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„Ist unsere Demokratie noch zu retten?“ Mit dieser Frage setzt sich Paul Schreyer, freier Journalist und Autor mehrerer politischer Sachbücher, in „Die Angst der Eliten“ auseinander. In einer Zeit, in der „besorgte Bürger“ gegen „Gutmenschen“ wettern und sich gleichzeitig von Politikern als „Pack“ beschimpfen lassen müssen, in der Ängste sowohl vor Überfremdung als auch politischer Radikalisierung kursieren und Benefizkonzerte für multikulturelle Vielfalt direkt neben Aufmärschen von Neonazis stattfinden, ist Schreyers Untersuchung von beängstigender Aktualität.
Anhand von Fallbeispielen und Studien veranschaulicht Schreyer, dass die Regierungen –in Deutschland sowie weltweit – primär die Interessen der Reichen vertreten, obwohl diese prozentual nur einen geringen Anteil an der Bevölkerung ausmachen. Nicht selten gehören Politiker, die in der Regel selbst diesen Kreisen entstammen, diversen Lobbyverbänden an, und selbst betont volksnahe Vertreter werden in der Regel von den alten Eliten gefördert. Wenige Milliardäre dominieren über von ihnen finanzierte Stiftungen und Kontakte das weltweite Wirtschaftsgeschehen, noch immer existieren von Bankern gegründete Geheimdienste, und im Hintergrund der gewählten Volksvertreter zieht der Tiefenstaat, ein Netzwerk von Reichen, Geheimdienstlern und Politikern, die Fäden.
Wen wundert es da, dass sich die von der Regierung Vernachlässigten angesichts der offensichtlichen Bevorteilung der Geldelite den politischen Extremen zuwenden? Hier in Deutschland werden viele der vernachlässigten Wähler von der AfD aufgefangen, deren Vertreter selbst von Wirtschaftsinteressenten gestützt werden, und die sich darauf konzentriert, die Wut auf die etablierten Parteien zu schüren. Aus Angst, Unsicherheit und Ohnmachtsgefühlen der Wähler erwächst hier eine Partei, die die im Gegensatz zum Finanzsektor sichtbaren Flüchtlinge als Projektionsfläche nutzt, um „die Heimat, die Identität und die ‚Volksgemeinschaft‘ sowie deren ‚Feinde‘ in den Mittelpunkt“ zu stellen (S. 101), während andere Themen völlig in den Hintergrund geraten. Die so geschürten Konflikte zwischen Linken und AfD-Anhängern fördern lediglich die Interessen der industriellen und politischen Eliten.
Paul Schreyer erzählt nichts wirklich Neues. „Die Angst der Eliten“ liefert jedoch einen ganzheitlichen Ansatz, da die historische Entwicklung politischer Strömungen und die juristischen Bedeutungen der Forderungen des rechten wie linken politischen Spektrums auf allgemeinverständliche und anschauliche Weise erläutert werden. Schreyer bezieht Überlegungen zu „Hate Speech“, Meinungsfreiheit und Zensur ein, wägt ab, ob Volksentscheide der Demokratie dienen oder nicht, und kritisiert die Medien für ihre Fokussierung auf die falschen Themen, die alle von den Machenschaften der Geldeliten ablenken.
Eine ultimative Lösung für die Rettung der Demokratie vermag auch Schreyer nicht zu liefern, wohl aber Denkanstöße. Ein guter Anfang wäre es, wenn wir Wähler uns bewusst werden, dass wir von einer zumeist unsichtbaren Elite gelenkt werden, und uns nicht weiter gegeneinander aufstacheln lassen, sondern wieder „Bereitschaft zur Debatte“ (S. 172) zeigen, sowie „Klarheit und Ruhe beim Eintreten für gemeinsame Prinzipien“ (S. 179).
Paul Schreyer
Westend Verlag
224 Seiten
ISBN: 978-3-864892-09-7
€ 18,00