NEXUS Magazin: https://www.nexus-magazin.de/artikel/lesen/der-quell-der-wirklichkeit-einleitung-zu-dem-buch-synergetics-explorations-in-the-geometry-of-thinking


Der Quell der Wirklichkeit: Einleitung zu dem Buch „Synergetics – Explorations in the Geometry of Thinking“

Wir leben in einem Zeitalter, das die mit der Spezialisierung verbundene Tendenz, alles einzuschränken, für logisch, natürlich und wünschenswert hält. Konsequenterweise erwartet die Gesellschaft, jede ernst zu nehmende Mitteilung müsse knapp und präzise sein. Neue wissenschaftliche Erkenntnisse haben jetzt zutage gefördert, dass in allen bekannten Fällen des Artensterbens die Überspezialisierung schuld war: Die allgemeine Anpassungsfähigkeit war der Akkumulation selektierter Gene geopfert worden.


Daher ist die von Spezialisten erdachte Anweisung, alles haargenau auf den Punkt zu bringen, bedenklich. Denn in der Zwischenzeit ist der Menschheit das umfassende Verständnis abhandengekommen.

Die Spezialisierung hat nicht nur zum Gefühl der Isolation, zu Sinnverlust und Verwirrung geführt, sondern auch dazu, dass die Menschen die Verantwortung für ihr eigenes Denken und soziales Handeln auf andere abschieben. Spezialisierung führt zu Voreingenommenheit, die sich letztlich zu internationalen und ideologischen Konflikten verdichtet, die wiederum zu Krieg führen.

Ich will mir hier keinen Freibrief für ausschweifende Erörterungen ausstellen. Vielmehr möchte ich so präzise sein, wie es nötig und angemessen ist. Die allgemeine Systemtheorie gibt Aufschluss über ein Mindestmaß an variablen Einflussfaktoren, die jedes beliebige System auf einzigartige Weise steuern. Die fehlende Kenntnis aller beteiligten Faktoren und das damit verbundene Versäumnis, sie in unsere Synthese einzubeziehen, zieht unweigerlich falsche Schlussfolgerungen nach sich. Wir wollen nicht den Fehler der Unzulänglichkeit begehen, wenn wir den umfangreichen Erfahrungs- und Wissensschatz näher untersuchen, der uns aus der Menschheitsgeschichte überliefert ist.

Von Natur aus gibt es eine Mindestmenge an grundlegenden Konzepten und Informationen, deren Kenntnis uns erlauben würde, unseren Planeten Erde zur dauerhaften Zufriedenheit und zum Wohlbefinden der gesamten Menschheit zu verwalten. Mit diesem Ziel vor Augen beginnen wir mit einem Überblick über unsere zahlreichen relevanten Erfahrungen, versuchen dabei, die wichtigsten Bedeutungen zu entschlüsseln und den Bestand an allgemeinen Prinzipien auszumachen, die darüber bestimmen, dass unsere Erfahrungen, während unser Planet Erde die Sonne umkreist, die bestmöglichen Früchte für die Menschheit tragen werden.

Wir müssen mit den wissenschaftlichen Grundlagen beginnen, mit den Daten aus Experimenten also und nicht mit vorausgesetzten Axiomen, die lediglich auf der irreführenden Natur einer vordergründigen Unwiderlegbarkeit begründet zu sein scheinen. Die großen Forscher stimmen darin überein, dass wissenschaftliche Tätigkeit in dem Versuch besteht, die Fakten der Erfahrung zu ordnen. Wenn wir an dieser Definition festhalten, können wir das Universum bestimmen als die Gesamtheit aller bewusst wahrgenommenen und mitgeteilten, zeitlich versetzten und sich nur teilweise überlappenden menschlichen Erfahrungen. Eine Menge, die aus endlichen Elementen besteht, ist endlich. Das Universum ist ein begrenztes geistiges Drehbuch nichtsimultaner Handlungen.

Das menschliche Gehirn verfügt über einen physischen Mechanismus, um spezielle Erfahrungen zu speichern, abzurufen und erneut abzuspeichern. Die Erfahrung entspricht häufig einem Begriffspaket. Derlei Begriffspakete bestehen aus kompliziert verbundenen, noch nicht einzeln untersuchten Phänomenen, die als ursprüngliche Elemente der Wahrnehmung potenziell wieder­erfahrbar sind. Eine Rose beispielsweise wächst, bildet Stacheln und Blüten aus und duftet, ist aber häufig im Gehirn nur unter der Bezeichnung „Rose“ abgespeichert.

Korzybski, der Begründer der allgemeinen Semantik, zeigte auf, dass die Verschlagwortung mithilfe eines einzelnen Begriffs bewirkt, dass die Rose in den Menschen nur als rotes, weißes oder rosa Objekt nachhallt, das dazu dient, einem schönen Mädchen, einer aufmerksamen Gastgeberin oder der flüchtigen Bekanntschaft der letzten Nacht Achtung zu zollen. Die Verschlagwortung eines komplexen biologischen Phänomens unter dem einzelnen Begriff „Rose“ zielt darauf ab, die menschliche Neugier sowohl von einer weiteren Ausdifferenzierung ihrer biologischen Prozesse abzuhalten als auch von Überlegungen zur ökologischen Funktion der Rose auf unserem Planeten. Wir wissen nicht, was eine Rose ist und genauso wenig, welche wesentliche und einzigartige kosmische Funktion sie ausüben könnte. Somit haben wir die potenzielle Entdeckung der grundlegenden Funktionen im Universum lange Zeit unbeabsichtigt hinausgeschoben. Viele, wenn nicht alle Gegenstände der Erfahrung üben komplementäre Funktionen aus. Angestachelt durch die Jugend werfen wir Älteren nun allerdings einen zweiten Blick auf die meisten Dinge. Und das verheißt viele Überraschungen, die letztlich zu unserem Vorteil sein dürften. Die älteren Semester verfügen über riesige Erfahrungswerte, die der Jugend noch verwehrt sind. Mit ihren kombinierten und kritisch geprüften Erinnerungen könnten sie mühelos allgemeine Prinzipien von herausragender Bedeutung enthüllen.

Den vollständigen Artikel können Sie in NEXUS 100 lesen. Abonnieren können Sie unser Heft hier.