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Amerika wurde von Kolumbus entdeckt – richtig? Falsch. Denn möglicherweise tat das bereits jemand vor ihm, und zwar viel, viel früher. Es gibt nämlich Hinweise darauf, dass die alten phönizischen Seefahrer die Ostküste Nordamerikas schon vor tausenden von Jahren erreichten. Sie schufen dort ihre eigenen Stein-Monumente, um die Steinkreise in ihrem Heimatland in der Region des östlichen Mittelmeers zu reproduzieren.
Erreichte Christoph Kolumbus 1492 als Erster Amerika? Oder überquerten die Phönizier den Atlantik schon viel früher? Es gibt wohl ausreichend Beweise, die darauf hindeuten, dass die Phönizier schon vor 2.500 bis 3.000 Jahren in Nordamerika gesiedelt haben, nachdem sie ihre Kolonien an der spanischen und marokkanischen Atlantikküste gegründet hatten.
In diesem Artikel stelle ich die Entdeckungen und Hypothesen, die diese Theorie untermauern, in zwei Abschnitten vor: Zuerst liste ich die Auswertungen der von den Forschern entdeckten Indizien auf, die auf die Anwesenheit von Phöniziern in Nordamerika vor der Ankunft von Kolumbus hindeuten. Anschließend liefere ich den theoretischen Beweis dafür, wie und warum die Phönizier diese Reise unternommen haben könnten. Ich hoffe, die hier vorgestellten Informationen bestätigen ausreichend, dass die Phönizier tatsächlich vor Jahrtausenden die amerikanische Nordostküste besiedelt haben.
In der Stadt Salem, New Hampshire (im Nordosten der USA), gibt es eine Ausgrabungsstätte, die man „Amerikas Stonehenge“ nennt. Die Stätte besteht aus zahlreichen großen Felsen und Steinstrukturen, die auf einer Fläche von etwa 120.000 Quadratmetern mitten in der Stadt verstreut sind. Im Jahr 1907 berichtete Edgar Gilbert in dem Buch „History of Salem, N. H.“ darüber. Dieses Stonehenge befindet sich auf dem Gipfel des Mystery Hill. William Goodwin, ein leitender Versicherungsangestellter, hatte den Hügel 1937 gekauft und ihn so benannt. Im Jahr 1982 wurde das Gebiet umbenannt in „Amerikas Stonehenge“ mit der Absicht, „die Stätte von den Merkwürdigkeiten am Straßenrand zu unterscheiden und die Vorstellung wiederzubeleben, dass es sich hier um eine altertümliche Ausgrabungsstätte handelt“.1
Die Anlage in Salem, New Hampshire, umfasst Kammern mit Steinmauern, die mit großen Felsplatten bedeckt sind. (Foto: J. Miers)
Diese megalithische astronomische Anlage besteht aus massiven Menhiren, Steinkammern, großen Kanälen, Umfriedungen, Stützmauern, Nischen, Wasserbecken und einem Brunnen. An den Hängen des Hügels befinden sich zwei natürliche Höhlen, Quellen, Steinmauern und Menhire.
Ein Stück Holzkohle, das man zusammen mit einer Steinhacke und einem Hammerkopf aus Stein bei einer Ausgrabung nahe einer der unterirdischen Kammern gefunden hatte, enthüllte bei einer Radiokarbondatierung im Jahr 1971 ein Alter von 2.000 Jahren v. Chr. Die Artefakte, die aus einer intakten Grube mit einigen Schichtablagerungen geborgen wurden, ähneln den neolithischen Gegenständen desselben Zeitraumes auf den britischen Inseln und Iberien. Radiokarbondatierungen von Baumwurzeln, die eine der anderen Kammern durchdrangen, ergaben ein Alter von 1.690 Jahren v. Chr.2 Weitere Datierungen von Artefakten rücken diese in einen Zeitraum zwischen 2.000 und 173 v. Chr.3
Einige Radiokarbondatierungen von Holzkohlegruben auf der Ausgrabungsstätte legen zwar nahe, dass der Mystery Hill vor etwa 4.000 Jahren besiedelt wurde, aber archäologische und architektonische Untersuchungen weisen darauf hin, dass dieser Ort nicht auf einmal, sondern in Etappen errichtet wurde. Anscheinend haben die Vorfahren der derzeitigen Uramerikaner, die den Ort bewohnten, das Gestein dieser felsigen Stätte für den Bau ihrer Unterkünfte verwendet. Spätere Neuankömmlinge entdeckten den Ort und stellten möglicherweise fest, dass dies der perfekte Platz sei für ein astronomisches Observatorium, das ihren Bedürfnissen entsprach. Deshalb müssen sie die vorhandenen Strukturen verändert und verbessert, neue hinzugefügt und Steine aufgerichtet haben, um sie an astronomischen Ereignissen auszurichten.4
Einige Wissenschaftler behaupten, dass es Ähnlichkeiten gäbe zwischen diesen Ruinen und phönizischer Architektur.5 Wahrscheinlich meinen sie damit das Vorhandensein eines Schreins auf einer kurzen Reihe von Blöcken mit einer Plattform, einem sehr großen Steinbecken, Mauern, Felsbehausungen, Kammern, Grabstätten und einem Opferaltar.
Ein interessanter Aspekt dieser Stätte ist die Ausrichtung der Steine. Ein YouTube-Video zeigt, wie die Steine in einer Linie stehen mit der Sommer- und Wintersonnwende sowie mit den Tag- und Nachtgleichen, wenn die Sonne sich exakt auf der Äquatorebene befindet, sowie den dazwischenliegenden Vierteljahrestagen [„cross-quarter days“: Lichtmess 2. Februar, 1. Mai; 1. August; 1. November; A. d. Üb.].6 Viel spannender ist aber, dass die Linie der Sommersonnwende in der Verlängerung durch die Trilithen von Stonehenge führt und sich dann östlich fortsetzt ins südliche Beirut im Libanon, der Heimat der Phönizier.7
Diese präzise Ausrichtung ist sehr aufschlussreich und könnte ein Beweis dafür sein, dass das Amerikanische Stonehenge von den Phöniziern errichtet wurde, wenn in ferner Vergangenheit südlich von Beirut eine astronomische Anlage existiert hat. Das Gebiet, in dem die Linie den Libanon durchschneidet, nennt man Sands of Beirut.8
Es gibt Anzeichen von Steinkreisen in dem Gebiet südlich von Beirut. Lorraine Copeland, Archäologin mit mehr als 50 Jahren Erfahrung, und Peter Wescombe, von 1963 – 1966 britischer Diplomat im Libanon, erforschten das Gebiet in den frühen 60er-Jahren. Sie entdeckten eine bedeutende altertümliche archäologische Fundstätte am Ostende einer der Landebahnen des Beiruter Flughafens. Im Jahr 1964 führte der libanesische Archäologe M. Roger Saidah vorläufige Ausgrabungen durch.9
Die Stätte von etwa 500 Quadratmetern umfasste zwei nebeneinanderliegende Abschnitte. Ein Bereich wies roten Sand auf, der andere neuzeitlichen Sand. Im ersten Bereich fand man beigesetzte Menschen, im zweiten Bereich befanden sich sechs runde Steinstrukturen. Zu jener Zeit waren diese Kreise etwa 20 bis 40 Meter von der Landebahn entfernt. Die Kreise wurden aus großen Flusssteinen errichtet und maßen im Durchmesser zwischen acht und 15 Metern. Die Kreissteine selbst waren von unregelmäßig ovaler oder runder Form und von unterschiedlicher Höhe zwischen drei und sechs Metern. Bedauerlicherweise fielen alle Kreise Mitte der 60er-Jahre Baumaßnahmen zum Opfer. Feuersteine einschließlich Levalloiskernen, Splittern und sonstigem Abfallmaterial lagen verstreut über das Gebiet, ergaben aber kaum Hinweise auf das Alter der Steinkreise.10
Bei diesen sechs Steinkreisen hat es sich wohl um eine astronomische Anlage gehandelt. Bekanntlich dienten im Altertum die Steinkreise dazu, astronomische Ereignisse zu markieren. Sie wurden neben Begräbnisstätten errichtet, um für die Toten anlässlich der Sonnwenden und Tag- und Nachtgleichen besondere Rituale durchzuführen.
Da die Sommersonnwendlinie nach Verlassen von Amerikas Stonehenge durch den mutmaßlichen Standort der sechs Steinkreise verläuft, ist die logische Schlussfolgerung, dass diese Stelle bei Beirut ein phönizisches Stonehenge war. Die Stätte auf dem Mystery Hill war der geeignete Ort, um die von einer früheren Besiedlung schon vorhandenen Steine neu zu einem Stonehenge anzuordnen. Es ist gut möglich, dass die Phönizier in dem Land, in dem sie sich niederließen, die Errichtung eines Stonehenge und dessen Ausrichtung auf ihr Heimatland Phönizien beabsichtigten. Das einzige immerwährende Phänomen, das auf den Ursprung der Erbauer hinweist, sind die jährlichen astronomischen Ereignisse: Sie verändern sich nicht, sondern bleiben bestehen, solange Sonne und Erde bestehen bleiben.
Auf der Ausgrabungsstätte des Amerikanischen Stonehenge wurden auf einigen Steinen Markierungen entdeckt. Barry Fell, Professor für Zoologie der Wirbellosen am Harvard Museum of Comparative Zoology und ebenso bekannt für seine Arbeit in Inschriftenkunde, erweckte nationales Interesse für die Bedeutung dieser Einritzungen. In seinem 1976 erschienenen Buch „America B.C.“erkannte er an, dass es sich bei den Ritzungen um altertümliche Schriften handelt. Fell behauptete, dass die auf der Ausgrabungsstätte entdeckten Inschriften sowohl Ogham-Schrift wie auch phönizische und iberische Schrift, die er auch als iberisch-punisch bezeichnete,11 darstellten. Die Steinzeichnungen konnten keine Fälschungen sein, weil man unglaubliche Sprachkenntnisse und Fähigkeiten benötigte, um so etwas herzustellen. Fell war der Erste, der 1967 einen der Steine entziffern konnte. Dabei fand er heraus, dass darauf von einem Tempel, der dem phönizischen Sonnengott Baal gewidmet war, die Rede war.12
Auch Hunderte von Inschriften in Ogham wurden neben phönizischen Inschriften entdeckt. Ähnliche Inschriften hat man auf Steinplatten gefunden, was darauf hinweist, dass es sich um Grabsteine handelt. Das sind gute Neuigkeiten, denn erwartungsgemäß sollte sich nahe dem Stonehenge eine Begräbnisstätte befinden. Anscheinend ging die genaue Lage der Begräbnisstätte verloren, als man diese und andere Steine von der Stätte entfernte.13 Offenkundig wurden Steine von dieser Stätte in älteren Kirchen, Häusern und Grenzmauern verbaut. Die meisten Steine wurden allerdings als Randsteine beim Straßenbau und für die Errichtung des Lawrence-Damms im nahegelegenen Massachusetts verwendet. Man kann immer noch altertümliche Inschriften auf den Steinen finden, die für den Bau dieser eher modernen Konstruktionen verwendet wurden.
Einer der Steine, der um 1680 in Bourne, Massachusetts, 125 Kilometer von Salem entfernt, gefunden wurde, wurde als Bourne Stone bekannt.14 Ob er sich ursprünglich dort befand oder von Salem dorthin gebracht wurde, ist nicht klar, sicher aber ist, dass Fell die Inschriften folgendermaßen übersetzte: „Bekanntgabe der Aneignung. Nicht unkenntlich machen. Hiermit nimmt Hanno dies in Besitz.“ Hanno war ein berühmter phönizischer Entdecker und Prinz oder König von Karthago, von dem die alten Griechen erzählen, er habe um 480 v. Chr. den nördlichen Ozean (Nordatlantik) umsegelt.15
Der Bourne Stone mit Einritzungen. (Foto: Bourne Historical Society)
Ein als Baal Stone bekannter Stein, der auf dem Amerikanischen Stonehenge gefunden wurde, trägt Inschriften, die so übersetzt wurden: „Dem Baal gewidmet im Namen der Kanaaniter“16. Die Phönizier nannten sich selbst Kanaaniter, und Baal war ihr wichtigster Gott. Im biblischen Buch Genesis werden die Kanaaniter beschrieben als Nachkommen von Canaan, einem Sohn von Ham und Enkel des Noah. Sie wurden auch Phönizier genannt. Ihr oberster Gott war El, aber sie hatten auch andere Götter mit besonderen Funktionen. Baal war der Gott des Regens und der Fruchtbarkeit.17
Ein 4,5 Tonnen schwerer, als Opfertisch bezeichneter Stein mit den Abmessungen 2,7 Meter mal 1,8 Meter und auf vier steinernen Beinen ruhend, steht im Zentrum eines weiträumigen Hofes auf der Stonehenge-Anlage. Auf der Oberseite des Steins befinden sich Rinnen nahe der Kante. Einige Archäologen sind der Ansicht, dass die Rinnen Blut von Menschen- oder Tieropfern aufnehmen und in ein Gefäß abtropfen lassen sollten.18 Interessante Anmerkung: Es scheint eine Auskerbung zu geben, in die das Gefäß hineinpasste.19 Man weiß, dass die Phönizier zu besonderen Anlässen ihrem Gott Baal Menschenopfer darbrachten.
Manana ist eine kleine Insel in der Nachbarschaft der Insel Monhegan, etwa zwölf nautische Meilen (22 km) vor der Küste von Maine. Monhegan liegt etwa 264 km von der Bay of Fundy und 187 km vom Mystery Hill entfernt. Einen mit Inschriften versehenen Fels, den man auf Manana entdeckt hat, kennt man als die Monhegan-Inschrift. Barry Fell konnte sie entziffern: „Ladeflächen für Schiffe aus Phönizien“20. Anscheinend dienten die Häfen der Inseln Manana und Monhegan als Landestellen für die phönizischen Häfen zum Anlegen und Handeltreiben.
Der Historiker und Autor Thomas Fleming äußert sich dazu:
„Aus [dieser] und weiteren Inschriften wie auch aus einer intensiven Untersuchung historischer Informationen über die seefahrerischen Fähigkeiten der Menschen aus Karthago und Tarsis schloss Fell, dass es mindestens 400 Jahre v. Chr. zwischen Amerika und den Mittelmeerländern einen regen Handelsverkehr gab. Hauptsächliche Handelsgüter waren vermutlich Kupfer, Pelze und Tierhäute.“21
Einige Forscher verorten die Stadt Tarsis an Spaniens Mittelmeerküste. Sie war im Altertum bekannt für ihre überaus mutigen Seefahrer. Angeblich wurde Tarsis 533 v. Chr. von den Karthagern zerstört, die dann den Handel von Tarsis übernahmen. An anderer Stelle in Nordamerika wurden Inschriften entdeckt, auf denen die Bewohner von Tarsis erwähnt werden.22 Barry Fell konnte den Text entziffern: „Ladeflächen für Schiffe aus Phönizien“.
Der punisch-phönizische Stadtstaat Karthago, gelegen an der Ostseite des Sees von Tunis im heutigen Tunesien, gab 350 v. Chr. Goldstater heraus. Diese Goldmünzen zeigen auf ihrer Rückseite ein Muster. Der Geologe Mark McMenamin deutete das Muster ähnlich einer „Karte des Mittelmeerraumes samt Amerika im Westen jenseits des Atlantiks“.23
Auf der Website Phoenicia.org kann man nachlesen, dass McMenamin seine Annahme mit Computerunterstützung zur Analyse der in Karthago zwischen 350 und 320 v. Chr. geprägten Goldmünzen formuliert hat. Wenn seine Annahme stimmt, dann „stellen diese Goldmünzen nicht nur die ältesten, jemals gefundenen Karten dar, sondern weisen auch darauf hin, dass karthagische Entdecker in die Neue Welt gesegelt sind“.24
In der Anekdotensammlung Liber Mirabilibus Auscultationibus, die Aristoteles zugeschrieben wird, heißt es:
„In dem Meere jenseits der Säulen des Herkules [Straße von Gibraltar], sagt man, haben die Karthager eine öde Insel entdeckt, allenthalben mit Waldung und schiffbaren Flüssen versehen, im Übrigen auch bewunderungswürdig durch ihre Früchte, in einer Entfernung von mehreren Tagreisen.“25
Der Forscher Paul Tudor Angel kommentiert das so:
„Das kann eine Anspielung auf Amerika sein. (Im Altertum nannten Seefahrer jedes neu entdeckte Land eine Insel, denn ohne das Land umrundet zu haben, wussten sie nicht, ob es sich um eine Insel, eine Halbinsel oder einen Kontinent handelte).“26
Der Anthropologe und Schriftsteller John Denison Baldwin schreibt in seinem Buch „Ancient America“:
„Die bekannte Unternehmungslust der Phönizier und das alte Wissen von Amerika, das so vielfältig Ausdruck findet, untermauern stark die Hypothese, dass das Volk der Phönizier auf diesen Kontinent kam, Kolonien gründete dort, wo man Ruinen von Städten entdeckt hat, und sie mit kultiviertem Leben erfüllte. Es wird behauptet, dass sie Fahrten auf dem ‚großen äußeren Ozean‘ unternahmen und die Seeleute den Atlantik überquerten; des Weiteren heißt es, dass symbolische Embleme ähnlich denen der Phönizier in den amerikanischen Ruinen gefunden werden.“27
Nachdem ich einige Indizien für die Theorie, dass die Phönizier nach Nordamerika gesegelt sind, vorgestellt habe, richte ich mein Augenmerk nun darauf, wie und warum sie solche Reisen unternommen haben könnten.
Ihre Blütezeit erlebten die Phönizier zwischen etwa 1.500 und 300 v. Chr.28 Sie hatten Niederlassungen entlang der Ostküste des Mittelmeeres, vor allem in Tyros, Sidon, Beirut, Byblos und Tripolis. An dieser Küstenlinie entdeckten sie das Färben mit Purpur, der aus der Purpurschnecke gewonnen wurde. Das purpurgefärbte Tuch der Phönizier war so teuer, dass nur Könige und Wohlhabende es sich leisten konnten. Die Griechen nannten die Phönizier Phoenekoi, was so viel bedeutete wie „Träger des blutroten Tuches“ und sich auf die purpurrote Färbung bezog. Die Phönizier waren Bauern, bewirtschafteten Wälder und waren geschickte Handwerker für Holzarbeiten, Glasmacherei, Seifenherstellung und Weberei. Sie erfanden Methoden für die Erzeugung von Olivenöl und den Weinanbau. Um ihre Produkte zu vermarkten, erkundeten sie das offene Meer. Im gesamten Mittelmeerraum trieben sie mit ihren Waren Handel und wurden als abenteuerlustige Seefahrer und außergewöhnliche Handelsmacht bekannt.29
Detail aus „Phoenicians Bartering with Ancient Britons“, Spirit Fresco auf Leinwand von Frederic Leighton von 1894–1895. (Foto: The Bridgeman Art Library)
Die Phönizier schlossen leicht Bündnisse und errichteten Niederlassungen in verschiedenen Häfen im Mittelmeerraum, von denen Karthago der wichtigste war. Um 700 v. Chr. waren sie die Hauptlieferanten von Rohwaren für das assyrische Reich, ebenso fungierten sie für Ägypten als Handelsvertreter für Gold, Zinn, Kupfer und weitere für diese bedeutenden Mächte wertvolle Güter.30 Das legt nahe, dass die Phönizier sich aus dem Mittelmeer hinaus gewagt haben in Richtung Westspanien, Südostbritannien und Westafrika. Nachweise für den Handel und die freundschaftlichen Beziehungen mit den Ägyptern finden sich in den Ruinen von Byblos, wo ägyptische Monumente neben phönizischen liegen.
Es gibt Geschichten über einen phönizischen Seefahrer namens Hanno, „der um 500 v. Chr. die afrikanische Küste erforschte und besiedelte“. Es heißt, er habe sieben Städte und etliche Handelsposten gegründet.
„Die Griechen hatten Inschriften im Tempel des Baal in Karthago kopiert, und so überlebten diese als Niederschrift aus dem 10. Jahrhundert n. Chr., worin über die Reisen dieses Mannes berichtet wird[…]Es wird aber auch erzählt, dass Hanno ein König im südlichen Spanien und sein Heimathafen das phönizische Cádiz war. [D]ie Phönizier waren die Gründer der Stadt Cádiz. Interessanterweise wären die dokumentierten Reisen der Phönizier von Iberien nach Afrika und dann weiter nach Indien zweimal so lange gewesen wie die über den Atlantik.“31
Bestimmt ist der Hanno, dessen Name sich auf dem Bourne Stone befindet, derselbe wie der eben beschriebene Mann. Trotz alledem kann Hanno nicht der einzige phönizische Seefahrer gewesen sein, der sich so weit hinaus gewagt hat. Es ist sehr gut möglich, dass auch andere den Ehrgeiz, den Mut und die Neugier besaßen, den Atlantik zu überqueren und in Nordamerika zu landen.
Die Navigationskenntnisse der Phönizier waren zu ihrer Zeit unerreicht. Ihre Seeleute waren sehr begehrt als Besatzung von Schiffen aller Länder. In dem 1930 erschienenen Buch „Monhegan, the Cradle of New England“ heißt es:
„Auf phönizischen Schiffen waren die Segel so angeordnet, dass sie auch segeln konnten, wenn der Wind nicht ganz von hinten kam. Die in Cádiz vorherrschenden Winde kommen während der Wintermonate aus Südwest, und da Cádiz auf 36° nördlicher Breite und Monhegan auf 43°45’52’’liegt, könnten diese Winde die Schiffe bei gleichbleibender Stärke zu dieser Insel gebracht haben. In Cádiz herrscht der gleiche hohe Tidenhub wie am felsigen Ufer von Monhegan.“32
Die Phönizier waren zu ihrer Zeit nicht nur sehr rege Forschungsreisende, sondern auch Erbauer der damals größten seetüchtigen Schiffe. Sie verfügten über widerstandsfähiges Zedernholz, die Küsten und die Arbeitskräfte. Für den Transport ihrer Waren übers Meer benötigten sie kräftige und solide Schiffe. Der Handel war ihr Spezialgebiet, ihre Existenzgrundlage und der Anreiz, unbekannte Gewässer zu erforschen.
Die Phönizier besaßen die Mittel, die Erfahrung, die Fähigkeiten, den Ehrgeiz und die Abenteuerlust zur Entdeckung neuer ferner Länder, um profitablen Handel zu treiben. Ihre Schiffe mussten also den Fährnissen der Fahrten auf offenem Meer gewachsen sein. Deshalb waren sie im Altertum die Herren der Meere.
Die Phönizier segelten zunächst auf kurzen Strecken über das Mittelmeer und behielten dabei stets das Ufer im Blick. Tagsüber trieben sie Handel zwischen den Städten an der Küste, und nachts ankerten sie im sicheren Hafen. Aber sie beobachteten des Nachts den Himmel und achteten dabei besonders auf den nördlichen Polarstern, den man in alter Zeit auch den Phönizier nannte. Seine Entdeckung ebnete den Weg zur Navigation zu weit entfernten Meeresbereichen. Die Phönizier behielten ihre Fahrtrichtung bei, indem sie die Positionen des Polarsterns im Kleinen Bären beobachteten.33 Tatsächlich verwendeten sie als Erste die Navigation nach den Sternen, um von A nach B zu gelangen. Dadurch sparten sie Strecke und Zeit, weil sie nicht der Küstenlinie zu folgen brauchten.
Wenn die Phönizier tagsüber segelten, beobachteten sie die Vögel und die Muster ihrer Züge. Dadurch entdeckten sie neues Land im Mittelmeer und ebenso im Atlantik. Sie wussten, dass Zugvögel auf der Suche nach Nahrung, Wasser und zum Nestbau weit entfernte Länder aufsuchen. Deshalb ist es mehr als wahrscheinlich, dass die Phönizier den Vögeln, die von Europa oder Afrika in die Neue Welt zogen, nachfuhren.
Eine ganze Reihe von Zugvögeln ziehen alljährlich über den Atlantik, so zum Beispiel der Kuhreiher, Singvögel, der Schwarzschnabel-Sturmtaucher und die Küstenseeschwalbe. Der Schwarzschnabel-Sturmtaucher ist hier von besonderem Interesse, weil die Phönizier seiner Flugroute gefolgt sein könnten. Dieser Seevogel durchfliegt regelmäßig den Atlantik, und einer seiner bevorzugten Landeplätze ist die Bay of Fundy an der nordamerikanischen Atlantikküste.34
Die Phönizier waren in Spanien, Portugal, Marokko und auf den Kanarischen Inseln sowie zu den Britischen Inseln wegen des Zinns und zum Handeltreiben unterwegs, deshalb ist es sehr gut möglich, dass sie auf ihren Fahrten über den Atlantik auf den Sturmtaucher getroffen sind. Wenn sie nun seiner Zugroute gefolgt sind, wären sie schließlich in der Bay of Fundy im Golf von Maine, nur 450 km entfernt von Amerikas Stonehenge in Salem, New Hampshire, gelandet.
Wenn das Papyrusboot Ra II die Fahrt von Safi in Marokko nach Barbados in der Karibik schaffte, konnten auch phönizische Schiffe, die meisterlich aus Zedernholz gefertigt waren, eine solche Reise ungeachtet der Route überstehen. Hier darf angemerkt werden, dass eines der königlichen Schiffe von Khufu, das man unbeschädigt in einer Grube neben der Großen Pyramide 4.500 Jahre nach dem Vergraben entdeckt hat, aus Zedernholz hergestellt war.35
Die Phönizier waren hervorragende Seefahrer, die mit ihren Waren Handel trieben. Sie besaßen stabile und leistungsfähige Schiffe, mit denen sie die Meere befahren konnten. Sie navigierten nach den Sternen und den Vogelzügen und folgten wahrscheinlich der Zugroute des Sturmtauchers zur Bay of Fundy. Südlich davon errichteten sie Häfen auf den Inseln Manana und Monhegan. Sie mussten ihre Handelsgüter ans Festland bringen, also mussten sie zur Küste hinüber gefahren sein und so Mystery Hill erreicht haben. Dort hatten sie die ideale Örtlichkeit für die Errichtung ihres Stonehenge und dessen Ausrichtung auf ihre Heimat Phönizien gefunden.
Es ist gut vorstellbar, dass die Phönizier mit ihren wertvollen Gütern auf ihren Schiffen den Atlantik überquerten, um mit den Bewohnern dieses fernen Landes Handel zu treiben, und auf ihrer Rückfahrt Waren aus dieser neuen Welt mitbrachten zum Verkauf an die Siedler im Mittelmeerraum.
Ich möchte die Wissenschaftler dazu ermuntern, die in diesem Artikel vorgestellten Punkte aufzugreifen und sich daran zu machen, in den alten Gräbern auf den megalithischen Ausgrabungsstätten an der Ostküste der USA und an den im Golf von Maine versunkenen Artefakten phönizische DNS zu finden.
Meiner Ansicht nach verdienen die Phönizier Anerkennung dafür, dass sie die Neue Welt vor Jahrtausenden erreicht haben.