NEXUS Magazin: https://www.nexus-magazin.de/artikel/lesen/burnout-als-initiation-wie-wir-die-energiekrise-weise-nutzen
Von Holz zu Öl, von Öl zu Sonne, von Sonne zu Nullpunktenergie – wir werden immer wieder vor denselben Problemen stehen, wenn wir nicht etwas ändern. Grundlegend. Charles Eisenstein sagt, was.
Energiepolitik – bla, bla, bla, Umweltbilanz – bla, bla, bla, Energierendite, Ölfördermaximum, CO2-Fußabdruck, Erneuerbare, Wasserkraft, Kernenergie – bla, bla, bla, bla, bla.
Das war eine überzeugende Analyse, nicht wahr? Nachdem ich das nun hinter mich gebracht habe, kann ich zum wichtigen Teil übergehen. Was Energiepolitik anbelangt, verfolge ich einen ungewöhnlichen Ansatz, der sich gleichermaßen auch auf die persönliche Energiebilanz eines Wesens aus Fleisch und Blut anwenden lässt.
Bei den meisten Diskussionen über Energie geht es hauptsächlich um die Frage, wo die Energie herkommen soll. In unserer modernen Zeit wurden wir Zeugen, wie immer wieder eine Technologie eine andere ersetzte, die jeweils eine neue Ära mit sauberer, schier unerschöpflicher Energie einzuleiten versprach. Vielleicht reicht Ihr Gedächtnis ja nicht so weit zurück, aber ich kann mich noch an meine Jugendtage in den 1880er-Jahren erinnern, als die neuen Ölöfen uns von dem Holzrauch zu befreien versprachen, der jeden Winter unsere Städte, Dörfer und Häuser erstickte und die Landschaft immer kahler werden ließ. Welchen Segen das für die Umwelt bringen würde! Etwa um die gleiche Zeit bescherte die Wissenschaft uns Kerosin und wir konnten die schmierigen Talg- und Walfettlampen ausrangieren, die unsere Häuser mit Gestank erfüllten und die Wale in den Ozeanen ausrotteten.
Etwas Ähnliches erlebte ich in meiner Jugend in den 1920er-Jahren, als Automobile die allgegenwärtigen Pferde ersetzten, die unsere Städte mit Dung überhäuft hatten. Wissen Sie noch, wie jedes Jahr im Frühling der Regen die Straßen in einen knöcheltiefen Morast verwandelte, der erst durch die Wärme der Julisonne trocknete und sich dann als feiner Staub an unsere Kleidung heftete und in unsere Nasenlöcher eindrang? Ach, und diese Fliegen! Was war die neue pferdelose Kutsche doch für eine Wohltat!
Als junger Mann schloss ich in den 1950er-Jahren Bekanntschaft mit einer neuen Energiequelle, die damals in unser Leben trat. Wir nannten sie Atomkraft. Sie setzte der Verschmutzung endgültig ein Ende. Keine Rauchschlote, kein Kohlenstaub und keine Verunreinigungen mehr. Saubere, unbegrenzt verfügbare Atomenergie sollte dem modernen Zeitalter sein wahres Potenzial entlocken.
Doch jede dieser neuen Errungenschaften erwies sich als Umweltkatastrophe. Aber keine Sorge! In den letzten Jahrzehnten erblickten neue Technologien das Licht der Welt, die es uns endlich ermöglichen werden, große Mengen von Energie zu erzeugen, ohne die Umwelt zu verschmutzen. Wind, Biomasse und Solarkraft sorgen für Energie und Treibstoff ohne negative Auswirkungen auf die Umwelt. Nun, das war zumindest die Idee, die dahintersteckte. Doch es wird bereits offensichtlich, dass sich das jahrhundertealte Muster wiederholt. Die Umweltschäden durch Minen zum Abbau von Lithium, Kobalt, Silber, seltenen Erden und Ähnlichem sind nicht weniger erschreckend als die durch Öllecks, Bohrfelder und Emissionen verursachten Schäden. Und die Zerstörung der Ökosysteme, die durch im großen Stil erzeugte Biokraftstoffe angerichtet wird, stellt deren angeblichen Nutzen für das Klima weit in den Schatten.1
Es stellt sich also die Frage, wie wir unseren Energiebedarf auf nachhaltige Weise befriedigen können, ohne der menschlichen Gesundheit, dem Planeten und allen übrigen Lebewesen weiterhin Gewalt anzutun.
Die Frage ist eigentlich falsch gestellt, weil die Formulierung die Möglichkeit einer Antwort impliziert. Das Problem besteht aber nicht in unserer Energieerzeugung, sondern in unserer Energieverwendung.
Zur Erklärung möchte ich das Konzept der heiligen Reziprozität heranziehen und versuchen, es aus der Mülltonne spiritueller Klischees hervorzuholen. Damit ein System, gleich welcher Art, gedeihen kann, müssen Geben und Nehmen im Gleichgewicht sein, und zwar nicht in einem rigiden oder statischen Gleichgewicht, sondern in einem Zustand dynamischer Ausgewogenheit.
Aus diesem Prinzip folgt, dass die Art unseres Nehmens so gut wie keine Rolle spielt, solange es am Geben hapert. Das Prinzip der Gegenseitigkeit verlangt, dass wir die Schönheit, die wir aus der Welt beziehen, in umgewandelter Form wieder an ihre Quelle zurückführen. Wir nehmen die Gaben der Natur entgegen, verändern sie und leiten sie weiter. So tragen wir zur Gesundheit, Schönheit und Lebendigkeit der Welt bei.
Meine Frau Stella, die aus Südamerika stammt, orientiert sich an der schamanischen Tradition Perus. Ein gängiger Brauch betrifft die Herstellung von sogenannten despachos, kurzlebigen Schreinen aus Blumen, kleinen dekorativen Elementen, farbenfrohen Kerzen und Ähnlichem, die später verbrannt oder vergraben werden. Die Überlieferung besagt, dass dieapus– die Götter der Berge – und andere Geister sich an deren Schönheit laben.
Dieses Verständnis beschränkt sich keineswegs nur auf Peru. Jeder, der einen Altar anlegt, verleiht ihm Kraft durch die sorgfältige Anordnung heiliger Gegenstände. Der architektonische Glanz, der sich in westlichen Kathedralen und Moscheen entfaltet, weist auf eine ähnliche Denkweise hin. Der Zweck solch opulenter Ausschmückungen bestand darin, Gott zu verherrlichen. Die gleiche geistige Schwingung vermitteln auch die heiligen Stätten des Fernen Osten, beispielsweise die taoistischen und shintoistischen Tempel in China und Japan. Wenn sie gut gelungen waren, verschönerten sie die Landschaft, ohne sie zu dominieren. Sie fügten der Natur etwas hinzu, anstatt ihr etwas zu entziehen.
Die Schönheit oder auch die Hässlichkeit der sakralen Architektur enthüllt die Gesundheit oder Krankheit einer Gesellschaft. Das gilt nicht nur für deren sakrale Architektur, sondern auch für alle anderen Bauwerke und für alles, was sie tut. Nicht nur sind die nach 1950 erbauten christlichen Kirchen genauso hässlich wie die übrige moderne Landschaft, auch die Tempel der modernen Religionen (Wissenschaft, Medizin und Kommerz) weisen kaum ansprechende Züge auf.
Selbst etwas so Banales wie die Lebensmittelherstellung kann man im Geiste der Extraktion oder im Geiste der Gegenseitigkeit – und damit als Beitrag zum Leben – gestalten. Die Indianer Nordamerikas gewannen ihre Lebensmittel auf eine Art und Weise, die sowohl die Produktivität erhöhte, als auch die Biodiversität förderte, wie Kat Anderson in seinem klassischen Werk „Tending the Wild“ beschreibt. Mit der Zerstörung der alten Bräuche durch die Kolonialherren und Siedler begann der Verfall der Ökosysteme. Die heutzutage häufigen Flächenbrände sind diesem genozidalen Vermächtnis zu verdanken.
Die Vorstellung, man könne den klimaschädlichen Emissionen, der Ausplünderung der Ressourcen oder dem Verlust der Biodiversität beikommen, indem man despachos arrangiert oder mit mehr Zeit- und Geldaufwand schönere Gebäude errichtet, mag abstrus erscheinen – als flüchte man ins Spirituelle, um sich den quantitativen Problemen von Energieproduktion und -verbrauch nicht stellen zu müssen. Der Kernpunkt ist jedoch, dass die Menschheit heute den Großteil der Energie nicht zum Wohle aller Menschen, geschweige denn zum Wohle des gesamten Lebens auf der Erde einsetzt. Daran wird sich auch nichts ändern, wenn wir auf „nachhaltige“ Ressourcen umsteigen.
Um die Bedeutung zu erkennen, die der Gestaltung einesdespacho,der Errichtung sakraler Architektur oder der Anlage eines Altars oder Schreins zukommt, muss man verstehen, dass man damit ein Prinzip, ein Vorbild und eine Gewohnheit etabliert. Es geht um gewohnheitsmäßige Hingabe: Hingabe an die Schönheit, Hingabe an das Leben und Hingabe an Heilung.
Auch in der Kunst verwirklicht sich diese Hingabe. Ein Künstler gestaltet irgendetwas schöner, als es notwendig wäre, um den vorgesehenen Zweck zu erreichen. Kunst äußert sich also in einem Geist von Geben. Das meine ich mit heiliger Reziprozität.
Bei den meisten Bauprojekten wird zunächst einmal der Baugrund freigeräumt. Dieser erste Schritt lässt völlig außer Betracht, was sich vorher an der entsprechenden Stelle befunden hat.2 Religiöse Architektur und religiöse Gesinnung streben im Allgemeinen nicht danach, die Welt auf null zu setzen und dann neu zu beginnen. Vielmehr würdigen sie die Geschenke, die die Welt bisher gegeben hat und versuchen, an den Prozess der Schöpfung anzuknüpfen.
Hingabe rundet den Zyklus von Geben und Empfangen ab. Mittels menschlicher Kreativität werden die Energien der Natur zu ihrem Ursprung zurückgeleitet. Wenn dieser Aspekt außer Betracht bleibt, können Energietechnologien niemals harmlos sein. Sie werden vielmehr ein Ungleichgewicht schaffen. In Maßen genutzt, werden sie zwar kaum Schaden anrichten, doch im Überfluss eingesetzt, werden sie sich alle als zerstörerisch erweisen. Ein paar verstreute Windturbinen an idealen Standorten sind harmlos, doch wie beeinflussen sie die Wettermuster, die Vogelwanderung und vieles mehr, wenn sie in großer Zahl ganze Landstriche prägen? Einmal sprach ich mit einem Angehörigen eines indigenen Volkes, der mich vor den Konsequenzen warnte, mit denen wir rechnen müssten, wenn wir „den Wind stehlen“. Er konnte nicht genau vorhersagen, was geschehen würde, doch er wusste, dass unsere Herangehensweise nichts Gutes verhieß.
Kürzlich hörte ich von einer neuen geothermalen Technologie, bei der die Erdkruste angezapft wird, um Elektrizität zu erzeugen.3 Mithilfe präzise fokussierter Millimeterwellen bohrt man bis 20 Kilometer tief in die Erde hinein, wo eine Temperatur von 500 Grad herrscht. Das in das Bohrloch eingeleitete Wasser kommt als überkritischer Wasserdampf zurück, der Turbinen antreiben kann. Für diese Technologie kann man die bereits bestehende Infrastruktur nutzen (und konvertierte Ölbohrfelder weiterbetreiben) und auch das bisher in Öl- und Gasanlagen tätige Personal einsetzen. Das generierbare Energiepotenzial scheint unerschöpflich. Mit dem Hitzereservoir des Erdinneren könnte man den Energiebedarf der Zivilisation für Milliarden von Jahren decken.
Doch schon Stanley Jevons erkannte seinerzeit im 19. Jahrhundert, dass unser Energieverbrauch mit der zur Verfügung stehenden Menge wächst. Wenn wir es an Hingabe mangeln lassen, werden wir mit jeder neuen Energiequelle verschwenderisch umgehen und sie bis an ihre Grenzen ausbeuten. Wer kann schon wissen, welche Auswirkungen es auf den Vulkanismus, die Plattentektonik, den Geomagnetismus und andere Prozesse haben wird, wenn wir ohne jede Einschränkung „die Hitze der Erde stehlen“?
Wenn ich sehe, wie wir heute mit Elektrizität und Kraftstoffen umgehen, bin ich mir nicht sicher, ob es gut wäre, deren Verfügbarkeit noch mehr auszuweiten. Brauchen wir wirklich noch mehr elektronische Geräte, Plastikartikel, größere Häuser, Straßen, Flugzeuge, Maschinen aller Art und Technologien für jeden Aspekt unseres Lebens? Welche positive Vision für die Zukunft der Menschheit verlangt eine Steigerung der Energieerzeugung? Ist es unser Ziel, den nordamerikanischen Lebensstil in die ganze Welt zu tragen? Angesichts der Begleiterscheinungen dieses Lebensstils (Süchte, Depressionen, chronische Krankheiten, häusliche Gewalt, geistlose Routinen, zwanghaftes Konsumverhalten etc.) sollten wir die Annahme hinterfragen, dass ein höherer Energieverbrauch pro Kopf auch zu größerem Wohlergehen führt.
Noch erschreckender sind die sogenannten „freien Energien“, die aus dem Nullpunktfeld gezogen werden. Sind solche Energien wirklich frei? Welche Unausgewogenheiten könnten im Gewebe des Kosmos entstehen, wenn wir dieses Feld zu stark beanspruchen? Oder besser gesagt: Wenn wir jetzt sofort Zugang zu unerschöpflicher Energie bekämen, würden wir sie dann weise verwenden? Wir dürfen nicht vergessen, dass wir den letzten großen Sprung in der Energietechnologie zuallererst nutzten, um eine Bombe zu bauen.
Auf freier Energie beruhende Geräte liegen derzeit noch außerhalb unserer Konsensrealität, und das ist ein Glück. Ich glaube, wir sind noch nicht reif genug, um sie verantwortungsbewusst einzusetzen.
Jede Art von Energiequelle entspricht einem bestimmten Bewusstseinszustand und einer bestimmten Phase der Zivilisation. Die fossilen Brennstoffe basieren auf dem Prinzip der Expansion. Durch Verbrennung kommt es zu kleinen Explosionen, die die umgebende Luft ausdehnen und zur Gas- oder Dampfbildung führen. Dieses Expansionsbewusstsein war einer Phase angemessen, in der die Zivilisation wuchs. Es symbolisiert aber auch eine Ablösung von der Natur. Im Gegensatz zur Verwendung von Holz oder der Stärke von Tieren lag die Energiequelle jetzt außerhalb der belebten Welt. Das passt genau zu einer Mentalität, bei der der Mensch die Natur von außen kontrolliert. Die Ausschöpfung der Ressourcen geht Hand in Hand mit der Erschöpfung dieser Zivilisationsweise und generell dieser menschlichen Lebensart. Doch wir haben diese Phase noch nicht ganz abgeschlossen und versuchen derzeit, sie durch den Einsatz von Sonnen- und Windkraft oder Biokraftstoffen zu verlängern. Diese Technologien leisten das Gleiche wie die fossilen Brennstoffe, nur auf deutlich schlechtere Weise.
Um das wahre Potenzial dieser und anderer neuer Technologien zu entfalten, bräuchten wir Durchbrüche, die mit einer Geisteshaltung der Getrenntheit niemals erreicht werden können. Wir werden die gewaltigen Energiequellen, die wir mit ihnen anzapfen könnten, erst erschließen, wenn unsere Zivilisation und unsere Denkweise in eine neue Phase eingetreten sind.
Die fortgesetzte Nutzung fossiler Brennstoffe scheint in zweierlei Hinsicht an ihre Grenzen zu stoßen. Die beiden Gründe scheinen auf den ersten Blick nichts miteinander zu tun zu haben. Der erste Grund liegt in der begrenzten Verfügbarkeit leicht zugänglicher Vorkommen. Der zweite Grund betrifft die ökologischen Grenzen. Beide dürften jedoch auf eine ganz andere, bisher ignorierte Art von Grenze zurückzuführen zu sein: die Grenze, die einer hingebungsvollen Geisteshaltung immanent ist. Wenn wir uns verantwortungsbewusst die Frage stellen, ob eine bestimmte Energienutzung wirklich dem Leben und der Schönheit dient, dann wird die Antwort oftmals lauten: Nein.
Die Tatsache, dass wir an ökologische und Nachschubsgrenzen stoßen, zeigt uns, dass unser Nehmen weit über unser Geben hinaus aufgebläht worden ist. Das ist ein entscheidender Punkt – falls Sie das überrascht, halten Sie bitte kurz inne und denken Sie über das nach, was ich geschrieben habe. Dass wir in Sachen Versorgung und Ökologie an unsere Grenzen gelangen, bedeutetnicht,dass wirwenigerEnergie verbrauchen sollen. Es bedeutet, dass wir Energie anders verwenden sollen. (Und wenn wir Energie anders verwenden, werden wir auch weniger verbrauchen.) Erst durch eine von Hingabe getragene Energienutzung werden wir Geben und Nehmen wieder ins Gleichgewicht bringen.
Wenn uns das gelingt, haben wir die Initiationsprüfung bestanden und es werden sich uns neue Energiequellen erschließen. Bis dahin kann uns keine Erfindung retten. Die Doppelkrise aus Energieknappheit und ökologischem Kollaps macht unsere Lage immer ungemütlicher und wir müssen uns dringend fragen: Wer wollen wir eigentlich sein? Das Universum in seiner Großzügigkeit wird nicht zögern, unseren Zustand so auf die Spitze zu treiben, dass wir die Augen nicht länger verschließen können.
Vieles von dem, was ich hier ausgeführt habe, gilt auch für unsere persönliche Energiebilanz. So manch einer von uns lebt heute am Limit. Ein Symptom namens Burnout hält uns den Spiegel vor und läuft synchron mit der Erschöpfung der fossilen Brennstoffe. Ein Burnout lässt sich aber nicht kurieren, indem man mehr Kaffee in sich hineinschüttet, mehr isst oder bessere Nahrungsergänzungsmittel zu sich nimmt, und auch nicht, indem man immer so weiter macht wie bisher und nur ein klein wenig kürzer tritt. Entsprechend lässt sich auch die Problematik mit den fossilen Brennstoffen nicht lösen, wenn wir durch Fracking noch mehr Öl aus dem Boden ziehen, unsere Energieversorgung durch „erneuerbare“ Energien ergänzen oder Energie sparen (Energieerhaltung), solange wir die Energie grundsätzlich genauso nutzen wie zuvor. Ein Burnout signalisiert uns, dass es an der Zeit ist, unsere Energie anderen Zielen zuzuwenden. Das heißt nicht, dass unsere alten Ziele falsch waren, sondern nur, dass eine Änderung angesagt ist.
An dieser Stelle wollte ich meinen Aufsatz eigentlich beenden, doch dann sah ich, wie sich das Wasser am Strand kräuselte und fast wie Glas wirkte, als es sich über den glatten Sand ergoss. Mein Sohn Cary vergnügte sich mit diesen Wellen. Das Kräuseln entrückte mich in die Zeitlosigkeit. Was motiviert eigentlich diese Hingabe, von der ich sprach, diesen Dienst zum Wohle von Leben und Schönheit? Liebe, könnten Sie sagen. Doch woher kommt diese Liebe? Auch Hingabe braucht Nahrung, und diese finden wir in der Kontemplation über das Wunder, die Schönheit, das Mysterium und die Großartigkeit der Schöpfung. Fehlt es daran, kann Hingabe leicht zu einer Pantomime oder zu bloßer Pflichterfüllung verkommen. In diesen Augenblicken, als das Wasser meine Zehen umspülte, konnte ich alle Gedanken an Produktivität hinter mir lassen. Ich fragte mich nur, wie ich etwas für die überwältigende Schönheit zurückgeben könnte, die mich umgab. Ich war ganz und gar empfänglich. Meine empfangsbereite Aufmerksamkeit war alleine schon ein Geschenk an das Objekt meiner Betrachtung.
Über die Schönheit der Schöpfung zu kontemplieren, ist die nützlichste Beschäftigung, der wir im Moment nachgehen können. Das kann sinnvolles Handeln zwar nicht ersetzen, aber inspirieren. Wenn wir von dankbarer Ehrfurcht erfüllt sind, befruchten wir damit all unser Tun. Wir sehnen uns danach, der Großartigkeit, der Lebendigkeit und der Schönheit, die wir so überschwänglich bewundern können, etwas hinzuzufügen. Den Gedanken, all das zu vermindern, können wir nicht ertragen. Das ist die Quelle der Hingabe – und die Lösung für unsere Energiekrise.