, Dienstleistungen und Grundsteuern aus als in Gebieten ohne eine solche Fabrik. Da das Kapital aus Verkauf und Produktion von Alkoholtreibstoff immer wieder innerhalb der USA in Umlauf gebracht wird, nimmt der Staat zudem für jeden Dollar an Ethanol-Zuschüssen über die Steuern drei bis sechs Dollar ein. Die Gewinnrate kann in ländlichen Gebieten sogar noch höher liegen, da das Geld innerhalb der Region im Umlauf bleibt und dem Staat so pro subventioniertem Dollar bis zu 22 Mal so viel einbringt.
Schauen wir uns eine einfache Studie des LECG an, eines konservativen, unabhängigen amerikanischen Unternehmens, das Analysen durchführt. Zwar bezieht diese Studie nicht die oben erwähnte Kapitalrückführung ein, doch zeigen die folgenden Zahlen auch so, dass die Alkoholtreibstoffproduktion sich direkt auf die Steuern auswirkt, die der Staat einnimmt:21
Kosten durch Steuervergünstigungen: –1,8 Mrd US$
Einsparungen bei Agrarprogrammen: +3,2 Mrd US$
Zunahme Steuerertrag: +1,3 Mrd US$
Nettogewinn für Staatskasse: +2,7 Mrd US$
Anders ausgedrückt: Die Zuschüsse für die Produktion von Alkoholtreibstoff erhöhen den Steuerertrag der USA, da diese Produktion allein von amerikanischen Unternehmen betrieben wird und nicht von transnationalen Unternehmen, die erhebliche Steuervergünstigungen erhalten.
Im Jahr 1980 führte die Employment Research Associates (ERA) für das amerikanische Energieministerium eine Analyse durch, mit der bestimmt werden sollte, wie viele direkte und indirekte Arbeitsplätze die Produktion von jährlich zwölf Milliarden Gallonen Alkohol schaffen würde.22 Die Studie bezog neben Abfallstoffen aus der Zitrusfrüchteverarbeitung, Molke und Getreide wie Weizen und Sorghum noch eine große Bandbreite an weiteren Rohstoffen ein. Sie kam zu dem Ergebnis, dass eine Ethanolindustrie, die jährlich sechs Milliarden Gallonen Alkohol produziert, 960.000 Arbeitsplätze in den USA schaffen würde.
In der ERA-Studie stammten die zwölf Milliarden Gallonen Alkohol aus 48 Fabriken mit einer Jahresproduktion von 50 Millionen Gallonen sowie aus 360 Fabriken mit einer Jahresproduktion von zehn Millionen Gallonen. Zwei Dollar pro jährlich produzierter Gallone veranschlagte die Studie für Baukosten.
Nun, 25 Jahre nach der Studie, nähern wir uns rasant der Marke von sechs Milliarden Gallonen. Die 48 großen Alkoholfabriken sind längst gebaut worden, allerdings kaum eine mit Hilfe von Regierungsgeldern. Im Laufe der Jahre sind die Baukosten drastisch gesunken, und auch der Wert des Dollars hat so sehr abgenommen, dass ein Dollar im Jahr 1980 2,4 Mal so viel wert war wie ein Dollar im Jahr 2005. Somit sind die Kosten für den Bau von Alkoholproduktionsstätten seit 1980 um das knapp Fünffache gefallen.
Durch Regierungspolitik und gigantische Subventionen wurde der Benzinpreis bis vor kurzem künstlich niedrig gehalten, sodass sich kleinere Fabriken aus ökonomischer Sicht kaum lohnten. Inzwischen aber rechnen sich auch kleinere Produktionsstätten, die bis zu 500.000 Gallonen jährlich erzeugen (und selbst solche, die unter 100.000 Gallonen pro Jahr bleiben, sofern man die nutzbaren Nebenprodukte mit einkalkuliert), während größere Fabriken für den Transport von Rohstoffen höhere Kosten zu tragen haben.
Weltweite Erdölreserven.33,34 Der Nahe Osten kontrolliert
eindeutig den Großteil der weltweiten Ölreserven.
Die Spanne zwischen Produktionskosten und Verkaufspreis ist groß genug, um auch kleineren Fabriken einen anständigen Profit zu ermöglichen – insbesondere, wenn als Rohstoff ein preiswertes Nischenprodukt verwendet wird, wie zum Beispiel die Abfallprodukte eines anderen Industriezweigs. Niedrige Rohstoffkosten machen den höheren Arbeitsaufwand in einer kleineren Fabrik wieder wett. Auch fallen in einer kleineren Produktionsstätte weniger Nebenprodukte an, was es leichter macht, sie auf dem lokalen Markt abzusetzen. Kleine Fabriken sind besonders dann wirtschaftlich, wenn der Landwirt die Wiederverkäufer umgehen und den Treibstoff direkt an etwa 500 bis 100 Personen einer regionalen Energiegemeinschaft (Community-supported Energy, kurz CSE) verkaufen kann.
Wenn der amerikanische Gesamtverbrauch an Benzin – gut 600 Milliarden Liter – durch Alkohol gedeckt würde, ließen sich, ausgehend von der ERA-Studie, bis zu 26 Millionen neue Arbeitsstellen schaffen. Das würde bedeuten, dass jeder Amerikaner Arbeit fände. Vollbeschäftigung wiederum verleiht Arbeitervereinigungen wieder mehr Macht. Der Schlüssel zu einem solchen Beschäftigungshoch liegt in der Schaffung kleinerer Alkoholfabriken, die verschiedene Nebenprodukte erzeugen und so Marktlücken füllen, die von größeren Produzenten nicht bedient werden können. Der Multiplikatoreffekt von vielen Millionen Beschäftigten, ihr Geld innerhalb ihrer Region ausgeben, macht den Unterschied zwischen einer – aus Sicht des Arbeitnehmers – instabilen Wirtschaftslage und einer lokal gesicherten Energiesituation.
Neben der Bezuschussung von Alkoholfabriken sollte die Regierung zudem freie Tankstellen subventionieren, die nicht zu einem Großkonzern gehören. Solche Tankstellen bei der Etablierung zu unterstützen, könnte die US-Regierung, Steuervergünstigungen und Revolvingkredite zusammengenommen, 20 Milliarden Dollar kosten.
Statt eine Dominanz großer Fabriken zu fördern, die zumeist Getreide als Rohstoff verwenden, würden Regierungskredite und -bürgschaften aber dafür sorgen, dass Fabriken aller Größenordnungen und mit verschiedenen Rohstoffen als Grundlage einen Beitrag zum nationalen Energiesystem leisten könnten.
Doch auch wenn sich die Regierung nicht beteiligt, werden kleinere Fabriken in den kommenden Jahren wie Pilze aus dem Boden schießen. Das dräuende Ölfördermaximum wird den klugen Konsumenten dazu bewegen, Energiegemeinschaften beizutreten, in denen Alkohol produziert und vertrieben wird. Die kleinen Produzenten werden feststellen, dass Alkohol sich in einer Welt, in der das Erdöl zunehmend knapper wird, hervorragend als Ersatzwährung für den Dollar eignet. Alkohol wird sich praktisch gegen jede Dienstleistung und jede regional erzeugte Ware eintauschen lassen. Dafür müssen die Menschen ihr Geld lediglich, anstatt es den Ölkonzernen zu geben, in die örtliche Energieproduktion und -verteilung investieren.
Die großen Ölkonzerne brauchen Hilfe gegen Terroristen
Obwohl MegaOilron (wie ich die Ölkonzerne in ihrer Gesamtheit nenne) heute jährlich so viel Gewinn erzielt wie nie zuvor in der Geschichte, hat es offenbar dennoch nicht genug Geld, um seine Einrichtungen vor „Terroristen“ zu schützen. Im Jahr 2004 gestand die amerikanische Heimatschutzbehörde den Erdölraffinerien eine Summe von 65 Millionen Dollar für Zäune, Überwachungskameras und Kommunikationsausrüstung zu. Dabei handelt es sich um Steuergelder, die die Ölkonzerne nicht zurückzahlen müssen.
„Das ergibt überhaupt keinen Sinn“, sagte Bill Millar, Vorsitzender der American Public Transportation Association, der amerikanischen Gesellschaft für das öffentliche Verkehrswesen. Vielleicht wollte er damit ja zum Ausdruck bringen, dass die Konzerne, die dank der Preiserhöhung der OPEC immense Gewinne einfahren, ihre Rechnungen selbst bezahlen sollten? Diesen Standpunkt jedenfalls vertrat das Project On Government Oversight, ein Projekt zur Überwachung der amerikanischen Regierungs- und Militärausgaben. Geschäftsführerin Danielle Brian sagte: „Die Konzerne nutzen die Situation maßlos aus, und die Regierung schreitet nicht ein.“ Womit sie sich auf die engen Bande zwischen Bush-Regierung und Ölindustrie bezog.29
Zum Vergleich: Das Gesamtbudget des amerikanischen Energieministeriums für die Solarenergieforschung betrug gerade einmal knapp 80 Millionen Dollar.30
Kommentare
04. Dezember 2008, 18:54 Uhr, permalink
winne
gute seiten ,bin erstaunt
16. Juli 2011, 17:39 Uhr, permalink
sissi brautkleider
Dann kann es unsere Energieprobleme lösen. Und zwar alle – wenn wir es nur wollen.
Awesome!
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