NEXUS Magazin: https://www.nexus-magazin.de/artikel/lesen/falsche-konzepte-ueber-statische-elektrizitaet


Falsche Konzepte über statische Elektrizität

Einige wissenschaftliche Standardlehrwerke enthalten kleine Fehler, die das Verständnis der Lernenden erschweren. Statische Elektrizität ist eins der Themen, bei dem sich diese Probleme häufen. Da solche Fehler in Lehrwerken wie Viren zu agieren scheinen, die unseren Verstand infizieren können, hoffe ich, dass der folgende Beitrag in diesem Sinn wie ein Antivirus wirken wird. Er sollte denen, die ihn lesen, helfen, und mit ein wenig Glück könnte der Inhalt meines Artikels sich genauso über Mundpropaganda verbreiten, wie es die Viren tun. Meine Argumente könnten nach und nach an Bekanntheit gewinnen, und so viele Menschen gegen falsche Vorstellungen immun machen.


Anm. d. Red.: Den Artikel können Sie hier als PDF herunterladen.

Elektrostatik bedeutet nicht „Statik“

Statische Elektrizität ist keine Elektrizität, die statisch (bewegungslos) ist, sondern eine Gruppe elektrischer Phänomene, bei denen:

- die Menge an positiver und negativer Ladung innerhalb eines Gegenstands nicht genau gleich ist;

- die Spannung hoch und der Strom schwach ist;

- elektrische Kräfte (Anziehung und Abstoßung) sich sichtbar im Raum ausbreiten; weit voneinander entfernte Objekte können sich gegenseitig anziehen oder abstoßen; Haare können hoch stehen;

- elektrische Felder (im Gegensatz zu magnetischen Feldern) sehr wichtig sind (elektrische Felder werden auch „elektrostatische Felder“ genannt).

Bei der Elektrostatik geht es um Ladung und die Anziehungs- bzw. Abstoßungseffekte, die von elektrischer Ladung ausgelöst werden. Die Bewegung oder „Statik“ der Ladung ist irrelevant: Die Kräfte sind nämlich noch da, auch wenn die Ladung beginnt zu fließen. Ladungen, die getrennt oder unausgeglichen sind, können manchmal fließen, obwohl die „statischen“ Effekte unverändert andauern, während der Stromfluss einsetzt. Mit anderen Worten ist es ganz einfach möglich, einen Fluss so genannter „statischer“ Elektrizität zu produzieren.

Es ist sehr irreführend, sich auf das „Statische“ der Ladung zu konzentrieren, da dies unsere Erklärungen verfälscht und viele wichtige Elemente wie etwa Ladungstrennung, die Dichte von unausgeglichener Positiv-Negativ-Ladung und das Vorhandensein von Spannungsfeldern um diese unausgeglichenen Ladungen herum außen vor lässt. Dies sind nämlich auch dann noch wichtige Aspekte, wenn die „statische Elektrizität“ als Strom zu zirkulieren beginnt.

Elektrostatik hat nichts mit „Statik“ zu tun. Es geht vielmehr um Ladung und Kräfte. Man stelle sich vor, Wasser sei genauso schwach definiert wie statische Elektrizität. In diesem Fall würden die Menschen glauben, es gäbe zwei Arten von Wasser, nämlich „statisches Wasser“ und „fließendes Wasser“. Dann würden wir fälschlicherweise annehmen, dass Hydrostatik die Wissenschaft von statischem Wasser sei.

Nur Fachleute für Hydraulik wüssten, dass es so etwas wie „statisches Wasser“ gar nicht gibt: das so genannte „statische“ Wasser ist in Wirklichkeit einfach unter Druck gesetztes Wasser. Die Experten würden auch wissen, dass „statisches Wasser“ sogar fließen kann, denn unter Druck gesetztes Wasser muss nicht ruhig oder „statisch“ bleiben. Hydrostatik bezieht sich auch noch auf Wasser, das zu fließen anfängt. In ähnlicher Weise geht es bei „statischer Elektrizität“ um Ladung unter Druck und nicht um „Elektrizität im Ruhezustand“.

Das Ungleichgewicht entgegengesetzter Ladungen

Das herkömmliche Konzept von „statischer Elektrizität“ birgt noch ein weiteres Problem. Man stelle sich ganz normale Alltagsgegenstände vor. In ihren Atomen enthalten diese Gegenstände gleich viele positiv und negativ geladene Teilchen (Protonen und Elektronen), die sich dicht beieinander befinden. Sind diese Ladungen „statische Elektrizität“? Schließlich sind sie statisch und bewegen sich nicht, oder? Sie ruhen in den Atomen. Und jedes einzelne Elektron und Proton besitzt eine Ladung „statischer Elektrizität“. Sollten wir nicht sagen, dass feste Gegenstände aus „statischer Elektrizität“ bestehen?

Wenn wir aber behaupten, dass Materie aus „Statik“ besteht, wo sind dann die Funken und das Knistern? Es gibt keine. Wo sind die zu Berge stehenden Haare? Es gibt keine. Daran ist zu erkennen, dass das „Statisch sein“ kein wesentlicher Faktor ist. Der wichtigste Punkt ist vielmehr das Gleichgewicht der entgegengesetzten Ladungen. Innerhalb von Materie sind die positiven und negativen Ladungen dicht beieinander, so dass sie sich gegenseitig neutralisieren. Obwohl also Materie voll von „statischen“, also unbewegten, geladenen Teilchen ist, ist normalerweise keine „statische Elektrizität“ erkennbar.

Dabei geht es nämlich um das Ungleichgewicht von entgegengesetzten Ladungen, und nicht um Statik. Das Vorhandensein von geladenen Teilchen ist ebenfalls ein weniger wichtiger Faktor, da Materie diese auch dann enthält, wenn keine „statische Elektrizität“ zu erkennen ist. Wir brauchen getrennte, verschieden große Teilchenmengen, damit etwas Interessantes passiert. Geladene Teilchen allein reichen nicht.

Wie kann man der Verwirrung beikommen? Leicht. Indem man dieses Phänomen nicht „statisch“ nennt. Man sollte lieber von „Ladungsungleichgewicht“ sprechen. Die elektrische Nettoladung ist das wirklich Wichtige. Oder, einfacher ausgedrückt, die Trennung von positiv und negativ geladenen Teilchen ist die Grundlage für „statische Elektrizität“.

Wenn sich eine Menge Protonen in einem größeren Abstand von den Elektronen befinden, dann entstehen Phänomene wie Funken oder hoch stehende Haare. Man sollte dies als „elektrische Ladung“ und nicht als „statische Ladung“ bezeichnen, denn das Ungleichgewicht bleibt bestehen, auch wenn die Ladungen nicht gerade statisch sind, sondern fließen.

Wann immer sich entgegengesetzte Ladungen in Materie voneinander trennen und in negativ und positiv geladene Teilchen gruppieren, sprechen wir davon, dass „statische Elektrizität“ entstanden ist. Was hat das damit zu tun, dass die Ladungen ruhig oder statisch sind? Nichts!

Es ist sogar so, dass das Ladungsungleichgewicht, wenn es dazu gebracht wird, zu fließen, all seine typischen Merkmale beibehält. Es zieht weiterhin Haare und Flusen an, verursacht Funken etc. Dies versetzt uns in die merkwürdige Lage, von „statischer Elektrizität“ sprechen zu müssen, die sich bewegt!

Es ist schlecht, dass der Begriff „statische Elektrizität“ sich als Bezeichnung für diese Phänomene durchgesetzt hat. Wenn man einen anderen Namen dafür ausgewählt hätte – zum Beispiel „unausgeglichene Elektrizität“ – wäre das nicht halb so irreführend. Es ist nicht schwierig, sich etwas Unausgeglichenes vorzustellen, das sich entweder bewegt oder ruhig verharrt.

Es ist allerdings unmöglich, sich eine ruhende Substanz vorzustellen, die fließt. Und es ist noch schlechter, dass Lehrbücher weit gehend die irreführende Praxis übernommen haben, statische Elektrizität als „Elektrizität, die statisch ist und sich nicht bewegt“ zu beschreiben. Dies ist gelogen, und es wird nicht wahrer dadurch, dass viele Lehrbücher dieselbe Lüge wiederholen.

Die Realität ist nicht dem Mehrheitsvotum unterworfen. Egal, wie viele Leute das Gegenteil behaupten, der Kaiser bleibt nackt.

Was wir als „statische Elektrizität“ bezeichnen, hat auch noch einen anderen Namen: „Hochspannung“. Alle bekannten elektrostatischen Phänomene, die uns im Alltag begegnen, spielen sich immer in einem Hochspannungsbereich von mindestens 1.000 und bis zu 50.000 Volt ab.

Wenn Flusen angezogen werden oder Haare zu Berge stehen, dann haben wir es definitiv mit über 1.000 Volt zu tun. Wer mit einem Luftballon über seinen Kopf reibt, der erzeugt Zehntausende von Volt! Es handelt sich um Spannung ohne Strom.

Man könnte es auch so beschreiben: Reiner elektrischer Strom ist Strom ohne Spannung, während reine „elektrostatische“ Phänomene elektrische Spannungen ohne Strom sind. Wer mit seinen Füßen über den Teppich reibt, erzeugt einen Spannungsunterschied zwischen seinem Körper und dem Teppich von vielen Tausend Volt. Wer sich mit „statischer Elektrizität“ beschäftigt, der beschäftigt sich mit Spannung.

Es wäre großartig, wenn man den Begriff „statische Elektrizität“ aus dem Wörterbuch streichen und ihn durch „Hochspannungselektrizität“, „getrennte Ladungen“, „Ladungsungleichgewicht“ oder auch „die Lehre von der Elektrostatik“ ersetzen könnte.

Ladungsfluss und unausgeglichene Ladungen können gleichzeitig im selben Draht vorkommen.

Deshalb ist jeder, der glaubt, dass der „statische“ und der „fließende“ Strom zwei verschiedene, sich gegenseitig ausschließende Elektrizitätstypen seien, zu hoffnungsloser Verwirrung verdammt, was die tatsächlichen Eigenschaften jeglicher elektrischer Phänomene angeht.

Elektrische Stromkreise

Elektrischer Strom entsteht durch Spannung, und die Spannung in einem Stromkreis entsteht durch das Ungleichgewicht der Ladung, die sich auf der Oberfläche von Drähten befindet.

„Statische Elektrizität“ lässt Stromkreise funktionieren. Ohne die „statische Elektrizität“ aus Batterien oder Generatoren gäbe es keine modernen Elektrogeräte. Dies ist nicht überraschend, denn Spannung und Elektrostatik sind eng miteinander verbunden.

Auch so kann man es erklären: Wenn man mit Plastik über Fell reibt, erzeugt man viele Tausend Volt. In beiden Materialien entsteht nämlich ein Ungleichgewicht in der Oberflächenspannung. Und bei beiden bilden sich elektrostatische Anziehungs- bzw. Abstoßungskräfte.

In einem Stromkreis treiben die elektrostatischen Kräfte die Ladung durch den Draht. Elektrischer Strom wird von „statischer Elektrizität“ weitergepumpt.

Reibung erzeugt keine Elektrizität

Also entsteht „statische Elektrizität“ durch Reibung? Falsch! „Statische“ Elektrizität entsteht immer dann, wenn zwei unterschiedliche isolierende Materialien zusammengeführt und dann wieder getrennt werden. Es braucht nur die Berührung.

Wenn die Oberflächen sich berühren, entstehen chemische Verbindungen. Neigen die Atome der einen Oberfläche dazu, Elektronen fester an sich zu binden, dann versucht diese Oberfläche, sobald die Berührung entsteht, der anderen Oberfläche geladene Teilchen zu stehlen. So kommt es dazu, dass die Oberflächen sich entgegengesetzt aufladen: Es entsteht ein Ungleichgewicht der gegensätzlichen Polarität. Eine Oberfläche hat jetzt mehr Elektronen als Protonen, während die andere mehr Protonen als Elektronen hat. Wenn man die Oberflächen dann trennt, werden auch diese Regionen mit entgegengesetzter Ladung getrennt. Wenn man z.B. Klebeband auf eine isolierende Oberfläche klebt und dann wieder abzieht, elektrisieren sich sowohl das Band als auch die Oberfläche. Es bedarf keiner Reibung.

Noch ein Beispiel: Wenn ein dünnes Material zwischen zwei Rollen hindurchläuft, dann lädt sich das Material manchmal elektrisch auf. Die Rollen werden entgegengesetzt aufgeladen. Wenn eine Zeitung beim Drucken durch die Gummiwalzen läuft, elektrisiert sie sich, und das kann später zu Problemen in Form von Anhaftungen und Funkensprühen führen.

Diese Phänomene in großen Zeitungsdruckereien inspirierten Robert Van de Graaff dazu, seinen berühmten Generator zu entwerfen.

Es ist keine Reibung nötig. Wenn jedoch eins der Materialien rau und faserig ist und keine sehr große Kontaktfläche ermöglicht, dann kann das Ausmaß der Kontaktfläche durch Reibung vergrößert werden. Reibung kann zudem dünne Schichten von Öl oder Oxid entfernen, und so die reine Fläche darunter freilegen.

Das Klebeband muss nicht gerieben werden, um ein Ladungsungleichgewicht zu erzeugen, die Haare müssen aber mit dem Ballon gerieben werden. Das Reiben ist aber nicht die Ursache der Elektrisierung. Elektrisierung kann allein durch den Kontakt entstehen.

Spannungen und elektrische Felder

Bei „statischer Elektrizität“ gibt es ernorm hohe Spannungen. Wenn man wieder das Beispiel mit den zwei isolierenden Oberflächen nimmt, die aneinander haften (oder gerieben werden), und dann getrennt werden, dann wird zwischen ihnen ein sehr starkes elektrisches Feld erzeugt, und genau dieses Feld lässt die Haare zu Berge stehen, zieht Flusen an etc.

Dieses elektrische Feld ist auch ein Beispiel für reine Spannung bzw. Spannung ohne Strom. Die Stärke dieses elektrischen Felds ist im Vergleich zu der Spannung von Batterien und zur Spannung normaler elektrischer Schaltkreise unglaublich groß. Es ist viele tausend Mal stärker, manchmal sogar Hunderte tausend Mal.

Alltägliche „statische Elektrizität“ bedeutet enorme Spannungen. Der winzigste „statische Funke“ wird von etwa 1.000 Volt verursacht. Länger anhaltende Funken an Autotüren oder Türgriffen können auf eine Spannung von 10.000 Volt hinweisen.

Elektronenverdichtung

Ist dies also ein Fall von Elektronenverdichtung? Nicht ganz. Es ist eigentlich gar keine Verdichtung. Es ist ein Ungleichgewicht zwischen der Menge positiv und negativ geladener Teilchen, die bereits vorhanden sind. Die elektrischen Partikel waren also schon da, sie brauchten sich nicht mehr zu sammeln oder zu verdichten. Es ist vielmehr ein „ins Ungleichgewicht bringen“, etwas, das bei großen Mengen entgegengesetzt geladener Teilchen vorkommt, die sich bereits in der Materie befinden.

Kontaktelektrisierung könnte man am ehesten als „Dehnung von Atomen“ bezeichnen. Wenn wir Atome nehmen und ihre Elektronen und Protonen auseinander ziehen könnten, dann würden wir ein Ladungsungleichgewicht, also „statische Elektrizität“, erzeugen.

Es stimmt, dass bei Reibungselektrizität oder Elektrisierung durch Kontakt normalerweise nur die negativen Elektronen von einer Oberfläche zur anderen wandern. Aber diese Elektronenwanderung erzeugt zwei Regionen mit unausgeglichener Ladung, nicht nur eine. Wenn die negativ geladenen Teilchen von den positiv geladenen weggezerrt werden, dann sind die Teilchen nicht mehr nahe beieinander und können sich nicht mehr gegenseitig ausgleichen. Deshalb bilden sich beim Erzeugen eines Ladungsungleichgewichts sowohl gleiche als auch verschiedene Regionen ungleicher Ladung. Wenn man bei einem neutralen Gegenstand die Elektronen entfernt, bleiben die Protonen zurück.

Auch wenn es die negativ geladenen Teilchen sind, die die Wanderung ausführen, heißt das nicht, dass die positiv geladenen bedeutungslos sind. Vor der Trennung ist die Menge an positiv und negativ geladenen Teilchen in einem Stoff gleich groß. Die positiv geladenen gleichen die negativ geladenen aus, und umgekehrt. Nach der Trennung sind die positiv geladenen Teilchen genauso wichtig wie die negativ geladenen. An einer Stelle hat man nun mehr Protonen als Elektronen, diese Stelle ist also positiv geladen. An einer anderen Stelle ist es genau umgekehrt, sie ist negativ geladen. Es hat keine „Verdichtung von Elektronen“ stattgefunden: Wir haben ein Ungleichgewicht, eine Unausgeglichenheit, ein Auseinandergezogensein, eine Trennung von Gegensätzen, die sich normalerweise gegenseitig neutralisieren.

Eine angemessene Bezeichnung für statische Elektrisierung wäre also „Ladungstrennung“. Man bedenke: Wenn man die positiv und negativ geladenen Teilchen wieder zusammenführen würde, was würde mit der „Verdichtung der Elektronen“ passieren? Nichts. Denn es gab nie eine Verdichtung. Führt man die zwei gegensätzlichen Ladungen wieder zusammen, dann wird das Gleichgewicht wieder hergestellt, und der Gegenstand ist wieder neutral und nicht elektrisch geladen.

Elektrostatik und Materie

Eigentlich bestehen Gegenstände sogar aus Ladung. Wir sprechen über Materie, als hätte sie nur am Rande mit Elektrizität zu tun. Wenn wir uns jedoch näher mit den Eigenschaften von Materie auseinander setzen, wird uns bewusst, dass Gegenstände ja aus Atomen bestehen, die ihrerseits wiederum aus positiv und negativ geladenen Teilchen bestehen.

Materie ist nicht elektrisch? Nein, ganz im Gegenteil. Elektrische Ladung ist der Hauptbestandteil aller Atome. Deshalb besteht Materie aus ausgeglichener elektrischer Ladung. Wenn wir entgegengesetzte Ladung ausgleichen, indem wir positive und negative Ladung zusammenbringen, erhalten wir dann etwa nichts? Falsch. Wir erhalten Materie. Positive Protonen plus negative Elektronen ergeben neutrale Atome.

Gegenstände besitzen normalerweise keine Ladung? Falsch. Die Gegenstände sind die Ladung.

„Statische Elektrizität“ tritt so häufig auf wie die Materie selbst. Wenn man den üblichen Erklärungen zur „statischen Elektrizität“ folgt, dann hält man „statische Elektrizität“ für ein recht seltenes Phänomen, das mit allem anderen auf der Welt wenig zu tun hat. Ja, stimmt schon, Blitze sind beeindruckend, und Fotokopierer und Laserdrucker sind praktisch; aber wenn die „Statik“ nicht existieren würde, wäre die Welt kaum anders, oder?

Wahr ist, dass Elektrostatik ein bisschen wichtiger ist, als gemeinhin angenommen wird. Denn im Gegensatz zu dem, was die meisten glauben, haben normale Stromkreisläufe sehr viel mit Elektrostatik zu tun. Erstens ist es die elektrostatische Energie, die den Stromkreis antreibt! „Spannung“ ist ein elektrostatisches Phänomen; Spannung ist ein elektrostatisches Feld. Ohne Elektrostatik gäbe es keine Spannung, also auch keinen Strom und keine Elektrogeräte.

Es ist vollkommen falsch, „Statik“ und „Strom“ als zwei getrennte Dinge zu betrachten: Das ist genauso dumm, wie zu sagen, dass „Druck“ und „Bewegung“ zwei verschiedene Arten von Wasser seien. „Statik“ und „Strom“ sind zwei verschiedene Forschungsgebiete, nicht zwei verschiedene Substanzen oder Energieformen. Es sind Fachgebiete, die von Menschen geschaffen wurden. In der realen Welt existieren sie nicht wirklich getrennt.

„Statische Elektrizität“ ist auch für viele andere Bereiche wichtig, nicht nur für Blitze, Fotokopierer und Funken an Türgriffen. Zum Beispiel:

- Muskeln werden durch Molekülketten bewegt, die sich aneinander vorbei schieben. Diese Gleitbewegung wird durch elektrostatische Anziehung und Abstoßung zwischen den Teilchen der Moleküle ausgelöst. Muskeln sind also elektrostatische Motoren!

- Nerven fungieren als winzige Kondensatoren mit Ladungspumpen, um sie zu elektrisieren, und Ionentoren, um sie wieder zu entladen.

- Wenn Uranatome von Neutronen getroffen und ihre Kerne gespalten werden, dann entspringt die Hauptenergie, die dabei frei wird, der Abstoßung zwischen den gleich geladenen positiven Protonen in den Kernfragmenten. Nuklearreaktoren setzen also die elektrostatische Energie von Urankernen frei. Eine Plutoniumbombe ist eigentlich eine „elektrostatische“ Abstoßungsbombe!

- Die Elektrostatik von Halbleitern ist wesentlicher Bestandteil moderner Elektronik. Besonderes ein Transistortyp, der FET oder Feldeffekt-Transistor, ist ein rein elektrostatisches Gerät. Die elektrostatischen Felder darin werden dazu benutzt, den Leitungskanal, der den Stromfluss reguliert, zu öffnen und zu schließen. Sind diese Transistortypen selten? Nein. Jeder einzelne Transistor in Speicherchips, Prozessoren und IO-Chips ist ein FET. Die meisten Transistoren in modernen Fernsehgeräten und Stereoanlagen sind FETs. Wenige Leute sind sich darüber im Klaren, dass die „statische Elektrizität“ die Elektronikindustrie dominiert, oder dass PCs aus lauter mikroskopisch kleinen elektrostatischen Komponenten bestehen, oder dass alle Daten auf allen Computern weltweit in Form von winzigen Mustern aus elektrostatischer Ladung gespeichert werden.

- ATP (Adenosintriphosphat) ist der Treibstoff aller Lebewesen, von der Bakterie bis zum Menschen. Ein Teil des Nobelpreises für Chemie ging 1997 an die Forscher Boyer und Walker, die entdeckten, wie die Energie in das ATP gelangt. Es ist nämlich so, dass ATP aus einem Enzym besteht, das von einem winzigen, rotierenden, elektrostatischen Motor angetrieben wird. Die „Feder“ in jedem ATP wird von einer kleinen, rotierenden Molekülmaschine „entsichert“, die durch Elektrostatik angetrieben wird. Die Reaktion ist umkehrbar, und ATP kann den Motor auch antreiben, wobei er zu einem elektrostatischen Generator wird. Ein durchschnittlicher menschlicher Körper enthält 1016 dieser rotierenden, elektrostatischen Motoren.

Und jetzt etwas ganz Großes. Die Welt besteht aus Molekülen, diese wiederum aus Atomen, die ihrerseits aus positiv und negativ geladenen Teilchen bestehen. Atome werden von elektrostatischer Anziehung zusammengehalten. Wenn Materie aus lauter kleinen „Kügelchen“ besteht, dann bestehen die „Streben“, die diese Kügelchen verbinden, aus elektrostatischen Feldern. Atome werden auch durch chemische Prozesse verbunden, und chemische Verbindungen basieren ebenfalls auf elektrostatischen Anziehungs- bzw. Abstoßungsprozessen.

Ohne „statische Elektrizität“ gäbe es also keine Chemie, kein Leben. Ohne „statische Elektrizität“ würden sich feste Stoffe und Flüssigkeiten in Gas verwandeln, das in Atome zerfallen würde, die wiederum in einzelne Elektronen und Kerne zerfallen würden. Ohne Elektrostatik wäre das ganze Universum eine langweilige, formlose, aus neutralen Teilchen zusammengesetzte Gaswolke. Es gibt Leute, die Elektrostatik langweilig finden. Das Gegenteil ist der Fall: Elektrostatik ist genau das, was dieses Universum zu einem interessanten Ort macht!

Ben Franklins Drachen-Experiment

Viele Menschen glauben, dass Ben Franklins Drachen von einem Blitz getroffen wurde, und dass er so beweisen konnte, dass Blitze elektrisch sind. Eine Reihe Bücher und sogar einige Lexika behaupten dies. Sie irren. Sie sind einem ansteckenden Irrglauben zum Opfer gefallen, einer „wissenschaftlichen Großstadtlegende“, die sich allmählich in immer mehr Büchern verbreitet. Wenn ein Blitz einen Drachen trifft, dann kann der Strom, der sich im Boden ausbreitet, jeden töten, der in der Nähe steht, ganz zu schweigen von demjenigen, der die Drachenschnur hält!

Franklin schrieb über das „Herunterleiten von Blitzen“ eines Gewitters. Was er wirklich tat, war zu zeigen, dass ein Drachen ein winziges bisschen unausgeglichene elektrische Ladung aus dem Himmel abzapfen kann, und zwar während der frühen Phase eines Gewitters, bevor die gefährlichen Blitze drohen. Schwache elektrische Ausläufer in der Luft elektrisierten seinen Drachen, so dass die Härchen des Bindfadens sich aufstellten. An feuchten Tagen ist Bindfaden schwach leitend, und der Bindfaden diente Franklin als „Antennendraht“. Mit diesem Bindfaden elektrisierte er dann einen Metallschlüssel, der daraufhin winzige Funken sprühte. (Dazu braucht man einen Metallgegenstand, denn der Bindfaden selbst kann keine Funken produzieren. Er ist zwar schwach leitend, aber zur Funkenbildung reicht dies nicht aus.) Kein Krachen, kein riesiger Blitz – einfach ein langweiliges, doch welterschütterndes wissenschaftliches Experiment.

Das Vorhandensein von Funken zeigte Franklin, dass manche Gewitterwolken starke elektrische Ladungen besitzen, und daraus schloss er, dass Blitze nichts anderes als riesige elektrische Entladungen sind.

Der verbreitete Glaube, Franklin habe ohne Probleme einen Blitzschlag überlebt, ist nicht nur falsch, sondern auch gefährlich: Kinder könnten auf die Idee kommen, sein Drachen-Experiment nachzumachen und sich dabei zu „schützen“, indem sie den Drachen mit einem Seidenband festhalten, das um einen Schlüssel gewickelt ist.

Man darf sich nicht täuschen: Franklins Experiment war sehr gefährlich. Er hätte jederzeit dabei getötet werden können. Und wenn tatsächlich ein Blitz seinen Drachen getroffen hätte, dann gälte er heute als Kolonialpolitiker, der durch seine eigene Dummheit zu Tode kam, und nicht als berühmter Wissenschaftler und Begründer einer bedeutsamen neuen Forschungsrichtung.

Was ist denn nun „statische Elektrizität“?

1. Statische Elektrizität ist ein wissenschaftliches Forschungsgebiet. Es wird auch „Elektrostatik“ genannt. Das ist das gleiche.

Wenn also statische Elektrizität eine Wissenschaft ist, dann kann sie nicht von Generatoren produziert werden. Genauso wenig, wie man beim Sezieren eines Frosches auf die Biologie stößt. Felsen enthalten keine winzigen Teilchen Geologie. Merke: Hydrostatik ist das Studium des Drucks von Flüssigkeiten; die Newtonsche Statik ist das Studium physikalischer Kräfte. Wo findet man statische Elektrizität? In Physikbüchern und Universitäten.

2. Statische Elektrizität ist eine Gruppe von Ereignissen, die von Menschen unter diesem Begriff zusammengefasst werden.

Funken und Blitze sind „statische Elektrizität“, obwohl diese beiden Phänomene so ungefähr das Dynamischste sind, das man sich vorstellen kann. Auch das Aneinanderhaften von Kleidungstücken im Wäschetrockner ist „statische Elektrizität“. Der Hafteffekt ist Elektrizität. „Elektrizität“ kann auch „eine Gruppe von Phänomenen“ bedeuten. Und wenn die Socken am Sweatshirt haften, ist das ein Phänomen. Woher kommt „statische Elektrizität“? Aus dem menschlichen Kopf – genauso wie „Wetter“, „Bürokratie“ und andere Gruppen von Phänomenen.

3. Statische Elektrizität ist ein anderes Wort für Hochspannung.

Wann immer wir Hochspannung haben, haben wir auch elektrostatische Anziehung und Abstoßung. Hochspannung kann Flusen oder Papierfetzen anziehen, und sie kann die Haare zu Berge stehen lassen. Bei Hochspannung haben wir zudem große Funken, Knacken, blaues Glühen und Blitze. Hochspannung produziert Ozon, den Stoff, der so seltsam nach Chlor riecht. Diese Dinge sind die Merkmale von „statischer Elektrizität“, aber sie werden niemals durch die „Statik“ elektrischer Ladungen hervorgerufen. Sie werden vielmehr von starken elektrostatischen Feldern erzeugt – eine andere Bezeichnung für „Hochspannung“. Wenn man mit den Schuhen über den Teppich reibt und dann anderen mit dem Finger einen Schlag versetzt, dann hat man seinen Körper mit mehreren Tausend Volt aufgeladen.

4. Statische Elektrizität bedeutet Ladungsungleichgewicht.

Elektrisch neutrale Stoffe enthalten gleichmäßig verteilte Elektronen und Protonen. Die negativ und positiv geladenen Teilchen liegen ganz dicht beieinander, so dass sie sich gegenseitig neutralisieren. Daher bleiben elektrische Phänomene im Alltag oft unbemerkt. Wenn wir aber eine Gruppe Elektronen an eine weit entfernte Stelle verschieben, schaffen wir zwei getrennte Regionen, eine mit negativer und eine mit positiver Ladung. Dieses Ladungsungleichgewicht ist dann von einem elektrostatischen Feld umgeben.


Kommentare

Kommentar von GENSER Ernst (27. März 2009, 15:23 Uhr)

S. g. Autoren,
kann statische Elektrizität auch durch starke Gas/Flüssigkeitsbewegungen ausgelöst werden?
Etwa wenn Gas mit hohem Druck aus Düse in Raum geblasen wird, oder bei rascher Flüssigkeitsbewegung wie Wasserfällen?
lg
ernst


Kommentar von Wohnhäftling (09. April 2018, 13:01 Uhr)

Ich habe eine Frage: Wenn ich mir die schematischen Darstellungen von gleichspannung und Wechselspannung anschaue dann klingeln bei mir die Glöckchen. Sinusförmige Wechselspannung aus der Steckdose der von +230 volt an höchster Stelle wieder abfällt und über Null nach - 230 volt wandert ist mit seinen halbwellen zeitlich jeweils um die länge (Dauer), der entgegengesetzten verschoben. Nimmt man eine Schere und schneidet an der nullliene entlang erhält man zwei verschiebbare "pole". Schiebe Ich nun die eine Seite also meinetwegen die sinus Seite um eine halbwellen nach vorn oder zurück erhalte ich im Prinzip eine gepulste positive +230v halbwelle die exakt zeitgleich zur gepulste Sinushalbwelle ausstößt, oder in anderen Worten, sie liegen genau übereinander. - 230 +230 ergibt für mich null. Wenn eine abgegebene leistungsphase also eine halbwelle von 0v ¬ 230v und wieder zurück auf 0v von mir aus einen Euro kosten würde und ich nach jeder halbwelle in Richtung meines Verbrauchers wieder eine halbwelle (von 0v - - 230v und zurück auf 0v) zurück zur Steckdose schiebe und das ganze wieder zurück bekomme und wieder zuruckschiebe und und und mit einer Frequenz von 50hz dann schiebe ich doch bloß immer wieder einen Euro won einer tischkante zur gegenüberliegenden tischkante, aber es wird niemals mehr als dieser eine Euro sein weil ich das geborgte nach Benutzung wieder zurückgebe und mir nochmal borge und wieder zurück gebe...... Ein Mann will eine Fracht von München nach Berlin bringen, der man heißt gleichspannung, in seinem Rucksack befindet sich gleichspannung. Er läuft seinen Weg von München nach Berlin und wird mit einem Dankeschön von Berlin nach München zurückgeschickt. Ohne rast lief er geradewegs seinen Weg hin und zurück. Ein anderer Mann, sein Name ist Wechselspannung, soll am nächten Tag dieselbe Arbeit machen. In seinem Rucksack ist Wechselspannung. Der Mann soll eine Lieferung von München nach Berlin bringen, er läuft los und dreht sofort wieder um ohne das er das Ziel in Berlin erreicht hat. Und dennoch kommt aus Berlin ein Dankeschön nach München. Warum? Hat er vielleicht Helfer die sich über die gesamte Strecke immer dapositionieren wo er aprupt umdreht? Möglich, aber dann müssten sie ja alle einen Rucksack voller Wechselspannung haben, bloß wer hat sie ihnen gegeben? Und wie konnte der erste bote der nicht mal aus München rausgekommen ist ein Dankeschön von Berlin erhalten das er in München ausrichten soll? Wie sind bote Nr eins positiv (Herr Wechselspannung und Verbraucher in Berlin miteinander in Kontakt getreten? Vielleicht hat Herr schutzleiter alias Erde ja irgendwas damit zu tun. Herr Gleichspannung brauchen wir ja nicht zu fragen, der kennt Herrn schutzleiter ja gar nicht. Also bei mir schreit da alles auf und tausend Hände klatschen mir mit voller Wucht vor die Stirne als wollten sie mir irgendwas sagen. Und ich würde mich auch nicht damit zufrieden geben wollen wenn man mir sagt Wechselstrom und Gleichstrom bestehe aus + männlich und -weiblich denn wenn wir anstelle des Verbrauchers in berlin einfach das braune und das blaue Kabel verbinden dann wird das blaue Kabel plötzlich zu einem braunen, denn dann haben wir einen Leiter von München nach Berlin und wieder nach München zurück. Das selbe gilt doch auch für die Gleichspannung. Und ich finde das die physikalische flussrichtung irgendwie auch Sowas schreit. Und wie sieht es aus mit der ein Puls Einweg schaltung, angeblich fehlt die negative halbwelle, ich wollte schon immer wissen wie noch dem Verbraucher dann das ich nenn es mal minus aussieht, es fehlt ja in sämtlichen schematischen Darstellungen. Oder was auch gut ist, die Glättung mit einem sie Kondensator nach einer Brückengleichrichtung. Sie füllt ja die Täler auf und macht die spannungsverlauf fast linear, nur wo kommt dieses plus an Energie denn plötzlich her? Ob sinus ob minus ob gleich ob Wechsel letztendlich kann ich doch an jede stelle ein Verbraucher einbauen oder eine Schlaufe legen. Ich habe das Gefühl das ist ein verarscht zu werden, und ich wette da bin ich nicht der einzige. Zum Schluss noch ein Zitat: Wechselstrom schließt sowohl positive als auch negative Spannungen ein, die wie in einer gleichmäßige Sinuskurve (sinusförmige Welle) steigen und fallen. Er kann Energie schneller und weiter übertragen, ohne Energie zu verlieren.... Haha


Kommentar von Wohnhäftling (09. April 2018, 13:12 Uhr)

Bei wem es noch nicht leuchtet dem geb ich mal noch einen schubsen mit dem sogenannten netzfilter: zitat ;Ein Netzfilter ist eine elektrische Schaltung, die sowohl elektrische Störungen von elektronischen Geräten in das öffentliche Stromversorgungsnetz begrenzt (Funkentstörung)


Kommentar von Wohnhäftling (09. April 2018, 13:20 Uhr)

Wechselstrom aus der Steckdose, ohne Anfang, ohne ende, von plus zu minus und zurück, wie eine Drehung. Da hab ich bildlich vor Augen wie die axial Bewegung eines rotors physikalisch auf eine lineare umgewandelt wird, bloß das man uns hier irgendwie versucht weiß zu machen das die pleuelstange sehr viel Energie verschwinden lässt.


Kommentar von Wohnhäftling (09. April 2018, 13:25 Uhr)

Vielleicht bin ich auch einfach nur dämlich


Kommentar von Wohnhäftling (09. April 2018, 13:42 Uhr)

Einen hab ich noch : zitat aus wikipedia: üher benötigten private Verbraucher für Beleuchtung, Radiogeräte, und Fernseher nur geringe Energiemengen. Meist wurde in Privathaushalten nur eine Phase (Außenleiter) des in Europa üblichen Dreiphasenwechselstroms mit 400 V (früher 380 V) Netzspannung und einer Netzfrequenz von 50 Hz gegen den Neutralleiter angeschlossen. So wurden 230 V (früher 220 V) Wechselstrom, auch als Lichtstrom oder Haushaltstrom für die Steckdosen (in Deutschland und Österreich Schuko, in der Schweiz SEV 1011) bereitgestellt.[1]