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Seit 15.000 Jahren findet Jod Anwendung als Heilmittel. Trotz seines Siegeszuges zunächst in der Volksmedizin und seit dem 19. Jahrhundert auch in der Wissenschaft ist heute vielen Menschen nicht bewusst, wie wichtig Jod für ihre Gesundheit ist und welche Krankheiten sich mit Jod behandeln oder vorbeugen lassen.
Niemand vermag eine Geschichte zu erfinden, die so märchenhaft ist wie die Wirklichkeit. Die Entdeckung des chemischen Elements Jod, das bald das Leben so vieler Menschen verändern sollte, erfolgte in derselben Weise, wie ein Zauberer eine geheimnisvolle Flüssigkeit in einen Hut leert, um dann – in einer Glitzerwolke und von einem kräftigen Tuschbegleitet –ein weißes Kaninchen hervorzuzaubern. Seit Langem schon hatte man um die heilende Wirkung des Seetangs gewusst, doch niemand konnte ahnen, worauf sie beruhte. Im Jahr 1811 veränderte dann ein chemischer Zwischenfall die westliche Medizin.
Der französische Chemiker Bernard Courtois war in der Familienmanufaktur in Dijon damit beschäftigt, Salpeter herzustellen – ein Ausgangsstoff für die Produktion von Schießpulver, das für die Napoleonischen Kriege benötigt wurde. Eines Tages ging die Holzasche zur Neige, die er üblicherweise als Grundlage verwendete, also besorgte er Seetang, der an den Küsten der Normandie und der Bretagne häufig anzutreffen war. In einem Kupferkessel veraschte er die Braunalgen und schüttete in der Folge zu viel Schwefelsäure auf den Rückstand. Zisch! Ein wunderschöner violetter Dunstschleier breitete sich aus. Der Dampf kristallisierte zu einem glänzenden Pulver, das die Farbe von Grafit annahm.
Sogleich vermutete Courtois, ein noch unbekanntes Element entdeckt zu haben, aber er war zu arm, um weiterführende Versuche finanzieren zu können. Also händigte er die Kristallproben an wohlhabendere Chemikerkollegen aus, die weitere Experimente durchführen sollten. Noch ahnte er nicht, dass das Übermaß an Schwefelsäure als einer der glücklichsten Zufälle in die Geschichte der Medizin eingehen würde.
Zwei Jahre später sandte Humphry Davy einen Brief an die Royal Society in London, in dem er das neu entdeckte Element „Iodine“ nannte, angelehnt an das altgriechische Wort für „violett“. Im weiteren Verlauf des 19. Jahrhunderts sollten noch viele „Väter der Wissenschaft“ von sich behaupten, an der Bildung des Begriffs „Jod“ beteiligt gewesen zu sein. Courtois, der eine wissenschaftliche Revolution ausgelöst hatte, starb bettelarm, weil er seine Entdeckung nie registrieren ließ.
In den nächsten Jahren setzten viele Ärzte das Halogen Jod bereits im Kampf gegen eine Reihe von Krankheiten ein. Weil verbrannter Seetang und Meeresschwämme seit Jahrtausenden zur Behandlung von Kröpfen verwendet worden waren, schlossen Ärzte in England und Kontinentaleuropa darauf, dass Jod die heilkräftige Komponente in diesen Meeresorganismen sei, die kranke, angeschwollene Schilddrüsen zum Schrumpfen brachte. Die Nachricht verbreitete sich rasch. Tausende Artikel wurden veröffentlicht. Aus den folgenden Jahren ist die Anwendung von Jod gegen so viele Leiden überliefert, dass man sie unmöglich zählen könnte.
Lungenkrankheiten galten im 19. Jahrhundert als die Geißel Europas. In Fällen, in denen man bislang mit Seetang gute Behandlungserfolge erzielt hatte, standen nun Jodpräparate zur Verfügung. Im Jahr 1829 erfand Jean Lugol, ein Pariser Arzt, eine bald weitverbreitete Jodrezeptur, die als Lugol’sche Lösung bekannt wurde und fünf Prozent Jod sowie zehn Prozent Kaliumjodid, gelöst in destilliertem Wasser, enthielt. Er entwickelte die Lösung zuerst für die Behandlung von Lungenkrankheiten, aber mit der Zeit wurde sie für einfach alles eingesetzt: von der Desinfektion des Trinkwassers bis hin zur Behandlung von Schilddrüsenerkrankungen. Im ausgehenden 19. Jahrhundert war Jod das, was man als Schweizer Messer der Medizin bezeichnen könnte. Francis C. Kelly schreibt in seinem 1961 erschienenen Artikel in den Proceedings of the Royal Society of Medicine:
„Die Vielfalt an Krankheiten, zu deren Bekämpfung Jod verschrieben wurde, ist verblüffend – Paralyse, Chorea Huntington, Skrofulose, Tränensackfisteln, Taubheit, Wirbelsäulenverkrümmung, Hüftgelenkskrankheiten, Syphilis, akute Entzündungen, Gicht, Wundbrand, Wassersucht, Karbunkel, Nagelbettentzündung, Frostbeulen, Verbrennungen, Verbrühungen, Krupp, Katarrhe, Schnupfen, Asthma, Geschwüre und Bronchitis – um nur einige zu nennen.“
Er führt in seinem Bericht weiter an, dass zwischen 1820 und 1840 viele Veröffentlichungen erschienen, die Auskunft über die unterschiedlichen Anwendungen gaben.
Wir vergessen oft, dass die Syphilis im späten 19. Jahrhundert halb Europa heimsuchte. Als Vincent van Gogh von dieser Infektionskrankheit geplagt wurde, erwähnte er in einem Brief an seinen Bruder Theo, wie positiv sich sein Jodpräparat auf sein Gehirn und seine Wirbelsäule auswirke. Wir haben keine Ahnung, in welcher Form er das Spurenelement im Frankreich des ausgehenden 19. Jahrhunderts nutzte, aber dafür wissen wir, dass in amerikanischen Apotheken ein Präparat aus Wismut, Ameisensäure und Jodid erhältlich war, um die Läsionen der Syphilis zu heilen. Um spätere Stadien der Krankheit zu behandeln, hatte man giftiges Quecksilber genutzt, bis es im Jahr 1840 durch Kaliumjodid ersetzt wurde. Bis zur Entdeckung von Penicillin im Jahr 1928 fand Kaliumjodid zur Bekämpfung der Syphilis Verwendung. Bei der Durchsicht von Inventarlisten von Apotheken aus dieser Zeit stieß ich auf tausende von Jodpräparaten, die Ärzte zur Versorgung von Wunden verschrieben hatten.
Die Ärzte empfahlen den Frauen, ihre Brüste mit Jod zu bestreichen, wenn sie schmerzten oder sich Zysten in ihnen gebildet hatten. Einige Onkologen injizierten Jodlösungen direkt in Brüste oder Eierstöcke, um gegen Schwellungen und Zysten vorzugehen. Im Jahr 1856 erwähnte der berühmte Chirurg Dr. Alfred Velpeau Jod in Zusammenhang mit hunderten Fällen von Brustkrebs in seiner Abhandlung „A Treatise on Cancer of the Breast and of the Mammary Region“. Sie gehen sicher davon aus, dass diese Berichte über Krankheiten und deren Behandlung in einem nüchternen und akademischen Stil verfasst wurden. Aber vor 150 Jahren zeichnete man Fallstudien noch mit akribischer und mitfühlender Sorgfalt auf. Ärzte dachten über ihre Behandlungsmöglichkeiten nach und teilten ihren Optimismus, aber auch ihre Zurückhaltung mit. Die Herstellung von Jodprodukten zu medizinischen Zwecken erreichte industrielle Ausmaße; es wurden neue Darreichungsformen des Spurenelements entwickelt. Viele Arzneimittelhersteller kreierten ihre eigenen Rezepturen und kombinierten Jod dabei mit anderen Elementen. Die Patienten nahmen die Neuerungen gerne auf und berichteten von ihren Heilerfolgen. Beim Sammeln von Gebrauchsgegenständen und Erinnerungsstücken für das Forschungsprojekt von Breast Cancer Choices erstand ich einen alten Brief, der auf den 31. Mai 1886 datiert und an Mrs. Dr. R. A. Johnston in Wellsville, Ohio, adressiert war. Verschickt hatte den Brief ihre Schwester. Die Verfasserin beschreibt, wie sie sich erfolgreich von Schmerzen befreien konnte, indem sie Jod auf ihre Brüste pinselte, so wie es ihre Schwester, die Ehefrau eines Arztes, empfohlen hatte. Dieses Schriftstück ist insofern von Bedeutung, als es Einblicke in die erfolgreiche medizinische Selbsthilfe von Patienten im späten 19. Jahrhundert gewährt. Es zeigt auch, dass die vielen von Ärzten veröffentlichten Bücher über die Behandlung der Brüste mit Jod weder eine Modeerscheinung noch einen künstlichen Hype oder eine übertriebene Reaktion darstellten. Die Berichte der Patienten über ihre Heilerfolge sind ein beredtes Zeugnis dafür.
Als ich im Jahr 2006 auf eBay nach Jodartefakten Ausschau hielt, stolperte ich über eine Jodfeldflasche aus Messing, deren Stempel darauf hinwies, dass sie während des Amerikanischen Bürgerkriegs von Soldaten der Konföderierten benutzt worden war (Abb. 1). Später fand ich heraus, dass Soldaten ihre Behältnisse mit Jod zusätzlich zu den mit Wasser gefüllten Feldflaschen als einen wichtigen Bestandteil ihrer Ausrüstung mit sich trugen. Jod wurde benutzt, um Wasser zu desinfizieren und Infektionen zu behandeln, die durch Schusswunden und Komplikationen bei Operationen auf dem Schlachtfeld verursacht und durch die unhygienischen Bedingungen begünstigt wurden. Lange, nachdem ich die Feldflasche für die Artefaktesammlung von Breast Cancer Choices erworben hatte, las ich den Bericht von Francis Kelly über einen Soldaten aus den Südstaaten, der wahrscheinlich eine solche Feldflasche benutzt hatte.
Den vollständigen Artikel finden Sie in Ausgabe 61
Jod forciert bei geschädigter Aldehyd-Entgiftung(Aldehyde werden angereichert) selbige. Die TPO ist natürlicher Inhibitor der Aldehydentgiftung - Jodmangel unter geschädigter Aldehydentgiftung ist Anzeichen der körpereigenen Gegenregulation - weniger Schilddrüsenaktivität ist weit weniger gefährlich als nicht abgebaute Aldehyde. Künstliche Jodzufuhr hebelt diese körpereigene Regulierung aus.
Folgen: u.a. Schilddrüsenschäden, weitere Enzymschäden durch H2O2-Anreicherung, Nervenschäden, Fettstoffwechselschäden, Krebs.