NEXUS Magazin: https://www.nexus-magazin.de/artikel/lesen/das-cheops-projekt-das-eisen-der-pharaonen-und-eine-neue-hebetechnologie-loesen-das-raetsel-um-den-bau-der-grossen-pyramide
Dominique Görlitz & Stefan Erdmann
Kopp Verlag
318 Seiten
ISBN: 978-3-864452-30-7
€ 22,95
Dr. Dominique Görlitz ist ein Experimentalarchäologe, Stefan Erdmann ein Privatforscher. Görlitz wurde durch seine aufsehenerregendenABORA-Experimente bekannt, mit denen er nachwies, dass es auch in frühesten ägyptischen Zeiten möglich war, mit einfachen Bootskonstruktionen bis nach Südamerika und zurück zu fahren. Erdmann untersucht seit den 1990er Jahren insbesondere das Gizeh-Plateau und hat darüber ein Buch und einen Film produziert.
Im Rahmen der von Görlitz und Erdmann „Cheops-Projekt“ genannten Untersuchung in der Großen Pyramide von Gizeh entwickelte sich um die beiden Akteure ein regelrechter Skandal, der weltweit für Aufsehen sorgte und im ersten Teil des Buchs dargelegt ist: Unter anderem vom ehemaligen Direktor der ägyptischen Altertumsverwaltung Zahi Hawass wurde den Autoren unterstellt, sie wären vom Pyramidenforscher Robert Bauval beauftragt worden, in einer der Entlastungskammern der Großen Pyramide dieCheops-Kartusche zu stehlen. Obwohl es Blödsinn ist, eine aufgemalte Kartusche zu stehlen, hatten sich sogleich Medien aus aller Welt darauf eingeschossen und Görlitz und Erdmann als „Vandalen“, „Grabräuber“ und „Pyramidenschänder“ bezeichnet. In Wirklichkeit wollten die beiden lediglich einige Milligramm einer dunklen Substanz an den Deckenbalken der Königskammer entnehmen, um diese wissenschaftlich untersuchen zu lassen. Dazu hatten sie im Vorfeld alle benötigten Genehmigungen der ägyptischen Altertumsverwaltung eingeholt. Es handelte sich also keinesfalls um ein ungesetzliches Vorgehen.
Vor Ort ergab es sich dann, dass die beiden auch in die Entlastungskammern klettern durften –immer von Sicherheitsleuten begleitet, also niemals unbeobachtet –, wo sie die Gelegenheit nutzten, auch hier einige Milligramm Farbe einer dort aufgebrachten Zeichnung abzulösen, allerdings nicht von besagter „Cheops-Kartusche“.
Der Skandal war perfekt, nachdem man feststellte, dass besagte Kartusche tatsächlich beprobt worden war. Um nachzuweisen, dass dies nicht auf das Konto von Görlitz und Erdmann ging, präsentierte Robert Bauval ältere Fotos der Kartusche, aus denen eindeutig hervorging, dass die Beschädigungen bereits 2006 vorhanden waren.
Dennoch: Der Skandal weitete sich zusehends aus und entwickelte sich zu einem Politikum. In Ägypten wurde ein Gerichtsverfahren angesetzt, bei dem die beiden Autoren in Abwesenheit mitsamt allen an der Aktion beteiligten (auch den Wächtern am Pyramideneingang) zu jeweils fünf Jahren Gefängnis verurteilt wurden. In Deutschland konnten Görlitz und Erdmann vor Gericht nachweisen, dass sie nichts Unrechtmäßiges getan hatten.
Soweit in gekürzter Form die Geschichte um den angeblichen „Cheops-Kartuschen-Raub“, die im Buch minutiös dargelegt wird.
Der zweite Teil des Buchs handelt von den Ergebnissen der Untersuchungen und den daraus zu ziehenden Schlussfolgerungen. Zunächst stellten beide Autoren sehr ausgiebige Recherchen zu den Graffitis an, die seinerzeit vom Briten Howard Vyse in den Entlastungskammern „entdeckt“ wurden. Um es kurz zu machen (im Buch steht alles wesentlich ausführlicher): Vyse hat offenbar zumindest einige der dortigen Zeichen nachgemalt sowie einige weitere hinzugefügt.
Die schwarze Substanz, die in der Königskammer entnommen wurde, stellte sich als metallische Patina heraus, die Magnetit enthält. Diese Substanz konnte nur deshalb entstehen, weil die Deckenbalken eine gewisse Zeit lang auf eisernen Platten gelagert worden sein mussten, bis sie eingebaut wurden. Mit dieser Erkenntnis rekonstruierten beide Experimentalforscher eine verblüffend einfache Hebetechnik für die tonnenschweren Granitblöcke, die ohne die eisernen Unterlagen nicht funktionieren würde.
Im Buch sind alle Schritte und Erkenntnisse des Gizeh-Projekts detailgenau und sehr ausführlich dokumentiert, auch für Laien spannend und gut lesbar. Im Anhang des Buchs zeigen die Autoren zusätzlich sämtliche eingeholten Genehmigungen.