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Sabotierte Wirklichkeit – oder: Wenn Journalismus zur Glaubenslehre wird

sabotierteEines der vielen weiteren Bücher, die sich dem Problem der Manipulation durch Medien widmen, ist Marcus B. Klöckners „Sabotierte Wirklichkeit“, dessen Untertitel auf den ersten Blick ins selbe Horn stößt wie Kunkels Diskussionsbeitrag. Aber Ach und Weh! Wie schon ein Blick auf die Bio im Klappentext offenbart, hat der Autor nicht nur Medienwissenschaften (früher hat das Publizistik geheißen und war auch in Ordnung), sondern auch Amerikanistik (was soll das sein?) und Soziologie studiert.


Das verheißt nichts Gutes, wenn man weiß, was das Reinriechen in Soziologie-, Psychologie- und Politikwissenschaft-etc.-pp.-Vorlesungen bei den Redakteuren und freien Mitarbeitern der Medienwelt angerichtet hat …

Aber man soll ja nicht voreingenommen sein, also liest man auch bei Klöckner drauflos. Schon in der Einleitung weist der Autor jedoch darauf hin, dass er die Medien vor allem aus einem „kritisch soziologischen Blickwinkel“ betrachten wird. Aber keine Angst: Für Nicht-Wissenschaftler werden die Theorien und Erkenntnisse „heruntergebrochen“, damit auch der Laie sie versteht. Das zeugt von einer gewissen Abgehobenheit und Arroganz, wie sie nicht nur Geisteswissenschaftlern, sondern leider auch den Mainstreammedien zu eigen ist. Im Anschluss befasst sich Klöckner mit dem Zensurbegriff, nur um gleich einzuräumen, dass es ja gar keine staatliche, offizielle Zensur gebe, sondern im Journalismus eine „sozial gewachsene“ Zensur entstanden sei, die von innen heraus wirken soll. Und schuld daran, das wird bei der Lektüre bald klar, ist die böse Mittelschicht, die ja nach Ansicht der Altlinken seit jeher nach oben buckelt und nach unten tritt – und genau diese Klasse (um im linken Jargon zu bleiben) stelle die Mehrzahl der Journalisten und werde in Journalistenschulen auch besonders gefördert. Und was wollen sie, diese Angehörigen einer Klasse, die ohnehin der Vernichtung preisgegeben ist? Genau – in die Oberschicht vordringen oder wenigstens von ihr anerkannt werden, während sie nur „in Ansätzen Einblicke in die Welt der Ärmeren haben“.

Dazu ist einiges zu sagen. So war es früher beispielsweise klar, dass Journalismus eine gewisse Allgemeinbildung und ein schreiberisches Können voraussetzt; heute werden diese Anforderungen zugunsten Diversitäts-, Inklusions- und Gender-Blabla aber ohnehin zurückgeschraubt. Und natürlich gingen und gehen viele junge Journalisten mit großem Idealismus an ihren Beruf heran, bis sie merken, dass die Wahrheit in den Systemmedien nichts verloren hat und um jeden Preis vermieden werden muss. Der Druck von oben, „angepasst“ Themen auszuwählen, zu recherchieren und darüber zu schreiben, ist so heftig, dass man entweder mitspielt oder aufgibt. Dass Chefredaktionen und Herausgeber sehr direkt von Politik, Interessenvertretungen und (Staats-)Konzernen beeinflusst werden, können nur Menschen leugnen, die die Augen vor den Tatsachen verschließen. Wer zum Beispiel im Zuge der aktuellen Covid-19-Hysterie mitbekommen hat, wie der österreichische Kanzler Kurz den ihm gefälligen Medien Millionen Euro zuschanzte, wenn sie nur in seinem Auftrag Panik verbreiteten und der Bevölkerung die Sinnhaftigkeit der „Maßnahmen“ einhämmerten, kann – ebenso wenig wie jeder, der den Einfluss von Marketing- und Anzeigenabteilungen auf die Redaktionen kennt – gar nicht anders, als von klassischer und kaum verhohlener Zensur zu sprechen.

Marcus Klöckner referiert in den weiteren Kapiteln seines Buches noch über die von den Medien erzeugte künstliche Wirklichkeit und deren Einfluss auf die Konsumenten sowie über die von ihm viel gescholtene „Herrschaftsnähe“ der Leitmedien und aller, die es werden wollen. Würden die Zeitungen und Fernsehsender aber tatsächlich Herrschaftskritik betreiben, wie er das fordert, dann müssten sie sich logischerweise selbst abschaffen, weil sie einer der mächtigsten Bestandteile des Systems sind und ihren Betrieb nur deshalb aufrechterhalten können, weil sie fast ausschließlich rückgratlose, selbstverliebte Opportunisten mit soziopathischen Charakterzügen engagieren und heranzüchten.

Dass Alternativmedien notwendig sind, weiß auch Klöckner. Dass die aber nicht noch linker sein müssen als die ohnehin schon alles mit ihrer Gehirnwäsche überziehenden und gleichgeschalteten Haltungsmedien, wird einem spätestens nach der recht unbefriedigenden Lektüre dieses Buches klar.

Marcus B. Klöckner
Westend

239 Seiten
ISBN: 978-3-86489-274-5
€ 19,–