Alkohol als Treibstoff-Alternative – Aufräumen mit den Vorurteilen

Die bösartige Verunglimpfung des Treibstoffs Alkohol ist gänzlich fehl am Platze. Wenn wir Ethanol mit Weitblick und unter Einsatz der biologischen Landwirtschaft verwenden – wenn wir also die industriellen Anbaumethoden vollständig durch nachhaltige Methoden ersetzen –, dann kann es unsere Energieprobleme lösen. Und zwar alle – wenn wir es nur wollen.

Weitere MegaOilron-Mythen über Alkohol

Im Propagandalexikon des American Petroleum Institute sind noch weitere gängige Phrasen zu finden. Diese zielen darauf ab, Alkohol bei Umweltschützern, Politikern, Gewerkschaften und überhaupt allen Gruppen zu verunglimpfen, denen es um das Wohl von Mensch und Erde geht. Diese Phrasen sollen die Alkoholproduktion als etwas abstempeln, das unmoralisch, unwirtschaftlich, zerstörerisch oder einfach dumm ist. Und wer will schon gerne als unmoralischer Dummkopf gelten?

Diese Bemühungen sind teilweise wirkungsvoller als die Fabel von der Energiebilanz. Weil sie eher die Gefühlsebene ansprechen, werden Phrasen selten durch handfeste Wissenschaft oder aussagekräftige Statistik gestützt. Dabei ist es erschreckend anzusehen, wie diese Propaganda aufgenommen und dann als „wissenschaftlich belegt“ wiedergegeben wird. Das Ganze erinnert an das Prinzip des „Überlebens des Stärkeren“, das als Grundpfeiler der Evolutionstheorie gilt und immer wieder in wissenschaftlichen Abhandlungen angeführt wird. In Wahrheit entstammt dieser Begriff lediglich der ökonomischen Quacksalberei Herbert Spencers im Rahmen seiner absurden Theorie vom Sozialdarwinismus.

Wenn Sie die folgenden Aussagen zukünftig hören, dann sollten Sie sich fragen: „Werde ich hier vielleicht entgegen meiner Interessen von der ‚Öligarchie‘ manipuliert?“

Mythos Nr. 2: Es gibt nicht genügend Land, um Getreide für Nahrung und Treibstoff anzubauen

Laut dem amerikanischen Landwirtschaftsministerium verfügen die USA über knapp 1,8 Millionen Quadratkilometer an als „Cropland“ – Getreideland – bezeichnetem Ackerland.4 Dies ist eine sehr vorsichtige Schätzung und bezieht sich auf Land, das industriell (als Monokultur) bestellt werden kann und sich vor allem für einjähriges Getreide eignet. Dieses Land ist erstklassiger, ebener und für gewöhnlich tiefer Ackerboden.

Von den knapp 1,8 Millionen Quadratkilometern erstklassigen amerikanischen Ackerbodens werden pro Jahr durchschnittlich gerade einmal 290.000 für den Maisanbau verwendet.5 Die für den Maisanbau verwendeten Äcker machen also gerade einmal 16,6 Prozent des gesamten hochwertigen Ackerlandes aus! Von der Gesamtackerfläche der USA nimmt Mais gerade einmal 7,45 Prozent ein. Wenn es heißt, dass Amerika nur zehn bis 15 Prozent seines Benzins auf landwirtschaftlichem Wege herstellen könne, dann werden lediglich der geringe Prozentsatz der auf hochwertigem Boden angebauten Maispflanzen und hiervon auch nur der Stärkeanteil des Maiskorns in die Berechnungen einbezogen.

Abb 3
Mit Landwirtschaft gesegnet – prozentualer Anteil der landwirtschaftlich genutzten Fläche in den USA. Die USA, eines der größten Länder der Welt, verfügen über eine enorme Fläche an landwirtschaftlich nutzbarem Boden, die vom amerikanischen Landwirtschaftsministerium genauestens definiert ist. Noch einmal so viel Land ließe sich ebenfalls landwirtschaftlich nutzen, wenn eher unübliche Getreidesorten, Gräser, energiereiche Trockenklimapflanzen, zellulosereiche Pflanzen sowie Grünabfälle aus Städten und Vororten einbezogen würden.

Aber selbst wenn wir für die Alkoholproduktion nur den Teil nutzen würden, den das amerikanische Landwirtschaftsministerium als hochwertiges, ebenes Ackerland bezeichnet, müssten wir dennoch pro 0,4 Hektar nur knapp 1.400 Liter Alkohol erzeugen, um den heutigen Bedarf des amerikanischen Verkehrswesens an Treibstoff zu decken.6 Auch wenn das nicht mein Ziel ist, so könnte – beim heutigen Durchschnittsertrag von 140 Scheffeln pro 0,4 Hektar und ohne die zellulosehaltigen Maishalme zu berücksichtigen – der Bedarf schon allein durch Maisstärke gedeckt und dadurch gleichzeitig die Fleischproduktion angekurbelt werden (siehe Mythos Nr. 4). Dabei ist Mais noch nicht einmal das hochwertigste Getreide, was den Energiegehalt angeht. Eine große Bandbreite an herkömmlichen Getreidesorten ergeben bis zu dreimal so viel. Dr. Barry Commoner hat in den 1980er Jahren gründliche Forschungsarbeit geleistet, die zeigt, dass sich der Ertrag an Alkohol und Viehfutter pro Hektar drastisch steigern ließe, wenn statt stärkehaltigem Getreide zuckerhaltige Sorten wie Rüben angebaut würden.7

Neben dem „Cropland“ verfügen die USA auch über 3,8 Millionen Quadratkilometer an sogenanntem „Farmland“.8 Auch dieses Land eignet sich für den Anbau von Agrarprodukten, ist aber nicht so eben und tief wie das „Cropland“. Auf einem Großteil des „Farmlands“ können mehrjährige Getreidepflanzen wachsen, für die der Boden nicht jedes Jahr gepflügt werden muss. Auch einjährige Pflanzen können auf diesem Boden wachsen, sofern dieser parallel zu den Konturen des Landes gepflügt wird. Dadurch ähneln die Ackerfurchen einer topographischen Karte und beugen Erosion vor.

Viele Menschen wenden ein, dass ein Großteil dieses Landes unfruchtbar sei. Dabei werden gut 280.000 Quadratkilometer dieses Landes bereits für den Anbau von Mesquitebäumen genutzt – in etwa so viel Fläche wie für den Maisanbau. Die von Landwirten oft als Unkraut angesehenen Mesquitebäume wachsen zwar auch auf „Farmland“, vor allem aber auf Boden, der für die herkömmliche Landwirtschaft zu trocken ist. Die Hülsenfrüchte des Mesquitebaums ergäben etwa 125 Milliarden Liter Alkohol, und das ohne Bewässern, Düngen und alljährliches Pflügen. Das wären weitere 21 Prozent des jährlichen amerikanischen Benzinverbrauchs – und dazu wären gerade einmal 7,45 Prozent des „Farmlands“ nötig (sofern wir so großzügig sind und den Boden, auf dem die Mesquitebäume wachsen, als „Farmland“ bezeichnen wollen).

Abb 4
Prozentualer Anteil von Mais an der gesamten amerikanischen Landwirtschaft. Diese Abbildung zeigt den prozentualen Anteil von Mais im Verhältnis zur Gesamtanbaufläche, nicht zur Gesamtfläche der USA. Obgleich Mais und Soja die am häufigsten in Monokulturen angebauten Nutzpflanzen sind, ist zu sehen, dass Mais allgemein einen sehr geringen Anteil des landwirtschaftlichen Potentials einnimmt. Experten, die behaupten, dass man jeden Quadratmeter der USA mit Mais bepflanzen müsste, um den Kraftstoffverbrauch zu decken, verdrehen eindeutig die Tatsachen.

Es gibt noch sehr viel mehr Land, das das amerikanische Landwirtschaftsministerium weder als „Cropland“ noch als „Farmland“ ausweist, das aber dennoch für den Anbau von Getreidesorten mit besonders hohem Energiegehalt geeignet ist. Dazu zählen beispielsweise auch der Westen von Texas und der „Panhandle“, der nördliche Zipfel dieses Bundesstaates. Um in diesen Gebieten ein Mastrind aufzuziehen, sind gut 40 Hektar an minderwertigem Weideland nötig. Viel profitabler wäre es, auf diesem Land Feldfrüchte anzubauen, denen ein trockenes Klima bekommt (wie zum Beispiel Koloquinten, die Wildkürbisart „Buffalo Gourd“ und Feigenkakteen), und aus diesen dann Alkohol, Biodiesel und Viehfutter herzustellen.

Ein Teil des Landes, das weder als „Farmland“ noch als „Cropland“ gilt, verfügt zwar über genügend Wasser, ist jedoch auch sehr uneben. Nutzbäume und -sträucher wie Edelkastanie und Haselnuss sind für ein solches Gelände hervorragend geeignet. Sie verhindern die Erosion, und zudem lassen sich aus ihren Früchten große Mengen an Alkohol und Biodiesel gewinnen (was sie im Hinblick auf die Energieproduktion mit auf hochwertigem Boden gezogenem Mais auf eine Stufe stellt – nur dass Kastanie und Haselnuss praktisch keine Pflege benötigen).

Sumpf- und Feuchtgebiete (die ebenfalls weder als „Farmland“ noch als „Cropland“ ausgewiesen sind) könnten für den Ackerbau erschlossen werden, um so energiereiche Pflanzen wie beispielsweise Rohrkolben anzubauen. Rohrkolben werten ein Gebiet zugleich als Lebensraum für Wildtiere auf. Pflanzen wie der Rohrkolben wachsen auch in künstlich geschaffenen Feuchtgebieten, und diese anzulegen, ist nicht sonderlich kostspielig.

Rohrkolben werden heute beispielsweise schon in künstlich angelegten Sümpfen zur Wasseraufbereitung genutzt. In einer an Nährstoffen derart reichen Umgebung liegt der Ertrag an Stärke und Zellulose bei 38.000 Litern pro 0,4 Hektar und mehr. Wenn das Abwasser der gesamten USA in solch künstlichen Sümpfen gefiltert würde, dann würde jedes der 3.141 amerikanischen Countys gerade einmal gut 2.500 Hektar benötigen, um den derzeitigen amerikanischen Gesamtbedarf an jährlich 760 Milliarden Litern Benzin und Biodiesel zu decken. Diese Fläche entspräche 1,46 Prozent des gesamten amerikanischen Ackerlands. Es wären weder chemische Düngemittel noch künstliche Bewässerungssysteme notwendig, da jeder US-County jährlich im Schnitt 15 Millionen Pfund an „menschlichem Flüssigdung“ produziert.

Doch der Anbau von Nutzpflanzen beschränkt sich nicht nur auf Landflächen. Der Anbau von Seetang in salzwasserhaltigen Flussmündungen, die reich an Nitraten und Abwässern (Entschuldigung, ich meine natürlich ein „Extra an Nährstoffen“) sind, birgt ein enormes Potential. Zweifellos ließen sich dadurch Rekordernten an Alkohol erzielen, wodurch der Erdöltreibstoff vollständig ersetzt werden könnte, ohne dass auch nur ein einziges Saatkorn gesetzt werden müsste.

Die Alkoholgewinnung aus Zellulose könnte die Erzeugung aus anderen Nutzpflanzen im Ertrag weit überflügeln. Denn der Zelluloseanteil in Halmen, Kolben und Körnern der Maispflanze ist zwei- bis dreimal höher als der Stärkeanteil.

Die Gewinnung auf Zellulosebasis wirft ein ganz neues Licht auf den Begriff Ernte. So verfügen die USA beispielsweise über gut 120.000 Quadratkilometer an Rasenfläche. Das entspricht 41 Prozent der Gesamtanbaufläche für Mais, fällt aber weder unter „Farmland“ noch „Cropland“. Dabei ist Grasschnitt ziemlich weit vorn, wenn es um den Ertrag von bewässerten Nutzpflanzen geht, und würde pro Jahr knapp 42 Milliarden Liter an Treibstoff ergeben. Neben Grasschnitt gibt es noch alle möglichen Grünabfälle, die zur Gesamtmenge an Zellulose hinzukämen.

Abb 5
Wer braucht schon die OPEC? Alkoholproduktion auf Grundlage ausgewählter Rohstoffe. Allein der aus diesen drei Nutzpflanzen (Mais, Rasenverschnitt und Mesquite) erzeugte Alkohol würde 34 Prozent des amerikanischen Gesamtkraftstoffverbrauchs decken – etwa so viel, wie Amerika aus den OPEC-Ländern importiert. Grünabfälle und Mesquitebäume stehen den USA als mehrjährige Nutzpflanzen bereits jetzt zur Verfügung. Zusammen mit dem einjährigen Getreide könnte Amerika quasi über Nacht vom Öl aus Nahost unabhängig werden, ohne seine Landwirtschaft umstellen zu müssen. Mit diesen 34 Prozent könnten praktisch alle Motoren Amerikas betrieben werden – worauf warten wir also noch?

Zellulose lässt auch solche Pflanzen zu energiereichen Nutzpflanzen werden, die auf den ersten Blick nicht als solche erscheinen. Zum Beispiel bestehen Zucker- und Steckrüben größtenteils aus Zellulose und würden noch weit höhere Ernteerträge als Maisstärke einbringen. Schnell wachsende Bäume bestehen für gewöhnlich zu etwa 75 Prozent aus Zellulose und können langfristig mehrere 10.000 Liter pro Hektar ergeben, sofern sie fachmännisch beschnitten werden. Polykulturen mit verschiedenen zellulose-, stärke- und zuckerhaltigen Nutzpflanzen können pro halbem Hektar gut 40.000 Liter ergeben – im Gegensatz zu den gerade einmal mehreren hundert Litern, die eine Monokultur an stärke- und zuckerhaltigen Pflanzen auf derselben Fläche einbringt.

Aber können wir damit auch so viel produzieren, dass es sowohl für Nahrung als auch für Treibstoff reicht? Wie wir noch sehen werden, lautet die Frage vielmehr: Wenn wir erst einmal Benzin, Diesel und Heizöl ersetzt haben, verkaufen wir dann den überschüssigen Alkohol an die übrige Welt – oder verwenden wir ihn lieber für die eigene Stromerzeugung, die bis dahin von Kern- und Kohlekraftwerken gewährleistet wurde? Nun, wie wäre es mit beidem?

Kommentare

04. Dezember 2008, 18:54 Uhr, permalink

winne

gute seiten ,bin erstaunt

16. Juli 2011, 17:39 Uhr, permalink

sissi brautkleider

Dann kann es unsere Energieprobleme lösen. Und zwar alle – wenn wir es nur wollen.
Awesome!

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