NEXUS Magazin: https://www.nexus-magazin.de/artikel/lesen/jurassic-quark
Die beiden Artikel in NEXUS 96 zum Thema Erdexpansion haben einen Leser in sein Textarchiv geführt. Mit etwas Ingenieursmathematik, einem MS-DOS-Funktionsplotter und in vier verwegenen Gedankensprüngen war er vor 15 Jahren einer unorthodoxen Frage nachgegangen: Wäre Jurassic Park mit der Schwerkraft von heute überhaupt möglich?
Im Herbst des Jahres 2000 rauschte unter dem Titel „Langhals-Dinosaurier konnten ihren Kopf nicht heben“ folgender Artikel durch den internationalen Blätterwald:
„Das Bild von Dinosauriern, die wie in dem Film ‚Jurassic Park‘ ihre langen Hälse in die Höhe strecken und Blätter von den Baumspitzen abfressen, ist nach Überzeugung von Forschern falsch. Roger Seymour, Professor für Umweltbiologie an der Universität im australischen Adelaide, und Harvey Lillywhite von der Universität von Florida, fanden heraus, dass es für Dinosaurier mit langen Hälsen, die sogenannten Sauropoden, körperlich unmöglich gewesen sei, sich so zu verhalten. Ihr Herz sei dazu viel zu klein gewesen. In einem Forschungsbericht, der in der Zeitschrift der Royal Society in London veröffentlicht wurde, hat Seymour Daten zusammengetragen, die den Schluss nahelegen, dass Dinosaurier ihre langen Hälse nur horizontal tragen konnten. Mit vertikal aufgerichtetem Hals hätten die Dinosaurier nur leben können, wenn sie ein außergewöhnlich großes Herz gehabt hätten oder wenn sie Kaltblüter gewesen wären, sagte Seymour der Universitätszeitung Adelaidean. Die Frage, ob Dinosaurier warm- oder kaltblütig waren, wird seit über 30 Jahren erörtert.“
Artikel dieses oder ähnlichen Inhalts tauchen seit Jahren in der Presse auf und unter wie das legendäre Monster von Loch Ness. Alles, was sie bewirken, ist ein kurzes Kopfschütteln oder Schulterzucken – niemand macht sich über derartige Dinge länger Gedanken als es braucht, die Zeitung umzublättern.
Niemand? Anfang der 1990er-Jahre beschloss Theodore „Ted“ A. Holden – ein erbitterter Kritiker der Darwinschen Evolutionstheorie – der Sache auf den Grund zu gehen. Resultat seiner Überlegungen war ein Artikel mit dem Titel „Megafauna and the attenuated gravity of the antique system“ (Die Großfauna und die abgeschwächte Gravitation des antiken Systems). Holdens Gedankengang ist folgender:
Wie aus der dreidimensionalen Geometrie bekannt, verändert sich das Volumen eines Körpers mit der dritten Potenz seiner Hauptabmessung. Eine Kugel mit doppeltem Durchmesser hat achtfaches Volumen. Die Oberfläche des Körpers bzw. jeder beliebige Querschnitt wächst jedoch nur mit der zweiten Potenz. Die Kugel mit doppeltem Durchmesser hat also nicht die achtfache Oberfläche, sondern nur die vierfache. Auch jede ihrer Querschnittsflächen ist lediglich viermal so groß wie diejenige mit einfachem Durchmesser.
Gleiches gilt ebenso für Gewicht (Masse) und Festigkeit: Die Kugel mit doppeltem Durchmesser hat das achtfache Gewicht, wird jedoch nur von der vierfachen Fläche „zusammengehalten“. Wenn man nun noch weiß, dass die Kraft eines Muskels abhängig von seinem Querschnitt (Fläche) ist, und nicht von seinem Volumen, dann hat man die Voraussetzungen zusammen, um Holdens Argumentation folgen zu können.
Holden entwickelt seine Berechnungen anhand des legendären amerikanischen Gewichthebers Bill Kazmaier, der in den 1970er- und 1980er-Jahren als „stärkster Mann der Welt“ erachtet wurde. Kazmaier wog zu seiner besten Zeit um die 154 Kilogramm und war in der Lage, 454 Kilogramm im Stoßen zur Hochstrecke zu bringen. Addiert man Kazmaiers Hantelgewicht zu seinem Körpergewicht, erhält man 608 Kilogramm, die seine Beine und seine Körpermuskeln kurzzeitig in der Senkrechten zu halten vermochten.
Aufgrund der oben erwähnten geometrischen Zusammenhänge ist es in Gewichtheberkreisen bekannt, dass man die Leistungsfähigkeit von Hebern unterschiedlicher Gewichtsklassen vergleichen kann, indem man ihr Körpergewicht mit⅔(ca. 0,667) potenziert –⅔deshalb, weil 2 die Potenz der Muskel-Querschnittsfläche ist (Kraft ist proportional der Fläche), 3 die Potenz des Körpergewichts (Masse ist proportional dem Volumen).
Für Bill Kazmaier gilt dann:
Körpergewicht: 154 kg
Hantelgewicht: 454 kg
Gesamtgewicht: 608 kg
Daraus ergibt sich ein „Kazmaier-Index“ von
608/154⅔= 21,16
Für Max Middleweight gilt:
Körpergewicht: 75 kg
Gesamtgewicht: 75⅔* 21,16 =
376 kg
Vorausgesetzt, Max ist so gut in Form wie Billy, bekommt er also ein Hantelgewicht von 376 – 75 = 301 Kilogramm in die Höhe …
Bereits hier sieht man jedoch, dass die Verhältnisse ungünstiger werden mit zunehmendem Körpergewicht: Während der 75 Kilogramm schwere Heber eine Hantel vom vierfachen (!) seines Körpergewichtes stemmen kann, bringt es Kazmaier nur (!) noch auf das Dreifache. Unterzieht man die Funktion f(x)=x⅔* 21,16 – x einer Kurvendiskussion (Analysis) erhält man folgendes Resultat: