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Editorial Ausgabe 99

Daniel Editorial„Nur Sklaven demonstrieren.“ Als eine Freundin diesen Satz am Telefon fallen ließ, musste ich schlucken. Wie?, dachte ich. Soll man sich etwa alles bieten lassen? Soll man nicht für seine Rechte auf die Straße gehen? Als ich den Satz später bei Freunden ausprobierte, die gerade angeregt vom Spazierengehen kamen, erntete ich eine hörbare Atempause. Ist nicht dein Ernst, oder? Komm schon …


Ich hatte den Satz rasch wieder vergessen, denn mit NEXUS ging es in die heiße Phase. Um den Umzug des Magazins komplett zu machen, mussten Verträge ausgehandelt, das Büro bestückt, die Buchhaltung eingearbeitet, ein Shop gebaut, Mitarbeiter eingewiesen werden … und in all dem Trubel war noch das neue Heft zu machen. Die Druckerei scharrt schon mit den Hufen – sehen Sie es mir also bitte nach, wenn im Eifer des Gefechts der ein oder andere Klecks zu viel aufs Papier gelangt sein sollte.

Unser Leitartikel führt Sie in jene Gefilde, die unser Magazin so eigenwillig machen. Robert Guffey, der in Heft 66 den Freimaurer Richard Schowengerdt interviewt hat, knüpft an dessen Erfindung einer elektrooptischen Tarnvorrichtung an. Könnte es sein, so fragt sich Guffey, dass Ufos und ihre Besatzung von einer ähnlichen Technik Gebrauch machen? Er führt zahlreiche Beispiele für Begegnungen der unsichtbaren Art an, die einem die Pumpe gehen lassen – und die verlaufen, ganz im Widerspruch zu den Aussagen der Licht-und-Liebe-Fraktion, alles andere als friedvoll.

Eine mögliche Antwort darauf, mit wem oder was wir es hier zu tun haben, liefert Julian Palmer in der Twilight Zone: Ihm sind sie bei seinen DMT-Trips selbst begegnet, die Wesen, die an unseren Schaltern klimpern und sich von unseren mieseren Charakterzügen ernähren. Seiner Ansicht nach sollten wir diese Tatsache schleunigst zur Kenntnis nehmen, wenn wir ihnen nicht komplett zum Opfer fallen wollen. Durchs Heft sind sie schon häufiger gegeistert – und wenn ich mir so anschaue, wie wir Menschen gerade aufeinander losgehen, muss ich unweigerlich an das Ränkespiel dieser schattenhaften Drahtzieher denken.

Auf der einen Seite sind da die Covidianer: Sie halten die Mitglieder ihres Kults mit einer unsichtbaren, potenziellen Bedrohung in Angst, zwingen sie zu ritualisierten Handlungen, verteilen Sakramente und schließen jene, die sich ihren Geboten nicht unterwerfen und nicht salben lassen, aus ihren Reihen aus. Ihre Unmenschlichkeit nehmen sie selbst kaum noch wahr, sondern rationalisieren alles in dem festen Glauben, das Gute und Richtige zu tun.

Auf der anderen Seite stehen die Covidioten: Notorische Nörgler, die aus Prinzip meckern und in ihrer Schwurbelei nicht mitgekriegt haben, dass wir im wissenschaftlichen Zeitalter angekommen sind. Gebetsmühlenartig wiederholen sie verstaubte Ansichten, glauben an die Macht von Zuckerkügelchen und Gebeten, halten Impfungen für Teufelswerk und sind drauf und dran, wieder ins geistige Feld des Mittelalters zurückzufallen. Man kann ihnen noch so viele Daten und Forschungsergebnisse vorlegen, sie halten stocksteif an ihren Wahnvorstellungen fest.

Na, fühlen Sie sich getriggert und spüren dieses unangenehme Gefühl im Bauch? Werden Sie wütend? Entrüstet? Zack. Erwischt. Unsere Strippenzieher wird es freuen. Ob die nun in der Anderswelt sitzen oder ganz reale Macht­positionen einnehmen, spielt eigentlich keine Rolle – wichtig ist, dass wir uns klarwerden, was hier gespielt wird. Der Glaubenskampf, der gerade in so einigen von uns kocht, gipfelt in dem, was die einen als Sakrament und die anderen als Teufelswerk bezeichnen: der Impfung. Ich dachte mir: Das Thema passt doch prima in unsere Sektion „Kampf der Narrative“. Die zwei Familienmitglieder, die hier die Schwerter kreuzen, haben zu Papier gebracht, was gerade die halbe Menschheit spaltet. Beim Lesen und Nachblättern in den Referenzen sind mir zwei Dinge aufgegangen: Zum einen gibt es, lässt man sich wirklich auf die Gegenposition ein, genug Dinge, die man fürs eigene Weltbild mitnehmen kann. Und zum anderen sehe ich hüben wie drüben Dünkel, Arroganz und vor allem Angst – lecker Brotzeit für die unsichtbaren Parasiten.

Verstehen Sie mich nicht falsch: Ohne Spannung und Polarität kein Leben, ohne Gegenpositionen kein Wachstum. Klar ist aber auch: Sind die Pole zu stark aufgeladen, wird die Entladung heftig. Wenn wir so weitermachen und uns gegenseitig zu Spinnern erklären, dann ist der Blitz nur eine Frage der Zeit. Und wenn er einschlägt, dann wird es nicht bei den Narben bleiben, die der ganze Wahnsinn sowieso schon hinterlassen hat.

Nur Sklaven demonstrieren. Just auf dem Weg zu meiner Schreibklause zischte mir der Satz wieder über die Hirnrinde. Beim ersten Mal hatte er mich hinterrücks erwischt, schließlich war ich im August 2020 auch zweimal auf der Straße. Aber er schien in mich eingesickert zu sein und dort zu nagen.

Dass jetzt so viele Spaziergänger für die Freiheit marschieren, so dachte ich, ist sicher ein Schritt nach vorn. Trotzdem hat sich etwas in mir verändert, denn mich zieht dort nichts hin.

Gerade letzte Nacht ist es mir bewusst geworden. Da brauchte ich nämlich eine Verschnaufpause von der Arbeit und spazierte durch die leeren Straßen. Und ich spürte keinerlei Entrüstung – in meinem Kopf sprudelten Pläne.

Spannende Lektüre!

Ihr Daniel Wagner


Kommentare

Kommentar von Johannes Molitor (04. Februar 2022, 17:36 Uhr)

Lieber Herr Wagner
Sie haben sich da ganz schön in einem Netz von Rechtfertigungen verheddert, was da über Sie geworfen wurde. Ein Netz, das zunächst aus Feldern mit Fremd-emotionen, -erinnerungsdateien und -manipulationen bestand, und jetzt angereichert ist mit ihren eigenen Sachen.
Machen Sie das Zeug weg, und schon sieht die Welt für Sie anders aus. Jedenfalls sollte dieses Thema Sie dann nicht mehr davon abhalten zu demonstrieren.
Gründe mitzulaufen finden sich viele - z.B. können Männer den Frauen auf der Demo Mut und Sicherheit geben in einem Umfeld von kampfbereiten Polizisten und Antifanten. So erschien es mir jedenfalls am vergangenen Montag in Köln.
Grüße nach Teupitz


Kommentar von Bea (06. Februar 2022, 11:08 Uhr)

Fragen, die sich mir in dem Zusammenhang stellen, sind: Sollte der Begriff Freiheit vielleicht neu definiert werden bzw. ist das, was viele unter Freiheit verstehen (ein Leben zurück ins Gewohnte ohne-C-Regeln) noch tragfähig für eine wirklich bessere und lebensförderlichere Erde? Demonstrieren souveräne Menschen überhaupt oder gestalten sie selbst dort, wo sie sind, etwas Neues? Ich denke da u.a. an den Gründer von ecosia, einer alternativen Suchmaschine. Er hat innerhalb dieses Systems längst etwas Konstruktives geschaffen, dessen Früchte überleben werden. Haben die Demos und Spaziergänge (immerhin seit 2 Jahren) was gebracht, wenn man mal davon absieht, dass sich dort sicher neue Bekanntschaften ergeben haben? Immerhin wird nun mit Impfpflicht gedroht. Warum fällt es Menschen so schwer, sich konstruktiv, besonders regional, zu organisieren? Die Kungelei auf kommunalpolitischer Ebene ist auch nicht besser als auf nationaler und globaler Bühne. Ist die Regierung überhaupt der richtige Adressat für Kritik? Immerhin haben Millionen Menschen allein hierzulande lange geschwiegen, während global agierende Konzerne immer mehr Macht an sich rissen. Dazu kommt der Götzendienst an Prominenten, der inzwischen ekelhafte Ausmaße angenommen hat. Übrigens ist lt. Statistik inzwischen fast jeder 5. Deutsche tätowiert. In den Tattoo-Farben sind auch Substanzen, die ich zum Beispiel nicht im Lymphsystem haben möchte. Also - "Ende Corona-Maßnahmen" - und dann? So weitermachen wie bisher? Dann werden künftige Generationen nicht mehr viel Lebenswertes vorfinden, ihre Leben in sinnbefreiten Jobs zubringen, umzingelt von Monitoren mit stupider Berieselung und vom Burnout und div. chronischen Erkrankungen begleitet. Oder kürzer: Es gibt nichts Gutes, außer man tut es!


Kommentar von Sepsis (09. Februar 2022, 00:15 Uhr)

Ich emfinde für mich die Atmosphäre auf den Spaziergängen unserer Kleinstadt ,mit 10000 Leuten und immer so um die 300-500 Spaziergänger unterwegs, als überaus Angenehm und da alles andere an möglichen sozialen Zusammenkünften ja nicht mehr ohne weiteres möglich ist ,kann man sich jetzt halt dort gut ausleben....jemanden zum reden findet man dort immer.


Kommentar von Bea (09. Februar 2022, 18:32 Uhr)

Es gab 2020 im August die riesige Demo in Berlin. Bundesweit treffen sich mehr und mehr Menschen zu Spaziergängen. Auf der anderen Seite sind die C-Maßnahmen restriktiver geworden: angedrohte Impfpflicht, FFP2-Maske beim Einkaufen, noch mehr Testerei etc. Die Menschen scheinen mehrheitlich nicht zu verstehen, dass bei der Pandemie ein Plan umgesetzt wird (siehe ggf. Website und Buch von Dr. Norbert Häring, um nur einen zu nennen). Menschen neigen dazu, Verhaltensweisen zu wiederholen, die sie kennen, ohne sich zu fragen, ob sie zielführend sind, sofern sie überhaupt konkrete Ziele verfolgen. Sehr viel mehr als Spaziergänge und Demos würde es meiner Ansicht nach bringen, wenn Millionen Menschen ihre TV-Geräte zum Recyclinghof bringen würden. Glotze abschaffen! Keine Einschaltquoten mehr! Auch den Hörfunk meiden, solange die so regierungskonform sind. Supermärkte mit "Hintergrunddurchsagen" ebenfalls meiden. Verbrauchermacht nutzen! Die Spaziergänger haben meistens keine Strategie. Plakate mit "Wir sind das Volk" etc. sind doch infantil. Die Puppenspieler im Hintergrund lachen sich da doch nur schlapp. Aber wenn Millionen sich dazu entscheiden würden, nicht mehr im TV zuzusehen, wie 22 Millionäre hinter einem Ball herrennen, wenn sie ihre kostbare Lebenszeit anderweitig (nämlich konstruktiv) nutzen würden, bekämen die "Machthabenden" schnell kalte Füße. Wo die Augen sind, da ist die Seele. Bei den meisten sind die Augen abends stundenlang auf den Fernseher gerichtet. Schmerzhaft weniger Einschaltquoten? Das möchten die nicht.


Kommentar von Steffen (26. Februar 2022, 11:07 Uhr)

Lieber Herr Wagner, Ihr Bauchgefühl bezüglich der Demos ist bei mir eine ganz praktische Realität. Auch ich war anfangs in unserer mitteldeutschen Kleinstadt dabei, als es auf die Straßen ging. Die überwiegende Mehrheit der Menschen, die mitspazierten, waren weder rechts noch sonstwie gefährlich. Man könnte ihnen höchstens eine gewissen Naivität unterstellen, für viele war das "Querdenken" recht neu, sie waren vorher völlige "Normalos". Da in einer Kleinstadt aber doch mehr Übersicht über Gesichter und Gesinnungen herrscht, war schnell zu merken, dass die anfänglich eher "chaotisch" organisierten Veranstaltungen schon bald auffällig unauffällig gekapert wurden – die neue Rechte war ganz vorne dabei, den Unmut in der Bevölkerung zu nutzen und sich als Schrittmacher zu etablieren. Und mit neue Rechte meine ich Menschen, die wirklich sehr eindeutig der extremistischen, gewaltbereiten, organisierte Rechten zuzuordnen sind. Die meisten Menschen setzen sich zunächst nicht kritisch damit auseinander, kannten weder die Gesichter noch die dahinter stehenden Strukturen. Als das Bewusstsein dafür wuchs, begannen sich Teile der ursprünglichen Spaziergängergruppe (bzw. waren es ja anfangs noch Demos) abzuspalten – und es tut mir Leid, wenn ich das so sagen muss, aber dabei handelt es sich überwiegend um die eher intelligenteren Leute, bzw. jene, für die das Hinterfragen der Realität auch vor bequem gewordenen Identifikationspotenzialen nicht halt macht. Es mag sein, dass das in anderen Städten anders läuft, aber im Austausch mit anderen Ex-Demonstranten und kritischen Denkern, auch aus unserer Region, hat sich der Eindruck verfestigt, dass auch diese Protestbewegung letztlich großwetterpolitisch gewollt oder zumindest gewünscht ist – und zwar von den falschen Leuten. Der Grat zwischen Spaziergänger und Mitläufer ist klein, und viel großes Unheil in der Geschichte hat mit einer kleinen Gruppe von Menschen begonnen, die dachten, sie würden das Richtige tun. Im geopolitischen Machtspiel um Europa sind diese Querelen ein willkommenes Menü für Großmächte wie China, die im Hintergrund die Fäden ziehen und eigentlich schon vor 15 Jahren in der Lage gewesen wären, Europa mit überwältigender Dominanz nach ihren Vorstellungen zu verändern. Der russische Anspruch und die kriegerische Einverleibung der Ukraine ist ein Lehrstück – vor allem auch an der Propaganda-Front. Tatsächlich kommen aus der hiesigen Querdenken-Bubble Stimmen, die sich wünschen, Putin solle auch hierzulande einmarschieren. Ich befürchte, diese Leute haben komplett den Boden der Realität unter den Füßen verloren und haben sich zu Marionetten einer antieuropäischen, antidemokratischen Propaganda machen lassen, die ihnen das Gefühl gibt, Widerstandskämpfer zu sein. Ich bin nach wie vor kein Fan unserer Politikerkaste, unseres Wirtschaftssystems und der NATO. Aber andere, ebenso besch*ssene Systeme als Erlöser zu stilisieren – das geht mir einen Schritt zu weit; ob es Nationalisten im eigenen Land sind oder ausländische Despoten. In beiden Fällen geht mir die Menschlichkeit, Herzlichkeit und der gesunde Menschenverstand in einer ideologischen Sauße verloren, die süß riechen mag, aber bitter schmeckt. Ich wünsche mir bei alternativ denkenden Menschen, dass sie ihre eigenen Reihen und Bewegungen genauso kritisch betrachten wie den Mainstream und die etablierten Strukturen. Und auch, in guter Philosophentradition, sich selbst. Das würde vieles leichter machen und vor dem hinterhältigen Einfluss von Menschen, deren Ziel nicht Freiheit und Frieden ist, obwohl sie entsprechende Schlagworte laut herausschreien, besser schützen. Bleiben Sie ein Unicum, Herr Wagner, und lassen Sie sich nicht bestechen! Auch nicht moralisch.
Mit herzlichen Grüßen
Steffen H., Nexus-"Mitleser" (das Abo läuft über meine Mitbewohnerin)