NEXUS Magazin: https://www.nexus-magazin.de/artikel/lesen/gesundheitsrisiken-intelligenter-stromzaehler
Mit dem vermehrten Einsatz intelligenter Stromzähler, sogenannter Smart Meters, nehmen auch Berichte über deren Einfluss auf den menschlichen Organismus zu. Symptome wie Schlafstörungen, Kopfschmerzen oder Tinnitus, um nur die häufigsten zu nennen, scheinen von der Hochfrequenz-Abstrahlung der Geräte verursacht zu werden. Der folgende Artikel beschäftigt sich mit den Entwicklungen rund um das Thema, im Mittelpunkt steht die aktuelle Situation in Australien.
Das Council of Australian Governments (COAG) empfahl in seiner nationalen Reformagenda für die Energiepolitik des Staates den schrittweisen Austausch analoger Stromzähler, um diese durch digitale Smart Meters zu ersetzen. Die im Zuge dessen beworbenen Geräte sollten drahtlos mit einem intelligenten Stromnetz in Verbindung stehen und Stromanbietern sowie Endkunden bessere Einsicht und mehr Kontrolle über den Energieverbrauch gewähren. Geplant war, die Beschlüsse ab dem Jahr 2009 umzusetzen. Bis jetzt (1. Quartal 2013) haben sich lediglich die Bundesstaaten New South Wales und Victoria der Markteinführung der neuen Geräte verpflichtet.1
[Auch die Europäische Union empfiehlt derzeit die Installation von Smart Meters. In Deutschland sind intelligente Stromzähler in Neubauten und Totalsanierungen einzusetzen, eine Nachrüstung in bestehenden Haushalten wird nicht vorgeschrieben. Die Zusatzfunktion der Fernauslesung ist hierzulande in keinem Fall gesetzlich verpflichtend. Siehe § 21b EnWG; http://tinyurl.com/afl6cfc; Anm. d. Red.]
Die australischen Befürworter der neuen Technologie führten mehrere Gründe für die obligate Einführung der Smart Meters an. Endabnehmer könnten mithilfe der intelligenten Stromzähler Energieverbrauch und damit auch -kosten reduzieren, so das Hauptargument. [Die neuen Stromzähler scheinen sich allerdings nur für Anbieter, nicht für Verbraucher als intelligent zu erweisen. Die behördliche Onlinequelle ist mittlerweile nicht mehr verfügbar, die Information über gesteigerte Kosten nach Einführung der Geräte findet sich jedoch in der englischsprachigen Wikipedia, siehe http://tinyurl.com/az6vcgu; Anm. d. Red.]
Weiteres Ziel der Kampagne von COAG ist es, Millionen vorhandener Haushaltsgeräte durch neue, energieeffiziente Modelle zu ersetzen. Auf den intelligenten Herd, Kühlschrank und Co. könnte dann weltweit per Smartphone zugegriffen werden. Daten über den Energieverbrauch und Nutzungsprofile würden währenddessen in Echtzeit zurück an den Energieversorger gesendet.
Vor kurzem kamen intelligente Kühlschränke auf den Markt, die über ein sogenanntes Lebensmittel-Management-System verfügen. Mit dessen Hilfe lassen sich Produkte im Gerät sowie deren Ablaufdaten auf einem Smartphone abrufen. Lebensmittel, die für gewisse Rezepte fehlen, erkennt das System selbsttätig und setzt sie auf die digitale Einkaufsliste.2 Ein weiteres Beispiel der neuen intelligenten Haushaltsgeräte stellen Staubsauger dar, die über eine Überwachungskamera verfügen und via Smartphone ferngesteuert werden können.3 [Das Attribut „intelligent“ scheint auch vor Alltagsobjekten frei von komplexer Elektronik keinen Halt zu machen. Einsatz findet es oft nur, um das weniger werbewirksame „drahtlos“ abzulösen. Ein Beispiel sind Fenster, die künftig zu Sendeverstärkern umfunktioniert werden sollen, siehe http://tinyurl.com/aq55tc4; Anm. d. Red.]
Am 17. Mai 2012 veröffentlichte Energy Safe Victoria (ESV) einen Berichtsentwurf zur Sicherheit im Umgang mit Smart Meters. Das Schreiben mit dem Titel „Safety of Advanced Metering Infrastructure in Victoria“4 wurde als Reaktion auf sich häufende Bedenken über die verpflichtende Einführung der Geräte verfasst. Obwohl das Dokument scheinbar Fragen zur Sicherheit der intelligenten Stromzähler beantworten soll, wurde denkbaren Gesundheitsrisiken so gut wie keine Aufmerksamkeit geschenkt. [Neben den gesundheitlichen Bedenken werden bezüglich der Sicherheit auch jene Stimmen lauter, die auf die simple Hackbarkeit der Smart Meters hinweisen, d. h. Manipulierbarkeit durch Dritte. Siehe http://tinyurl.com/cksakdk (Vortrag auf Englisch); Anm. d. Red.]
Die Auswirkungen auf die Gesundheit lägen laut ESV „außerhalb der detaillierten Betrachtung“ des Berichts und seien von anderen Behörden wie der Australian Communications and Media Authority (ACMA) zu beleuchten. Die ACMA ist unter anderem für die Einhaltung der Belastungsgrenzen in bzw. durch Informations- und Telekommunikations-Technologie verantwortlich. Die zulässigen Emissionswerte, auf die sich die ACMA bezieht, werden wiederum von der Australian Radiation Protection and Nuclear Safety Agency (ARPANSA) festgelegt.5
Mit den Verweisen auf fremde Zuständigkeitsbereiche bleibt das Wesentlichste unerwähnt: die gänzliche Nichtexistenz adäquater Richtlinien. So befasst sich die ARPANSA lediglich mit dem Schutz vor Wärmestrahlung (Erhitzung von Gewebe) aus hoch-intensiven Quellen, nicht mit möglichen kumulativen Auswirkungen niedrig-energetischer Belastungen.6 Zu behaupten, alle gesundheitlichen Bedenken seien wissenschaftlich widerlegt und damit vom Tisch, ist schlicht falsch.
Sich mehrende Berichte von Bürgern, die kurz nach dem Einbau eines Smart Meters erkrankten, lassen auf das Gegenteil schließen. Die Betroffenen klagen dabei über Schlaf-, Konzentrations- sowie Sehstörungen, Druckgefühle im Kopf bzw. Kopfschmerzen, Herz-Kreislauf-Probleme, Bluthochdruck, Tinnitus, Nervosität, Angespanntheit, überhöhte Reizbarkeit, Kraftlosigkeit, Müdigkeit, Übelkeit, Hautausschläge, grippeähnliche Symptome, veränderte Menstruationszyklen und Verhaltensänderungen bei Kindern.7 Sind die Geräte besonders nahe zu den jeweiligen Schlafplätzen der Leidtragenden installiert, so scheinen sich die Symptome besonders stark zu manifestieren. Derartige Berichte beschränken sich nicht nur auf den australischen Bundesstaat Victoria, sondern sind auch aus den Vereinigten Staaten8, 9 und Kanada10 bekannt, wo intelligente Stromzähler bereits seit längerer Zeit eingesetzt werden. In Europa ist es hingegen noch zu früh, um auf empirische Daten zurückgreifen zu können.11
Trotz der zahlreichen öffentlichen Aufforderungen an ESV (auch meinerseits), sich mit den gesundheitlichen Auswirkungen auseinanderzusetzen, blieb die Behörde in ihrem Abschlussbericht vom 31. Juli 2012 bei ihrer Aussage: „Smart Meters sind ungefährlich“. Themen wie Gesundheit oder Strahlenemission suchte man im Dokument vergeblich. Der Abschnitt 3.6 mit dem Titel „Senden Smart Meters Strahlung aus oder sondern toxische bzw. schädliche Chemikalien ab? (Do smart meters emit radiation or other toxic or harmful chemicals?) wurde im finalen Bericht zu „Sondern Smart Meters toxische bzw. schädliche Chemikalien ab?“ (Do smart meters emit toxic or harmful chemicals?). Das Wort Strahlenemission wurde einfach aus der Fragestellung gestrichen.12
Derzeit existieren keine Studien zu möglichen gesundheitsschädlichen Effekten der durch die Geräte ausgesandten Radio- bzw. Hochfrequenzen (HF). Es kam jedoch zu einer Befragung von 318 US-Amerikanern, die einen intelligenten Stromzähler in ihren eigenen vier Wänden installiert hatten oder in der Nähe eines solchen Geräts wohnten. Die Auswertung der Antworten zeichnete ein deutliches Bild: 49 Prozent der Befragten klagten über Schlafstörungen, 43 Prozent über Angespanntheit, 40 Prozent über Kopfschmerzen, 38 Prozent über Ohrenklingeln und 26 Prozent über Herz-Kreislauf-Probleme.13, 14 Auch in diesen Fällen schienen sich die vorliegenden Symptome stärker auszuprägen, wenn sich der intelligente Stromzähler in unmittelbarer Nähe zum Schlafzimmer der Betroffenen befand.
Als Reaktion auf die Umfrageergebnisse haben die kalifornischen Energieversorger unter dem Banner der California’s Electric Investor-Owned Utilities (IOUs) angeblich damit begonnen, kürzlich verbaute Smart Meters wieder durch analoge Zähler zu ersetzen. Das scheint zumindest in Haushalten geschehen zu sein, in denen sich die Bewohner über ein oder mehrere der oben gelisteten Beschwerden beklagten.15
Das Maine Supreme Judicial Court (Höchstgericht in Maine, USA) hat währenddessen gegen Regierungsstellen geurteilt, die es versäumten, vor der Einführung der intelligenten Stromzähler mögliche Gesundheitsrisiken zu thematisieren.16 Den Anklagepunkt aus dem US-amerikanischen Bundesstaat könnte man ebenso im australischen Victoria geltend machen.
Zwei Symptombeschreibungen betroffener Personen in Victoria:
„Seit der Installation [des Smart Meters] wache ich jeden Morgen mit Kopfschmerzen auf und gehe abends mit Schwindelgefühlen ins Bett. Der Stromzähler befindet sich auf meiner Veranda, an der Außenwand meines Schlafzimmers. Ich bin dem Gerät nachts also sehr nahe.“17
„Meine Symptome traten erstmals in der Nacht unmittelbar nach der Installation des Smart Meters auf. Ich erwachte mit starkem, rasendem Herzklopfen und einem Benommenheitsgefühl. [Ich nahm] ein anschwellendes Gefühl [wahr], das immer wieder durch meinen Körper fuhr. [Ich hatte] Kopfschmerzen und ein brennendes Gefühl in der linken Seite meines Kopfes. [Ich habe ein] geschwächtes Immunsystem, das zur Verkühlung und Grippe führte. Derzeit leide ich an Übelkeit und bekomme maximal zwei bis drei Stunden Schlaf pro Nacht.“18
Weisen die berichteten Beschwerden auf die unmittelbare Beeinflussung durch die gerätespezifischen HF-Emissionen hin oder handelt es sich um eine sogenannte Smart-Meter-Hysterie, wie manche behaupten?19 Letzterem Urteil nach soll die mediale Panikmache einer der Auslöser für die demnach eingebildeten Krankheitsbilder sein. Das behaupten vor allem jene, die an der neuen Technologie verdienen oder sie aus anderen Gründen bewerben. Im Folgenden werde ich auf alle Eventualitäten und den derzeitigen Erkenntnisstand eingehen.
Ein im Januar 2012 veröffentlichter Artikel einer kanadischen Zeitung bezeichnete den öffentlichen Widerstand gegen die Einführung der intelligenten Stromzähler durch den Elektrizitätsversorger Hydro-Québec als „ungerechtfertigte Panikmache“, die nur durch die Ökobewegung angefacht und aufrechterhalten werde.20 Berichte über negative Auswirkungen auf die Gesundheit würden demnach aus der Voreingenommenheit der Betroffenen resultieren, die sich durch ihre Befürchtungen selbst krank machten.
Das als Nocebo-Effekt bekannte Wirkmodell passte als rein psychosomatischer Erklärungsversuch der Symptome ins Bild. So hielt Andrew Wood vom Brain and Psychological Sciences Research Centre an der Swinburne University of Technology, Melbourne, Victoria, in seinem Bericht über Smart Meters fest, der Nocebo-Effekt könnte eine Rolle bei den beschriebenen Krankheitszeichen spielen.21
Es gibt zwei Gründe für die ablehnende Haltung gegenüber der Erwägung, intelligente Stromzähler könnten durch ihre HF-Emissionen negativen Einfluss auf unsere Gesundheit nehmen. Zum einen verlässt sich die Öffentlichkeit auf offizielle, von Normierungsbehörden festgelegte Richtlinien und Sicherheitsstandards, zum anderen auf spezifische Untersuchungen bzw. sogenannte Provokationsstudien.
Problem Nummer eins ist also bei den Standardisierungsgremien zu finden, insbesondere bei der International Commission on non-ionizing radiation protection (ICNIRP, dt.: Internationale Kommission für den Schutz vor nichtionisierender Strahlung), an deren Standards sich auch die ARPANSA orientiert. Die Richtlinien besagen, die schädliche Wirkung von HF-Abstrahlung ergibt sich durch kurze, hoch-intensive Belastungen, die das Gewebe eines Organismus erhitzen. Andere mögliche chronische Auswirkungen, die nicht im Zusammenhang mit der Erhitzung stehen, konnten nicht festgestellt werden und flossen demnach nicht in die Festlegung der Belastungsgrenzwerte mit ein.22
ICNIRP befindet sich nachweislich in einem nicht unerheblichen Interessenskonflikt, der augenscheinlich objektive Beurteilungen einschränkt. Die Kommission scheint vor allem an der Anhebung der Belastungsgrenzen interessiert, was letztlich neuen Entwicklungen der Technologiebranche zugute kommt. Angesichts einer derartigen Agenda marginalisiert die Kommission wissenschaftliche Ansätze, die das Paradigma der ausschließlich thermalen Beeinflussung hinterfragen.23
Den offiziellen Ergebnissen der ICNIRP bzw. ARPANSA steht eine Vielzahl an Studien gegenüber, die erstere als unzulängliche Nichtbeachtung empirischer Belege entlarvt. Die Intensität der zulässigen HF-Abstrahlung auf den menschlichen Organismus müsste demnach weit unter den sogenannten sicheren Grenzwerten festgelegt werden.24, 25, 26
In zweiter Linie beruht die Verweigerungshaltung gegenüber möglichen Gesundheitsrisiken auf schwammigen Forschungsergebnissen. In sogenannten Provokationsstudien setzte man elektrosensible Personen elektromagnetischer Strahlung (EMR) aus. (Bei Elektrosensibilität handelt es sich um eine wissenschaftlich umstrittene Empfindlichkeit gegenüber elektromagnetischen Hochfrequenzen.) In den Provokationstests wurden elektromagnetische Felder im Einflussbereich der Probanden ein- und abgeschaltet, während man die Reaktionen beobachtete und Fragen dazu stellte. Das Kernelement der Provokationstests war die Annahme, eine elektrosensible Person müsse das Wechselspiel zwischen EMR-Aktivität und -Inaktivität augenblicklich feststellen können. Wäre das nicht der Fall, müsse es sich um ein rein psychosomatisches Phänomen handeln.
G. James Rubin und seine Kollegen vom King’s College London führten mehr als 40 derartige Testreihen durch. Sie hielten fest, die Probanden reagierten auf tatsächliche Bestrahlung ebenso wie auf vorgetäuschte. Die Testpersonen konnten demnach nicht zwischen den beiden Zuständen unterscheiden, also nicht feststellen, ob das Feld aktiv oder inaktiv war. Das Studienergebnis, Elektrosensibilität existiere nicht, wurde unreflektiert als Beleg für die Ungefährlichkeit elektromagnetischer Strahlung übernommen. Man verlautbarte, EMR könne nicht der Auslöser der Symptome elektrosensibler Personen sein.27
Einen der Schwachpunkte der Provokationsstudie stellte die Auswahl der Studienteilnehmer dar, da nur jene untersucht wurden, die von sich behaupteten, elektrosensibel zu sein. Zum anderen wurde a priori ausgeschlossen, es könne Menschen geben, die ohne es wahrzunehmen von EMR beeinflusst werden. Der Gedanke an die Wirkung von Röntgenstrahlung oder Radioaktivität sollte diesen wesentlichen Denkfehler der Versuchsreihe verdeutlichen.
Einem Informationsblatt des Unternehmens CitiPower in Melbourne war zu entnehmen, ein Smart Meter würde nur alle sechs Stunden ein Signal aussenden. Die Geräte seien in der Zwischenzeit inaktiv.28
Die Behauptung ist nicht haltbar und durch Messungen widerlegt. In einem von mir verfassten Schreiben an ESV erwähne ich einige Situationen, in denen die intelligenten Stromzähler ungewöhnlich häufig in den Sendemodus wechselten, mitunter über 30 Mal in der Minute.29 Die Intervalle und Intensitäten der Emissionen variieren zwischen unterschiedlichen Smart-Meter-Modellen. Ein neu installiertes Gerät in Bendigo, Victoria, schickte beispielsweise einige Signale von jeweils nur kurzer Dauer aus. Die Leistungsspitze lag bei etwas mehr als 67 mW/ m2.30 Während der inaktiven Phasen war ein Wert von 0,004 mW/m2 messbar.
In einem anderen Haushalt wurde eine transiente Leistungsdichte von 727 mW/m2 bis zu 1.827 mW/m2 ermittelt. Die Werte wurden in letzterem Fall im Bereich des Kopfteils eines Bettes gemessen, das sich unmittelbar neben der Wand befand, an deren Rückseite der intelligente Stromzähler montiert war. Dem Paar in diesem Haushalt war es seit Installation des Geräts unmöglich gewesen, Schlaf zu finden.
Der wesentliche Punkt sind allerdings nicht die gemessenen Leistungsdichten31, sondern die offenbar äußerst aktiv sendenden Smart Meters. Das Emissionsverhalten liegt im deutlichen Widerspruch zu den von CitiPower angegebenen Werten.
Informationen aus Kalifornien zufolge finden die primären Datenübermittlungen an den Energieversorger zwei- bis dreimal pro Tag statt. Bei anderen Übertragungen handelt es sich um Leistungsspitzen, die durch die sogenannte Selbststeuerung verursacht werden. Zu derartigen HF-Abstrahlungen kommt es zwischen zwei- und fünfmal pro Minute.32 Eine weitere mögliche Quelle für die auffälligen Messwerte stellt das Schaltnetzteil (SNT) der intelligenten Stromzähler dar, so auch am Beispiel der kalifornischen Geräte. An den an der Westküste der USA verbauten Smart Meters wurden demnach intensive, jeweils nur wenige Millisekunden anhaltende Sendeleistungen festgestellt. Eine Belastung, die rund um die Uhr, sieben Tage die Woche besteht.33
Insbesondere die häufig berichteten Schlafstörungen könnten durch solche kurzen, heftigen sowie kontinuierlich wiederkehrenden Emissionen verursacht werden. Untersuchungen zeigen: Faktoren wie Dauer der Exposition und Nähe zur Quelle, also dem Gerät, könnten eine ebenso wichtig Rolle in der Entstehung nicht-wärmebezogener biologischer Effekte spielen wie die Leistungsdichte.34
Bei der Durchführung bevölkerungsbezogener Untersuchungen ist es wichtig, Placebo- sowie Nocebo-Effekt zu bedenken und ihren Einfluss zu minimieren. Aus diesem Grund wurden für eine australische Untersuchung nur Individuen herangezogen, die keine vorgefasste Meinung zu EMF hatten bzw. ihre Symptome nicht damit in Verbindung brachten. Die Studie untersuchte Bürger, die unter chronischer Müdigkeit litten und in Wohngegenden mit bestehenden Wechselstrom-Magnetfeldern lebten.35 Man fand heraus, dass die Verminderung nächtlicher magnetischer Niederfrequenzen (ELF) die Symptome signifikant reduzierte und die Schlafqualität der Patienten verbesserte. Interessanterweise verschwand eines der berichteten Symptome, Tinnitus, gänzlich nach Beseitigung der Belastungsquelle.36
Auch in einem Entschädigungsfall, der sich in den Jahren 1991 und 1992 in Melbourne zutrug, konnte der Nocebo-Effekt ausgeschlossen werden. Eine Gruppe von Frauen, die in einem Büro unmittelbar über einem Umspannwerk beschäftigt waren, klagte über Symptome, die nach längerer Abwesenheit vom Arbeitsplatz verschwanden. Keine der Betroffenen hatte anfangs den Verdacht, das Magnetfeld der Hochleistungsnetzfrequenz könnte für die Beschwerden verantwortlich sein. Die Symptome zeigten sich in Form von Schlaflosigkeit, chronischer Müdigkeit, Angespanntheit, Kopfschmerzen, Konzentrationsstörungen, Depression, Anfälligkeit für Virusinfektionen und Ausschlägen im Gesicht. Eine der Frauen fasste es zusammen als „ein dauerhafter, schwerer Fall eines Jetlags“.37
Auch in einer schweizerischen Studie über die Wirkung kurzwelliger Radiofrequenz-Transmitter der Sendeanlage in Schwarzenburg, nahe Bern, konnte der Nocebo-Effekt ausgeschlossen werden. Die Untersuchung wurde in den frühen 1990ern durchgeführt, da es zu anhaltenden gesundheitlichen Beschwerden in der Bevölkerung nahe der Anlage gekommen war. Die Erkenntnisse deuteten „in höchstem Maße auf eine direkte Wirkung der Kurzwellensender auf die Schlafqualität“ hin (Unvermögen einzuschlafen und Schlafstörungen). Andere Symptome der Betroffenen waren Ruhelosigkeit, Konzentrationsstörungen, Gelenkschmerzen, allgemeine Kraftlosigkeit und Müdigkeit. Die Schlafstörungen der Anwohner wurden mit einer maximalen Belastung von 18,5 mW/m2 und einer durchschnittlichen Belastung von weniger als 7 mW/m2 in Verbindung gebracht.38 Die Studienleiter suchten gezielt nach dem vermeintlichen Nocebo-Effekt, den sie als „gesundheitsbesorgte Persönlichkeit“ deklarierten, fanden jedoch keine Belege für ihre Mutmaßung. Als die Funkstation unerwartet und den Studienteilnehmern unbekannt den Sendebetrieb einstellte, erholten sich Gesundheit und Schlafrhythmen der Anwohner. Erst als die Anlage wieder in Betrieb ging, zeigten sich die Leiden der Bürger erneut.39
Zur Thematik der Elektrosensibilität veröffentlichte die American Academy of Environmental Medicine (AAEM) eine Stellungnahme. Das Schreiben erklärt Personen, die im alltäglichen Einflussbereich von Netzfrequenzen und HF-Feldern stehen, als potentiell empfindlicher gegenüber derartigen Emissionen. Die Vereinigung empfiehlt behandelnden Ärzten, die auf Patienten einwirkenden Gesamtbelastungen bei Diagnose und Behandlung zu berücksichtigen. EM-(Netzfrequenz) und HF-Felder könnten der zugrunde liegende Auslöser bestimmter Krankheitsbilder sein.40
Belege für die schädliche Wirkung der HF-Abstrahlung intelligenter Stromzähler sind zahlreich. Der Einfluss auf den menschlichen Organismus müsste dringend näher untersucht werden. Im Interesse öffentlicher Gesundheit spielt es keine Rolle, ob bisher noch relativ wenige Personen über Symptome klagen. Die Zahl der potenziell Betroffenen steigt täglich, mit jedem neu installierten Smart Meter. Auswirkungen als Hirngespinste abzutun bzw. auf den Nocebo-Effekte abzuwälzen, ohne eine unabhängige Untersuchung anzustreben, ist fahrlässig und unentschuldbar.
Einen Schritt in die richtige Richtung könnte eine Untersuchung des Worst-Case-Szenarios darstellen: Eine wissenschaftliche Versuchsreihe mit Personen, deren Bett sich besonders nah zu einem intelligenten Stromzähler befindet. Hierfür müsste ein Schlafraum eingerichtet werden, in oder unmittelbar außerhalb dessen ein Smart Meter angebracht wäre. Den Versuchsteilnehmern dürfte das Vorhandensein des Geräts natürlich nicht mitgeteilt werden. Entweder müsste in einer Laborumgebung der Betrieb eines Smart Meters unter realitätsnahen Bedingungen (wie in einem Haushalt) simuliert werden oder man könnte eine reale Wohnstätte für die Versuche heranziehen, um zu validen Ergebnissen zu kommen. Einzig künstlicher Eingriff in die lebensnahe Versuchsanordnung würde die kontrollierbare Schaltung des intelligenten Stromzählers darstellen. Das Smart Meter müsste abwechselnd bei bestimmten Studienteilnehmern ein- und ausgeschaltet werden. Die Aktivitäten würden vertraulich aufgezeichnet, weder die Testpersonen noch die Studienleiter dürften wissen, welche Geräte zu einem gegebenen Zeitpunkt aktiv sind und welche nicht.
Das Versuchsteilnehmerfeld sollte sich zu gleichen Teilen aus gesunden, männlichen und weiblichen Freiwilligen zusammensetzen. Probanden müssten bereit sein, einige Nächte in den Versuchsräumlichkeiten zu schlafen. Während des Schlafs sollten Daten über Gehirnwellen und Schlafqualität gesammelt werden, etwa mithilfe eines Elektroenzephalogramms (EEG). Anhand von Fragebögen, die Teilnehmer im Laufe des Experiments ausfüllen würden, könnten subjektive Empfindungen bzw. mögliche Symptome erfasst und evaluiert werden.
Es müsste sich selbstverständlich um eine Doppelblindstudie handeln, durchgeführt von einem unabhängigen Schlafforschungs-Institut. Prüfeinrichtung und untersuchende Wissenschaftler dürften in ihrer Urteilsfähigkeit nicht durch gegenwärtige oder frühere finanzielle bzw. dienstliche Verbundenheiten mit der Industrie belastet sein. Ebenso essenziell wäre eine ungebundene Aufsichtskommission, die das Studienprojekt überwachen würde und sich aus Gewerkschaftsmitgliedern, öffentlichen Interessengruppen und der Ärzteschaft rekrutieren könnte. Die bedeutende Rolle völliger Unabhängigkeit wird vom International Committee of Medical Journal Editors (ICMJE) in seiner Aufstellung der einheitlichen Anforderungen zu Manuskripteinreichungen hervorgehoben.41
Erst nach der Ansammlung ausreichender Datensätze und sobald damit geklärt werden könnte, ob es Korrelationen zwischen Schlafrhythmen und HF-Emissionen der intelligenten Stromzähler gibt, dürften die Ergebnisse an die Öffentlichkeit gelangen.
Ein zweiter Teil der Studie könnte sich mit Personen befassen, die behaupten, bereits durch HF-Abstrahlung eines Smart Meters gesundheitlich beeinträchtigt worden zu sein. Man könnte untersuchen, ob die Symptome der Betroffenen tatsächlich mit dem Sendeverhalten der Geräte zusammenhängen. In einem in die Studie eingegliederten Provokationstest könnte erforscht werden, ob gewisse Individuen auch im wachen Zustand fühlen, ob ein intelligenter Stromzähler aktiv ist oder nicht.
Falls sich nach dem Ende des ersten Teils der Studie keine Veränderung der Schlafrhythmen der Teilnehmer zeigen sollten, selbst bei jenen, die ihre Nächte unmittelbar neben einem aktiven Smart Meter verbrachten, würde das internationale Medienecho für grandiose PR zugunsten intelligenter Stromzähler sorgen. Falls sich allerdings klare Auswirkungen auf die Schlafrhythmen oder andere Symptome zeigen sollten, müssten umgehend Maßnahmen gegen den leichtfertigen Einsatz der Geräte ergriffen werden.
Dr. Maisch wird einen Vortrag im Rahmen der NEXUS Conference 2013 halten, die vom 22. bis 24. Juni in Queensland, Australien, stattfinden wird.
Man muß hier zwei Dinge unterscheiden:
1. Das Smart Meter selbst
2. Die Datenübertragung zwischen Smart Meter und Energieversorger oder Kunde. Dafür kann es ein separates Modul geben oder es kann ins Smart Meter integriert sind.
Das Smart Meter selbst enthält einen Mikroprozessor sowie eine Möglichkeit, Spannung und Strom zu messen, für den Strom üblicherweise einen kleinen Meßtransformer. Es würde mich wundern wenn dieser Teil stärkere Störungen verursacht als andere kleine elektronische Geräte.
Es gibt sehr viele unterschiedliche Technologien, mit denen die Daten von "Smart Metern" zu Energieversorger und Kunde transportiert werden können. Dazu gehören GSM (Handynetz), das Stromnetz des Energieversorgers (ähnlich PowerLine-Netzwerk) oder in den Räumlichkeiten des Kunden Kurzstreckenfunk wie Bluetooth, ZigBee, WLAN, PowerLine oder spezielle Protokolle wie MBus. Höchstwahrscheinlich muß zwischen diesen verschiedenen Übertragungsverfahren streng unterschieden werden, wenn man über Störungen durch Smart Meter spricht. Es ist bedauerlich, daß er Artikel auf diesen Punkt nicht eingeht, sondern verallgemeinert.
Ich kenne so ein Meter mit einem eingebauten GSM-Modul. Wer gesundheitliche Bedenken hat, sollte dann auch grundsätzlich auf Handy, Schnurlostelefon und WLAN zu hause verzichten.-
Ich bin der Meinung, dass in diesem Artikel nicht zu Unrecht vor den genannten Risiken moderner Stromzähler gewarnt wird und ich sehe nicht, weshalb hierbei angeblich irgendetwas leichtfertig über einen Kamm geschert würde. Alle für die Erfassung und Übermittlung in Frage kommenden jeweils möglichen Systeme neuer funkbasierender Stromzähler, sind aufgrund ihrer jeweiligen Ausrichtung dazu per se dazu prädestiniert, gesundheitlich nachhaltig zu beeinflussen oder zu schädigen. Neben genannter WLAN Technologie oder der klassischen Mobilfunktechnik, bietet auch ein angeblich sicherer Einsatz bestimmter Power Line Bereiche, keine wirkliche Entspannung, zumal bei dieser Variante jeder in der Whg. oder dem Haus befindliche Stromleitung und Steckdose, permanent unter Spannung gesetzt wird, und EMF quasi im Dauerbetrieb über die Wohnbereiche verteilt wird. Dessen sollten wir uns bewusst sein.