NEXUS Magazin: https://www.nexus-magazin.de/artikel/lesen/paititi-auf-der-suche-nach-dem-letzten-zufluchtsort-der-inka
Es ist wie verhext. Seit Jahrhunderten starten Abenteurertrupps in der Region Paucartambo östlich von Cusco, Peru in die Dschungel des angrenzenden Madre de Dios. Dort soll er liegen, der geheimnisumwobene letzte Rückzugsort der Inka: El Gran Paititi. Von weißen Männern mit Bärten berichten die Legenden, einem Tigerkönig und verschollenen Goldschätzen.
Über die Jahrhunderte kommen weitere Geschichten hinzu, die die Legende nähren, werden neue Ruinen im Dschungel entdeckt, die die nächsten Abenteurer anlocken. Manche tauchen nie wieder auf, andere dringen weiter vor, werden erneut enttäuscht. Wird die jüngste Expedition das Rätsel mit moderner Technik lösen?
Peru ist voll von verlorenen Städten. Dieses riesige Land mit seinen Wüsten, Bergen und Dschungeln birgt viele Geheimnisse und alte Ruinen. Die wahrscheinlich berühmteste der verlorenen – und wiedergefundenen – Städte, die heute beliebte Ausflugsziele sind, dürfte Machu Picchu sein, eine megalithische, größtenteils aus riesigen Steinblöcken errichtete Stadt. Bei einer Wanderung auf dem Inkapfad nach Machu Picchu können weitere verlorene Städte besichtigt werden. Andere sind bis heute unentdeckt.
Vilcabamba, der letzte Rückzugsort der Inka, war von 1539 bis 1572 die Hauptstadt des Nachfolgestaates des Inkareichs. Es war die letzte Hochburg der Inka, bis die Stadt im Jahr 1572 von den Spaniern und ihren indigenen Verbündeten eingenommen wurde. Dies beendete den Widerstand der Inka gegen die spanische Herrschaft. In der Folgezeit wurde Vilcabamba verlassen und der Standort geriet in Vergessenheit. Im Jahr 1911 erfuhr der Entdecker Hiram Bingham im Gespräch mit Einheimischen, wo sich die Ruinen befanden, die von den Peruanern „Espíritu Pampa“ genannt wurden. Bingham war anfangs fälschlicherweise davon überzeugt, dass es sich bei Machu Picchu um Vilcabamba handle. Im Jahr 1964 identifizierte der amerikanische Forscher Gene Savoy die Ruinen von Espíritu Pampa als Vilcabamba.
Aber die verlorene Stadt, über die möglicherweise am meisten gesprochen wird, ist Paititi, manchmal auch „El Gran Paititi“ genannt, der tatsächliche letzte Zufluchtsort der Inka. In der deutschsprachigen Wikipedia findet sich zu Paititi Folgendes (Mai 2022):
„PaititioderPaytitiist der Name der ,Verlorenen Stadt der Inka‘, des mysteriösen Zufluchtsorts der Inka im Osten Perus. […]
2001 fand der italienische Archäologe Mario Polia in den Archiven der Jesuiten in Rom neue Hinweise auf Paititi: einen Bericht des Missionars Andrea Lopez. In dem Dokument, das aus der Zeit um 1600 stammt, beschreibt Lopez eine große Stadt, die reich an Gold, Silber und Edelsteinen sein soll, mitten im tropischen Urwald an einem Wasserfall liege und von den EinheimischenPaititigenannt werde. […]
In der Mythologie der Q’ero-Indianer ist Paititi der Ort der Entrückung des Inkakönigs (Inkarrí), von wo er bald auch wiederkommen wird, spätestens am Tage des Jüngsten Gerichts.“
Auch zu Inkarrí hält die deutschsprachige Wikipedia Informationen bereit (Mai 2022):
„Der Mythos vonInkarri(auch:Inkarrí, mit Endbetonung) ist in verschiedenen Versionen bei der quechuasprachigen Bevölkerung im südlichen Andenhochland von Peru verbreitet. Der Name hat sich durch Umformung der spanischen BezeichnungInca Rey(„Inkakönig“) durch Anpassung an die Quechua-Aussprache entwickelt. […]
Der Kern des Mythos beinhaltet eine Prophezeiung des Inka vor seiner Ermordung durch die Spanier, wonach er wiederkehren und die Ordnung des Inkareiches wiederherstellen werde. Generell wird der Tod des Inka in dem Mythos stets als Enthauptung dargestellt […]. Die Körperteile des Inka sollen an verschiedenen Orten begraben sein, wobei sich die Ortsangaben unterscheiden. Meist heißt es, der Kopf sei in Lima oder Spanien, der Rumpf in Cusco begraben. Die Q’ero-Indianer erzählen dagegen, Inkarrí sei an den sagenhaften Ort Paytiti entrückt worden. Die Körperteile, so heißt es, würden wieder zusammenwachsen und der Inka wiederauferstehen. Es handelt sich somit um einen messianischen Mythos.“
Aber handelt es sich bei Paititi um einen Mythos? Oder gibt es wirklich einen solchen Ort?
Als die Spanier im Jahr 1572 in Vilcabamba einmarschierten, fanden sie die Stadt verlassen, niedergebrannt und ohne Schätze vor. Der Erzählung zufolge wurde zur Zeit der Eroberung jedoch ein großer Schatz aus Cusco nach Paititi gebracht. Zu diesem Schatz gehörten eine große Sonnenscheibe aus Gold, andere goldene Gegenstände und die 13 mumifizierten Inkaherrscher, die vor Atahualpa, dem von Pizarro hingerichteten Inkakönig, regiert hatten.
El Gran Paititi war auch als „weißes Haus“ und „Haus des Tigerkönigs“ bekannt und war nach allgemeiner Auffassung ein wichtiger Außenposten der Inka im Dschungel. Ausführliche Informationen über Paititi finden sich in einem Buch aus dem Jahr 1979 mit dem Titel „Por las rutas del Paititi“ („Die Wege nach Paititi“), verfasst vom Salesianerpater Juan Carlos Polentini Wester. Darin wird eine Geschichte wiedergegeben, laut der nach der Niederlage der Inka durch die Spanier bei Ollantaytambo eine Splittergruppe der Inka nach Osten in den Dschungel von Madre de Dios gewandert sein und den Inkaschatz nach Paititi gebracht haben soll. Bis heute wurde Paititi jedoch nicht entdeckt.